RECHTSANWALT MARTIN HANSKE

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Rechtsanwalt Martin Hanske. Rathenaustraße 15. 30159 Hannover

                                                                                            142MOHW

                                                                                                Gerichtsfach 126

Herrn

Thomas Henkenjohann

Binnersweg 1

26954 Nordenham

                                                                                       Vorgang                                                                                                         an/bes-110/00 H08

        Henkenjohann; Gefahrtier

 

 

                                                                                                                                                                                Datum      30. 10./01.11 2000

 

Ihr Zeichen                        Ihr Schreiben v.

Sehr geehrter Herr Henkenjohann,

bei dem vom Landwirtschaftsministerium an die Bezirksregierungen und den Tierschutzdienst Niedersachsen bei der Bezirksregierung Weser-Ems gesandten Schreiben zur Durchführung der Gefahrtierverordnung (GefTVO) vom 06.10.2000 handelt es sich um eine verwaltungsinterne Anweisung des übergeordneten Ministeriums an die untergeordneten Behörden der Bezirksregierungen.

 

Die in diesem Schreiben gemachten Auflagen entfalten keine Außenrechtswirkung. Dies bedeutet, dass die angeschriebenen Behörden zwar gehalten sind, die im Schreiben des Landwirtschaftsministeriums gemachten Auflagen zu erfüllen. Die Behörden der Bezirksregierungen müssen daher darauf achten, dass Termine für die Durchführung des Wesenstests nach den oben genannten Vorgaben vergeben werden. Sofern die entsprechenden Behörden dies nicht berücksichtigen sollten, kann allenfalls gegen diese verwaltungsintern durch das Landwirtschaftsministerium vorgegangen werden. Für den einzelnen Hundehalter, der eine Ausnahmegenehmigung für das Halten seines Hundes gemäß § 1 Abs. 2 der GefTVO benötigt, ergeben sich hierdurch jedoch keine rechtlichen Konsequenzen, da es sich, wie bereits gesagt, nicht um eine Anweisung mit Außenrechtscharakter handelt.

 

Aus der Verordnung geht ferner nicht hervor, dass der Hundehalter den Wesenstest innerhalb einer bestimmten Zeit zu absolvieren hat. Insofern kann durch Überschreitung der genannten Frist von 6 Monaten auch kein Verstoß gegen die GefTVO begründet werden. Im übrigen kann einem Hundehalter auch nicht aufgegeben werden, bei welcher Stelle (TiHo, Tierarzt) er den Wesenstest zu absolvieren hat, da dies in der Verordnung selbst nicht geregelt ist.

Die Behörden haben somit zwar darauf zu achten, dass die Wesensteste innerhalb der vom Landwirtschaftsministerium genannten Frist für Hunde der Hunderassen gemäß § 1 der GefTVO durchgeführt werden. Für den Hundehalter selbst entsteht jedoch aufgrund des Schreibens des Landwirtschaftsministeriums keine Rechtspflicht, seinen Hund innerhalb der Frist von 6 Monaten dem Wesenstest zu unterziehen.

 

Weiterhin werden in dem Erlass des Landwirtschaftsministeriums vom 06.10.2000 die den Wesenstest durchführenden Tierärzte aufgefordert, zumindest das Ergebnis des durchgeführten Wesenstests der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen. Das Landwirtschaftsministerium führt aus, dass es sich hierbei um eine befugte Weitergabe von Erkenntnissen handele, der § 203 StGB nicht entgegenstünde.

 

Hierzu ist festzustellen, dass ein Verstoß gegen § 203 StGB nur dann nicht vorliegt, wenn der Tierhalter tatsächlich sein Einverständnis zur Weitergabe der Informationen über den durchgeführten Wesenstest gegeben hat. Hierzu besteht jedoch keinerlei gesetzliche Verpflichtung des Hundehalters.

 

 

Sofern das Einverständnis des Hundehalters nicht vorliegt, würde eine Weitergabe durch den Wesenstest durchführenden Tierarzt einen Verstoß gegen § 203 StGB bedeuten, da dieser dann unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbaren würde, welches ihm als Tierarzt bekannt geworden wäre. Geschütztes Rechtsgut des § 203 StGB ist der persönliche Lebens- und Geheimbereich, der im Individualinteresse des Betroffenen gerade von Trägern solcher sozial bedeutsamer Berufe nicht verletzt werden soll, denen der einzelne sich weitgehend anvertrauen muss. Es geht hierbei nicht um die ungestörte Ausübung der in § 203 Abs. 1 StGB genannten Berufe, sondern um das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG), welches auch das verfassungsrechtlich gesicherte "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" einschließt. Dieses gibt dem einzelnen das Recht, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden dürfen.

 

Ein Verstoß gegen § 203 StGB kann auch nicht dadurch legitimiert werden, dass gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 5 der Berufsordnung der Tierärztekammer Niedersachsen die Schweigepflicht dann nicht mehr bestehen soll, wenn öffentliche Belange die Bekanntgabe der Feststellung, die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit getroffen wurde, erforderlich machen. Die Offenbarung eines Berufsgeheimnissen kann zwar im einzelnen Fall geboten sein, hierbei ist jedoch nach den Grundsätzen der Pflichtenkollision abzuwägen, ob die Pflicht zum Schweigen oder die zum offenbaren die höhere ist.

 

im Fall der Durchführung des Wesenstests kollidiert das Interesse der Behörden an einer umfassenden Information mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Eingriff in dieses Grundrecht könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn dies Gründe des Allgemeinwohls dringend erforderlich machten. Die Nichtmitteilung über Durchführung und Ergebnis des Wesenstests einzelner Hunde kann keine so konkrete Gefährdung des Allgemeinwohls darstellen, dass ein Grundrechtseingriff gerechtfertigt wäre. Dies dürfte auch gelten, wenn ein Hund der in § 1 GefTVO genannten Hunderassen den Wesenstest nicht bestanden haben sollte denn auch dann Ist er im allgemeinen durchaus therapierbar, so dass durch die Nichtmitteilung der Durchführung und den Ergebnissen des Wesenstests keine konkrete Gefahr für die Allgemeinheit entstünde. Allenfalls bei einem Hund, der sich als so aggressiv herausgestellt hat, dass die Tötung desselben unumgänglich wäre, könnte die Weitergabe des Testergebnisses an die zuständige Behörde auch ohne Einverständnis des Hundehalters gerechtfertigt sein.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

     Nielsen­

Rechtsanwältin

 



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