Johann, Tina: Untersuchung des Verhaltens von Golden
Retrievern im Vergleich zu den als gefährlich eingestuften Hunden im
Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung vom
05.07.2000 Zusammenfassung
In dieser Studie wurden 70 Hunde der Rasse Golden
Retriever vom 17.01.2003 bis zum 18.11.2003 in dem Wesenstest nach den
Richtlinien der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung (GefTVO) vom
05.07.2000 getestet. Diese Tiere dienten als Kontrollgruppe für die von
MITTMANN (2002) getesteten 415 Hunde, die unter diese Verordnung fielen.
Die Kontrollgruppe sollte vor allem Aufschluss darüber geben, ob es einen
signifikanten Unterschied in der Häufigkeit des Aggressionsverhaltens zu
den von MITTMANN (2002) untersuchten Rassen gibt. Weiterhin war von
Bedeutung, ob bei den Golden Retrievern eine Rassedisposition für
gesteigertes Aggressionsverhalten im Wesenstest beobachtet werden konnte
und ob es Hinweise auf eine in Konfliktsituationen häufig gewählte
Lösungsstrategie gab.
Dem Wesenstest lag ein Skalierungssystem zugrunde, mit
dessen Hilfe das Verhalten der Hunde in 7 Kategorien eingeteilt werden
konnte. Die Skalierung 1 bedeutet, dass der Hund in der jeweiligen
Testsituation keine aggressiven Signale gesendet hat.
Aggressionsverhalten verschiedener Eskalationsstufen entsprach den
Skalierungen 2-7. Die Studie begrenzte sich auf die 34 Testsituationen
des Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakts gemäß der von MITTMANN (2002)
eingehaltenen Vorgehensweise.
Von den 70 getesteten Golden Retrievern bekamen 41
Hunde im gesamten Test keine höhere Skalierung als eine 1 und zeigten
somit nie aggressives Verhalten. 28 Hunde reagierten im Test mit
Verhalten der Skalierung 2 (optische und/oder akustische Drohsignale),
die Skalierungen 3 (Schnappen mit stationärem Körper), 4 (Schnappen mit
unvollständiger Annäherung), 6 (Beißen ohne vorangegangenes
Drohverhalten) und 7 (Beruhigung des Tieres nach Eskalation erst nach
über 10 Minuten) wurden bei keinem Hund beobachtet. Ein Hund bekam in der
Testsituation „Betrunkener“ die Skalierung 5, da er Beißen mit
vorangegangenem Drohverhalten gezeigt hatte.
Nach den Richtlinien des Wesenstests reagierten somit
69 Hunde (98,6%) in den Testsituationen angemessen und nur ein Hund
(1,4%) zeigte inadäquat aggressives Verhalten. Bei MITTMANN (2002)
reagierten 395 Hunde (95%) adäquat, 19 Hunde (4,6%) inadäquat aggressiv
und ein Hund (0,2%) gestört aggressiv. Im Vergleich der Gruppe von
MITTMANN (2002) und der Kontrollgruppe ergab sich kein signifikanter
Unterschied in der Häufigkeit von inadäquatem Aggressionsverhalten.
In der Kontrollgruppe fielen im Ausdrucksverhalten der
Hunde häufig submissives Verhalten und/oder Zeichen von Stress auf. Für
viele Hunde schien der Test eine große Belastung zu sein. Hat ein Hund in
seinem Alltag länger andauernde Stresszustände, so ist dies laut
Tierschutzgesetz (1998) ein Leiden und nicht zu akzeptieren. Diese
Tatsache sollte in Zucht und Erziehung Beachtung finden.
Die Ergebnisse zeigen, dass es nicht legitim ist,
bestimmte Rassen zu diskriminieren und sie den Verboten und
Einschränkungen von so genannten Rasselisten zu unterwerfen. Vielmehr
sollte in unserer Gesellschaft ein kompetenter, fachlich gebildeter und
verantwortungsvoller Hundebesitzer gefördert werden, denn dies ist eine
wirkungsvolle Maßnahme, um Verhaltensproblemen bei Haushunden
vorzubeugen.