Das Urteil von Baden-Württemberg

Einzelheiten zum Mannheimer Urteil

 

Mannheim, 16.10.01

Die Kampfhundeverordnung Baden-Württembergs kann uneingeschränkt in Kraft bleiben. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) des Landes wies am Dienstag die Klagen von knapp 100 Kampfhundebesitzer gegen die Verordnung ab. Den von den Klägern geltend gemachten Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vermochten die Richter nicht zu erkennen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Der Mensch genieße "überragenden Schutz" vor den Angriffen gefährlicher Hunde, sagte VGH-Präsident Karl-Heinz Weingärtner. Eine gewisse Ungleichbehandlung sei hinzunehmen, weil die Vorschriften der Verordnung angesichts dieses Schutzes "nicht besonders schwer" wögen. Manche Kampfhundebesitzer im voll besetzten Gerichtssaal stürmten daraufhin empört aus dem Saal.

Mit der Verordnung hatte die Landesregierung im vergangenen Jahr das Halten der als gefährlich geltenden Tiere streng reglementiert. Die drei Rassen Pitbull, Bullterrier und American Staffordshire Terrier wurden von vornherein als gefährlich einstuft. Neben der Einführung von Maulkorb- und Leinenzwang wurde die Zucht verboten und Zwangssterilisation oder -kastration vorgeschrieben. Neun weitere Rassen gelten als potenziell gefährlich. Andere häufige Beißer wie etwa der Deutsche Schäferhund wurden aber nicht in die Verordnung aufgenommen. Die 96 Kläger sahen deswegen den Gleichheitsgrundsatz verletzt.

Die Kampfhundebesitzer führten noch ein weiteres Argument ins Feld: "Nicht die Hunderassen sind gefährlich, sondern Hundeindividuen, und letztlich nicht einmal der Hund, sondern der Halter", sagte Klägeranwalt Andreas Schmid, der allein 91 Antragsteller vertrat. Die Anwälte warfen der Landesregierung vor, die Kampfhundeverordnung lediglich aus kosmetischen Gründen "aus dem Boden gestampft" zu haben, nachdem im vergangenen Jahr ein Kampfhund den kleinen Volkan in Hamburg zu Tode gebissen hatte.

Innenminister Thomas Schäuble (CDU) begrüßte die Abweisung der Klagen. "Die Kampfhundeverordnung hat nach den Erfahrungen eines Jahres gezeigt, dass sie den notwendigen Rahmen für die Sicherheit vor gefährlichen Hunden geschaffen hat und die Hundehalter auf die übrige Bevölkerung erheblich mehr Rücksicht nehmen als vorher", sagte Schäuble in Stuttgart.

Obwohl die Revision nicht zugelassen wurde, muss dies keineswegs das Ende des Streits bedeuten. Die Kläger können jetzt Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen. "Darüber werden wir entscheiden, wenn wir die schriftlichen Urteilsgründe haben", sagte Klägeranwalt Schmid. Sowohl die Kampfhundeverordnungen der Bundesländer als auch die Rechtsprechung dazu sind bundesweit völlig unterschiedlich: In Schleswig-Holstein und Hessen hatten die oberen Verwaltungsgerichte den Klägern gegen die dortigen Kampfhundeverordnungen teilweise Recht gegeben.

Die zwangsweise Sterilisation oder Kastration von Kampfhunden kann jetzt wieder anlaufen. "Es ist auch gerechtfertigt, dass solche Hunde unfruchtbar zu machen sind", sagte VGH-Präsident Weingärtner. Der VGH selbst hatte die Unfruchtbarmachung im Dezember 2000 bis zur endgültigen Entscheidung vorläufig gestoppt.

1992 und 1999 hatte der VGH noch frühere Kampfhundeverordnungen des Landes und der Stadt Mannheim teilweise gekippt. Im Unterschied zu damals wurden die Klagen jetzt abgewiesen, weil Kampfhundebesitzer inzwischen die Möglichkeit eingeräumt ist, per Wesensprüfung die Harmlosigkeit ihrer Hunde nachzuweisen. Inzwischen gelte nicht mehr allein die Rassezugehörigkeit eines Hundes als Kriterium für die Gefährlichkeit, sagte Weingärtner. "Die Polizeiverordnung ist nicht zu beanstanden."


IM Schäuble begrüßt Mannheimer Urteil

 

Stuttgart, 16.10.01

Schäuble begrüßt die Entscheidung des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofes

Innenminister Dr. Thomas Schäuble hat die Abweisung der Klagen durch den Verwaltungsgerichtshof Mannheim gegen die Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde begrüßt. „Leitlinie der baden-württembergischen Kampfhundeverordnung ist, dass der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Menschen oberste Priorität hat. In dieser Argumentation fühlen wir uns bestätigt. Die baden-württembergische Regelung berücksichtigt in ausgewogener Weise die Interessen des Schutzes von Leben und Gesundheit, aber auch das Interesse des Hundehalters, durch Regelungen der Gefahrenabwehr nicht über Gebühr belastet zu werden“, betonte Schäuble am Dienstag, 16. Oktober 2001, in Stuttgart. Nach der Entscheidung steht jetzt fest, welche Pflichten für Hundehalter in Baden-Württemberg gelten und auch weiterhin zu befolgen sind. Die Kampfhundeverordnung habe nach den Erfahrungen eines Jahres gezeigt, dass sie den notwendigen Rahmen für die Sicherheit vor gefährlichen Hunden geschaffen hat und die Hundehalter auf die übrige Bevölkerung erheblich mehr Rücksicht nehmen würden als vorher.


Mannheimer VGH-Präsident erst 2 Wochen im Amt: Zufall?

 

Mannheim, 16.81.01

Feierliche Verabschiedung und Amtseinführung

Aus Anlass der Verabschiedung des bisherigen Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, Professor Dr. Claus Meissner, und der Amtseinführung seines Nachfolgers, Dr. Karl-Heinz Weingärtner, hat der Justizminister des Landes Baden-Württemberg, Professor Dr. Ulrich Goll, zu einer Feierstunde mit anschließendem Stehempfang eingeladen. Sie findet statt am

Montag, dem 1. Oktober 2001, um 10.00 Uhr

im Rittersaal des Schlosses Mannheim.

 

"In seiner mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende des 1. Senats, der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Weingärtner, unter anderem aus:" hundejo.de/news

 

Ergänzend dazu:

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

Wechsel an der Spitze des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

Dr. Karl-Heinz Weingärtner ist neuer Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg. Ab heute leitet er das höchste Verwaltungsgericht des Landes in Mannheim. Er tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Claus Meissner an, der Ende April mit Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist.

Dr. Weingärtner verfügt über langjährige und vielfältige Erfahrung in beiden Instanzen der baden-württembergischen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der heute 55-jährige Jurist begann seine Laufbahn nach Studium, hervorragend abgelegten Staatsexamina und Promotion im Jahr 1975 als Assessor bei der Landesanwaltschaft beim Verwaltungsgerichtshof. Seit 1976 war er zunächst als Richter beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, ab 1982 als Richter am Verwaltungsgerichtshof im Hochschul- und Prüfungsrecht tätig. Ab 1989 übernahm er den Vorsitz einer Kammer am Verwaltungsgericht Karlsruhe, die zunächst nur für Asylstreitigkeiten, später auch für allgemeine Verwaltungsstreitsachen zuständig war. Daneben leitete er Arbeitsgemeinschaften für Rechtsreferendare und wirkt seit vielen Jahren als Prüfer in der Zweiten juristischen Staatsprüfung mit. Seit 1993 war Dr. Weingärtner Vorsitzender Richter des für Wirtschaftsverwaltungsrecht und Asylrecht zuständigen 14. Senats des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim. Von dort kehrte er im Oktober 1995 nach Karlsruhe zurück und wurde Präsident des dortigen Verwaltungsgerichts, das er bis zu seiner heutigen Ernennung zum Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs leitete.


VGH: Kampfhundeverordnung in BW ist rechtmäßig/Urteilsbegründung

 

Mannheim/Baden-Württemberg, 16.10.01

Die Polizeiverordnung des Innenministeriums und

des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 ist rechtmäßig

Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg hat heute mündlich über die Anträge von 96 Hundehaltern verhandelt, die die wesentlichen Teile der Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 für rechtswidrig halten. Sie beanstanden, dass dort nur für Hunde bestimmter Rassen besondere Verpflichtungen enthalten seien, während zahlreiche andere gefährliche Hunderassen, von der Polizeiverordnung nicht erfasst würden. Der VGH hat diese Normenkontrollanträge abgewiesen.

In seiner mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende des 1. Senats, der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Weingärtner, unter anderem aus:

Die Polizeiverordnung des Landes ist nicht zu beanstanden, weil das Innenministerium und das Ministerium Ländlicher Raum bei Erlass der Verordnung sich innerhalb des ihnen durch das Grundgesetz und das Polizeigesetz eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums gehalten haben. Der Senat hat bereits 1992 und 1999 entschieden, dass von Hunden eine polizeiliche Gefahr ausgehen kann und es legitim ist, wenn der Verordnungsgeber zum Schutz von Leib und Leben von Menschen für bestimmte Hunde besondere Halteverpflichtungen aufstellt. In diesen früheren Entscheidungen sind zwar die entsprechenden Polizeiverordnungen teilweise für nichtig erklärt worden, weil damals die Gefährlichkeit von Hunden allein aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit festgestellt worden ist, die Rasselisten abschließend gewesen sind und es für den einzelnen Hundehalter nicht möglich war, die Ungefährlichkeit seines Tieres nachzuweisen. Diese früher vom Senat beanstandete Regelungsweise hat der Verordnungsgeber jetzt vermieden. Der Verordnungsgeber selbst geht nunmehr davon aus, dass nicht jeder Hund allein wegen seiner Rassezugehörigkeit gefährlich ist. Damit hat der Verordnungsgeber den übereinstimmenden wissenschaftlichen Erkenntnissen genüge getan, wonach die Rassezugehörigkeit allein nicht zur Gefährlichkeit ausreicht.

Wenn der Verordnungsgeber zwischen bestimmten Hunderassen differenziert, wie dies nach § 1 Abs. 2 und § 1 Abs. 3 der Polizeiverordnung geschieht, dann ist dies nicht willkürlich. Es stellt auch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes dar, wenn andere Hunderassen, wie etwa der Deutsche Schäferhund, die Deutsche Dogge, der Dobermann und Rottweiler nicht in die Polizeiverordnung aufgenommen worden sind. Der Verordnungsgeber kann sich für seine Entscheidung darauf berufen, dass teilweise genetische Dispositionen vorliegen, die für die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen mit maßgeblich sein können. Ebenso kann er sich darauf berufen, dass die frühere Zucht bzw. die Verwendung bestimmter Hunderassen mehr für oder gegen eine Gefährlichkeit sprechen. Der dem Verordnungsgeber zustehende weite Entscheidungsspielraum wäre nur dann überschritten, wenn seine Gefährdungseinschätzung eindeutig unrichtig wäre. Dies lässt sich nicht feststellen. Eine gewisse Ungleichbehandlung ist auch deshalb hinzunehmen, weil die dem Hundehalter aufgebürdeten Maßnahmen angesichts des überragenden Schutzes, den der Mensch vor gefährlichen Hunden verdient, nicht besonders schwer wiegen. Wenn für Kampfhunde ein Maulkorbzwang angeordnet ist, so ist dies angesichts der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit nicht unverhältnismäßig, und es ist auch gerechtifertigt, solche Hunde unfruchtbar zu machen. Auch der Leinenzwang, der für Hunde bestimmter Rassen besteht, obwohl sie keine Kampfhunde sind, belastet die Hundehalter nicht über Gebühr, zumal vom Leinenzwang Ausnahmen gemacht werden können und es grundsätzlich Sache des Hundehalters ist, für eine artgerechte Haltung seines Tieres zu sorgen, indem er ihm auf einem gesicherten umfriedeten Bezirk die Auslaufmöglichkeit schafft.

Da die Anträge der Antragsteller erfolglos waren, müssen sie auch die Kosten des Verfahrens tragen. Der VGH hat gegen seine Entscheidung die Revision nicht zugelassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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