- Aktuelles

Lohn der Angst

Herren über Tod und Leben. Mit welchen Methoden ein Ordnungamt und der oberste Polizei-Gutachter in Hessen vorgehen

Die grossen Medien haben gebrüllt, nun interessiert sie das Thema nicht mehr. Jetzt gehen die selbsternannten Hundesheriffs erst richtig los - auf die verhassten Hunde. Egal, ob gut oder böse. Sie werden mitunter weggetestet. Ohne Medien, ohne Tierärzte. Ohne Zeugen, wenn es geht. Mit totalitären Methoden. Eine neuer ungeheuerlicher Vorfall verdeutlicht: Es ging bei dem ganzen Krampf um „Kampfhunde" ganz offensichtlich nie um die einzelnen kriminellen Hundehalter. Sonst hätte man ja früher ohne die neuen Pauschalrasse-Verordnungen eingreifen können. Es geht um verdecktes Geschäft, um Image, um Marktanteile, und vor allem um Machtdemonstrationen an Hunden, die man beneidete oder hasste - aus menschlichen, nie kynologischen Gründen.

Vorwort einer Tierärztin, die wie etliche andere einen nur durch Passwort decodierbaren Informationsaustausch im Internet pflegen: „Der nachfolgende Text ist auch wieder ein neues Beispiel für die Behörden-Willkür. Noch lebt der Hund, und es gibt ein Gutachten einer zugelassenen Tierärztin, welches dem Hund normales Verhalten bescheinigt. Ich habe auch die vollständigen Unterlagen."

Über den Ablauf der Wesensprüfung. Gesprächsnotizen zwischen dem Ordnungsamt OF, sowie Herrn Willnat, und der Hundehalterin. (Anm.: Willnat ist Gutachter, der Rest zur Person am Schluss. Auf den Hundenamen wurde aus naheliegenden Gründen verzichtet, ebenso auf genaue Daten, um dem Hund nicht zu schaden, weil Rache im Verzug sein kann.)

„Am Mittwoch, den xx. Juli 2000, rief ich Herrn Willnat an, um einen Termin für die Wesensprüfung zu vereinbaren. Während dieses Gesprächs kam es zu Meinungsverschiedenheiten, da Herr Willnat von mir verlangte, dass meine Hündin während der Prüfung keine Maulkorb trägt. Ich versuchte zu erklären, dass ich mich durch die angekündigte VO strafbar machen würde, und dass ich diesen Test nur mit Maulkorb durchführen liesse. Herr Willnat reagierte darauf sehr verärgert und sagte zu mir wortwörtlich: „Wenn ich Ihnen als Polizist befehle, den Maulkorb abzunehmen, dann haben Sie das auch zu tun!"

Als wir uns geeinigt hatten, dieses Thema vor Ort noch einmal zu klären, vereinbarten wir die Durchführung des Wesenstests für den xx. Juli.

Tag der Wesensprüfung

Als ich fast eine Stunde verspätet eintraf, da ich diesen Treffpunkt nicht auf Anhieb finden konnte, traute ich meinen Augen kaum! Herr Willnat begutachtete gerade einen Hund, obwohl: begutachten darf man gar nicht dazu sagen. Er versuchte, den Hund auf die im Hafenbecken schwimmenden Wassertiere scharf zu machen. Ich konnte auch ganz deutlich erkennen, dass er diesem Hund mindestens vier- bis fünfmal auf die Nase haute, der Hund zeigte dennoch keine Reaktion.

Wie mir schien, wollte Herr Willnat nicht locker lassen, packte den Hund am Schwanz und hievte in hoch. Daraufhin bekam ich Panik, weil ich mit da nicht sicher war, wie meine läufige Hündin reagieren würde.

Eine Frau sass während dieser Zeit neben mir. Sie bestätigte mir das, was ich gesehen hatte.

Ich bemerkte, dass Herr Willnat uns beobachtete, und auf uns zulief. Während dessen spielte ich mit dem Gedanken, wieder nach Hause zu fahren, da ich geschockt war. Doch zu spät. Herr Willnat stand vor mir und wollte wissen, wie ich heisse, wo ich wohne, und woher ich meine Hündin hätte, ob es Papiere für den Hund gibt oder nicht. Ich verneinte und sagte, dass ich sie vor ca. vier Jahren in einer Mülltonne gefunden hätte. Ich gab ihm meine Personalien und entschuldigte mich für die Verspätung.

Er holte sein Messband heraus und versuchte, die Höhe von meiner Hündin zu messen. Sie wollte aber lieber mit Herrn Willnat spielen und lief um ihn herum. In hoher Stimmlage forderte er mich auf, den Hund endlich zum ruhig sein zu bewegen, denn sonst könne er den Hund nicht feststellen und er somit nicht gewillt ist, den Wesenstest durchzuführen.

Nachdem er mass, ging er an einen dunklen Kombi, der gleich neben der Parkbank parkte, und holte einen Hund aus diesem Fahrzeug, der weder an der Leine noch einen Maulkorb trug. Meine Hündin fing daraufhin an zu bellen und stellte ihre Haare. Ich befahl ihr Sitz und Aus, worauf sie auch hörte. Sie setzt sich in die entgegengesetzte Richtung, um den Hund nicht mehr sehen zu können. Herr Willnat brachte den Hund zurück ins Auto.

Herr Willnat entschuldigte sich und sagte, es würde ihm leid tun, und er rät mir, meine Hündin so schnell wie möglich einschläfern zu lassen, da sie hochgradig aggressiv und als gefährlich einzustufen sei. Ich sagte Herrn Willnat, dass ich diese Hündin auf keinen fall einschläfern lassen werde. Am xx. Juli übersandte ich per Fax Herrn Willnat sowie dem Ordnungsamt OF ein Schreiben mit der Untersagung der Weiterleitung bzw. Auswertung des Wesenstest meiner Hündin.

Später telefonierte ich mit Herrn E. vom Ordnungsamt OF. Er verlangte von mir eine schriftliche Erklärung, das ich meine Hündin nach der Läufigkeit erneut einer Wesensprüfung unterziehe, was ich auch tat. Erst am x. August rief ich Herrn E. wieder an, da mir mein Anwalt riet, nicht mehr mit Herrn E. zu sprechen, denn Herr E. sowie Herr B. vom Ordnungsamt hatten mir mehrfach gedroht, meine Hündin sicherzustellen.

In diesem Telefonat ging es darum, wo und wann der Wesenstest durchgeführt werden sollte, da Herr E. bei der Begutachtung anwesend sein wollte. Ich wies darauf hin, dass meine Hündin immer noch läufig sei, das interessierte ich aber nicht. Inzwischen habe er ein Gegengutachten von meiner Hündin erhalten, er brauche ein Gutachten nicht mehr zu akzeptieren, um den Hund sicherzustellen.

Dieses so genannte Gegengutachten wurde von einem Herrn G. erstellt, den ich weder am xx. Juli noch jemals zuvor kennengelernt hatte. (Anm: Willnat ist direkter Vorgesetzter von G.) G. behauptet in dem Gutachten, dass während der Prüfung meine Hündin ein Kind angesprungen hat und das Bellen nur durch den Maulkorb verhindert wurde.

Als ich daraufhin Herrn G. anrief, konnte dieser sich weder an mich noch an meine Hündin erinnern, geschweige denn die Farbe meiner Hündin nennen. Zeugin des Gesprächs zwischen mit und Herrn G. ist eine Tierärztin.

Während dieser Zeit wurde ich vom Ordnungsamt massiv unter Druck gesetzt. Her E. drohte mir ständig, die Hündin sicherzustellen. Ich musste sie daher mit zur Arbeit nehmen.

Am xx. August teilte ich Herrn E. mit, dass ich die Wesensprüfung am xx. August in xxx bei Frau (Tierärztin) durchführen lasse. Herr E. sagte mir, dass er den Namen nicht kennen würde, und er sich nicht sicher sei, ob die Damen auch zur Abnahme der Wesensprüfung berechtigt wäre, deshalb könne ich die Wesensprüfung auch dort nicht machen.

Nach langem Hin und Her überzeugte ich, dass Herr E. mit der Tierärztin telefonisch Kontakt aufnimmt, damit sie ihm ihre Zulassung evtl. per Fax zukommen lässt. Das nächste Problem war das so genannte Gutachten von Herrn Willnat, das die Tierärztin benötigte, um die Vorwürfe zu widerlegen oder gegebenenfalls zu bestätigen. Herr E. sagte, dieses Schreiben sei an ihn gerichtet, deshalb aus Datenschutzgründen nicht möglich, mir dieses Gutachten von Herrn Willnat mir zukommen zu lassen.

Die beiden Herren versuchten darauf hin mehrfach, die Tierärztin zu beeinflussen. Herr Willnat behauptete sogar dabei, dass ich meiner Hündin gelegentlich Betäubungsmittel verabreichen würde, was glatt erlogen ist. Auch dies kann die Tierärztin bestätigen.

Der anschliessende Wesenstest wurde sicherheitshalber per Video festgehalten und dient als Beweismittel vor Gericht. Als Herr Willnat vom positiven Gutachten meiner Hündin erfuhr, rief er sofort bei der Tierärztin an, um sie zu überzeugen, dass sie ja auch von mir getäuscht worden sei, und er würde mit allen Mitteln gegen dieses Gutachten kämpfen.

Ich faxte dem Ordnungsamt den Test zu. Herr E. teilte mit, dass er das positive Gutachten nicht akzeptieren würde, da er während der Prüfung nicht dabei sein konnte. Ausserdem sei die Tierärztin nicht gewillt, das Beweismaterial (Videoband) herauszugeben. Die Tierärztin sagte verärgert, dass Herr E. nicht sachverständig sei, um das Band zu beurteilen. Daher sehe sie keinen Grund, Herr E. das Band zukommen zu lassen.

Herr E. nannte nach dieser Reaktion zwei Möglichkeiten: 1. Ich würde einem dritten Gutachten zustimmen. Dies müsste jedoch von einem VDH-Gutachter erstellt werden und nicht von einem Tierarzt. 2. Er würde die Hündin sicherstellen und ein Zwangsgutachten beantragen. Herr E. platzte vor Wut, weil ich beiden Möglichkeiten nicht zustimmte. Letzten Endes würde er entscheiden, ob ich meine Hündin behalten dürfe oder nicht.

Gutachten von Manfred Willnat:

„Am xx. Juli begutachtete ich die o. g. Pitbull-Hündin in xxxx. Bereits im Vorfeld der Begutachtung fiel mit die Hündin durch eine hohe Aggression gegen andere Hunde auf. Auch konnte ich beobachten, wie sie ein Kind angesprungen hat. Später wurde mir von anderen Personen bestätigt, dass sich die Hündin auch hierbei aggressiv verhalten habe und ein Beissvorfall nur durch den Beisskorb verhindert wurde. Bei einer nochmaligen Überprüfung der Verhaltensweisen mit anderen Hunden zeigte die Hündin immer wieder ansatzloses Angriffsverhalten, welches auf eine Beschädigung des anderen Tieres ausgerichtet war. Auf Grund der hohen Aggressionsbereitschaft der Hündin geht von ihr eine immense Gefahr für die Allgemeinheit aus. Ich rate dringend dazu, die erforderlichen Massnahmen zur Gefahrenabwehr umgehend zu treffen und empfehle eine Tötung des Tieres."

Manfred Willnat ist Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Hessischen Polizeischule der Abteilung Diensthundewesen. Er erarbeite mit der Landestierschutzbeauftragten Dr. med. vet. Madeleine Martin (hessisches Sozialministerium) die „Vorgaben zur Durchführung des Wesenstestes gemäss Gefahrenabwehr - Verordnung gegen gefährliche Hunde". In der Vorbemerkung dazu steht: „Dieser Wesenstest wurde von den Unterzeichnern erarbeitet und sowohl mit Frau Dr. Feddersen-Petersen, Institut für Haustierkunde der Christian Albrechs Universität, Kiel, als auch mit Vertretern der Veterinärabteilung im Hessischen Sozialministerium abgestimmt. Seit 1997 werden Hunde nach diesen Kriterien begutachtet." Anm.: Die „Vorgaben" liegen der Redaktion vor.

Bemerkungen zum hessischen Wesenstest:

Das Kapitel „2. Grundsätzliches - Ziel des Tests" verrät, von der theoretischen Sprache her, eine ganz bestimmte Feder, zum Beispiel: „inadäquat" aggressiv (gegenüber Menschen und anderen Hunden). Katzen und andere Tiere also ausgeschlossen? Inadäquat heisst, einfach, unpassend.

Sie erklärt dann, was man hätte vorher schon verständlich schreiben können, klingt aber nicht so wichtig, ist aber In Wahrheit wissenschaftlich unexakt und unlogisch, weil es keine Schlussfolgerung ist: „Inadäquate Aggressivität ist eine hohe Aggressionsbereitschaft, die der Situation nicht angepasst ist. Sie erscheint vielmehr biologisch und in ihrer Genese als nicht nachvollziehbar, unvermittelt, plötzlich und in sehr extremer Ausprägung." Meint sie etwa „der Situation unpassende Aggression"? Genese heisst, übrigens, Entstehung. Und meines Erachtens ist plötzlich auch unvermittelt.

Man übersetze dies mal in exaktes Deutsch. Aber dann kommt sehr wenig an Aussage dabei raus, aber es wäre viel kürzer.

Dann aber schlägt deutlich jemand anders zu. Und wie praxisgerecht vor allem, und er würde dies bei seinen Rassen sicherlich machen!

Auszüge: „a) Handling des Hundes durch den Prüfer": „..ggf. ein Hochheben muss (Anm.: vom Hund) geduldet werden". b) Alltagssituationen: Im Verlauf der Prüfung ist der Hund in normaler Alltagssituation mit anderen Hunden, Fussgängern, Autos, Radfahrern, Skatern, Joggern, Kinderwagen und Kindern sowie Hunden angeleint zu konfrontieren. Dabei muss der Hund ebenso dichtes oder hastiges Vorbeigehen und „Anrempeln" ertragen."

Und dann kommt vermutlich kurz mal wieder eine gutmeinend gutachtende Tierärztin zu Worte: „Drohen und Knurren in adäquaten Situationen ist erlaubt (biologisch nachvollziehbar und vom Hundeführer beeinflussbar).

Dann wieder haut wieder der Schutzhundler zu, unter „c) Belastung: Der Hund wird in belastende Situationen gebracht (Drohfixieren, angedeutete Schläge, nachgestellte Flucht des Angreifers)."

Danach die gutachtende Tierärztin: „In dieser Situation ist hundetypisches Defensivverhalten als biologisch induziert zu akzeptieren." Induziert heisst, schlicht, erfahren.

Ob dies wohl Diensthundeprüfer so adäquat akzeptieren oder doch eher damit in-induziert sind?

Übrigens: Als biologisch handelnder Ausbilder bilde ich zielgerichtet selbstsichere Hunde heran und keine Angsthasen, die einem Drohfixieren ausweichen und Schläge (so mancher Schlag ist bei unliebsamen Hunden nicht „angedeutet"!) wegstecken wie Prügelknaben. Und als die möchten die Schutzhundler-Wesenstester nun die früher beneideten und nicht auf die Schutzhundeplätze gelassenen Besserbeisser abqualifizieren. Es herrscht primitivster Neid. Und jetzt werden die Konkurrenten fertiggemacht, mit Mitteln, die sie bei ihren Hunden nie anwenden würden. Im Schutzhundetraining wären solche Weicheier übrigens dem Spott ausgesetzt: untauglich, Versager!

Die Verhältnis-Unmässigkeit der Mittel ist Absicht. Wer versagt hier? Und wer setzt dem unqualifizierten Treiben die verschiedenen Stempel auf?

Ein Polizeihunde-Fachmann:

Wer sich gegen Pauschalierung wehrt, darf dies nicht beim „Gegner" tun. Um einer pauschalen Diskriminierung von Polizeihundeausbildern zu begegnen, hier ein Auszug aus einem Artikel von Harald Wiegand in der „WAZ" Düsseldorf. Denn es gibt natürlich - vermutlich gar sind sie in der Mehrheit - hundefreundliche und gewissenhafte Fachleute unter den Polizei-Sachverständigen, die etwa diesen: Alfred Maciejewski, seit 30 Jahren Leiter der NRW-Landespolizeihundeschule Schloss Holte Stutenbrock, Vorsitzender des Arbeitskreises Diensthunde haltender Verwaltungen des Bundes und der Länder.

Wenn er vor der Verabschiedung der neuen Verordnung gehört worden wäre, hätte der Erste Polizeihauptkommissar erhebliche Bedenken geltend gemacht. „Das sind zunächst die Rasselisten, die von der irrigen Annahme ausgehen, dass Hunde einer bestimmten Rasse generell ein höheres Gefahrenpotenzial besitzen als Hunde anderer Rassen. Das ist wissenschaftlich nicht haltbar." Gäbe es andere Erkenntnisse, sie wären vermutlich längst in die hauseigene Diensthundezucht eingeflossen. Denn: „Schliesslich ist beim Einsatz unserer Tiere eine gewisse Disposition zur Aggression durchaus erwünscht." Also müsse man ja eigentlich überrascht sein, dass es bei der Polizei bisher keinen „Kampfhund" gebe.

Noch ein Einwand des Fachmanns: „Generelle Leinenpflicht und Maulkorbzwang für alle Hunde bestimmter Rassen seien kein probates Mittel, um gegen kriminelle Halter und gefährliche Hunde vorzugehen. „Abgesehen davon, dass ich ein solches Vorgehen gegen viele unbescholtene Bürger und ihre bislang unauffälligen Tiere unter rechtsstaatlichen Aspekten für bedenklich halte, werden wir auch so das eigentliche Problem nicht lösen." Der Polizeibeamte wünscht sich eine Rücknahme der neuen Landeshundeverordnung. Man solle, so Maciejewski, die um einige Punkte ergänzte alte Gefahrhundeverordnung ohne die jetzt geltende Rasselisten wieder in Kraft setzen.

 Quelle : www.hundezeitung.de

      Zurück