- Redebeiträge zur Demo Düsseldorf - 18.11.2000

Redebeitrag Gabi Woiwode

Düsseldorf, 18.11.00

Vortrag zur Kundgebung in Düsseldorf am 18. November 2000

Ich komme aus Bayern und habe eine Mischlingshündin, die keiner sogenannten Kampfhundrasse angehört – zumindest NOCH nicht.

Seit wir gestern um 17.32 die Grenze zu NRW passiert haben, ist sie wegen Überschreitung von zulässiger Schulterhöhe und Gewicht zum gefährlichen Hund mutiert – so leicht kann ein Hund gefährlich werden ...

Im Vergleich zu solchem und anderem Verordnungs-Unsinn, leben wir in Bayern geradezu in einem Paradies...

Mehrere Politiker bezogen sich zur Verteidigung ihres eigenen Werkes auf die bayerische HVO:

meine sehr verehrten Herren, ich weiß nicht, WAS sie gelesen haben – die bayerische Hundeverordnung mit Sicherheit NICHT. Bestenfalls wurden hier lediglich Listen abgeschrieben - ein Verfahren das sich zunehmender Beliebtheit zu erfreuen scheint, wenn es um die Erstellung von HundeUNordnungen geht ... Entschuldigung – HundeVERordnungen natürlich.

1992, bei der Einführung der Bayerische Hundeverordnung, wurde von den Haltern der gelisteten 14 Rassen lediglich die Registrierung bis zu einem bestimmten Termin verlangt. Von keinem Halter, der sich daran hielt, wurde der Hund eingezogen oder die Haltung an weitere Bedingungen geknüpft.

Auflagen wie das Vorliegen eines sogenannten Negativzeugnisses oder der Nachweis eines "berechtigten Interesses" galten stets nur für Hunde, die NACH dem Inkrafttreten der Verordnung angeschafft wurden.

Auch eine automatische Todesstrafe kennt die bayerische Verordnung übrigens nicht.

Die bayerische HVO beinhaltet eine eindeutige Definition für das Wort "Kampfhund", das an bestimmte Eigenschaften geknüpft ist. Jeder Hund, der diese Eigenschaften NICHT aufweist, erhält das Negativzeugnis und ist somit KEIN Kampfhund. Sein Halter bezahlt demzufolge auch keine Kampfhundsteuer, sondern die ortsübliche Hundesteuer.

Deshalb gibt es in Bayern sehr wohl Pitbulls und AmStaffs oder Bullterrier – und dennoch KEINE Kampfhunde.

Es reicht übrigens EIN Negativzeugnis – weder der Freistaat noch seine bestellten Sachverständigen melken die Halter routinemäßig über ständig zu erneuernde TÜV-Plaketten.

Selbst eiserne Befürworter der bayerischen VO samt ihrer Rassenliste zeigen sich entsetzt über Verordnungen, die Zwangskastrationen vorschreiben, ausgestorbene Hunderassen listen oder tierschutzwidrige Maulkorbstrafen für bestimmte Rassen festschreiben.

In Bayern läuft kein Hund aufgrund seiner Rasse gebrandmarkt durch die Gegend und auch die Wohnung des Halters ist nicht markiert. Wenn Sie in Bayern ein Schild "Vorsicht gefährlicher Hund" sehen, ist damit tatsächlich der einzelne Hund gemeint – und nicht seine Rasse.

Mag ich die bayerische Rasseliste auch als ebenso ungerecht empfinden wie die anderer Bundesländer oder die der Bahn – die bayerische Verordnung achtet dennoch das Leben als schützenswertes Gut. Und zwar auch das vom Hund.

Bis vor ein paar Monaten hätte ich es NIEMALS für möglich gehalten, dass deutsche Behörden Gesetze und Verordnungen erlassen könnten, die einen derart respekt- und achtlosen Umgang mit lebenden Wesen zur Folge haben.

Es heißt "Menschenschutz geht vor Tierschutz" – vielleicht sollten wir über diesen Satz einmal nachdenken.

Wer ohne jeden Skrupel Tiere missbraucht oder quält oder grundlos tötet – hat keinerlei Respekt vor dem Leben an sich und wird auch ein Menschenleben kaum als schützenswert erachten.

In diesem Sinne geht Tierschutz sehr wohl einher mit Menschenschutz. Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen können dies ebenso belegen, wie sogenannte "Pferdeschlitzer", die an Tieren für spätere Morde am Menschen üben.

Für das Leben an sich KANN und DARF es keine Einteilung nach "brauchbar und nicht-brauchbar" oder "wertvoll und wertlos" geben.

Wir kämpfen gegen rechtsradikale Strömungen und gleichzeitig werden in Deutschland sachlich nicht haltbare Rasselisten geschrieben, die eine weitere Minderheit schaffen und an den öffentlichen Pranger stellen: Hunde und ihre Halter.

Wie soll man heutzutage Kindern und Jugendlichen denn bitte erklären, dass man Menschen nicht nach ihrer Herkunft oder Rasse pauschal beurteilen und diskriminieren darf – Hunde und ihre Halter dagegen schon?

Ich habe stets an das Grundgesetz geglaubt: Meine Würde sei unantastbar, heißt es darin (Art. 1). Alle Menschen seien gleich (Art. 3). Jeder Deutsche genieße die Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet (Art. 11). Meine Wohnung sei unverletzlich (Art. 13). Mein Eigentum sei gewährleistet (Art. 14).

Gelten all diese Grundrechte für uns nicht mehr, weil wir einen Hund der falschen Rasse oder Größe gewählt haben?

Wir kämpfen nicht nur um unsere Hunde – wir kämpfen um unsere ureigensten Rechte, an die wir immer noch glauben.

Und deshalb werden wir auch weiterhin NICHT schweigen.

Gabi Woiwode

 


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