Gesetz

Stellungsnahmen zur Anhörung  Landeshundegesetz

Dr. Dorit FeddersenPetersen

ETHOLOGIN

Fachtierärztin für Verhaltenskunde

Zusatzbezeichnung Tierschutzkunde

Institut für Haustierkunde

CHRISTIANALBRECHTSUNIVERSITÄT ZU KIEL

 

Biologiezentrum

Olshausenstr. 40

Tel.:  (0431) 880 1

Durchwahlen: 880 4506 ( 4530,  4527,  5139)

FAX:  (0431) 880 1389

Email: dfeddersen@ifh.uni –kiel.de

 

 

 

 

ETHOLOGISCHE STELLUNGNAHME ZUM HUNDEGESETZ NRW

 

Der o.a. Gesetzentwurf bedeutet für mich die erneute Umsetzung und Verschärfung von Maßnahmen, die seit Jahren immer wieder weder wissenschaftliche Bestätigung fanden noch nachweislich Erfolge  zeitigten. Im Gegenteil, darüber, daß dieser Ansatz wissenschaftlich falsch ist, bestand stets Konsens. So fragt man sich, warum so rigide  an völlig verfehlten Denkmustern festgehalten wird.

Die Art der Regelung eines hochgespielten Problems beweist meines Erachtens, daß bestehende Defizite im Zusammenleben Mensch – Hund, für die unser rechtliches Instrumentarium vor Etablierung des landesrechtlichtlichen Verordnungschaos  durchaus ausreichend war,  keiner kausalen Analyse unterzogen wurde. Man kann auch sagen, daß offensichtlich nicht verstanden wurde, wo wirkliche Probleme bestehen (Wissensmängel etc.) und wie ihnen wirkungsvoll zu begegnen ist (Lernmodule Hund im Schulunterricht etc.). Die soziologische Schiene des Hundemißbrauchs wird durch das vorliegende Hundegesetz auch gleichsam nicht einmal marginal tangiert.

Die Gefährlichkeit von Hunden wird folgendermaßen gegliedert:

·Rassebedingte Gefährlichkeit

Wissenschaftliche Grundlagen aus unterschiedlichen Disziplinen fehlen. Es herrscht hingegen Konsens darüber, daß es weder “gefährliche“ noch “ungefährliche“ Rassen gibt. Jegliche Erläuterungen sind bekannt, ich erspare mir ihre erneute Aufzählung!

·Kreuzungsbedingte Gefährlichkeit

Kreuzungen der als gefährlich sortierten Rassen untereinander sowie mit anderen Hunden sind weder phänotypisch noch molekulargenetisch zu benennen. Dazu ist keinerlei  Fachkompetenz in der Lage. So kommen wir hier in das große narrative Chaos: es werden Ohrlängen vermessen und mit Angaben in Rasseenzyklopädien oder Standards verglichen werden, ,um Puzzle für Puzzle ein bißchen Boxer, ein wenig Dackel und eine Prise Staffordshire Bullterrier  zu entdecken. Meint man. Denn so geht es dummerweise nicht: es gibt z.B. Konvergenzen in der Vererbung dieser polygenetisch gesteuerten Merkmale, so daß Mischlinge an Ohr, Schnauze oder Bein wie ein “Kategoriehund“ aussehen können (auch nachgemessen), während ihre Eltern “friedliche“   Schnauzer und etwa Doggenoder Irish Wolfshounds sind.

So kommt es zwangsläufig zu peinlichen Fehlsortierungen.

Präziser formuliert: Was hier gefordert wird, mutet lächerlich an, wenn es nicht so traurig wäre, macht fassungslos, da offenbar die “Urheber zur Erhöhung der Rechtssicherheit“, sich nie mit Grundlagenwissen zur Genetik belastet haben. Wie übrigens, ich zitiere, tritt ein Phänotyp einer Rasse bei einem Hund deutlich hervor? Eine für mich sehr nebulöse Forderung in einem Gesetz.

Der Verwaltungsaufwand wird riesig, die Konfusion ebenso – unbescholtene Hundehalter müssen um ihre Mischlinge kämpfen.Das alles dient der öffentlichen Sicherheit, den berechtigten Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein – Westfalen? Nein, nach meinem Verständnis grenzt es ihre Freiheiten ein, beschneidet ihre Lebensfreude und beschert ihnen außerordentlich viel Ärger, Trauer und Geldentzug.

·Größenabhängige Gefährlichkeit

 

Auch hier fehlt jeglicher fachlichsachliche Unterbau. Ich kenne keine wissenschaftliche Publikation und keine empirisch belegte Statistik, die besagt, daß ein Hund ab 40 cm Schulterhöhe pauschal gefährlicher ist als einer, der allein 38 cm aufweisen kann!

·Gewichtsabhängige Gefährlichkeit

 

Hunde, die 20 kg wiegen, sind kaum eine Kategorie, der größere Gefährlichkeit zuzuschreiben ist als solchen, die einige kg weniger auf die Waage bringen. Wo wiederum ist die fachliche Basis, die eine solch abstrus anmutende Typisierung rechtfertigt?

·Individuelle Gefährlichkeit

Die einzelnen Punkte ihrer Zuordnung machen diesen grundsätzlich vernünftigen Ansatz (wäre der Halter einbezogen) zunichte:

4. Hunde, die einen anderen Hund durch Biss verletzt haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben,

Wer denn (er)kennt die Gestik, das Ausdrucksverhalten von Hunden in biologisch nachvollziehbarer Weise? Dieser Satz wird die Gerichte (völlig unnötigerweise) beschäftigen. Beispiele: “Mein Hund hat uriniert (Unterwerfung) und wurde attackiert“ (der Hund imponiermarkierte ...). Mein Hund biß, als ihm der andere die Zunge zeigte, kann er sich ja nicht gefallen lassen (submissive Geste).

Den Abstrusitäten des Gesetzes, den Rechtsbeschneidungen von Hundehaltern einerseits sowie tierschutzwidrigem Handeln andererseits wäre noch viel hinzuzufügen.

Grundsätzlich noch dieses:

Es wird suggeriert, daß Unfälle  mit den Angehörigen der benannten Kategorien zugenommen hätten, dieses insbesondere mit Kindern und alten Menschen (was anthropomorph enträtselt “Bösartigkeit“unterstellt).

Diese Statistik ist jedoch nicht stimmig:

Nach Durchsicht der zur Verfügung stehenden Daten sind diese Annahmen empirisch nicht belegt.

Gründe:unzureichendes Datenmaterial, fehlerhafte Schlußfolgerungen.Die Validität der zur Meinungsfindung herangezogenen Daten ist m.E. damit mehr als fragwürdig.

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Dr. Dorit FeddersenPetersen

 

Zur Begründung des Normenkontrollantrages wird u.a. eingangs angeführt:

Ad Leinen und Maulkorbzwang:

Für die von Maulkorb und Leinenzwang betroffenen Hunde bestehe die Möglichkeit zu artgemäßem Verhalten innerhalb ausbruchsicherer Grundstücke. Dieses könne im übrigen durch eine entsprechende Ausgestaltung und Handhabung insbesondere des Maulkorbs sichergestellt werden

Sog. artgemäßes Verhalten kann schwerlich ausschließlich auf dem eigenen Grundstück stattfinden. Hunde sind einerseits Lauftiere, die ihren Bewegungsdrang leben müssen, zum anderen soziale Lebewesen, die mit dem Sozialpartner Mensch kooperieren, zusammenarbeiten wollen,  und umso ausgeglichener sind, desto häufiger dieser mit ihnen Unternehmungen gestaltet, die ihnen ein Stöbern, eine Investigation der belebten wie unbelebten Umwelt ernach eigener Auswahl möglicht.

Schließlich sind sie hochsozial und benötigen Artgenossenkontakte. Dieses alles wird als obligatorisch angesehen, um der Vermeidung von Fehlentwicklungen vorzubeugen, denen potentielle Gefährdungen innewohnt.Hunde sind keine “Gartentiere“.  Denn, was uns interessiert, wohin wir den angeleinten Hund führen, ist in aller Regel relativ reizlos für diesen. Hunde sind Makrosmaten, ein  Fakt, dem Rechnung zu  tragen ist. Sie verfügen über eine ausgedehnte Riechschleimhaut mit ungleich mehr Sinneszellen, als wir sie haben und einen Hirnbereich, der ihnen eine Verarbeitung dieser Eindrücke  in einem für uns unvorstellbaren Ausmaß ermöglicht. Diese Fähigkeiten von Hunden wurden züchterisch selektiert und werden genutzt. Dieses trifft  u.a. auf den American Staffordshire Terrier zu, mit dem als Katastrophen und Trümmersuchhund  erfolgreich gearbeitet wird. Tiere, die die angedeuteten Fähigkeiten haben, sind motiviert, jedenfalls annähernd ihnen entsprechend  zu leben. Der hochvertraute, eingezäunte Territorialbereich kann weder Geruchs noch Sozial, noch lokomotorische Vielfalt bieten. Hunde nur hier ohne Maulkorb und Leine laufen zu lassen, ist hochgradig tierschutzrelevant.

Mit einem Maulkorb versehen, können die arttypischen Rituale weder gelernt, noch ausgeführt werden. Man stelle sich den Hund vor, der eine AnoGenitalkontrolle (wie typisch für eine Kontaktaufnahme) bei einem Artgenossen durchzuführen bestrebt ist, einen Drahtmaulkorb trägt, der eine einigermaßen vertretbare  Regulierung seines Wärmehaushalts erlaubt, und diesen bei Annäherung dem Artgenossen in den Anogenitalbereich stößt. Diese Interaktion kann für beide Partner nur zur Frustration führen, evtl. vermeidbares Aggressionsverhalten auslösen.

Ein ständig angeleinter Hund mit Maulkorb lebt ausgesprochen restriktiv!

Ad Rassenbewertung:

.Der Antragsgegner verweist in diesem Zusammenhang auf eine von dem Fachreferat des Nieders. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefertigte Rassebewertung. Diese Bewertung stützt sich u.a. und maßgeblich auf das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Auftrag gegebene Gutachten zur Auslegung des § 11 b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen) vom 2. Juni 1999 (herausgegeben im Januar 2000) und gelangt zu dem Ergebnis, in bestimmten Zuchtlinien der in § 1 Abs. 1 GefTVO genannten Hunderassen zeige sich besonders ausgepräft ein übersteigertes Angriffs und Kampfverhalten, das leicht auslösbar sowie biologisch nach Zweck und Ziel nicht sinnvoll sei und bei anderen Rassen nicht in gleichem Ausmaß habe beobachtet werden können. Hunde dieser Rassen seien teilweise auf Aggressivität abgerichtet worden und durch schwere Beißzwischenfälle aufgefallen. Auch Hunde, die jahrelang einen friedlichen Anschein erweckt hätten, könnten aus unerklärlichen Gründen plötzlich gesteigert aggressiv reagieren.

Auch Hunde der benannten Rassen (einschließlich ihrer Kreuzungen!) bestechen durch eine große Varianz “züchterischen Ursprungs“, bezüglich ihrer Herkunft, ihres Verwendungszweckes  sowie damit verbundenen Verhaltensbesonderheiten.  

Hunde vom Pit Bull Typus.: Hier  werden die unterschiedlichsten Kreuzungen subsumiert. Diese sind weder phänotypisch noch genetisch zuzuordnen, was verstärkt für Kreuzungen mit diesen Kreuzungen zutrifft. American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier sind Rassen mit außerordentlicher Divergenz bezüglich verschiedenster Parameter. Sagen wir es einfach: Staffordshire Bullterrier sind nicht nur in England als Begleithunde hochgeschätzt, haben eine Schulterhöhe von 40 cm und bestechen durch ihr menschenbezogenes  Sozialverhalten.

“Genetische Dispositionen“:

Daß so gut wie jegliches Verhalten bei Angehörigen der Klasse der Säugetiere durch ein feinverzahntes Zusammenspiel genetischer Dispositionen und Erfahrungen, Lernprozesse, auf differenzierteste Weise entsteht, lernen wir in der Schule

(s. LINDER, Biologie, Metzeler Verlag). Wurde dieses versäumt, so werden im ersten Semester der Biologie entsprechende Kenntnisse, die seit Jahrzehnten Allgemeinwissen sind, verbreitet. “Obwohl noch vieles über die proximaten Grundlagen der Entwicklungshomöostasis zu lernen bleibt, gibt es kaum einen Zweifel daran, daß es sich um ein weit verbreitetes Phänomen handelt, und daß in einem ultimaten, evolutionären Sinn Individuen davon profitieren, den störenden Einflüssen bei der Entwicklung ihres Verhaltens widerstehen zu können“ (IMMELMANN (1986). Die Entwicklung also jeglicher Merkmale ist ein interaktives Phänomen, welches den Genotyp eines befruchteten Eies und die Umgebung des sich entwickelnden Organismus einbezieht.

Der Hinweis auf genetische Dispositionen und die obligatorischen Lernvorgänge bei Säugetieren,kann schwerlich als Untermauerung der “Gefährlichkeit“ von Rassen herangezogen werden. Er gilt allein für Individuen, ist über bestimmte Merkmale dieser zu definieren. Prädispositionen gibt es für den weit zu fassenden Begriff des Sozialverhaltens, so auch das obligat als Regulativ zu ihm gehörende Aggressionsverhalten. Auch dieses ist biologisches Basiswissen. Aggressionsverhalten, also Kompetition von gruppenlebenden Säugetieren, ist unverzichtbar für ihr Zusammenleben

Gefährlich sind Hundehalter, die ihren Tieren keinen sozialen Status zuweisen können bzw. Hunde so aufwachsen lassen, daß diese Deprivationserscheinungen (Fehlentwicklungen durch sozialen Erfahrungsentzug) davontragen. So können Gefahrenmomente verstärkt entstehen.

Tierschutzrelevanz und Gefährdungspotential gehen Hand in Hand (FEDDERSENPETERSEN, D. (1991): Aggressive Hunde – ein Tierschutzproblem. Schutz des Tieres vor Mißbrauch durch den Menschen bedeutet Menschenschutz). Diese ältere Publikation schrieb ich nach Anregung und fruchtbarer Auseinandersetzung mit Herrn Dr. Goldhorn, dem langjährigen 1. Vorsitzenden der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) bereit vor 10 Jahren.

Ad Rassebewertung:

In § 2 mit Anlage 1 GefTVO seien zum einen Hunde aufgenommen worden, die zu den alten klassischen Kampfhunden gehörten und sich von ihrer Veranlagung her dazu eigneten, in ähnlicher Weise wie die durch § 1 Abs. 1 GefTVO erfassten Hunde missbraucht zu werden. Zum anderen seien Hunde erfasst worden, die zwar in ihrer Zuchthistorie keine Kampfhundevergangenheit aufwiesen, jedoch in den letzten Jahren in schwere, auch tödlich verlaufene Beißzwischenfälle verwickelt gewesen seien bzw. stärkere Haltungsprobleme als andere Rassen aufwiesen. Von der Verordnung nicht erfasst seien der Deutsche Schäferhund, der Boxer und die Deutsche Dogge, deren Zuchtauswahl als Gebrauchshunde auf ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen gerichtet sei.

Von “alten klassischen Kampfhunden“ sollte man nicht reden, weil so impliziert wird, daß die aufgeführten Rassen heute einer Zuchtauslese wie im “alten Rom“ unterliegen und keine Verhaltensänderungen aufweisen. Das ist falsch.

Aus zoologischer Sicht ist es unstatthaft, Rassen wegen eines (vermeintlich einheitlichen) Verwendungszwecks zusammenzufassen. Vielmehr muß jede systematische Kategorie Ausdruck einer verwandtschaftlichen Beziehung sein und diese ist bei Hunderassen allgemein schwer möglich, insbesondere  bei so unterschiedlich erzüchteten Rassen wie  Staffordshire Bullterrier, Herdenschutzhunden und molossoiden Rassen nicht im entferntesten gegeben.

Wie es mit der “Abstammung” von Hunden aussieht, möge der beigefügte Artikel “Was ist eine Rasse?” verdeutlichen. Nicht allein jeder Laienkynologe wird in dieses “weite Feld” sein intuitiv gewonnenes Wissen einfließen lassen – und dazu beitragen, die bestehende Verwirrung weiter zu verstärken

Einen “Stammbaum“ für Rassen im zoologischen Sinne gibt es nicht.  Rassen sind relativ jung, ca. 100 – 150 Jahre alt. Populationen, die ihnen phänotypisch ähnlich waren (Beispiel  Mastino Napoletano) sind durch Verkreuzungen etlicher Rassen “nachgezüchtet“ worden, wobei nicht selten ein Überbetonen bestimmter morphologischer Parameter stattfand (Größe, Hautfaltenentwicklung etc.), was sich negativ auf die Gesundheit der Tiere auswirkte.  Ein heutiger Mastino ist mit dem Römischen Kriegshund sicher nicht zu vergleichen.

Die Zusammenstellung der Rassen besticht durch eine große Varianz bezüglich "züchterischen Ursprungs",  Herkunft, Verwendungszweck  sowie damit verbundenen Verhaltensbesonderheiten. Dennoch soll dieses willkürlich zusammengestellte Spektrum sehr unterschiedlicher Hunderassen zu den alten klassischen Kampfhunden gehören. Dieses muß als  laienkynologische  Meinung gewertet werden. Zum anderen seien Hunde erfasst worden, die zwar in ihrer Zuchthistorie kein Kampfhundevergangenheit aufwiesen, jedoch in den letzten Jahren in schwere, auch tödlich verlaufene Beißzwischenfälle verwickelt  gewesen sein sollen.

Diese sind nicht belegt. Worauf stützt sich diese Behauptung? Dagegen stehen Ergebnisse unterschiedli cher Fachrichtung, die einheitlich betonen, daß die Mehrzahl aller Unfälle mit Hunden zuhause geschehe, mit Hunden verschiedenster Rassezugehörigkeit, etwa 80 % (Hornisberger, 2000). 
Die Art der Darstellung ist reißerisch und erinnert mich an die Berichterstattung bestimmter Printmedien ("Tiere, die in ihrer Gefährlichkeit und Brutalität ein bis dato nicht für möglich gehaltenes Ausmaß angenommen haben. Wer die Bilder der verstümmelten und getöteten Opfer gesehen hat, dem werden sie ein Leben nicht aus dem Kopf gehen"). Glücklicherweise existieren diese Vorfälle, bezogen auf die Kampfhunde (im hier verstandenen Sinne) nicht, wir werden nicht von Rotten reißender Bestien bedroht. Daß es Probleme soziologischer Art im Umgang mit Hunden gibt (wie der schreckliche Tod des Jungen Volkan belegte), ist bekannt, ebenso wie das zögerliche bis fehlende Vorgehen der Behörden. Dieser Tod wäre unter Ausschöpfung der vorhandenen Gesetze (vor Etablierung der Hamburger VO) vermeidbar gewesen. Tiermißbräuche in einem bestimmten Milieu finden übrigens weiterhin statt dem Menschenschutz wurde mit Etablierung der Rasseverbote bzw. der Restriktionen ihrer Haltung wahrlich nicht gedient.
Die anderslautenden Behauptungen in der Klageabweisung werden nicht untermauert und sind ja auch nicht zu belegen, denn sie sind schlicht unwahr.
Die Sicherheit der Behauptungen allerdings stimmt mehr als nachdenklich. Die Rassen werden weiterhin zusammen genannt, wenn von "besonderer Angriffsbereitschaft, einem Beschädigungswillen ohne Hemmungen und einer herabgesetzten Empfindlichkeit gegen Angriffe des Gegners" geschrieben wird. Abgesehen davon, daß die Ausführungen naiv anmuten in ihrer schlichten Anthropozentrik und einem ebensolchen Anthropomorphismus, wird der Anschein erweckt, genau diesen Rassen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, wohne etwas Abartiges, Krankhaftes, "Bösartiges" inne. Ihnen wird "Brutalität" unterstellt, Größe (man denke an den (nicht nur) in England als Haushund und Begleiter hochgeschätzten Staffordshire Bullterrier mit seiner Schulterhöhe von ca. 40 cm und versteht, daß Engländer so ihre Probleme mit uns haben ....).
Die genannten Hunderassen sind keinesweg "geeignet, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln". In keiner Zeile findet sich eine diesbezügliche Kausalität und es existiert auch keine. In der Begründung wird fortan von Kampfhunden geschrieben, wird dieser Begriff, bezogen auf Terrier, Herdenschutzhunde und Doggenartige, willkürlich herausgenommen aus der Vielzahl jeweils verwandter Terrier, Herdenschutzhunde und Doggenartiger, als bekannt und anerkannt vorausgesetzt. Das ist er jedoch keineswegs. So wird über Phantome geschrieben, realistisch betrachtet.
Diese Phantome werden in der Begründung von "normalen" Hunderassen, so heißt es, abgegrenzt.
Owtcharkas wie Bullmastiffs oder Bullterrier sollen "gesteigert aggressiv" sein (Beweise, wie zeigt sich diese gesteigerte Angriffsbereitschaft?); sie sollen "eine extrem niedrige Toleranzschwelle aufweisen" (wofür? Was tun sie, um dieses anzunehmen, was heißt "niedrige Toleranzschwelle" über haupt? Zoologisch betrachtet, gar nichts); sie sollen "ohne bedroht zu sein oder sich bedroht zu fühlen (!) angreifen, wobei sie gezielt Hals und Gesicht ihres Opfers attackieren und oftmals in einen wahren "Blutrausch" geraten" (wie wurde gemessen oder sonstwie untermauert, daß die genannten Rassen "grundlos" angreifen, wer hat wie herausgefunden, daß sie sich dabei nicht bedroht fühlen? Der Verfasser der zitierten Zeilen scheint sich in einen unheilvollen narrativen Rausch hineinzusteigern. Was hier zu lesen ist, klingt gruselig, hat mit der Realität jedoch nichts zu tun). "Solche Attacken werden von diesen Rassen bedingungslos fortgeführt, notfalls bis zum Tode des Gegners ...".
Fazit: Die höchst unterschiedlichen Rassen verhalten sich alle gleich, auch innerhalb einer Rasse gibt es keine Unterschiede, Lernen und Entwicklung unter bestimmten Umweltbedingungen spielen keine Rolle, es sind so etwas wie "geklonte Bestien". Diese Aussage ist so ungeheuerlich stupide wie grotesk, daß es keiner weiteren Ausführung dazu bedarf.
Es gibt weiter keinerlei Belege dafür, daß diese Rassen "weitgehend schmerzunempfindlich" sind. Auch diese Behauptung (wiederum durch kein Zitat belastet) ist für keine Rasse weltweit belegt und somit falsch.
Erstmalig kommt der Halter ins Spiel, dessen "Züchtigungsversuche" als wirkungslos dargestellt werden. Was ist mit dem HundHalterGespann, was bewirkt die Ausbildung, die Jugendentwicklung? All diese obligatorischen Bereiche hundlicher Entwicklung werden nicht erwähnt, der "hilflose" Halter macht "erfolglose Züchtigungsversuche". Auch dazu kann ich nur noch schweigen, wie zu der Behauptung, Züchtigungsversuche der Halter brächten "diese Hunde" erst "richtig in Fahrt". Das Niveau dieser  Gedankenführung ist so erschreckend niedrig, der zoologische Kenntnisstand nicht ansatzweise zu erahnen. Wie soll diesen rein emotionalen Behauptungen begegnet werden? Durch das Anführen von Fakten, die sie entlarven und entwerten.
Was sind "traditionelle Rassen"? Wieder wird der begierige Leser allein gelassen. Offenbar muß man so etwas wissen. Die aufgeführten Rassen können eine lange Tradition aufweisen, es sind keine "ausgesprochen jungen" Rassen. Der Deutsche Schäferhund ist traditionell schlechter dran. Der Begriff jedoch ist weder zoologisch noch tierzüchterisch aussagefähig, somit wiederum zu vernachlässigen. Damit auch die folgende Aussage, daß "traditionelle Rassen eine höhere Toleranzschwelle aufweisen ... von ihren Haltern korrigiert werden können und nicht gezielt Hals und Kopf des Opfers attackieren".
Es soll also Rassen geben, die a priori tun, was der Halter will, nicht lernen müssen, nicht konditioniert werden müssen. Das klingt märchenhaft. Ebenso die Toleranzschwelle, mit der ich absolut nichts anfangen kann. Ist vielleicht die Reizschwelle in bezug auf die Auslösung eines Verhaltens gemeint oder handelt es sich doch um ein architektonisches Problem?
Bei traditionellen Rassen "reicht im Regelfall ein kräftiger Schlag auf die Schnauze des Hundes aus ...". Der Verfasser solcher Sätze hat von Hundetraining, das den Regeln moderner Verhaltensfor schung folgt (lerntheoretische Grundlagen einbegriffen) offenbar noch nie etwas gehört. Zudem gibt es bei ihm nie Hundeindividuen, sondern nur pauschal Rassen. Das impliziert, das er noch nie etwas von der
obligatorischen, fein verzahnten Verhaltensentwicklung (genetische Grundlage und möglichst viele Lernerfahrungen, damit sich das genetische Angebot an die Umwelt erst entwickeln individuell kann) gehört. Genetisch fixierte Verhaltensgrundlagen und Lernprozesse sind nie zu trennen, das wissen wir seit Dekaden. Der naive (im Sinne von völlig lernunerfahrene) Verfasser weiß es nicht. Hunde müssen lernen, sie lernen in jeder wachen Sekunde ihres Lebens, besonders intensiv in der Jugend. Und wenn sie nicht lernen können, entwickeln sie schwerste Verhaltensstörungen! Und können so unberechenbar, da sozial depriviert und dann gefährlich werden!
So ergibt sich innerhalb einer Teilpopulation einer Art, einer Rasse, eine riesige Vielfalt bezüglich ihrer Lernerfahrungen, ihres Umgangs mit Artgenossen und Menschen!!!
Wenn von Hunden, die zu "Hundekämpfen" mißbraucht werden, gerade und vorzugsweise die aufgezählten Rassen gerechnet werden, so irrt der Verfasser wiederum gründlich. Hier sind Kreuzungen verschiedenster Rassen modern, sicherlich keine Bullterrier oder gar die kleinen Staffordshire Bullterrier oder gar Filas, Kangals und Mastiffs!!!
Die Behauptungen muten schon komisch an, wäre die Unkenntnis nicht so erschreckend.
Wenn auf die Angst der Bevölkerung verwiesen wird ("Angst vor diesen "Waffen" in Gestalt von Kampfhunden"), so war und ist es eine hysterieerzeugende, an der Realität vorbeizielende Polemik, die diese Angst erzielte. Gerade für Kinder sehe ich eine fatale Entwicklung: ein Hund erscheint und das Kind, welches nur Schreckensmeldungen hörte, läuft schreiend weg. So können Gefahrenmomente gesetzt werden, völlig unnötig. Und in genau diesem Stil wurde das mir vorliegende Schriftstück verfaßt. Indem Termini wie "normale" Bevölkerung, die "Szene", traditionelle, "normale" Rassen so zueinander in Beziehung gesetzt werden, daß der Eindruck eines Krieges entsteht, die "normale" Bevölkerung nur noch "in Angst und Schrecken" leben kann, wird ein völlig verzerrtes Bild der Realität gezeichnet. Der Übergriff in Wilhelmsburg mit seiner ganz besonderen Vorgeschichte und dem Versagen von ordnungsbehördlichen Organen, findet in seiner ganz speziellen Genese nicht einmal Erwähnung. Dieser Vorfall hatte nichts mit der Rassezugehörigkeit von Hunden zu tun, vielmehr mit deren Mißbrauch und Einsatz zur IchErweiterung. Und die Hunde waren mehrfach aktenkundig geworden, hätten den Haltern lange genommen werden können. So entsteht der Eindruck, als lauere heute hinter jeder Häusermauer ein Kampfhund, also ein Hund aus der VO Liste 1 und 2, um sich über Menschen herzumachen. Diese Art der Berichterstattung kann ich nur als Hetze betrachten und werten und finde besonders abstoßend, daß so im Zuge eine Klageerwiderung vorgegangen wird.
Daß bei Benennung der individuellen Gefährlichkeit eines Hundes, die Behörden "im Regelfall erst dann reagieren konnten, wenn "das Kind in den Brunnen gefallen war", stimmt nicht. Es gab auch in Wilhelmsburg etliche Anzeigen und Hinweise, allein die Reaktion fehlte oder war zu halbherzig.
Es hätte ansonsten verhindert werden können, was geschah. Die Inkriminierung von Rassen erfaßt die "Szenehunde" sicher nicht, diese soziologische Problematik wird so nicht zu lösen sein.
 
Ohne eine objektive Definition "gefährlicher Hunde" wird es keinen umsetzbaren Menschenschutz geben. Ich kenne weder gefährliche noch ungefährliche Rassen, wohl aber gefährliche bzw. sozial verträgliche Hunde und ihre jeweiligen Besitzer.
Zahlen, die vermehrte Angriffe von Kampfhunden Menschen gegenüber belegen, fehlen. Somit bleibt es auch hier bei einer Behauptung.
Der Beweis, daß bestimmte Hunderassen eine besondere genetische Disposition zur Aggressivität aufweisen, bleibt auch aus. Es wird gar weiter dahingehend argumentiert, daß es "Hunderassen" sind, "die ohne Hinzutreten äußerer Faktoren züchtungsbedingt in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln". Diese abenteuerlich anmutende Feststellung impliziert, daß die genannten Rassen dem Zuchtziel einer Steigerung ihrer Angriffsbereitschaft unterliegen. Dieses ist nicht wahr. Die Zuchtauswahlkriterien der inkriminierten Rassen sind nachzulesen oder Ankörungen ist beizuwohnen. Diese Behauptung entbehrt jeglicher Grundlage.
Die dazu zitierten Tierzüchter Unshelm und Wegner u.a. haben dieses niemals als Hypothese formuliert, untersucht auch nicht. Unshelm kommt vielmehr eindeutig zu dem Schluß, daß es stets das HundHalterGespann ist, dem die größte Bedeutung für die Genese "gefährlicher Hunde" zukommt.
In meinem Erstlingsbuch "Hundepsychologie" verwies ich auf die Gefahren eines schmalen  Genpools bei Vernachlässigung des Verhaltens als Kriterium der Zuchtauswahl. Dazu zitierte ich die SchlegerArbeit, die Welpen einer bestimmten Zuchtlinie des Bullterriers analysierte. Ich habe immer darauf verwiesen, auch in dem Buch damals, daß diese Ergebnisse nicht pauschal auf die Rasse übertragen werden dürfen. Dieses ist, nachdem wir etliche Bullterrier untersuchten, voll zu bestätigen. Verhaltensgestört und gefährlich erwiesen sich sog. "Pit Bulls" (Kreuzungen unterschiedlicher Rassen), die für den Hundekampf mißbraucht wurden. Rassen mit "erhöhtem Gefährdungspotential" habe ich nie beschrieben. Es ging um Individuen, die mißbraucht wurden (Kreuzungen). Daß die Umweltfaktoren lediglich ergänzend mitwirken bei der Entwicklung des Aggressionsverhaltens kann kein ernsthafter Wissenschaftler gesagt haben, auch keine so erfahrene Tierverhaltenstherapeutin wie Frau Schöning. Der ihr "zugedachte Satz" wirkt so peinlich in seiner Schlichheit und Tumbheit, daß er "für sich" spricht.
Daß letztendlich ausgeführt wird, die Meinung von Fachwissenschaftlern sei unerheblich, ist bestürzend. Gerade weil es um den Schutz der Bevölkerung geht, sollte man sich Rat holen, um diesen Schutz effizient durchführen zu können.
Auf die fachwissenschaftlichen Aussagen hingegen wird Bezug genommen (S. 10), als Untermauerung, daß die gelisteten Hunderassen zu unwiderleglich gefährlichen Rassen zu kennzeichnen sind. Zitate fehlen hier, mir ist kein Wissenschaftler bekannt, der diese Aussage "hinreichend verläßlich" begen könnte bzw. es tun würde. Neben der "wesentlichen Steigerung der Aggressivität (?) und Kampfkraft (?), werden die Größe, die Sprungkraft, die Muskelkraft, das Gebiß, als Kriterien der ganz besonderen Ge fährlichkeit abgeführt. Die Hunderassen, die im Folgenden gelistet werden, unterscheiden sich in der Größe erheblich, in bezüglich der anderen Parameter sicher ebenso. Hier gibt es keine Untersuchungen, die etwa belegen, daß der Kangal über ein besonderes Gebiß, der Bullterrier über besonders große Zähne u.a. verfügt. Um jedem Disput entgegenzuwirken: die Zahnzahl ist bei allen Caniden einheitlich (in einer Fernsehsendung wurde ausgeführt, daß Bullterrier über 64 Zähne verfügen ..).
Die Rassebeschreibungen berufen sich auf Knaurs Großes Hundebuch u.a. Hundebücher, nicht etwa auf Fach oder Spezialliteratur, die es ja durchaus gibt. So werden die gelisteten Rassen als "streitsüchtig gegenüber Artgenossen" (Staffordshire Bullterrier), "aus jeder Situation heraus kampf und verteidigungsbereit" (Bullmastiff) bzw. "Artgenossen gegenüber unfreundlich" (Dogo Argentino), "sehr aggressiv" (Bordeauxdogge) oder etwa "angriffslustig" charakterisiert. Diese Beschreibungen sind subjektive Benennungen, die nichts aussagen. Die Bücher des DiplomKaufmanns Dr. D. Fleig, der den KynosVerlag führte, sind keineswegs als Fachbücher anzusehen, die "Gladiatoren" (Band 1 und 2) vermitteln deutlich eine Vorliebe für "kraftvolle Hunde" und sind diesbezüglich tendenziös wie verrufen. Vermißt wird die Enzyklopädie der Hunderassen (Dr. Hans Räber), die in 2 Bänden Hunderassen unter Verwendung einer großen Fülle fachlicher Primärliteratur vorstellt und auf die vorgestellten "griffigen" Vermenschlichungen verzichtet.
Dogge, Rottweiler, Dobermann und Deutscher Schäferhund wurden aufgrund ihrer "größeren sozialen Akzeptanz in der Bevölkerung" nicht gelistet. Weit davon entfernt, Hundelisten erweitern zu wollen, also neue Rassen aufzunehmen, vielmehr gegen jegliche Listung eingestellt, fragt man sich dennoch, ob dieser "Grund" dem Bevölkerungsschutz dienlich ist und was der Satz eigentlich bedeutet. Daß Hunde dieser Rassezugehörigkeit "nicht schmerzunempfindlich" seien, wird angeführt. Nun, das sind die anderen Rassen auch nicht. Und daß bei Züchtern und Haltern "eine größere Erfahrung bezüglich der Eigenschaft dieser Hunde" besteht, wage ich zu bezweifeln. Sie sollen auf "Schläge auf die Schnauze" reagieren. Gibt es da Zahlen? Ist eine solche Rangeinweisung eigentlich vertretbar, in irgendeiner Weise zu rechtfertigen? Daß diese Rassen (Kreuzungen) in der "Szene" keine Verwendung finden, stimmt auch nicht.
Fazit: "Gefährliche Hunde" werden nicht einmal im Ansatz objektiv bewertet, die nötigen Definitionen bleiben vielmehr aus. Dieses bedeutet, daß der als obligatorisch zu erachtende Schutz der Bevölkerung anhand der restriktiven Haltung bzw. Ausrottung willkürlich zusammengestellter Rassen nicht einmal im Ansatz erzielt werden kann. Die Begründungen erweisen sich in summa als subjektive Behauptungen, entbehren völlig der wissenschaftlichen und fachlichen Untermauerung und sind ald bloße Behauptungen wertlos. Dort, wo Wissenschaftler und Fachleute zitiert werden, geschieht dieses unter inhaltlicher Verzerrung ihrer Aussagen, so daß gegenteilige Ergebnisse zu stande kommen. (Auch das mündliche Zitat Prof. Juhrs klingt außerordentlich trivial und letztendlich falsch, so daß ich davon ausgehe, daß er diesen Satz so nicht gesagt haben kann).
Nach wie vor besteht in den naturwissenschftlichen Publikationen Konsens darüber, daß es keine "gefährlichen Rassen" gibt, allein gefährliche Hunde sehr unterschiedlicher Rassezugehörigkeit. Dieses ist auch der Trend aller Unfallstatistiken. Wann "Kampfhunde als sicherheitsrelevantes
Problem" wahrgenommen wurden, wird in dem vorliegenden Schriftstück sehr subjektiv aufgezeigt, die unsachlichen Kampagnen in Funk und Fernsehen sowie über die Printmedien werden nicht erwähnt.
Es stimmt keinesfalls, daß die HundeVO nur "marginal in die Handlungsfreiheit der betroffenen Hundehalter eingreift". Das Gegenteil ist der Fall: unbescholtene Hundehalter (Halter eines Hundes  der inkriminierten Rassen) werden kriminalisiert, auf offener Straße verbal oder tätlich attackiert, so daß ihr Leben entscheidend an Qualität eingebüßt hat. Etliche überlegen, das Land zu verlassen, da sie Angst haben, sich nicht mehr sicher fühlen.
Und natürlich verstößt die Hunde VO gegen geltendes, höherrangiges Recht, gegen das Tierschutzgesetz. Wenn sozialen Lauftieren obligatorische Verhaltensbereiche (Sozialverhalten: soziale Rituale im Umgang mit Artgenossen müssen ohne Leine gelernt werden, um soziale Sicherheit zu entwickeln u.a.; die Tiere müssen frei laufen können, dabei als Makrosmaten ihre Umwelt erkunde) nicht mehr zugänglich gemacht werden, leiden sie, denn ihre Bedürfnise zur Erfüllung dieser Verhaltensweisen sind gleichfalls angeboren. Schäden und Schmerzen kommen hinzu, so auch durch unzureichende Wärmeregulation im Sommer.
In erschreckend subjektiver, selbstherrlich anmutender Betrachtungsweise wird hier eine VO schöngeredet. Dabei fehlt für mein Ermessen jegliche ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Thema, das uns alle mit Scham und Hilflosigkeit erfüllen sollte.
 
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Dr. Dorit Urd FeddersenPetersen
 
Die in der Stellungnahme aufgeführten Argumente und die wenigen Zitate (aus den Fachbereichen Zoologie, Ethologie, Tierzucht) sind fast ausschließlich als nicht schlüssig oder im Grunde unverstanden bzw. fehlinterpretiert zu kennzeichnen, aus dem Kontext genommen und sinnentstellt benutzt worden oder der Justizminister  bedient sich Quellen recht zweifelhaften "kynologischen" Inhaltes.
 

Ad “willkürfreie Begründung“ des Rassekatalogs:

 

 

 

Zitat:

...sowie Hunde, die von einer dieser Rassen abstammen, sind gefährliche Hunde. Wie es mit der Abstammung von Hunden aussieht, möge der beigefügte Artikel Was ist eine Rasse? verdeutlichen. Nicht allein jeder Laienkynologe wird in dieses weite Feld sein intuitiv gewonnenes Wissen einfließen lassen und dazu beitragen, die bestehende Verwirrung weiter zu verstärken.

Dennoch soll dieses willkürlich zusammengestellte Spektrum von Hunderassen aufgrund ihrer besonderen genetischen Ausstattung eine erhöhte abstrakte Gefahr für Leib und Leben von Menschen und Tieren darstellen. Zu dieser Einschätzung konnte der Verordnungsgeber ... unter wertender Heranziehung wissenschaftlicher (?) und praktischer (?) Erkenntnisse sowie statistischer (?) Befunde willkürfrei gelangen.

Die jeweilige Wertung jedoch ist häufig so problematisch ... .

Ad “Bewertung der fachwissenschaftlichen Erkenntnisse“:

Der Begriff Kynologie kennzeichnet heute eine Laienkynologie. Es gibt keinen Lehrstuhl für Kynologie, hingegen etliche Hunde besitzende Experten, die populistische SelfMadeExperten bzw. Funktionärs Kynologen oder Hundeausbilder unterschiedlichster Couleur sind. Zwischen Kynologie und Ethologie (Zoologie) spannt sich ein komplexes Geflecht aus persönlichen Vorbehalten, Idealismus, Funktionärstum und Partikularismus, gekennzeichnet durch persönliche Vorteilnahme und hohen Hang zur Zerstrittenheit (s. BRACH, 2001). Hunde sind Lebewesen, die Tür und Tor öffnen für menschliche Projektionen. Das ist ein zentrales Problem.

Weder EICHELBERG noch UNSHELM (2000) (“Kampfhunde“ Gefährliche Hunde“) untermauern die These der “gefährlichen Rassen“, kommen vielmehr zu folgenden Schlüssen: "Ich komme zu dem Schluß, daß es wissenschaftlich unhaltbar ist, sämtliche Tiere einer Rasse als "gefährlich" einzustufen ..." (EICHELBERG) bzw. "..Maßnahmen gegen gefährliche Hunde unabhängig von der Rassezugehörigkeit ausgehen" (UNSHELM). Das Zitat S. 5 zitiert beide für die gegenteilige Auffassung.

Unerwähnt bleibt die Tatsache, daß die Mehrzahl aller Unfälle mit Hunden zuhause geschieht, mit Hunden verschiedener Rassezugehörigkeit, etwa 80% (HORNISBERGER, 2000).

Eigene Arbeiten zu “PitBull Terriern“ (Kreuzungen, die ein Zuhälter für den Hundekampf verpaarte und extrem restriktiv hielt, so daß hochgestörte Individuen resultierten) werden einer (welcher?) Rasse zugeschrieben, da die Negativauslese ohne Anführungsstriche geschrieben wird.

Gemeinsam mit dem Fakt, daß Pit Bulls in der vorliegenden Rasseliste als Rasse dargestellt werden, kommt es so rasch wieder zu der Verwechslung der beschriebenen Störungen bei kämpfenden Hunden mit Hunden bestimmter Rassezugehörigkeit. Dieses sei nicht als semantische Pedanterie aufgefaßt, vielmehr als ursächlich für Mißverständnisse angesehen. Von Kampfhunden schrieb ich nie, wenn es um Rassen ging, es gibt keine Kampfhunderassen, Zuchtziel für keine Rasse ist der Sieg in der Pit. Dieser Begriff ist rein historisch. “Pit Bulls“, die ich untersuchte, waren kämpfende Hunde, Individuen (Kreuzungen) mit schwersten Verhaltensstörungen.

Störungen im Bereich Muttertier  Welpen, die für einige  Zuchten (evtl. Zuchtlinien) des Bullterriers / Am. Staff. Terriers beschrieben wurden, dürfen nicht auf die Rassen extrapoliert werden, da andere Zuchten (Zuchtlinien?) dieses Verhalten gar nicht zeigten  und etliche Rassen diesbezüglich auch noch nie untersucht wurden. Bei reduzierten Fürsorgeverhalten, sind die Muttertiere nicht mehr zur Zucht einzusetzen, jedoch nicht die Rassen auszurotten .... Diese Folgerung ist als völlig unverhältnismäßig zu werten.

Ad signifikante statistische Daten:

Diese sind mir nicht bekannt. Die vorliegenden Statistiken weisen Trends auf, die stets den Deutschen Schäferhund oder Mischlinge an der Spitze der Unfälle verzeichnen. Diese Statistiken sind jedoch nicht auf die Populationen umgerechnet, was wohl auch gar nicht möglich ist.

Ad Statement FeddersenPetersen bzw. § 11b / Qualzuchtgutachten:

Wer meine Arbeiten der letzten 17 / 18 Jahre liest, vermag ein „Verleugnen von Daten“ nicht ansatzweise zu erkennen. Schon in meinem ersten Buch “Hundepsychologie“, in dem die Dissertation SCHLEGER zitiert wurde, fehlt nicht der Hinweis, diese Ergebnisse niemals auf die gesamte Rasse zu extrapolieren. Unsere Arbeiten an Wölfen und Hunderassen sind Grundlagenforschungen, die leider von etlichen Seiten m.o.w. bewußt fehlinterpretiert wurden. Über Hunde weiß ein Jeder alles. Es gibt keine “semantische Relativierung“, wohl aber eine Zunahme der Erkenntnisse, was von einem engagierten Wissenschaftler zu erwarten ist.

Es ging mir stets um die Defintion des “Normalverhalten“ von Haustieren bestimmter Rassezugehörigkeit – und ich betonte zunehmend (dieses als angewandtes Moment der Forschungen), auf das Verhalten als Kriterium der Zuchtauswahl zu achten. Wir haben im Laufe der Jahre über 20 Rassen unter seminatürlichen Bedingungen mit Wölfen, die vergleichbar leben, untersucht – und dann die Umweltbedingungen für die Haushunde sukzessive verändert. Aggressionsverhalten ist eben kein Merkmal, sondern ein sehr komplexer Bereich des Sozialverhaltens. Unterschiede, die rassekennzeichnend sein könnten, zu erfassen, ist aufwendig und bedarf sehr vorsichtiger Interpretation. Sog. Übersteigerungen im Aggressionsverhalten habe ich früh für Zwergpudel beschrieben, die sicher deshalb nicht gefährlich sind. Auffallend unangepaßtes Verhalten (ein kreischender Hund wird in den Ring gezogen – und erhält ein V 1, darf weiterzüchten, weil sein Fell und die mandelförmigen Augen dem Standard der Rasse entsprechen ...) sollte zum Zuchtausschluß führen (s. § 11b). Es zeigten sich Überforderungen unter bestimmten Haltungsbedingungen, die bei anderen Rassen (Bullterrier, Fila Brasileiro z.B.) ausblieben.

Wie andere Wissenschaftler meine Arbeiten zitieren, steht nicht in meiner Macht und Verantwortung. Außerdem kenne ich  ausschließlich wissenschaftliche Zitate im von mir gemeinten Sinne. Die Vorgehensweise wurde somit verstanden. Wissenschaftler anderer Fachrichtungen mögen zu anderen Schlüssen kommen, bei zu knapper Auseinandersetzung mit der Methodik, der Fragestellung und Analyse vielleicht.

Natürlich war es mir wichtig, daß inadäquates (sog. übersteigertes) Aggressionsverhalten in das Gutachten zur Auslegung des § 11b aufgenommen wird. Und ich begrüße das neue Tierschutzgesetz, welches Aggressionssteigerungen wie Aggressionszuchten verbietet. Ich gehörte damals zum weiteren Kreis der Gutachter. Als ich las, daß Herr Prof. Reetz neben einem alten Zitat von SCHENKEL über Wölfe und einer amerikanischen Arbeit, die allein Hypothesen aufzählte (völlig irrelevante Literatur für den angesprochenen Sachverhalt), meinen Namen mit einer mündlichen Mitteilung versehen hatte, die ja jeder Spekulation Tür und Tor öffnet, schrieb ich Herrn Dr. Baumgärtner und bat um Aufnahme von Literatur von mir bzw. aus meiner Arbeitsgruppe (s. Anlage).

Die Arbeiten über etliche Hunderassen enthalten keine Zuchtlinienanalysen, wir sind keine Tierzüchter, es gibt jedoch für diese und jene Rasse Hinweise, die ein Überdenken im Hinblick auf Tierschutzrelevanz ermöglichen sollten. Zuchten mit Verhaltensweisen, die dem Selbstaufbau der Welpen etwa entgegenstehen, sind zu kennzeichnen und sollten dieses Verhalten nicht weitergeben dürfen. Herr Dr. Baumgärtner wollte Herrn Reetz informieren, dennoch blieb es bei der “mdl. Mitteilung“, die eine differenzierte Auseinandersetzung mit unseren Arbeiten verunmöglicht. Herr Dr. Reetz wollte Rassen mit Defekten aufnehmen, ähnlich wie der von ihm vorgeschlagene  Cocker Spaniel, die konnte ich ihm nicht liefern. Die Kreuzungen mit dem hochgradig gestörten Verhalten interessierten ihn nicht. Der Tatbestand des Leidens ist allerdings  gerade hierfür mich erfüllt, wo Hunde für den Hundekampf“zerstört“ werden. Aber es waren keine Rassen.

Herr Dr. Reetz ist Versuchstierkundler, er kommt aus der Tierzucht, hat sich vorzugsweise mit dem MerleFaktor befaßt.  Heretabilitätsuntersuchungen an Rassen wurden bei uns nie betrieben, sind bezüglich des Aggressionsverhaltens auch wenig aussichtsreich, da die Umwelt zu sehr an der Entwicklung dieses Bereichs des  hundlichen Sozialverhaltens beteiligt ist. Aggression ist eben kein hundliches Merkmal – und Defektrassen bezüglich dieses “Merkmals“  kenne ich nicht!

Der “ Blick auf eine jüngere Exploration“ ist so interessant nicht, neu auch nicht. Die implizierte Unterstellung verweise ich in den Bereich einer “unlogischen Absurdität“. Im Buch “Ausdrucksverhalten“ sind eigene Forschungen über Deutsche Schäferhunde, die unter Zwingerbedingungen aufwuchsen mit anderen, die in der Familie groß wurden, verglichen worden. Die Zwingerhunde entwickelten mit hoher Signifikanz Verhaltensstörungen. Das jetzt angesprochene Projekt gehört zur Analyse von Rassehunden unter Rudelbedingungen (s. Anlage, Sonderdruck). Die seit fast 4 Jahren von uns beobachteten Deutschen Schäferhunde entwickelten komplexe Strategien zur Konfliktlösung in der Gruppe (ähnlich wie Malamutes, Bullterrier, Filas u.a Rassen). Dieses ist ein Ergebnis. Wo ist da der Zusammenhang mit einer vermeintlich vorhandenen “semantischen Relativierung“ zu sehen? Ich war nie an Vereine / Gruppierungen gebunden und von diesen abhängig. Wohl auch deshalb erregten meine Arbeiten viele Gemüter ....

FAZIT:

In ausgeprägt subjektiver und selbstgefällig anmutender Betrachtungsweise wird hier eine VO schöngeredet. Dabei fehlt für mein Ermessen jegliche ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Thema, das uns alle so dringlich fordert.

Kiel, den 2.07.01

 

 

Dr. Dorit Urd FeddersenPetersen

Anlagen:

1 Publikation (s.d. Literatur), 1 Brief an Herrn Dr. Baumgartner, 1 Abhandlung „Was ist eine Rasse?“

 



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. Baumgartner, 1 Abhandlung „Was ist eine Rasse?“

 


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