Ingrid Zindt                                                                                                           20.05.2001

56170 Bendorf

 

(Beistand: PDir a. D. Dipl.-Ing. B. Schwab)

 

 

 

 

Verwaltungsgericht Koblenz

Deinhardplatz 4

 

56068 Koblenz

 

 

Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

 

der Frau Ingrid Zindt,


, 56170 Bendorf,

-Antragstellerin-

 

gegen

 

die Stadt Bendorf,
vertreten durch den Bürgermeister Stuhlträger
Im Stadtpark 2, 56170 Bendorf

-Antragsgegnerin-

 

auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung

des Widerspruchs vom 01.02.2001
gegen den Hundesteuerbescheid vom 12.01.2001
in Verbindung mit dem Antrag vom 24.04.2001
auf Aussetzung der Vollziehung und dessen
Ablehnung mit Bescheid vom 04.05.2001.

 

Begründung

 

Mit Schreiben vom 24.04.2001 hat die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung beantragt (Anlage 1).

 

Mit Bescheid vom 04.05.2001 wurde dieser Antrag abgelehnt (Anlage 2).

 

Der Rechtsbehelf in der Hauptsache ist eingelegt, das Verfahren aber noch nicht abgeschlossen. Beigefügt ist das Schreiben der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz vom 15.05.2001, in dem auf den höheren Zeitaufwand für die Bearbeitung hingewiesen wird (Anlage 3).

 

 

I. Erdrosselung

 

Die Antragstellerin ist Halter von 4 Pit Bull Terriern. Die Antragsgegnerin hat in der Satzung über die Erhebung der Hundesteuer –Hundesteuersatzung- vom 25.10.2000 in § 7 Abs. 2 Satz 2 festgesetzt (Anlage 4):

 

Die Steuer beträgt im Kalenderjahr 2001 für

     a) den ersten Kampfhund      960,00 DM,

     b) den zweiten Kampfhund      1680,00 DM,

     c) jeden weiteren Kampfhund      2240,00 DM.

 

 

Gegenüber den Steuersätzen für „normale“ Hunde, die in der Haushaltssatzung der Stadt Bendorf festgesetzt sind, entspricht dies dem achtfachen Steuersatz.

 

In summa ergibt sich für die Antragstellerin eine jährliche Steuerbelastung in Höhe von 7.120 DM (Anlage 5).

 

Ein solch erdrosselnder Betrag führt nach den Ausführungen in dem Urteil des OVG Koblenz 6 A 10789/00.OVG vom 19.09.2000, Seiten 11/12, „zur Unzulässigkeit der Abgabenerhebung“. [Alle Zitate aus dem genannten Urteil sind kursiv formatiert.]

 

Dort heißt es: Eine Steuervorschrift darf nicht „in ein sachregelndes Verbot umschlagen oder einem solchen gleichkommen“ und nicht darauf ausgehen, „die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen („erdrosselnde Wirkung“)“.

 

Diese extraordinär hohe Steuer entfaltet im Bereich der Haltung von mehr als einem Listenhund eine ausschließliche Lenkungswirkung.

 

Da es durchaus üblich ist, mehrere Hunde zu halten, stellen diese erdrosselnden Steuerbeträge nicht nur auf „einzelne Hundehalter“, sondern auf „die Gesamtheit der Kampfhundehalter“ ab.

 

Der Multiplikator zwischen der normalen und der Kampfhundesteuer (hier: achtfach) darf auf keinen Fall isoliert von der Größenordnung der Basiswerte betrachtet werden.

 

Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob jemand der bisher jährlich 100 DM zu bezahlen hatte, plötzlich mit 800 DM zur Kasse gebeten wird, oder ob sich die Vervielfachung in einem um eine ganze Zehnerpotenz höher liegendem Bereich abspielt und ein jährlicher Betrag von 1.000 DM auf 8.000 DM explodiert.

 

In diesem Größenordnungsbereich ist die „Erfüllung des Steuertatbestandes“ dann nicht mehr möglich, wenn bereits ein einziger Jahressteuerbetrag die „sonstigen Kosten eines Kampfhundes“ inklusive Anschaffungskosten bei weitem übersteigt.

 

Wie nachfolgend erläutert, werden die „sonstigen Kosten“ mit rund 3.200 DM jährlich beziffert:

 

„Kampfhunde“ haben regelmäßig eine mittlere Statur (17 bis 35 Kg), sind robust und kurzhaarig und damit pflegeleicht. Nach einer Untersuchung der Stiftung Warentest im Heft Nr. 8/99 betragen die mittleren regelmäßigen Ausgaben für einen Hund (Futter, Zubehör, Tierarzt) ca. 800 DM pro Jahr (ohne Hundesteuer und ohne sonstige, nicht erforderliche Ausgaben). Bei 4 Hunden ergibt dies einen Jahresbetrag von 3.200 DM.

 

„Wenn man sich das Verhältnis der erhöhten Steuer zu den sonstigen Kosten eines Kampfhundes vor Augen führt“, dann resultiert aus diesem Vergleich in konsequenter Fortführung des OVG-Tenors ein krasses Missverhältnis zwischen dem Steuersatz in Höhe von 7.120 DM und den sonstigen Kosten von lediglich 3.200 DM. Der Steuersatz ist mehr als doppelt so hoch wie die Unterhaltskosten der Hunde!

 

Letztlich entscheidend ist, ob der mit dem Multiplikator hochgerechnete Steuerbetrag in den für „Kampfhundehalter in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen“ geltenden Erdrosselungsbereich eindringt und damit „die Erfüllung des Steuertatbestandes“ unmöglich macht.

 

Die Erdrosselung dürfte für „die Gesamtheit der Kampfhundehalter“ regelmäßig dann einsetzen, wenn der Steuersatz in die Größenordnung der „sonstigen Kosten“ vordringt, so dass darüber hinausgehende Steuerbeträge, hier insbesondere die horrende Steuer von 7.120 DM, die Haltung der Hunde „wirtschaftlich“ unmöglich macht.

  

II. Vorprogrammierte Rechtsverstöße

 

Die Hundesteuersatzung der Stadt Bendorf unterläuft das ausgewogene Regelungskonzept der höherrangigen GefAbwV und bringt die gebeutelten Hundehalter in eine rechtlich ausweglose Situation (s. auch Abschnitt III).

 

Dem Bürgermeister von Bendorf ist die von der GefAbwV im Verbund mit seiner erdrosselnden Satzung verursachte  Unterbringungsproblematik bestens bekannt:

 

Zwangseingezogene Hunde müssen zu Lasten des Stadtsäckels in teuren Tierpensionen untergebracht werden.

 

So wenig Skrupel der Bürgermeister im Abkassieren horrender Steuerbeträge kennt, so sehr scheut er die von seinem Machwerk verursachten Folgekosten.

 

Nach Ablauf einer Schamfrist werden daher die eingezogenen Tiere klammheimlich in den Osten verfrachtet, um dort abgemurkst zu werden. (Falls der Bürgermeister diese Darstellung bestreitet, möge er bitte nachweisen, wo die eingezogenen Tiere verblieben sind.)

 

Um drohende Kosten vorsorglich abzuwenden, haut er daher der Antragstellerin in seinem Ablehnungsbescheid vom 04.05.2001 den folgenden nihilistischen Satz um die Ohren (Anlage 2):

 

„Falls Sie Ihre Hunde – aus welchen Gründen auch immer – anderweitig unterbringen möchten, so sind Sie als Hundehalter selbst verpflichtet eine solche Unterbringungs-möglichkeit zu findet.“

 

Von besonderer Bedeutung ist, dass die erdrosselnde Wirkung der „Kampfhundesteuer“ der Stadt Bendorf eine bislang nicht existierende und daher im o. g. OVG-Urteil noch nicht bewertete „kriminelle“ Komponente hat, die zwangsläufig zu einem Verstoß gegen Artikel 70 unserer Landesverfassung (Tiere werden als Mitgeschöpfe geachtet) und zu einer Kollision mit dem § 17 des Tierschutzgesetzes führt (Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet).

 

Das OVG-Urteil basiert auf „der im Jahre 1998 gültigen Gefahrenabwehrverordnung – Gefährliche Hunde – vom 13. September 1996 (GVBl. S. 364).”

 

Seit Mitte 2000 gilt jedoch die neue Gefahrenabwehr-verordnung – Gefährliche Hunde – vom 30. Juni 2000   (GefAbwV; GVBl. S. 247). Diese GefAbwV benennt in § 1 Abs. 2 explizit mehrere Hunderassen, die als gefährlich eingestuft und mit restriktiven Auflagen belegt werden.

 

Als Folge der neuen GefAbwV quellen die Tierheime über; weitere Hunde können wegen Überfüllung nicht mehr aufgenommen werden (s. Anlagen 6 und 7). Diese Situation wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern, da die mittlere Lebenserwartung eines Hundes 10 Jahre beträgt.

 

Da die GefAbwV den Handel mit Listenhunden und deren Mischlingen verbietet (§ 2) und die Neu-Haltung an ein sehr restriktiv gehandhabtes „berechtigtes Interesse“ knüpft (§ 3), verbleiben dem Hundehalter in praxi nur noch folgende Alternativen:

 

1. Die Tiere behalten

2. Die Tiere aussetzen

3. Die Tiere töten oder töten lassen.

 

Da die Maßnahmen zu 2. und 3. ebenfalls verboten sind, ist der Hundehalter rechtlich an die Alternative 1 gefesselt.

 

Diese neue, im Gefolge der GefAbwV real eingetretene und durch ein obergerichtliches Urteil noch nicht bewertete Situation, darf nicht durch eine niederrangige Satzung in einem Maße verschärft werden, dass normalbetuchte Hundehalter zur Anwendung der Alternativen 2 oder 3 gezwungen und solcherart in die Illegalität getrieben werden.

  

II. Widerspruch zum Regelungskonzept der GefAbwV

 

Wie im OVG-Urteil richtig bewertet, hat die seinerzeit angegriffene Hundesteuersatzung die damals geltende Gefahrenabwehrverordnung, die den „gefährlichen Hund“ lediglich über besondere Verhaltensauffälligkeiten definierte, zulässigerweise durch eine Rasseliste ergänzt.

 

Das Lenkungsziel der neuen, im OVG-Urteil noch nicht berücksichtigten GefAbwV ist jedoch wesentlich konkreter und zielgerichteter und im Hinblick auf die rechtlichen Folgewirkungen auch abschließend, u. a. durch Implizierung einer eigenen Rasseliste und durch Festlegung detaillierter Lenkungsmaßnahmen determiniert.

 

Ziel ist die langfristige Unterbindung der Haltung dieser Hunde durch Zuchtverbot und natürlichen Zeitablauf unter Berücksichtung des gesetzlichen Tierschutzes.

 

Die neue GefAbwV geht von einem abgestuften Regelungswerk aus, nach dem zunächst alle Hunde gehalten werden dürfen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. Kennzeichnung, Sachkundeprüfung usw.).

  

Demgegenüber bezweckt die Hundesteuersatzung der Stadt Bendorf unter Missachtung des gesetzlich verankerten Tierschutzes (Landesverfassung, Tierschutzgesetz) eine kurzfristige Endlösung mit dem Ziel der sofortigen pauschalen Entfernung/Liquidierung der gelisteten Hunde.

 

Sie unterscheidet sich damit nicht nur hinsichtlich der Verfahrensweise und der Differenzierung, sondern auch hinsichtlich der Ziele von der GefAbwV.

 

Die Hundesteuersatzung trifft Regelungen, die inhaltlich das Regelungskonzept der GefAbwV in einer Weise belasten, dass Rechtsverstöße in großer Zahl de facto vorprogrammiert sind. Sie ist insoweit nichtig.

 

 

Ingrid Zindt

 

 

Anlage 1: Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom              24.04.2001

Anlage 2: Ablehnungsbescheid vom 04.05.2001

Anlage 3: Schreiben der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz             vom 15.05.2001

Anlage 4: Hundesteuersatzung vom 25.10.2000

Anlage 5: Hundesteuerbescheid vom 12.01.2001

Anlage 6: Schreiben des Tierschutzvereins Koblenz u.U.           e.V. vom 03.04.2001

Anlage 7: Schreiben des Tierschutzvereins Andernach u.U.       e.V. vom 03.04.2001

 

  

1 Abschrift samt Anlagen anbei

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