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Wie der Herr, so's Gescherr. Der Hundehalter ist entscheidend für die Gefährlichkeit eines Hundes

Datum der Mitteilung: 02.08.2004
Absender: Ilka Seer
Einrichtung: Freie Universität Berlin
Kategorie: überregional
  Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
  Biologie und Biotechnologie, Gesellschaft, Land- und Forstwirtschaft, Medizin und Gesundheitswissenschaften , Pädagogik

Ob ein Hund gefährlich ist oder nicht, hängt in erster Linie vom Hundehalter ab und nicht von der Rasse, zu der er gehört. Das ergab eine Umfrage der Tierärztin Ricarda Häuser von der Freien Universität Berlin (FU). Die Gefährlichkeit eines Hundes ist vielmehr dann gegeben, wenn er ein eindeutig überentwickeltes aggressives Verhalten zeigt. Für dieses Verhalten ist hauptsächlich sein Herrchen verantwortlich.

Eintausend Berliner Bürgerinnen und Bürger hat die Tierärztin von der FU über ihre Einstellung und Ängste gegenüber Hunden befragt. Ihre Umfrage fand im Frühjahr 2000 statt, als es in Hamburg zu einer tödlichen Beißattacke zweier Staffordshire Terrier auf einen Schuljungen kam. Die Umfrage kommt zu überraschenden Ergebnissen: Die Gefährlichkeit eines Hundes wird für 72,9 Prozent der Befragten durch sein Verhalten bestimmt, die Rasse selbst ist nur für 46,2 Prozent das entscheidende Kriterium. Die Befragung ergab weiterhin, dass viele der Interviewten keine ausreichenden Rassekenntnisse besitzen. So bezeichnen sie einen Hund, vor dem sie Angst haben, häufig als "Kampfhund".

Dabei richtet sich das Beißverhalten der "echten" Kampfhunde vorrangig gegen Artgenossen, während typisch deutsche Gebrauchshunde, wie der Deutsche Schäferhund, Mischlinge oder Rottweiler, überproportional häufig gegenüber Menschen auffällig werden. Über sechzig Prozent spricht sich dann auch für eine Maulkorbpflicht von auffällig gewordenen Hunden aus, für einen permanenten Leinenzwang noch über fünfzig Prozent. Eine ständige Maulkorbpflicht für alle Hunde lehnen dagegen fast achtzig Prozent ab.

Auch über die negativen Aspekte der Hundehaltung in einer Großstadt wie Berlin gibt die Studie Auskunft. Obwohl die Berliner als die größten Hundeliebhaber der Nation gelten, fühlen sich 84,6 Prozent der Befragten durch Hundekot auf den Straßen gestört. Und 67,5 Prozent sieht darin ein mangelndes Verantwortungsgefühl der Hundehalter, die den Kot nicht beseitigen oder ihre Hunde auf Spielplätzen mitnehmen. 56,3 Prozent sind der Meinung, dass eine artgerechte Hundehaltung in der Großstadt prinzipiell nicht möglich ist.

Dass schließlich fast drei Viertel der Befragten doch einer Rasseliste zustimmen, in der angeblich "gefährliche" Kampfhunderassen aufgelistet sind, lässt sich eindeutig auf die Berichterstattung der Medien zurückführen, die einseitig auf "Kampfhunde" ausgerichtet ist und wenig differenziert. Denn diese Rasseliste steht im Gegensatz zur so genannten Beißliste, in der die an Bissvorfällen beteiligten Hunderassen genannt werden. Dieser Widerspruch wird durch die Studie der Berliner Tierärztin bestätigt: Die Gefährlichkeit eines Hundes hängt nicht von seiner Rasse ab. Zwar ist das Wesen eines Hundes genetisch festgelegt, aber der Halter ist durch seine Hundeerziehung, ob bewusst oder unbewusst, verantwortlich für das Verhalten seines Hundes. Daher sollte die Erteilung einer Genehmigung zur Hundehaltung unbedingt von einem so genannten Hundeführerschein abhängig gemacht werden, so die Forderung der Tierärztin Ricarda Häuser von der FU. "Damit könnten die Halter ihre Sachkunde und Zuverlässigkeit nachweisen."

Von Volker Heenes

Quelle:
Ricarda L. Häuser, Die Widerspiegelung eines stadttauglichen Hundetypus in den Hundehalteverordnungen der Bundesländer, Berlin: Mensch & Buch Verlag, 2003, ISBN: 3-89820-666-1

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