PAKTe.V. schrieb:
Tine Ledermann schrieb:
taz
----- Original Message -----
From: Driest
To: bibxxx@gmx.de
Cc: Christa Driest
Sent: Thursday, January 24, 2002 12:17 PM
Subject: taz


Liebe Tine,

ich sende einen Artikel aus der heutigen Taz, der wie ich meine,
veranschaulicht, wie die Diskussion im Zentrum der Gesellschaft (in nicht fachlichen/engagierten Kreisen) laufen könnte. Zudem stellt er eine recht gute Argumentationsstütze gegenüber einem "antiislamischen" Vorwurf dar.
Der Interviewer hatte nebenbeibemerkt in einem spontanen Kommentar nach dem BVG-Urteil, dieses als emanzipatorischen Akt europäischer Muslime gegenüber den Ursprungsländern gefeiert!

Wie ich bei PETA las, existiert in der Türkei als potentiell einzigem
EU-Land kein Tierschutzgesetz. Die Forderung nach Einführung eines solchen scheint mir ein gutes strategisches Ziel der Tierschutzbewegung auch und gerade gegenüber dem Verbraucherschutzministerium zu sein.

Herzliche Grüße

Uwe


"Viele Muslime lässt es schaudern"


Das Schächt-Urteil des Verfassungsgerichts fällt bei Muslimen nicht auf
ungeteilte Zustimmung. Der Islamforscher Bassam Tibi warnt vor dem Vorgehen islamischer Verbände nach dem Urteil. Sie dürfen nicht als Vertreter aller Muslime anerkannt werden

Interview YASSIN MUSARBASH

taz: Die muslimischen Dachverbände wollen Tiere nur noch unbetäubt schlachten. Dazu streben der Zentralrat der Muslime und der Islamrat ein einheitliches Zertifikat an, das nur noch das Fleisch unbetäubt geschächteter Tiere als halal, also islamisch statthaft, ausweist. Dürfen die das?

Bassam Tibi: Ich bin für Religionsfreiheit, und ich bin im Prinzip sehr
froh, dass das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich den Islam im Namen der Religionsfreiheit akzeptiert. Es könnte aber sein, dass künftig einige islamische Verbände sagen: Das Verfassungsgericht hat eine islamische Norm anerkannt, jetzt muss es auch andere annehmen.

Welche könnten das sein?

Im Koran steht zum Beispiel, Männer dürfen widerspenstige Frauen schlagen.
Wenn ein islamischer Mann eine Frau schlägt, und sie verklagt ihn, dann könnte er sich auf diese Koranstelle beziehen. Es gibt eine Reihe von Dingen in der Scharia, dem islamischen Recht, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind - etwa die Geringschätzung der Christen und Juden als Dhimmi, also Schutzbefohlene.

Wie weit würde das Bundesverfassungsgericht in solchen Fragen gehen?

Das Urteil ist zweischneidig: Das Positive daran ist die religiöse Toleranz, das Negative: Es öffnet der Einführung der Scharia Tür und Tor. Die Reaktion der Islamverbände zeigt, dass sie dieses Urteil benutzen wollen, um ihre Auslegung der Scharia durch die Hintertür einzuführen.

Haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass die Islamverbände versuchen, die
Deutungshoheit für die Muslime hier zu erringen?

Ja, die Reaktion der Verbände ist eindeutig. Wenn die Islamverbände nun weitere Bestimmungen der Scharia einzuführen versuchen, muss man das Bundesverfassungsgericht warnen. Ich als Reformmuslim möchte keine Scharia in Deutschland haben.

Werden Islamrat und Zentralrat sich gegen jene Muslime in Deutschland durchsetzen, die das Fleisch zuvor betäubter Tiere akzeptieren?

Ich zum Beispiel lasse mir keine Vorschriften machen. Und ich bin da nicht der Einzige. Es gibt Reformmuslime, Sufimuslime, nichtorthodoxe Muslime,die das ähnlich sehen. Die Islamverbände versuchen aber, ein Mandat für alle hier lebenden Muslime zu erringen. Es gibt eine Studie des Zentrums für Türkeistudien, der zufolge maximal zehn Prozent der Muslime in den beiden Verbänden organisiert sind. Islamrat und Zentralrat können also die Muslime hier nicht vertreten.

Aber die Verbände wollen bald mit dem Verbraucherschutzministerium über die Ausbildung muslimischer Schächter sprechen

Ich fordere Bundesministerin Künast im Namen des Grundgesetzes und der Religionsfreiheit auf, die Vertreter der beiden Verbände nicht zu empfangen.
Sie würde diese Leute damit stillschweigend als unsere Vertreter anerkennen.

Bedroht das Urteil denn Ihre Vision von einem aufgeklärten, liberalen Euroislam?

Das Urteil ist jedenfalls keine Unterstützung des Euroislams. Es gibt viele Menschen in Deutschland, denen es angesichts des Urteils geschaudert hat.

Ich habe Sorge, dass das Positive des Urteils nur zehn Prozent ausmacht und das potenziell Negative neunzig Prozent. Es ist kein Beitrag zur Integration, sondern zur Segregation.

taz Nr. 6658 vom 24.1.2002, Seite 7, 112 Zeilen (Interview), YASSIN
MUSARBASH

 

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