- zur Demo Düsseldorf - 18.11.2000 |
Resueme der Demo von Gabi Woiwode
WER
IM GLASHAUS SITZT... "zwischen
10 und 15 Tausend". Die
Presse berichtete dann von 3.000, daran Beteiligte schätzen "so
etwa 5.000" Teilnehmer. Wieviele auch immer unzweifelhaft
ist, dass die letzten Schlusslichter den Startpunkt Burgplatz
verliessen, als die Zugspitze am
Ziel, dem gläsernen Landtagsgebäude ankam. Tja
Frau Höhn - wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen... Angeführt
wurde der 1,5 km lange Demonstrantenzug von einem Dudelsack-Duo
aus Niedersachsen. Dahinter folgten stellvertretend für die 42
Rassen, die in der Hundeverordnung NRW auf dem Index stehen, jeweils
ein Stellvertreterpärchen samt
Paten. So
wurde beispielsweise das Akbas-Pärchen von Cairn-Terriern geleitet,
zwei Löwchen begleiteten die Rottweiler, Möpse liefen neben den
Slovenski Cuvac, Dackel neben den ungarischen Kuvasz, die
"Baumwollhunde" Cotton de Tulear bewachten das Briard-Pärchen,
die Deutschen Schäferhunde die
Owtscharkis und zwei Pudel demonstrierten ihre Solidarität mit den
American Staffordshire Terriern. Einzig
der legendäre Goralenhund musste auf eine canine Begleitung verzichten
- war aber immerhin nach etwa 8 Jahrhunderten Ausgestorbenseins aus
seiner Geschichte auferstanden, um mit den noch lebenden Rassen für
ihre Überlebensrechte zu demonstrieren. Nach
zwei Stunden erreichte der Zug den Landtag, die gläserne Residenz
der "Königin der Sonnenblumen". Die Menschenschlange aus
Liebe zu Hund und Verfassungsrecht, bestand mittlerweile aus deutlich
mehr Menschen als den Burgplatz
anfangs verlassen hatten: Viele Düsseldorfer unterbrachen spontan
ihren samstäglichen Einkaufsbummel und schlossen sich kurzerhand an. Selbst
das anwesende Polizeiaufgebot zeigte sich eher als Freundlicher
Begleiter des friedlichen Zuges; hier und da konnte man grün Gekleidete
Beamte mit den ach so "gefährlichen Biestern" bei einem
heftigem Schmusekampf beobachten. Vermutlich hat es sich auch
mittlerweile herumgesprochen,
dass Deutschland selten so friedliche Demonstrationen erlebt
hat wie die der Hundehalter, die seit Juli unverdrossen immer wieder
auf die Strassen gehen. Und auch Petrus zeigte sich wohlwollend und heizte
mit seiner Wintersonne nach besten Kräften ein. Auch
für die Innenminister der 16 Bundesländer, die sich ab dem Kommenden
Mittwoch in einer gemeinsamen Konferenz über ein bundesweites Hundegesetz
beraten wollen, mussten Stellvertreter herhalten. Für das Bundesland
Thüringen, dem die Hundehalter Verfassungstreü bescheinigen, stand
ein überdimensionales grosses rotes Herz, während für die
restlichen 15 Länder "Demoscheuchen" der Veranstaltung
beiwohnten. Die einzige weibliche Scheuche trug ein Schild "Sie
ist nicht schlau, sie ist nicht schön, sie ist ganz grün, heisst Bärbel
Höhn!" - um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen. Aus
diesem Grund fand im Vorfeld von Demonstration und Kundgebung auch
eine Fachtagung im Düsseldorfer Hotel Nikko statt, die von der IG
Mensch und Hund organisiert worden war. Hierzu waren zahllose
Vertreter aus allen Bundesländern
sowie aus dem Europäischen Ausland wie Österreich, England und
Frankreich angereist. Alle Berufsgruppen vom Anwalt und Politiker Über
Journalist und Tierarzt bis hin zu Tierschützer und
Rasseclub-Vertreter tauschten ihre grösstenteils sehr traurigen
Erfahrungen mit den Verordnungen
Deutschlands aus. Ihre
gesammelten Worte werden den 16 Innenministern bis zum Beginn ihrer
Konferenz in Form einer Festschrift vorliegen. Ihrem
sehr offensichtlichen Informationsdefizit sei somit ebenso
nachgeholfen wie ihrer fehlenden Bereitschaft relevante und
bereitstehende Experten an dieser Thematik teilhaben zu lassen. Vor
einer schier unüberschaubaren Menschenmenge eröffneten die
Veranstalter dann gegen 15.00 Uhr die Kundgebung, zu der ebenfalls
Vertreter aus allen Bundesländern und mehreren europäischen Ländern
gekommen waren: Die
entsprechend zahlreichen Redebeiträge kamen - trotz Überziehung der Redezeit
- auch gut an und beschäftigten sich breit gefächert über alle 16
Bundesländer. Stimmen aus dem Ausland legten ihre Finger auf die Zahlreichen
Wunden, die deutsche Politik mit Hundeverordnungen und ihren Folgen
geschlagen hat. Blut, das aus deutscher Gesetzgebung tropft, fliesst Nicht
zum ersten Mal über die Landesgrenzen hinweg.... Ab
der Dämmerung leuchtete der Platz vor dem Glashaus in einem
Lichtermeer aus Fackeln,
Grablichtern und Laternen. Gut 50 bis 100 Hartgesottene hielten trotz
einsetzendem Regen und unvermeidlicher abendlicher Kälte bis zum
Schluss der Veranstaltung aus. Der
JÜNGSTE canine Vertreter: Felix,
ein kleiner American Staffordshire Terrier von 16 Wochen liess es sich
nicht nehmen, seinen Freund und Kumpel "Strolchi" zu
begleiten.Letzterer heisst eigentlich "Apollo von Camitoss"
und hat viele erfolgreiche Berufsjahre und Einsätze als Rettungshund
auf seinem müden Buckel. Die
Hundeverordnung seines Bundeslandes Hessen droht diesem bewährtem Menschenretter
jetzt mit dem Tierheim. Ganz traurig tappst der kleine Felix auf
seinen Welpenbeinchen neben seinem grossem Freund, der mittlerweile so
krank ist, dass Herrchen ihn während
der Kundgebung auf eine Liege bettet. Der
LUSTIGSTE canine Vertreter: Ebenfalls
ein Vertreter der Rasse "American Staffordshire Terrier" - was
der braun gestromte Rüde durch ein Halstuch mit "Stars and
Stripes" auch stolz
unterstrich. Seine Sonnenbrille verstärkte den "American
Touch" - oder wollte er
dadurch womöglich nur vermeiden, das ganze Hundeelend mitanschaün zu
müssen? Der
TRAURIGSTE menschliche Teilnehmer: Peter
von der Kö ist in Düsseldorf stadtbekannt - spätestens seit bösartige
Mitmenschen seine "Leica" vergiftet haben. Bei seiner mehr
als zu Herzen gehenden Rede sagte er "kein Mensch ist und war
bereit, mit mir unter der Brücke
zu leben - nur mein Hund." Seine Leica ist doppelt unersetzlich für
ihn: Obdachlose haben noch kaum eine Chance, einen Hund zu bekommen. Höhn'scher
Hohn als kleiner Nebeneffekt einer von vielen Verordnungen, die noch
nicht einmal theoretisch dazu gedacht sein kann, für "mehr
Sicherheit" zu sorgen. Der
BEWEGENSTE Moment: Das
Gedicht "An Euch Menschen" - geschrieben während den
Stunden der Mahnwache vor dem Hamburger Auffanglager für Listenhunde,
aus dem es kaum ein Entrinnen gibt. Die Grabesstimme und der so
entsetzlich traurige Tonfall von "Mike" vermittelten einen
sehr realistischen Eindruck von der Stimmung,
die über dieser einst für ihre Toleranz gepriesene Weltstadt hängen
muss. RESÜMEE Pessimisten
werden sagen, es hätten mehr Teilnehmer sein können. Realisten
und Optimisten aber sind sich gleichermassen einig: es war eine Wunderschöne
Veranstaltung mit weit mehr Teilnehmern als man zu dieser Jahreszeit
noch erhoffen durfte, darunter viele sehr, die von sehr weit angereist
kamen. Und eines tragen wir alle, die wir da waren, mit nach hause:
eine gestärkte Entschlossenheit, nicht aufzugeben und nicht eher zu
ruhen "bis der letzte Hund von der Liste ist". Fest
steht wohl auch, dass "dat Bärbel" sowohl von
Zukunftsprognose als auch vom Thema Hund künftig besser die Finger
lassen sollte - in beiden Bereichen
hat sie sich wohl nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Copyright) Gabi Woiwode 2000
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