- Fakten

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MAGDALENA + BERND DIRKMANN

Martinstraße 104

59067 Hamm

 

Einschreiben 

Herrn Oberbürgermeister

der Stadt Hamm

Thomas Hunsteger-Petermann

- persönlich -

Theodor-Heuss-Platz 16

 

59065 Hamm

25. April 2002

di/-

  Betr.: Herausgabeverlangen unserer „Polizeilichen Führungszeugnisse“

Vorg.: Ordnungsbehördliche Erlaubniserteilungen zur Haltung unserer

            beiden Hunde durch Stadt Hamm v. 14. 03. 2001

           - Ihr Z.: 32/321-6 -

Anl.:   1. Stellungnahme Landesbeauftragte für den Datenschutz NRW

               v. 10/2000

           2. Stellungnahme zur Rechtswidrigkeit zur Führungszeugnis-

               Vorlageverpflichtung, Landesbeauftragte für den Datenschutz

                              NRW v. 25. 06. 2001

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hunsteger-Petermann, 

wir wenden uns an Sie bezüglich der im Zuge der ordnungsbehördlichen Erlaubniserteilung zur Haltung unserer beiden ungefährlichen wie unauffälligen Hunde beigebrachten beiden Polizeilichen Führungszeugnisse.

 

I.

 

Nach § 3 Abs. 3 LHV NRW (Landeshundeverordnung) waren Ihrem Ordnungsamt unsere beiden Führungszeugnisse „vorzulegen.“

Auf der Grundlage des Wortlautes dieser Verordnung konnte Ihr Ordnungsamt zu keiner Zeit über die – zunächst einmal unterstellte -Vorlagepflicht hinaus eine Ermächtigung zum „Behaltendürfen“ herleiten.

Die Kosten für die Erstellung der Führungszeugnisse und deren Übermittlung an Ihr Ordnungsamt hatten wir seinerzeit getragen.

 

Uns ist jedoch bekannt, dass nicht nur wir, sondern auch andere betroffene Hundehalter ihre Führungszeugnisse von Ihrem Ordnungsamt auch nach erfolgter Halteerlaubniserteilung bis heute nicht zurückerhalten haben.

 

Zur Aufbewahrung bzw. zum Behalten der Führungszeugnisse ist die Stadt Hamm nach der LHV NRW nicht befugt. Dies ergibt sich zum einen aus dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 3, zum anderen auch aus einer teleologischen Auslegung, wonach das Führungszeugnis nur zur Prüfung der persönlichen

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Schreiben Ehel. Dirkmann an OB Stadt Hamm wg. Herausgabe v. 25.04.02

Zuverlässigkeit benötigt wird. Sonstige Rechtsgrundlagen bzw. Befugnisnormen sind nicht ersichtlich.

Nach Erteilung der Erlaubnisse besteht somit weder eine Rechtsgrundlage, noch ein anerkennenswertes Interesse am „Behaltendürfen“ der Führungszeugnisse. Diese Rechtsauffassung befindet sich im Einklang mit einem richterlichen Hinweis der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Münster vom 09. 08. 2001. Wir sind der Auffassung, dass unsere Führungszeugnisse, welche hochsensible Daten enthalten, bei uns besser als bei jeder Behörde aufgehoben sind; insbesondere, wenn diese keine Rechtsgrundlage für das „Behaltendürfen“ haben. Auch die Tatsache, dass in unseren Polizeilichen Führungszeugnissen „NICHTS“ steht, ändert daran nichts.

 

Zur Vermeidung der Inanspruchnahme weitergehender gerichtlicher Hilfe

bitten wir Sie, sehr geehrter Herr Hunsteger-Petermann, Ihren Ordnungsamtsleiter anzuweisen, uns nunmehr bis spätestens 11. Mai 2002 hier eingehend

·        unsere beiden Pol. Führungszeugnisse im Original an uns herauszugeben

·        hilfsweise: Uns Ihrer Meinung nach entgegenstehende Gründe schriftlich mittels eines rechtsmittelfähigen Bescheides mitzuteilen

·        schriftlich zu versichern, dass etwaige Kopien davon weder beim Ordnungsamt noch etwaig von diesem an andere Stellen weitergeleitete Kopien weder zurückbehalten, noch existent sind.

Wir bitten freundlich, sehr geehrter Herr Hunsteger-Petermann, entsprechende Anweisungen an Ihre Mitarbeiter zu erteilen.

 II.

 

Darüber hinaus stellt sich für uns die Frage, ob mit den sensiblen Daten der „Polizeilichen Führungszeugnisse“ bei Ihrem Ordnungsamt überhaupt ausreichend sensibel umgegangen wird, um das Recht auf informelle Selbstbestimmung und den Datenschutz für uns als betroffene Hammer Bürger und Hundehalter wenigstens rudimentär zu gewährleisten.

 

Diese Frage ist schon deshalb angebracht, weil Ihr Ordnungsamt rechtswidrig seinerzeit Ihrem Amt für Finanzen und Steuern ohne unsere Kenntnis, geschweige denn Zustimmung mitgeteilt hat, dass wir Halter von Hunden sind, die nach der für uns rechtswidrigen wie zwingend redigierungsbedürftigen Hundesteuersatzung der Stadt Hamm (trotz selbst von Ihrem Ordnungsamt anerkannter Ungefährlichkeit unserer beiden Hunde = vom Ordnungsamt erteilte Maulkorb- und Leinenbefreiung ) mit der Extremsteuer von ehem. 3.000,-- DM/Jahr – jetzt: 1.536,-- Euro – veranlagt werden! Denn die Stadt Hamm hat nicht durch Ihr Amt für Finanzen und Steuern – wie dies andere

                        

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Schreiben Ehel. Dirkmann an OB Stadt Hamm wg. Herausgabe v. 25.04.02

  

Kommunen datenschutzkonform  praktiziert haben – alle Hundehalter, die

vor Einführung/Inkraftsetzung der Hundesteuersatzung ab 01. 01. 2001 ohne Benennung der Rassezugehörigkeit gemeldet waren, angeschrieben und um Auskunft über die Rassezugehörigkeit ihrer Hunde gebeten. Stattdessen hat Ihr Amt für Finanzen und Steuern – die Rechte der betroffenen Hammer Bürger missachtend – von Ihrem Ordnungsamt entsprechende personenbezogene Daten zur Verwendung bekommen. Nur aufgrund dessen erfolgten entsprechende Höherveranlagungen! Die betroffenen Bürger wurden überhaupt nicht befragt.

 

Das hat Ihren dafür verantwortlichen Mitarbeitern zwar die Arbeit sicherlich erleichtert. Doch dieser Datenabgleich Ihrer beiden Ämter untereinander war ein durch nichts gerechtfertigter, grober Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen.

              

Diese, unsere Wertung steht im Einklang mit der Wertung von

·        Herrn Horst Dressler, Referatsleiter für Finanzen,

                        Landesamt für Datenschutz, Düsseldorf.

 

Darüber hinausgehend verweisen wir auf die gleichlautenden und über diesen Themenkomplex hinausgehenden, eindeutig unsere Auffassungen vertretenen rechtlichen Wertungen/Stellungnahmen der

·        „Landesbeauftragten für den Datenschutz NRW“, Frau

Bettina Sokol, Reichsstraße 43, 40217 Düsseldorf.

 III.

Von Ihrer Frau Lindemann, Sachbearbeiterin im Ordnungsamt, wurden wir seinerzeit aufgefordert, die angeblich erforderlichen Führungszeugnisse zu beantragen. Dabei wurden wir informiert, dass diese direkt an das Ordnungsamt geschickt würden, nicht aber, dass wir wegen des Umfangs der Auskünfte vor Weiterleitung an diese Behörde ein Einsichtsrecht hätten. Auf den vom Rechtsunterzeichner dieses Schreibens geäußerten Wunsch, die Führungszeugnisse zunächst an uns zu übersenden, hieß es ablehnend: „Nein, die gehen direkt ans Ordnungsamt. Sonst erkennen wir die Führungszeugnisse nicht an und es gibt keine Halteerlaubnisse.“

 Auch dieser Tatbestand ist von uns zwischenzeitlich überprüft worden.

Auch dieses Verhalten war unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten unkorrekt.

 

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Schreiben Ehel. Dirkmann an OB Stadt Hamm wg. Herausgabe v. 25.04.02

  

·        Wir erlauben uns, Ihnen die uns übermittelte 15-seitige Stellungnahme der Landesdatenschutzbeauftragten NRW, Frau Bettina Sokol, Reichsstraße 43, 40217 Düsseldorf (Aktenzeichen: - 21.4.25.1 – „Stellungnahme zur Rechtswidrigkeit der Verpflichtung zur Vorlage von Führungszeugnissen“) anliegend zu überreichen.

 

Darin heißt es u. a.:

 

„2. Die Übermittlung von im Bundeszentralregister gespeicherten personenbezogenen Daten an Ordnungsbehörden stellt einen Eingriff in das Recht auf informelle Selbstbestimmung dar. Ein solcher Eingriff kann nur durch ein Gesetz gerechtfertigt werden. Es fehlt bislang aber in NRW an einer solchen hinreichenden gesetzlichen Rechtsgrundlage, die die in der LHV NRW 2000 normierte Pflicht zur Vorlage eines Führungszeugnisses legitimieren könnte. Die in der LHV NRW 2000 als Ermächtigungsnorm angegebene Vorschrift des § 26 OBG erfüllt nach unserer Auffassung nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die in diesem Regelungsbereich an eine vom Gesetzgeber der Exekutive erteilte Verordnungsermächtigung zu stellen sind......“

 

Auf die vollständige, weitergehende Stellungnahme nehmen wir zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich bezug.

 

Bereits schon im Oktober 2000 hat die Landesdatenschutzbeauftragte NRW in einer „Stellungnahme zur Berücksichtigung des Datenschutzes bei der Verpflichtung zur Vorlage von Führungszeugnissen“ nachdrücklich darauf hingewiesen, dass:

 

„Rechtsgrundlage für die Landeshundeverordnung ist § 26 OBG. Diese Vorschrift ist als Rechtsgrundlage für die in der Landeshundeverordnung vorgesehenen Melde- und Übermittlungsvorschriften ausreichend. Sie kann aber aufgrund ihres allgemeinen Charakters keine so intensiven Grundrechtseingriffe, wie die Einsichtnahme in Führungszeugnisse rechtfertigen.“

Dort weiter u. a.:

„Darüber hinaus erscheint der Ausschluß jeglicher Alternative zur Vorlage eines Führungszeugnisses zum Nachweis der Zuverlässigkeit unverhältnismäßig. Es ist schon zweifelhaft, ob die Prüfung der Datensätze in einem Führungszeugnis ein wirksames Mittel zur Prüfung der Zuverlässigkeit ist.....“

 

·        Wir erlauben uns, Ihnen auch anliegend diese dreiseitige Stellungnahme vom Oktober 2000 zu überreichen.

 

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Der von Ihrem Ordnungsamt ausgeübte Zwang zur unmittelbaren Überstellung von polizeilichen Führungszeugnissen der Belegart „O“ stellt einen so gewichtigen Eingriff in unsere Grundrechte dar, dass es nur durch ein Gesetz oder freiwillige Einwilligung von uns und anderen Betroffenen gerechtfertigt werden kann. Die Landesdatenschutzbeauftragte NRW

stellt fest, dass in NRW beide Voraussetzungen eindeutig nicht gegeben sind. Ein entsprechendes Gesetz existiert bislang nicht.

 

Der Zwang, für Anmeldung bestimmter Hunde und Erlaubniserteilung zu deren Haltung ein derartiges Führungszeugnis vorzulegen, schließt mangels anderer Alternativen jede freiwillige Einwilligung aus.

 

Von daher halten wir das Verhalten Ihres Ordnungsamtes als Betroffene aus unserer Sicht für grobe und angesichts der langen Vorbereitungszeit der LHV sogar vorsätzliche Amtspflichtverletzung mit Angriff auf bürgerliche Grundrechte, deren Schutz wir normalerweise von unserer Heimatstadt Hamm sowie der Landesregierung erwarten.

 

Wir bitten Sie daher, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hunsteger-Petermann, entsprechende Maßnahmen zu veranlassen.

 

In Anbetracht der grundsätzlichen Bedeutung rechnen wir mit Ihrem Verständnis, dass wir dieses Schreiben und Ihre Antwort an die Öffentlichkeit weiterleiten.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

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