Die Verzweiflung blickt aus leeren Augen

Am 23.08.2002 um 17.00 Uhr fuhr der erste
Hilfstransport der Bürgerinitiative Hund Essen, Mülheim an der Ruhr e.V. (Herr Karl Weil, Herr Willi Scherer und Herr Jan Salewski) in die Katastrophengebiete Sachsens.

Ein LKW beladen mit Futter, Decken, Lebensmitteln, Kratzbäumen, Möbeln etc. fuhr in Richtung Meißen. Niemand von uns konnte sich zu diesem Zeitpunkt vorstellen, welches menschliche und tierische Elend uns am nächsten Tag erwarten sollte.


Während wir den Hilfstransport durchführten, haben die anderen Mitglieder unseres Vereins, sowie zahlreiche freiwillige Helfer, die Sachspenden, die bis zu unseren nächsten Transport am 30.08.2002, noch im Lager verblieben sind vorsortiert und auf Paletten gepackt. Andere Helfer holten neue Sachspenden ab.

Gegen 3.30 Uhr am frühen Samstag morgen erreichten wir das Tierheim Meißen/Winkwitz e.V., Dieraer Weg 85, 01665 Meißen.

Nach 4 Stunden Schlaf stellte sich erst Verwunderung ein. Das Tierheim liegt nicht an der Elbe, sondern ca. 50 m höher auf einem Hochplateau, jedoch leider in einer Senke. Was wir erst lernen mussten war, dass die Medien zwar über die Katastrophe direkt am Fluss und an den Deichen berichteten, aber nicht darüber, wo das ganze Wasser denn eigentlich herkam. Fakt ist, dass dieses Tierheim durch die Unmengen an Regen, die das Wetter im August hervor brachte, zweimal überspült wurde, bevor die Wassermassen sich den Weg in die Elbe suchten.
 

Um sich ein Bild von dem Ausmaß der Überflutung machen zu können, habe ich den, per Bulldozer zusammen geschoben Haufen unbrauchbaren Materials fotographiert.

Die Mitarbeiter des Tierheims haben alle komplett Ihre Wohnungen samt Einrichtung verloren und stehen praktisch vor dem Nichts. Sie leben zur Zeit alle in einer Notunterkunft, einem Gebäude einer ehemaligen LPG.
Diese Unterkunft wurde Ihnen von Herrn Lippold, dem Geschäftsführer der Vermögensverwaltung GmbH i.L. LPG (T) Ockrilla, schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt.
 

Herr Lippold erklärte sich spontan bereit, die weitere Organisation der Verteilung unserer gesammelten Sachspenden vor Ort zu übernehmen. Wir werden weiterhin Sachspenden für Mensch und Tier sammeln, sortieren und transportieren. Vor Ort werden die Bedürftigen durch Presse und ähnliches auf die Hilfsgüter aufmerksam gemacht. Herr Lippold wird nur gegen Vorlage von Personalausweisen Güter verteilen, damit wirklich sichergestellt ist, dass nur Personen aus den betroffenen Straßenzügen Meißens, bzw. den betroffenen umliegenden Dörfern diese erhalten.

Die Mitarbeiter des Tierheims fuhren uns dann zu dem Haus einer überschwemmten Familie. Die menschliche Katastrophe, die wir nun hautnah erleben mussten wird niemand von uns mehr vergessen können. Die Verzweiflung die uns erwartet hat, hat sich in die Rinden unserer Gehirne gebrannt. Eine Familie die vor dem Nichts, wahrscheinlich noch vor weniger steht, und die unser Hilfsangebot nicht einmal mehr verstehen konnte. Die leeren Blicke die uns anschauten, die nicht glauben, dass wir wiederkommen, die nur hoffen, dass wir es tun, wird niemand verstehen, der es nicht gesehen hat. Tröstende Worte konnten wir für diese Familie nicht finden, weil es einfach keine tröstenden Worte mehr gab. Der Hausherr stand mit dem Blick eines Toten am Fenster und schaute auf den Fluss, der das Leid gebracht hat und murmelte: " ...und die Elbe ist so weit weg.". Es war aber nicht der Blick eines Toten, denn tote Augen weinen nicht - diese schon, still, leise, verzweifelt.

 


Das "Wohnzimmer" mit gespendeten Möbeln Risse im Flur mit Stützen für die Decke

Dieses ist nur ein Fall den wir erlebt haben, das Dorf hat mehr Häuser, mehr Familien, mehr Kinder, mehr Tiere und noch mehr Elend. -Und Sachsen hat noch viele Dörfer.-

Hier muss unsere Hilfe hin, hier muss den Menschen und den Tieren geholfen werden, mit allem was in unserer Macht steht. Ein abgesoffenes Amt irgendeiner Gemeindeverwaltung ist uns da herzlich egal.

Unsere Reise führte uns dann weiter zum Tierheim Laue, nahe Delitzsch bei Leipzig. Hier haben wir den Rest des Tierfutters abgeliefert. Das Tierheim Laue, nicht direkt vom Hochwasser betroffen, durch die Unwetter jedoch beschädigt, hat die Tiere der überfluteten Tierheime ihrer Umgebung  aufgenommen. Als Beispiel nenne ich hier die 64 Katzen des komplett zerstörten Tierheims Eilenburg. Das Tier-heim Laue wird das Futter mit anderen Tierheimen teilen.
 





Ein kleiner Teil des Futters für Delitzsch

Welche gesundheitlichen Auswirkungen die Katastrophe auf die Betroffenen hat, wird wohl erst die Zukunft zeigen. Berichte aus Meißen über rote Pocken an den Körperteilen, die mit dem Wasser in Berührung kamen, die teilweise entzündeten Füße der Betroffenen lassen für die Zukunft noch mehr befürchten.

Als Beispiel dient hier das Foto einer Katze, die aus den Elbfluten bei Delitzsch gerettet wurde. Es sei noch angemerkt, dass es bei Katzen nicht normal ist, dass das Fell ausgeht, nur weil sie mit Wasser in Berührung kommen. Wenn Sie dieses vor Ort sehen, steigen Befürchtungen auf, dass es noch viel schlimmer werden kann.


Am 30.08.2002 folgt unser nächster Konvoi, eine Woche später wieder einer. Wir wissen, dass das was wir für Mensch und Tier versuchen zu tun, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Aber viele Tropfen können zu einer Flut werden.

Die Menschen in Sachsen wissen das.

Jede Spende, die Sie uns zur Verfügung stellen, kommt direkt und ohne Umwege zu den Betroffenen. Wir bringen Ihre Spende persönlich nach Sachsen. Es bleibt nichts auf der Strecke, denn auch die Fahrzeuge und der Diesel werden uns kostenlos zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns hierfür ausdrücklich bei den Firmen "Schloss Quelle Mellos", Mülheim und "
Straelener Blumenhandel", Straelen. Treibstoff, der nicht übernommen wird (für unsere Privatfahrzeuge) und Kosten für Unterkunft und Verpflegung zahlen wir aus unserer Privattasche.


BI Hund hilft Hund und Halter
-Mülheim für Meißen-


Jan Salewski
 

 

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