- Petition gegen Hundeverordnung Hessen |
An den Präsidenten des Hessischen Landtages Schloßplatz 1 65183 Wiesbaden
27.06.2005
Petition - Änderung bzw. Aufhebung der Rasseliste nach § 2 Abs. 1 der Hundeverordnung vom 22.01.2003 (GVBl. I., S. 54 ff.)
Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren des Petitionsausschusses, Sehr geehrte Fraktionsvorsitzende,
ich beantrage die Änderung der Rasseliste nach § 2 Abs. 1 der Hundeverordnung vom 22.01.2003 dahingehend, dass die Rasse Am.-Staff.-Terrier aus der Liste der als gefährlich eingestuften Hunde herausgenommen wird bzw. eine Aufhebung der Rasseliste.
Begründung:
Seit Juni 2000 bin ich Besitzerin der Am.-Staff.-Terrier-Hündin “Fienchen“ und unterliege damit von Anbeginn (August 2000) den Hundeverordnungen. Meine fünf Jahre alte Hündin bleibt nach dem Wortlaut der Hunde-VO (vom 10.05.2002, GVBl. I., S. 90 ff.) zeitlebens als unwiderleglich “gefährlicher“ Hund eingestuft, obwohl sie nie verhaltensauffällig war und bereits dreimal (!) den hessischen Wesenstest bestanden hat.
Nach der öffentlich bekundeten Überzeugung des HMdI bin ich einer „…dieser sowohl besonders aggressiven als auch überdurchschnittlich ängstlichen Hundehalter, die dazu neigen, sich Hunde einer Rasse anzuschaffen…, nicht zuletzt um damit eigene physische und psychische Defekte zu kompensieren.“ (Drucksache 15/2521 vom 29.10.2001, Antwort des Innenministers Bouffier auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Evelyn Schönhut-Keil vom 23.01.2001).
Eine Kommentierung dieser Aussage ist überflüssig, nicht aber die Forderung, nach fünf Jahren Diskriminierung und Ungleichbehandlung endlich der höchstrichterlich auferlegten Verpflichtung zur Korrektur nachzukommen und die Rasseliste bzw. die Hunde-VO den neuen Erkenntnissen anzupassen. Den Urteilen von BVerfG, BVerwG und des Hessischen VGH liegen lediglich “Annahmen“ und “Anhaltspunkte“ für eine angeblich besondere Gefährlichkeit der Listenhunde zugrunde. Deshalb beinhalten alle Urteile die Verpflichtung, diese Annahmen und Einschätzungen zu überprüfen und ggf. Korrekturen durchzuführen.
BVerfG vom 16.03.2004 – 1 BvR 1778/01
Leitsatz: „Der Gesetzgeber hat allerdings die weitere Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die der Norm zugrunde liegenden Annahmen sich tatsächlich bestätigen.“
Abs. 88: „…die tatsächlichen Annahmen des Gesetzgebers belassen noch erhebliche Unsicherheiten. Bestätigt sich die prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit dieser Hunde durch den Gesetzgeber nicht oder nicht in vollem Umfang, wird er seine Regelungen den neuen Erkenntnissen anpassen müssen.“
Abs. 97: „Der Gesetzgeber ist allerdings auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, die weitere Entwicklung zu beobachten. Dabei geht es hier in erster Linie darum, ob die unterschiedliche Behandlung…auch in Zukunft gerechtfertigt ist.“
BVerfG vom 16.03.2004 – 1 BvR 550/02
„Der Verordnungsgeber ist allerdings auch im Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, die weitere Entwicklung zu beobachten. Sollte sich dabei…ergeben, dass Hunde anderer…Rassen ebenso vergleichbar häufig auffällig sind wie Hunde, auf die die Vorschrift bisher beschränkt ist, könnte diese in Ihrer gegenwärtigen Fassung nicht länger aufrechterhalten werden. Sie wäre vielmehr aufzuheben oder auf bisher nicht erfasste Rassen zu erstrecken.“
VGH Kassel vom 29.08.2001 – 11 N 2497/00 und VGH Kassel vom 27.01.2004 -11 N 520/03
„Mit diesem weiten Ermessensrahmen des Verordnungsgebers korrespondiert allerdings eine besondere Verpflichtung, seine Einschätzung unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse und Erfahrungen selbst unter Kontrolle zu halten und korrigierend tätig zu werden, soweit sich seine Beurteilung aufgrund dieser neuen Daten als von Anfang an falsch oder als überholt erweisen sollten. Der Verordnungsgeber wird deshalb aufgrund der mit Erlassen des HMdI vom 24.08.2000 und 13.09.2000 angeordneten Erhebungen alsbald prüfen müssen, ob die “Listung“ einzelner Rassen (noch) gerechtfertigt ist.“
BVerwG vom 28.06.2004 – 6 CN 22.03 –
„Der erkennende Senat geht seit seinem Urteil vom 3.07.2002 – BVerwG 6 CN – in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich aus der Zugehörigkeit zu einer Rasse oder einer entsprechenden Kreuzung alleine nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft nicht ableiten lässt, dass von den Hundeindividuen Gefahren ausgehen… Insbesondere liegen weder aussagekräftige Statistiken noch sonstiges belastbares Erfahrungswissen noch genetische Untersuchungen vor.“
Aussagekräftige – und für die inkriminierten Rassen entlastende – Statistiken liegen nun aufgrund des Zahlenmaterials des HMdI aus Hessen und anderen Bundesländern vor.
Nach Vorgabe des Hessischen VGH, Urteil vom 29.08.2001 – 11 N 2497/00 - hätten spätestens seit Mai 2002 aufgrund der Daten über den Ausgang der Wesensteste und der Auswertung der Beißvorfälle, die Hunde der Rasse Am.-Staff.-Terrier von der Liste der vom Verordnungsgeber als gefährlich eingestuften Hunderassen herausgenommen werden müssen, wie dies bei Hunden der Rasse Bordeaux-Dogge, Mastin Espanol, Bullmastiff und Tosa Inu geschehen ist. Bereits mit Schreiben vom November 2001 (LPP 72/0/82 I) und April 2002 (LPP 72/F/82 I) wurde von Seiten der Sachbearbeiter des HMdI darauf hingewiesen, dass “die Vorkommnisse mit Hunden der in der Gefahrenabwehrverordnung genannten Rassen seit August 2001 weiterhin deutlich abnehmen, genauso wie die Anzahl der nicht bestandenen Wesensprüfungen.“
Aufgrund der Aussage der Vertreter des HMdI (Verhandlungsniederschrift über die öffentliche Sitzung des 11. Senats am 27.01.2004 – 11 N 520/03 –) ist die „Grundlage für die Aufnahme in die Liste…, inwieweit anhand der Kriterien des § 71 a HSOG Beißvorfälle in statistisch erheblicher Zahl vorkommen oder nicht, wobei hinsichtlich der nicht-bestandenen Wesensprüfung nach wie vor von einer Maßzahl 3 % ausgegangen werde.“
Die Auswertungen der Meldebögen für Hunde – Wesensprüfungen - vom 26.08.2000 – 31.12.2004 des HMdI sind in Tab. 1 zusammengefasst:
Tabelle 1 zeigt den Anteil (in %) der nichtbestandenen Wesensteste der gelisteten Rassen Pitbull-Terrier, Am.-Staff.-Terrier, Staff.-Bull.-Terrier, Bullterrier und ihre Mischlinge in Hessen.
Tabelle 1:
Quelle: Hessisches Ministerium des Inneren und für Sport
Danach ist klar ersichtlich, dass das Kriterium „negative Wesensprüfung unter 3 %“ (Normenkontrollverfahren 11 N 520/03, Antwort des HMdI vom 22.05.2003 auf die gerichtliche Verfügung vom 28.04.2003) für Hunde der Rasse Am.-Staff.-Terrier bereits seit 2001 nicht mehr zutreffen.
Das zweite Kriterium sind “Beißvorfälle in statistisch erheblicher Zahl“. Auch dieses Kriterium wird durch die Auswertung der “Meldebögen für Hunde“ des HMdI für den Zeitraum August 2000 – 31.12.2004 eindeutig nicht erfüllt (Tab. 2, 3 und 4).
In Tabelle 2 sind die Vorfälle mit Hunden der Rassen Pitbull-Terrier, Am.-Staff.-Terrier, Staff.-Bullterrier, Bullterrier, Deutscher Schäferhund, Rottweiler und deren Mischlinge in Hessen für den Zeitraum August 2000 – 31.12.2003 aufgeführt.
Tabelle 2:
a) Hund verletzt Mensch leicht Anzahl der Gesamtvorfälle: 2000: 72 b) Hund verletzt Mensch mittel 2001: 109 c) Hund verletzt Mensch schwer 2002: 173 d) Hund tötet Mensch 2003: 278
Quelle: Hessisches Ministerium des Inneren und für Sport
Tabelle 3 zeigt den Anteil der in Hessen auffällig gewordenen Hunde gelisteter Rassen an der Gesamtpopulation ihrer Rasse (% auffällige Hunde/Rasse) für den Zeitraum vom 26.08.2000 – 31.12.2003.
Tabelle 3:
Quelle: Hessisches Ministerium des Inneren und für Sport
In Tabelle 4 sind die Vorfälle mit Hunden der Rassen Pitbull-Terrier, Am.-Staff.-Terrier, Staff.-Bullterrier, Bullterrier, Schäferhunde, Rottweiler und deren Mischlinge, der Anteil (in %) auffälliger Hunde/Rasse sowie die Anteile der Rassen an den Beißvorfällen in Hessen für den Zeitraum vom 1.01.2004 – 31.12.2004 aufgeführt.
Tabelle 4:
Quelle: Hessisches Ministerium des Inneren und für Sport
¹ Vorfälle: Mensch wird von Hund verletzt a) Hund verletzt Mensch leicht b) Hund verletzt Mensch mittel c) Hund verletzt Mensch schwer ² Listenhunde in Hessen: 11 Rassen und deren Mischlinge ³ Die Population von Schäferhund und Rottweiler wird in Hessen offiziell nicht ermittelt
Wie der Senat im Urteil 11 N 520/03 (S. 44) richtig formulierte, ist ein Vergleich der absoluten Beißvorfälle alleine nicht aussagekräftig, wenn die Population einer Rasse innerhalb der Gesamthundepopulation nicht bekannt ist. Ein Vergleich ist nur möglich, wenn die Anteile der auffällig gewordenen Hunde einer Rasse mit der Gesamtpopulation dieser Rasse ins Verhältnis gesetzt werden (vergleiche “Auffällig gewordene Hunde in Berlin und Brandenburg – ihre Repräsentanz in offiziellen Statistiken und in der Hundepopulation“, FU Berlin, Fachbereich Tiermedizin, Institut für Tierschutz und Tierverhalten, Anlage). Bisher sind in Hessen nur die Populationszahlen der Hunde der gelisteten Rassen, nicht aber der übrigen Hunderassen erhoben worden – damit ist der Verordnungsgeber seiner Verpflichtung „alsbald zu überprüfen, ob die Listung einzelner aufgeführter Rassen (noch) gerechtfertigt ist“ (VGH Kassel vom 29.01.2001 – 11 N 2497/00) nicht nachgekommen. Allerdings sind durch Erhebungen in den Bundesländern NRW, Berlin und Brandenburg die prozentualen Anteile einzelner Hunderassen an der Gesamthundepopulation bekannt (Tab. 5), wonach der Verbreitungsgrad des Schäferhundes als prozentualer Anteil in der Gesamthundepopulation 12, 3 %, der der Rottweiler 3,6 % und der der Listenhunde-Rassen (Summe aller Listenhunde) 4,3 % beträgt. In Tabelle 5 sind die Prozentangaben der Rassen DSH, Rottweiler und Listenhunde an der Gesamthundepopulation in Berlin, Brandenburg und NRW angegeben.
Tabelle 5:
Quellen:
¹ in Berlin: alle Listenhunde (7000 gemeldete Listenhunde von insgesamt 107 690 registrierten Hunden in Berlin, Senatsverwaltung in Berlin) in Brandenburg: Listenhunde ohne die Rassen Rottweiler und Dobermann in NRW: Kategorie 1 Hunde 4321 Listenhunde in Hessen entsprechen demnach 4, 3 % der Gesamthundepopulation (= 100 279 Hunde) in Hessen. 12,3 % Schäferhunde entsprechen damit 12 334 Tieren, die 87 Vorfälle (mit Menschen) im Jahr 2004 verursachten, was wiederum einer Quote von 0,7 % auffälliger Hunde der Rasse Schäferhund entspricht. 3,6 % Rottweiler entsprechen 3610 Hunden, die 22 Vorfälle verursachten, entspricht also einem Anteil von 0,6 % verhaltensauffälliger Tiere der Rasse Rottweiler. Damit liegen Hunde der Rassen Schäferhund und Rottweiler im Verhältnis der auffälligen Tiere ihrer Rasse doppelt so hoch wie Hessens Listenhunde mit 0,35 % bzw. der Rasse Am.-Staff.-Terrier mit 0,37 % (siehe Tab. 4). Anders ausgedrückt: sie beißen – bezogen auf ihre Rasse – doppelt so häufig wie die inkriminierten Rassen! Da die Population der Schäferhunde mit 12,3 % aber 6,5mal größer ist als die Population der Am.-Staff.-Terrier mit 1,9 %, und die Auffälligkeit (oder Bissigkeit) der hessischen Schäferhunde doppelt so hoch ist wie die der hessischen Am.-Staff.-Terrier, bedeutet dies, dass in Hessen die potentielle Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung alleine durch Hunde der Rasse Schäferhunde 13mal größer ist als durch Hunde der Rasse Am.-Staff.-Terrier. Für das sog. “Restrisiko“ gilt nichts anderes. Auch die angebliche “besondere Gefährlichkeit“ hessischer Listenhunde lässt sich anhand der Auswertungen des “Meldebogens für Hunde“ des HMdI vom August 2000 – 31.12.2004 eindeutig widerlegen (siehe Tab. 2 + 4). Diese Daten beweisen, dass die Einschätzung des HMdI hinsichtlich der Gefährlichkeit von Listenhunden - aber auch von Hunden anderer Rassen - gänzlich falsch war. In der Antwort des HMdI auf die gerichtliche Verfügung vom 28.04.2003 wird ausgeführt: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es z. B. nicht gerechtfertigt, den Deutschen Schäferhund in die Liste aufzunehmen. Es handelt sich um eine in Deutschland seit langem gehaltene und gezüchtete Hunderasse, die dementsprechend weit verbreitet ist und in der Allgemeinheit eine hohe Akzeptanz genießt. Daher besteht bei Züchtern und Haltern ein größerer Erfahrungsschatz bezüglich des Charakters und des möglichen Verhaltens des Hundes als bei Hunden, die erst in jüngerer Zeit hier beheimatet sind. Personen, die unvorhergesehen mir einem Schäferhund konfrontiert werden, reagieren unbefangener, so dass es seltener zu Beißvorfällen kommt.“ Offensichtlich tragen weder der Erfahrungsschatz von Züchtern und Haltern noch die angebliche Unbefangenheit und die hohe Akzeptanz der Betroffenen (Opfer) dazu bei, dass Schäferhunde seltener beißen. Nach den eigenen Forderungen des HMdI müssten demnach die Rassen Schäferhund und Rottweiler in die Liste der “gefährlichen Hunde“ aufgenommen werden, während die z. Zt. inkriminierten Rassen herausgenommen werden müssten (VGH Kassel vom 29.08.2001 – 11 N 2497/00, VGH Kassel vom 27.01.2004 – 11 N 520/03). Aber nicht nur die Daten des HMdI sondern auch die offiziellen Zahlen aus Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie Berlin und Hamburg belegen die Anteile einzelner Hunderassen an Beißvorfällen. Tabelle 6 zeigt den Anteil (in %) der Rassen Schäferhunde, Rottweiler und Listenhunde an Beißvorfällen in den Bundesländern Brandenburg, NRW, Hessen, Schleswig-Holstein, Berlin und Brandenburg. Tabelle 6:
Quellen:
Wie bereits unter Tabelle 5 aufgeführt, beträgt der prozentuale Anteil der Schäferhunde an der Gesamthundepopulation 12,3 %, der der Rottweiler 3,6 % und der der Listenhunde 4,3 %. Demgegenüber stehen die prozentualen Anteile (als Mittelwert der in Tabelle 6 aufgeführten sechs Bundesländer) an Beißvorfällen, der für Schäferhunde 28,65 %, für Rottweiler 9,9 % und für Listenhunde 5,8 % beträgt. Das bedeutet, dass Schäferhunde 2,3 und Rottweiler 2,75 mal so häufig auffällig werden als es ihren tatsächlichen Anteilen an der Hundepopulation entspricht, während die Hunde der z. Zt. als “besonders gefährlich“ eingestuften Rassen 1,3 mal häufiger auffällig werden. Nach dem Verbreitungsgrad der einzelnen Rassen ist es aber 6,5 mal wahrscheinlicher einem Hund der Rasse Schäferhund zu begegnen, als bspw. einem Hund der Rasse Am.-Staff.-Terrier. Im Urteil des VGH – 11 N 520/03 – wird ausgeführt (S. 22): „Maßgebend ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung vielmehr allein, ob eine Rasse oder Gruppe von Hunden – aus welchen Gründen auch immer – eine für Menschen oder Tiere gefahrbegründende Eigenschaft tatsächlich besitzt.“ Nach dieser VGH-Begründung müsste alleine das häufige Vorkommen des Schäferhundes zur Aufnahme in die Rasseliste führen – unabhängig von der Tatsache, dass Hunde der Rasse Schäferhund bezogen auf ihre Rasse auch doppelt so häufig beißen wie bspw. Hunde der Rasse Am.-Staff.-Terrier. Untersuchungen aus
liefern gleich Ergebnisse: Auch in den Nachbarländern Schweiz und Österreich liegt der Anteil der Hunde von Typ Schäferhund an Beißvorfällen deutlich höher als ihr Anteil an der Gesamthundepopulation. In der aktuellen Studie aus Graz wurde ein “Risiko-Index“ als Parameter für die Gefahr nach Hunderassen errechnet (Anlage), der für Schäferhunde 2,83 beträgt und damit identisch ist mit den hier vorgelegten Daten. Nach den Ergebnissen des HMdI und den statistischen Erhebungen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Hamburg und Berlin sowie den offiziellen Untersuchungen aus den Nachbarländern Österreich und Schweiz kann die Annahme, dass von den in § 2 Abs. 1 genannten Hunderassen – hier Am.-Staff.-Terrier – Gefahren für Leib und Leben der hessischen Bevölkerung ausgehen, nicht weiter aufrechterhalten werden. Im Gegenteil liefern die Daten – wie zuvor schon alle wissenschaftlichen Arbeiten und Stellungnahmen – den Beweis dafür, dass sich der Verordnungsgeber in seiner Annahme gründlich geirrt hat: immerhin haben die Vorfälle mit Hunden in Hessen seit der Verordnung im August 2000 um 255 % zugenommen – Hessens gelistete Hunderassen sind daran nicht beteiligt (Tab. 2 – 4). Dazu teilte der zuständige Referent des Städte- und Gemeindetages am 31.05.2005 im Berufungsverfahren 11 UE 3367/04 lapidar mit „Es ist völlig unerheblich, ob in Hessen die potentielle Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung alleine durch Hunde der Rasse Schäferhund 13 mal größer ist als durch Hunde der Rasse Am.-Staff.-Terrier. Es ist ausschließlich von Bedeutung, dass der Verordnungsgeber die letztgenannten Rassen als gefährlich einstuft und eine kontinuierliche Überprüfung gefordert wird.“ Die statistisch nachgewiesene besondere Auffälligkeit sog. “einheimischer“ Hunderassen als “unerheblich“ zu bezeichnen oder eine Steigerung der Beißvorfälle in Hessen seit der ersten Hundeverordnung um 255 % zu ignorieren, konterkariert geradezu eine (abstrakte) Gefahrenabwehr bzw. bloße Gefahrenvorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren für Menschen und Tiere (§ 71 a Abs. 1 HSOG). Aufgrund der Auswertungen der vom HMdI vorgelegten Daten und den Vorgaben von Bundesverfassungsgericht (BVerfG vom 16.03.2004 – 1 BvR 550/02, BVerfG vom 16.03.2004 – 1 BvR 1778/01), Bundesverwaltungsgericht (BVerwG vom 28.06.2004 – 6 CN 22.03, BVerwG vom 3.07.2002 – 6 CN 8.01) und des Hessischen VGH (VGH Kassel vom 29.08.2001 – 11 N 2497/00 – und vom 27.01.2004 – 11 N 520/03) und in Anbetracht der nun nicht mehr zu rechtfertigenden Grundrechtsverletzungen (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG) fordere ich Sie auf, eine sofortige Änderung bzw. Aufhebung der Rasselisten nach § 2 Abs. 1 der Hundeverordnung zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Anlagen
[1]Am-Staff-Terrier, Pitbull-Terrier, Staff-Bull-Terrier, Bullterrier und ihre Mischlinge [2] In Hessen: alle 11 gelisteten Rassen und ihre Mischlinge [3] In Hamburg: alle gelisteten Rassen und ihre Mischlinge (Kategorie 1 + 2)
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