Herrn
Werner Kuhn
Fraktionsvorsitzender der
F.D.P.-Landtagsfraktion des Landes Rheinland-Pfalz
per eMail
Sehr geehrter Herr Kuhn,
bezugnehmend auf Äußerungen Ihrer
Fraktion, welche die Gefahrenabwehrverordnung "Gefährliche
Hunde" in ihrer derzeitigen Fassung als für richtig erachtet,
gestatte ich mir Ihnen einige kleine Bemerkungen, die möglicherweise
geeignet sein können, das durch Print- und elektronische Medien,
besonders jedoch durch die Boulevardpresse konstruierte, verzerrte
Bild vom canis horribilis, Deutschlands Feindbild Nr. 1, vulgo:
"Kampfhund", ein wenig zu korrigieren.
Zumindestens zum Nachdenken anzuregen,
ob all das, worauf man sich in dieser langjährigen Diskussion
bezog, dem wohl nahekommt, was man gemeinhin mit der Wahrheit
bezeichnen mag?
Ein beliebtes Argument, sich auf diese
Rassen, die durch die Presse zunächst früher gefördert und
bekannt gemacht wurden, dann in Buchform zur Vermarktung getragen
wurden, besteht darin, daß man die unheimliche Beißkraft von
Pitbull + Co.KG als Ächtungskriterium heranzieht. Ich will mich
nicht wiederholen, hierzu finden Sie als Anhang einen gesonderten
Bericht, in welchem Sie über die Evolution dieser Angaben und den
realen Stand des Zahnfetischismus nachlesen können.
Des weiteren habe ich eine Übersicht
von Tödlichen Beißunfällen verursacht durch Hunde von
1968 - Stand 2001, insgesamt 53 Ereignisse, ebenso zu Ihrer Kenntnisnahme
als Anlage beigefügt.
Die Diskussion über so genannte
"Kampfhunde" ist alt. Sie begann 1988. Führte dann zu
Beginn der 90-er Jahre zu Bundesratsinitiativen und einigen
Gefahrenabwehrverordnungen in verschiedenen Bundesländern. 1991 zunächst
im Saarland mit einer ersten Rasseliste, in der die Rassen
enthalten, sind, die der promovierte Betriebswirt Dr. Fleig
in seinem Eigenverlag publizierten Büchern "Kampfhunde
I und II" (1981 + 1983)
klassifiziert hatte.
Im untersuchten Zeitraum 1968 - 1991 ließen
sich bis heute 36 Todesfälle recherchieren. Wobei lediglich in
einem Fall (Pos. 31) ein "Pitbull" -was immer das sei-
seinen Züchter tötete; im Fall (28) drei
"Kampfhundemischlinge" alias Verbastardierungen von
Mastinos und Bullterrier beteiligt waren (vgl. Anl.).
Schon damals, durch den Druck einer öffentlichen
Kampagne in den Printmedien erhoben (BILD schrieb
schon damals:"Tötet alle Kampfhunde" und rief den
TED in Form einer Umfrage auf - man sieht, es ist alles schon einmal
dagewesen!), war die Diskussion irrational. Denn die
meistverantwortlichen Fälle zeigten auf andere, zumeist deutschen
Ursprungs beteiligte Rassen.
Die ungleich verbreiteter als die so
genannten Kampfhunde. Wenn man einmal bedenkt, daß der Schäferhund
etwa 200 000 eingetragene Mitglieder in seinem Verein hatte, die
Zahl derer, die nichtorganisiert einen Schäferhund ihr Eigen nennen
um den Faktor drei bis vier anzusetzen ist, dann noch
wahlberechtigte Familienmitglieder, Oma und Opa hinzukommen, dann
ist diese Wählerklientel schwer zu vernachlässigen. (Zum
Vergleich: der Club für Molosser hatte -lt. Mitgliederliste 1991-
ganze 852 Mitglieder in Deutschland - mit neuen Bundesländern
schon).
Man opferte schon damals unter dem Druck
der Medien eine Minorität!
Kritiker, die wohl darum wußten, daß für
Konflikte mit Hunden weitaus andere Rassen, da zahlreicher
vertreten, verantwortlich zeichneten, wurde entgegnet, daß man aus
Gründen der Organisation diese verwaltungsmäßig nicht
reglementieren könne!
Ist in mehreren Sitzungsprotokollen
nachlesbar.
Eine seltene Moralität. Als würde man
sagen, man mache nur Verordnungen für Randgruppen, da diese
leichter zu erfassen sind, die anderen übersteigen das
Leistungsverhältnis der Verwaltung des Landes (ist auch nicht neu,
dazu vgl. das bayerische "Arbeitsscheuengesetz"
(1926), wo den Romas und Sintis die Hundehaltung verboten bzw. nur
unter besonderen Auflagen und Einzelhundehaltung zugestanden wurde
-felix Bavariae).
Interessant natürlich auch, daß man
sich in manchen ergangenen Urteilen auf immer wiederkehrende Quellen
stützt. Mit überwiegend aus dem Zusammenhang herausgelösten
Zitaten. Dieses ebenso aus fachlichen Publikationen. Nun ist die
Justiz keine exakte Wissenschaft, sie urteilt zumeist nach bereits
Gesagten. Kompilation oder Abschreiben, wie mein Lehrer es sagte.
Es ist hier nicht Raum zu einer
erweiterten Quellenkritik. Doch interessant ist es schon anzumerken,
das Zitate zur Begründung herbeigezogen werden von Personen, die
einstens sich mit einem Titel schmückten, der zumindestens nicht in
ordentlich vollzogener Promotionsweise erfolgte. Von einer Klientel,
welche in zwei Jahrgängen eine Zeitschrift mit dem Titel
"Kampfhund" herausgab und die -im Rahmen von Hundekämpfen-
staatsanwaltlich untersucht wurde. Wenn solche Aussagen würdiger
sind als die von Zoologen und Verhaltensforscher, na, ja, dann Gute
Nacht Deutschland. Vom Datenschutz heute - auch der
Unverletzlichkeit des Zugangs zur Wohnung mal zu schweigen - einst
ein Paradethema der F.D.P.
Ich darf es hiermit bewenden lassen.
Vielleicht geben die Anlagen und
genannten Quellen, die mir vorliegen, Anlaß zum kritischen
Nachdenken.
Mit den besten Wünschen und Rückkehr
zu logischem Verhalten grüßt Sie
Werner G. Preugschat
32139 Spenge Mobil: 0172-9985276 we.preugschat@t-online.de
Anbei: Statistik über Beissunfälle sowie Leserbrief zur Beisskraft! HIER
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