Verwirrung: Diese Kampfhunde können vom
Maulkorbzwang befreit werden
Broschüre macht Durcheinander um neue Verordnung komplett
Von KARSTEN BROOCKMANN
Bullterrier,
Mastiffs, Mastinos und Hunde sieben weiterer Rassen (Bullmastiff,
Dogo Argentino, Dogue de Bordeaux, Fila Brasileiro, Mastin Espanol,
Kangal, Kaukasisch. Owtscharka), die in der Hamburger
Hundeverordnung als gefährlich eingestuft werden, dürfen
weiterhin ohne Leine und Maulkorb geführt werden, wenn bestimmte
Auflagen erfüllt sind. Das geht aus einer Informationsbroschüre
der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) hervor,
die in den kommenden Tagen in allen Hamburger Bezirks- und Ortsämtern
ausgelegt werden wird.
Doch was viele Hundebesitzer erleichtern wird, dürfte
einen Großteil der Bevölkerung verunsichern. Denn wer kann die
zehn Hunderassen der Kategorie II von den grundsätzlich als gefährlich
eingestuften Pitbulls, American Staffordshire-Terriern,
Staffordshire-Bullterriern und vor allem deren Kreuzungen
unterscheiden, die immer mit Leine und Maulkorb geführt werden müssen?
Nicht unwahrscheinlich also, dass die Meldungen gefährlicher
Hunde wieder zurückgehen, während die Angst bleibt. Dann hätte
sich trotz Hundeverordnung kaum etwas geändert.
Aber Politik und Verwaltung wurden nach den
teilweise und übereilt geäußerten Forderungen, alle Kampfhunde
einzuschläfern, offenbar von der juristischen Wirklichkeit
eingeholt. Ohne die theoretische Möglichkeit, Hunde der Kategorie
II ohne Leine und Maulkorb zu führen, könne die Hundeverordnung,
wie schon ihre Vorgängerin Anfang der 90er-Jahre, vor einem
Verwaltungsgericht gekippt werden, hieß es aus der BAGS.
Verantwortlich sei ausgerechnet der Gleichheitsgrundsatz des
Grundgesetzes, der es verbiete, die "weniger gefährlichen"
Rassen der Kategorie II mit denen der Kategorie I auf eine Stufe
zu stellen.
Dennoch gelten zunächst alle Tiere beider
Kategorien und Hunde "nicht genannter Rassen, die ein der
Situation nicht angemessenes oder ausgeprägtes
Agressionsverhalten gegen Menschen oder Tiere zeigen" als gefährlich.
Pitbulls, Staffordshire- Terrier und Bullterrier unterliegen außerdem
ab sofort einem lebenslangen Leinen- und Maulkorbzwang beim Ausführen.
Die Erlaubnis, diese Tiere zu halten, muss bis
zum 30. November beim zuständigen Ordnungsamt beantragt
werden. Eine Chance, ihren Hund zu behalten, haben nur Halter, die
das Tier fälschungssicher durch einen Mikrochip kennzeichnen, es
sterilisieren oder kastrieren und eine
Tierhalterhaftpflichtversicherung abschließen. Außerdem müssen
der Besuch einer Hundeschule, Sachkunde des Halters, dessen Zuverlässigkeit
und ein berechtigtes Interesse an der Haltung des Hundes
nachgewiesen werden. Letzteres gilt als besonders schwer, so dass
noch davon ausgegangen wird, dass es kaum Ausnahmen von dem grundsätzlichen
Haltungsverbot dieser Tiere geben wird.
Wenn doch, sind strenge Auflagen zu erfüllen.
So darf immer nur ein gefährlicher Hund von einer
"Aufsichtsperson", die körperlich und geistig dazu in
der Lage ist, geführt werden. Grundstücke müssen ausbruchsicher
und gekennzeichnet sein. Gleiches gilt für Hunde der Kategorie
II, wenn die Erlaubnis - die Frist endet ebenfalls am 30. November
- zur Haltung beantragt wird. Auch sie dürfen dann nur mit Leine
und Maulkorb ausgeführt werden. Zusätzlich besteht für Halter
der Tiere jedoch die Möglichkeit, die "Befreiung von der
Erlaubnis" zu beantragen. Dafür muss ein Negativzeugnis oder
Wesenstest, wie er zurzeit in Niedersachsen erarbeitet wird, die
"Ungefährlichkeit des Hundes belegen." 15 Hamburger
Tierärzte werden demnächst zu Gutachtern ausgebildet. Das letzte
Wort haben aber die Ordnungsämter.
Stellen sie einen Hund auf Grund des
Negativzeugnisses von der "Erlaubnispflicht" frei, muss
dieses Tier, so die Info-Broschüre der BAGS, "in jeder
Hinsicht - auch steuerlich - wie alle sonstigen Hunde
behandelt" werden. Und: "Sobald die Hundehalterin oder
der Hundehalter die Freistellungsbescheinigung in den Händen hat,
entfallen Leinen- und Maulkorbzwang!"
Die Broschüre kann im Internet unter www.hamburg.de
aufgerufen werden.
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