- Leserbrief

Herrn
Landwirtschaftsminister
Uwe Bartels
-Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten-
Calenberger Strasse 2
30169 Hannover
 
 
 
Sehr geehrter Herr Minister Bartels,
 

bezugnehmend auf o.a. Drucksache und Antwort Ihres Referats, wie auch der unlängst erfolgten Rechtssprechung des OVG Lüneburg (11 K 4333/00) und hieraus resultierender Presseerklärung (Bartels zum "Lüneburger Urteil": "Gefahrtier-VO in den wichtigen Punkten bestätigt") erlaube ich mir, Sie gegebenfalls mit einigen Informationen zu versehen, die möglicherweise geeignet sein könnten, das hehre Bild vom so genannten Kampfhund ein wenig zu korrigieren?

 

Zu meiner Person finden Sie in Anl. 2 (Beißkraft etc.) eingängliche Auskunft, so daß ich hier von einer erneuten Darstellung absehen darf. Hinzuzufügen wäre allenfalls, daß die Thematik "Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden" schon seit 1977 (Berlin) behandelt und von mir seitdem verfolgt wurde.

 

Zunächst bitte ich Sie die Anl. 1 einzusehen.

Die Übersicht ist nicht vollständig. Mindestens zwei tödliche Unfälle mit jeweils einem Dackel sind nicht enthalten; wie -da Auswahl- ältere Vorfälle mit Deutschen Boxern und Deutschen Doggen (Berichterstatter Dr. Grzimek) bislang von mir nicht integriert wurden.

 

Aus den dokumentierten Fällen ist ersichtlich, daß so genannte "Kampfhunde" keinesfalls in überproportionaler Weise auffällig geworden sind. Vielmehr die "im Bewußtsein der deutschen Bevölkerung" arrivierten Rassen (nebst ihrer Mischlingsformen).

Ich unterlasse "Beißstatistiken" aus z.B. U.S.A., Kanada und Australien aufzuführen, wo ebenfalls gewisse deutsche Rassen im oberen Drittel für Todesfälle verantwortlich zeichnen.

Weiter geht es mir nicht darum, ein neues Feindbild aufzubauen. Es klingt jedoch wenig plausibel, anzugeben, daß es aus verwaltungsorganisatorischen Gründen nicht machbar sei, z.B. den Deutschen Schäferhund zu reglementieren, man sich deshalb auf einige wenige Rassen reduzieren müsse. Hier liegen meines Erachtens wohl eher wahltaktische (Un)Wägbarkeiten vor.

Zudem läßt sich ernsthaft fragen, warum keine Beißunfälle statistisch erfaßt werden können? Selbst die latent vorhandene "Dunkelziffer" läßt dieses in humanen "Kriminalstatistiken " zu, wie unlängst publiziert (Schily).

Die Niederlande und Frankreich (wie in U.S.A.) praktizieren "Beißstatistiken" bereits seit Jahren!

 

Da jedoch Gleiches gleich zu behandeln ist, haben die OVG-e in Kiel und Lüneburg durchaus zu Recht (wie vordem Bremen, Hamburg und Mannheim) gefunden, in dem diese nicht von einer artspezifischen sondern individuellen Gefährlichkeit (meist wohl die Halter!) ausgehen.

 

Die Unsinnigkeit von "Rasselisten" zeigt sich weiter, wenn man einmal versucht, die "ordentlichen" Hunde zu erfassen.

Diensthunde, vulgo "Polizeihunde".

Qua Amt dem Schutze der Bevölkerung verpflichtet. Wo auch Hervorragendes geleistet wird, dennoch (z.Zt. in Bearbeitung):

 

  • Berlin, 17.12.1985: Bissiger Polizeihund an die Kette gelegt - Sechs Attacken auf Fußgänger und Polizisten

  • Berlin, 18.2.1986: Rex biß zu, da riß Lummer der Geduldsfaden - In Berlin innerhalb 4 Jahren 42 Personen von  Diensthunden gebissen

  • Berlin, 26.10.1986: Zollhund biß Mädchen in den Kopf - Auf einem Auge blind. - Dino biß alles, was sich bewegte

  • Werder, 29.4.1996: Polizeihund biß Frau in den Arm

  • Bad Soden, (Juni-Juli) 1996: Polizeihündin "Amiga" biß zu - 1500 DM Geldstrafe für Hundeführerin

  • Bad Orb, 22.5.1997: Entlaufener Polizeihund reißt vier Schafe

  • Leiferde (liegt in NS), 17.12.2000: Polizeihund (Rottweiler) sprang über Mauer und fiel Kind an

 

Die Auswahl zeigt, daß "rassespezifische" Denke von Übel ist, selbst "beamtete" Quadrupeden zubeißen!

Und somit, daß "Wesensteste" kaum verhindern werden, daß ein Hund gelegentlich beißt.

Von Beißereien innerhalb der Spezies abgesehen, da diese zum Artverhalten von Hunden gehören.

 

Möglicherweise können die Anlagen helfen, das durch Augstein-Springer-Focus-Medien (Auswahl) initiierte Bild vom Gefahrhund ein wenig näher in das Licht zu rücken, wohin es gehört?

So lang der Mensch Hunde hält, so lange gab und gibt es Beißvorfälle (zwei per anno bereits "Vom 1sten October 1810 bis zum 30sten März 1811" in "Berliner Abendblätter", hrsg. von Heinrich von Kleist).

 
Mit freundlichem Gruße
 
Werner G. Preugschat
Glatzer Str. 8
32139 Spenge
Tel.: 05225-861363
Fax: 05225-861364
Mobil: 0172-9985276
we.preugschat@t-online.de

 

Betreff:       Hunde mit mächtigem Biss“ – Art. Aus „Stuttgarter Nachrichten“ vom 18.01.2001 (jos)

 

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

 

bezugnehmend auf o.a. Bericht fällt es mir nicht leicht, Ihnen so zu antworten, wie ich es eigentlich müßte. Nämlich genau so unsachlich und wenig qualifiziert, wie der geistige Urheber dieser Angaben über die Beißkraft von so genannten „Kampfhunden“ es in Ihrer Zeitung vollziehen durfte.

Zunächst gestatten Sie mir eine kurze Vorstellung:

Aktiver DB-Lokomotivführer und Ausbilder (für DB-Cargo, Nah- wie Fernverkehr, ebenso am Fahrsimulator für IC) bin ich qua Beruf mit dem vertraut, was man gemeinhin mit „öffentlicher Sicherheit“ bezeichnet. Zudem halte ich seit 1968 so genannte „Kampfhunde“. Und dieses so problemlos wie andere ihre Dackel. Woraus Sie ableiten dürfen, daß ich mit der „Evolution“ dieser Spezies „Kampfhund“ vertraut bin. Doch dieses ist ein anderes Thema.

 

Meine Kritik bezieht sich auf Ihre einleitende Passage, wo es heißt: „Die Beißkraft von Kampfhunden ist enorm: Sie beträgt bis zu 2, 8 Tonnen. Ein normaler Schäferhund bringt es auf 700 Kilo, ein Mensch auf 110.“

 

Ich möchte dem Initiator dieser Angaben nicht wehtun. Möglicherweise gehört dieser zu den Menschen, die glauben, was alles so in der Presse publiziert wird? Ein guter Redakteur sollte jedoch hiervon Abstand halten! Und hierzu gehört eine gute Recherche.

Fangen wir damit einmal an. Und setzen wir voraus, daß die Diskussion über so genannte „Kampfhunde“ bereits in den U.S.A. Ende der vergangenen 70-er, hierzulande etwa ab Mitte der 80-er begann.

Schon in den Staaten wurde damals publiziert, daß der „Pit Bull“ zwei, ja sogar dreifache Kiefergelenke haben sollte. Und gar zweifache Zahnreihen (mit 82 Zähnen). Auch dort überschlug man sich mit horrenden Angaben über die vermeintliche Beißkraft. Und auf eine ausgeprägte Backenmuskulatur!

Fakt ist, daß Angaben über Beißkräfte von Hunden erstmals von Lindner, D.L., Maretta, S.M., Pijanowsky, G.J., Johnson, A.L. und Smith, Ch.W. im Jahre 1995 seriös ermittelt wurden. Hierzu sollte der Beitrag „Measurement of Bite Force in Dogs: A Pilot Study“ eingesehen werden. Veröffentlicht in „J. Vet. Dent.“, 1995, (12) 2; 49-54.

Die Ärzteschaft untersuchte anhand eines Transponders (Elektronik im Kauknochen) 48 Hunde. Es stellte sich heraus, daß die Beißkraft um so größer sein kann, wie die Rasse es ist. Die größte Beißkraft von sieben getesteten Rassen (ohne Pittbullartige) zeigte ein Rottweiler (1200 kp). Dabei schwankte die Kraft bei den vier getesteten Rottweilern zwischen 280 bis 1200 kp. Ein Retriever brachte es auf 480 kp. Gleiche Beobachtungen sind übrigens bei Schimpansen erfolgt, wo das größte Tier die höchste Kraft aufbringt.

Moxham und Berkowitz („The effects of external forces on the periodontal ligament; the response to axials loads“, in: “The Periodontal Ligament in Health and Disease”, Pergamon Press, New York (1982), pp. 249-68) wie Profitt et al. (“Occlusal forces in normal- and long-faced adults”, in: “ J. dent. Research”, 1983, (62); 566-71) wiesen übrigens schon früher nach, daß die –hier wissentlich vorgenommenen Untersuchen von Menschen- Beißkräfte entwickeln können, die im Bereiche zwischen 100 bis 1300 kp variieren. Also sogar den Rottweiler übertreffen können! Die Meßapparatur heißt nebenbei Gnathometer.

Mit anderen Worten: Angaben über Beißkräfte von Hunden zu vertrauen, ist höchst unsicher. Der eine Vierfüßler beißt fest, weil er will, der andere eben nicht. Und Angaben v o r 1995 der jeweiligen Phantasie entsprungen sind!

Zwar gibt es (ohne Beißkraftwerte) von John B. Brunski und John A. Hipp noch eine frühere Untersuchung aus 1984 (vgl. „In Vivo Forces On Dental Implants: Hard-Wiring And Telemetry Methods“, in: „J. biomechanics”, Vol. 17, No. 11; pp. 855-60), doch wurden hier Versuche an vier Retrievern unternommen, die man zuvor narkotisierte und anschließend per Elektroschock zum Beißen stimulierte.

 

Wie also kommen Angaben über Beißkräfte von Hunden auf den Markt? Es ist dieses die eigentliche Frage!

Und dieses besonders extrem beim „Pit Bull“.

Blicken wir einmal zurück:

 

Die „BILD“ vom 23. Oktober 1991 wußte noch, daß dieses Untier mit „500 Kilo“ zubeißen sollte („Kampfhunde in ganz Berlin verboten“). Zahlen gab es ja damals noch nicht, der „Pilotversuch“ –ohne Pitbull, wie gesagt- erfolgte erst 1995. Unbewußt hat „BILD“ wohl hier eine Angabe erstellt, die der möglichen Wahrheit unter Berücksichtigung der ausgewiesenen Körpergröße am ehesten entsprechen könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg schrieb über die Beißkraft 1991, also wo „BILD“ bereits eine Größe kannte(Motto: „BILD“ war dabei), es „fehlen aussagekräftige wissenschaftliche Untersuchungen“, veröffentlicht unter Az.: 1 S 2590/91 v. 18. Aug. 1992, S. 15.

1999 wissen „SPIEGEL“-Leser mehr: „Der Pitbull entfacht eine Beißkraft, die rund einer Tonne entspricht“. Die Verdoppelung des Beißwertes ist aufzufinden im Beitrag „Prozac im Futternapf“ der Ausg. 6/99, S. 172.

Im Januar des Jahres 2001 berichtete, hier erneut in „BILD“, Doris Bruckner über „Kampfhunde bissen den kleinen Volkan tot. Strafakte 7400 Js: ein Prozeß der Tränen“. Nach ihr soll „Zeus“ den Jungen bereits mit einer „Beißkraft von 2000 Tonnen im Kiefer“ getötet haben!

Der Gipfel dieses Zahnkultes war jedoch in der „BERLINER ZEITUNG“ aufzufinden: Hier wußten die Redaktionen in der bebilderten Rassebeschreibung von sog. Kampfhunden beim Pitbull von einem Kieferdruck bis zu drei Tonnen (Ausg. 12. Okt. 1997).  Ein Wert, der nochmals am 29. Mai 1998 auf S. 26 ausgesprochen wurde und bis heute unübertroffen blieb!

 

Man muß sich fragen, wo die Sachlichkeit geblieben ist? Auf der redaktionellen Strecke jedenfalls. Wo unqualifizierte Angaben erhoben werden, die eigenen Phantasien entsprechen. Die ausgetobt werden.

Denn:

In „Mechanical Advantage in the Pit Bull Jaw – a paper submitted to the faculty of the biology department, Presbyterian College, in partial fulfilment of the requirements for Biology 401 (19 p.)” , bereits am 9. November 1988 veröffentlicht, kam Jesse M. Bridgers nach craniologischen Messungen und Vergleich verschiedener Hundeschädel zu dem Ergebnis, daß es keinerlei Beweise für die Annahme gäbe, daß die Beißkraft eines Pitbulls höher als bei in Größe und Stärke vergleichbarer anderen Rasse sei.

Die Untersuchung anhand Schädelformen ist nicht neu. Schon vor dem 1.Weltkrieg promovierte Bruno Baege mit einer vergleichenden Studie über die Englische Bulldogge. Er fand heraus, daß die Beißkraft eines Hundes anhand der anatomischen Merkmale des Schädels bei der Rasse am größten sei, die dem Urvater „Wolf“ am ähnlichsten sei.

Und dieses war – na wer denn wohl- der „Deutsche Schäferhund“!

Am Rande sei noch bemerkt, daß –dieses sicher unnötige und bedauernswerte- Opfer Volkan nicht zerfleischt wurde. Er starb, so in seriösen Veröffentlichungen nachlesbar, an durchbissener oder zerrissener Halsschlagader, wie die Obduktion ergab. Ich faxe Ihnen eine Übersicht tödlich verlaufener Beißunfälle in Deutschland zu ( ab 1968 - Stand März 2001).Bei den aufgeführten Todesfällen, wobei  überwiegend keine so genannten Kampfhunde beteiligt, kam es wiederholt vor, daß der Tod durch einen Biß in die ungeschützte Halsschlagader ausgelöst wurde. Bestimmt dieses jedoch kein rassespezifisch „abnormes“ Verhalten ist.

Abschließend bleibt zu fragen, was es für einen Sinn ergibt, mit vermeintlichen Beißkräften zu wuchern?

Es dürfte jedem Opfer absolut egal bleiben, ob dieses nun mit 100 kp oder 3000 kp erfolgte. Und sicher wird dieses Trost darin finden, wenn dieses durch einen so genannten Kampfhund verursacht wurde -  statt durch Rassen, die im Bewußtsein der deutschen Bevölkerung seit altersher vertraut sind, wie im Juristendeutsch es bezeichnet!

 Hier zeigt sich die Unsinnigkeit von Beißkraftangaben und rassespezifischer Gefährlichkeitszuweisungen.

 

Erst indem man solche unqualifizierten Aussagen erstellt, erweckt man das Interesse an „vierbeinigen Waffen“, an „Hunden ohne Sicherungshebel“, um nur einige Pressedarstellungen zu nennen. Bereitet so den Markt vor, wo sich dann willfährige Vermehrer finden, die willensschwache Käufer finden. Hier liegt das eigentliche „Kampfhundeproblem“!

 

Gestatten Sie mir noch einen weiteren Rückblick zum Phänomen „Kampfhund“ und seinem Werdegang.

Hier am Beispiele Bayerns.

Dazu ist es notwendig, sich zunächst in den Gesetzentwurf der Staatsregierung Bayern „Gesetz zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes“ Drs. 273/91 vom 16. Aug. 1991 einzulesen.

Auf S. 5 heißt es : „Eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Defination des Kampfhundes gibt es nicht. Um dem Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen, wird der Begriff „Kampfhund“ in Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz gesetzlich festgelegt.“

In den Beratungen wiesen der damalig verantwortliche Sprecher des bayerischen Rechts- und Verfassungsausschusses Dr. Grethlein und Andere wiederholt darauf hin, daß es keine „Kampfhunde“ gibt und der Begriff nicht haltbar sei (vgl. Sen.-Drs. 278/91 und 297/91).

In der 8.Sitzung am 28. September 1991 äußert sich der damalige Staatsminister Dr. Stoiber hierzu.: „Meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht abschließend zu Ihren Bemerkungen Stellung nehmen, weil die Staatsregierung noch zu dem Votum des Senats, sollte er heute so, wie vom Ausschuß vorgeschlagen, befinden, Stellung beziehen will und das Kabinett nicht festlegen kann. Ich meine nur, es wird schwierig sein, vom BegriffKampfhund“ abzuweichen, weil dieser eben ein gewisser populistischer –wenn Sie so wollen- Terminus technicus- geworden ist, mit dem das Gesetz insgesamt umschrieben wird. Der Begriff ist prägnant.“

Stoiber selbst gab damals zu, daß populistische Erwägungen vorlagen!

Obwohl der Rechts- und Verfassungsausschuß anderer Meinung vorerst blieb, unterrichtete die Bayerische Staatsregierung mit Sen.-Drs. 304/91 am 8. Oktober 1991: „Die Staatsregierung hält an der Verwendung des Begriffs „Kampfhund“ im vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut fest, auch wenn es sich dabei nicht um einen wissenschaftlich vorgeprägten Begriff handelt. Der Begriff „Kampfhund“ ist inzwischen in der öffentlichen Diskussion allgemein eingeführt.“

In der 5. Sitzung des Senats am 4. Juni 1992 (Prot. S. 87) sagte Dr. Grethlein abschließend: „Der Rechtsausschuß hat sich gestern dieser Auffassung des Berichterstatters ohne Diskussion einstimmig angeschlossen. Einwendungen zu erheben ist eine Möglichkeit, von der der Senat stets mit Zurückhaltung Gebrauch gemacht hat. Aus dieser Tradition schlägt der Rechts- und Verfassungsausschuß als Ergebnis seiner Beratungen in der Sitzung vom 3. Juni 1992 unter dem Vorsitz von Herrn Senator Burnhauser einstimmig vor, gegen das von Ihnen vorliegende Gesetz zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes, vom Bayerischen Landtag am 21. Mai 1992 beschlossen, keine Einwendungen zu erheben. Ich bitte Sie, ebenso zu beschließen.“

 

Damit war das Gesetz durch.

 

Populismus und Tradition liegen ursächlich diesem Gesetzgebungsverfahren zugrunde. Begleitend –so ist es in einem unlängst an eine Politikerin gerichteten Schreiben von einem der damals mitbeteiligten Experten zu lesen- suchte man sich aus einigen Büchern einige Rassen heraus, die -durch Printmedien vornehmlich verbreitet-  ein „Kampfhundeimage“  in sich tragen sollten!

Womit die bis dato eigentlich verantwortlichen „Beißer“ aus der Kritik waren. Die Presse, vornehmlich der „SPIEGEL“ und „STERN“, hatten nämlich bemerkt, daß der Deutsche Schäferhund nicht immer unbedingt gehorsam war (Hier nur Auswahl: „SPIEGEL“ 45/1980: „Volle Hosen“; 12/1985: „Gefühl des Sieges“; auch „Kamerad Hasso“ von Jürgen Bertram machte die Runde. N. Frank titulierte den Schäferhund im „STERN“ gar als „Mörder“ und „Pershing II im schwarzgelben Fell“).

Und in Bayern –so ermittelte der „SPIEGEL“ bereits in Ausg. 5/1976- gab es ausgedehnte Hundezuchtfarmen, die massenhaft Dackel und Schäferhunde produzierten und damit städtische „Hunde-Boutiquen“ belieferten. Man also gut daran tat, sich diese um ein vielfach größere Wählerklientel nicht zu vergraulen. Und die nicht zu vermeidbare Diskussion zu begrenzen. Schließlich haben der Schäferhundverein und Boxerklub ihren Sitz in Bayern.

Denn die so genannten „Kampfhunderassen“ waren in ihrer gesamten Population in Deutschland damals allenfalls so stark vertreten, wie andere Rassen vielleicht in einer Woche Welpen produzierten.

Der Schäferhundverband wußte damals um die Misere. In einer taktischen Meisterleistung in Form einer Pressemitteilung, gerichtet an die Parteien im Saarland, wo zuvor bereits über Maßnahmen gegenüber „Kampfhunden“ beraten wurde, distanzierte dieser sich von diesen frevelhaften Wesen „Kampfhund“ und befürwortete gesetzgeberische Initiativen. Nachzulesen in einem stenographischen Protokoll des Saarländischen Landtages.

Schließlich gab es bereits seit 1983 von Dietrich Kolbe, der mit „Beißende Hunde in einer Großstadt. Seuchenhygienische Bedeutung, ethologische Aspekte und verwaltungsrechtliche Behandlung“ an der veterinärmedizinischen Fakultät der FU Berlin promovierte, eine Tabelle 4 mit „Rassenverteilung beißender Hunde“. Bei 1530 Berliner Vorfällen waren in 839 Fällen (54, 84%) Schäferhunde beteiligt. Kein einziger Vorfall jedoch mit so genannten „Kampfhunden“.

Jüngere Übersichten über tödlich verlaufene Beißunfälle mit Hunden in U.S.A. dokumentieren immer noch, daß die so genannten „Kampfhunde“ allenfalls am Rande auffällig geworden sind. Es gibt jedoch ein Pitbullproblem. Und zwar in der Art, daß der eigentlich auffällig gewordene Pitbull zumeist irgendeine nicht näher definierbare Verbastardierung ist. „pit bull-Type“ eben. Man nehme z. B. einen Deutschen Boxer. Und kreuze ihn vielleicht mit einem Bullterrier. Was kommt heraus? Der ordentliche Hundehalter gibt beim Ordnungsamt an: Boxermischling. Der Chaot protzt mit seinem Pitbull. Denn zumeist sind die Beißer nicht ordentlicher Rassehundezucht entsprungen, wo auf Blutlinien und Wesenseigenschaften - in Generationen aufgebaut, eine überwachte Wurf- und Aufzuchtkontrolle erfolgt. Und aus tierschützerischer Sicht sogar die Geburtszyklen im Sinne des Mutterschutzes reduziert werden. Unter diesem Aspekt bleiben in fast allen Bundesländern auch die neuen Verordnungen wirkungslos, da der gewerbsmäßige Hundehandel nicht betroffen ist. Womit man sicher Klagen wegen eines möglichen Berufsverbotes vorbeugen möchte.

Abschließend darf ich Sie noch auf zwei Veröffentlichungen hinweisen.

Es ist zunächst „Dog-bite related fatalities – United States- 1979-1996“, Hg. Centers for Disease Control (U.S. Department of Health), in: “M(orbid) M(ortal) W(eekly) R(eport), May 30, 1997, (46); 463-67.

Sowie die erweiterte Übersicht “Special Report: Breeds of dogs involved in fatal human attacks in the United States between 1979 and 1998”, in “JAVMA”, Vol. 217, 6; Sept. 15, 2000; 836-40. Bekannte Autoren, wie u.a. Jeffrey J. Sacks und Randall Lockwood sind hier beteiligt.

 

Bleibt letztlich nur noch darauf hinzuweisen, daß der „Kampfhund“ ein Medienprodukt ist. Und die Presse –so wie in Sebnitz unlängst- erst die Verteufelung einleitete.

Sollten meine Ausführungen Sie bisher nicht nachdenklich gestimmt haben, müßten Sie es spätestens nach dem Lesen der Diplomarbeit von Petra Dressler über das „Medienspektakel um Kampfhunde“ werden (erschienen am 16. April 1999 an der HdK Berlin; 229 S. In 4°) . Hier hat sich einmal jemand der Mühen unterzogen und die Berichterstattung vornehmlich aus Berliner Tageszeitungen von 1995 bis 1998 ausgewertet. Es ist schon erstaunlich, mit welchen Aussagen hier bewußt  „Stimmung“ gemacht wurde. Und wie widersprüchlich in den verschiedenen Zeitungen über denselben Vorfall berichtet wurde. Wie zudem ausländische Vorfälle ungeniert übernommen wurden, um so die Horrorgemälde in deutsche Länder zu übertragen. Ein Gespinst von Phantasien und Panikmache. Kein Ruhmesblatt für seriöse Journalistenarbeit. Fürwahr.

 

Ein kleines Nachwort sei noch gestattet:

 

Es ist bemerkenswert, daß man in einem anderen Länderparlament die Ansicht des Justizministers nachlesen kann, daß die bayerische „Hundeverordnung“, von den Bayern höchst selbstgelobt (!), nicht so einfach zu übernehmen sei. Man finde in Baden-Württemberg schließlich keine so freundliche Rechtssprechung wie in Bayern.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Werner G. Preugschat

 

Betreff:       Hunde mit mächtigem Biss“ – Art. Aus „Stuttgarter Nachrichten“ vom 18.01.2001 (jos)

 

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

 

bezugnehmend auf o.a. Bericht fällt es mir nicht leicht, Ihnen so zu antworten, wie ich es eigentlich müßte. Nämlich genau so unsachlich und wenig qualifiziert, wie der geistige Urheber dieser Angaben über die Beißkraft von so genannten „Kampfhunden“ es in Ihrer Zeitung vollziehen durfte.

Zunächst gestatten Sie mir eine kurze Vorstellung:

Aktiver DB-Lokomotivführer und Ausbilder (für DB-Cargo, Nah- wie Fernverkehr, ebenso am Fahrsimulator für IC) bin ich qua Beruf mit dem vertraut, was man gemeinhin mit „öffentlicher Sicherheit“ bezeichnet. Zudem halte ich seit 1968 so genannte „Kampfhunde“. Und dieses so problemlos wie andere ihre Dackel. Woraus Sie ableiten dürfen, daß ich mit der „Evolution“ dieser Spezies „Kampfhund“ vertraut bin. Doch dieses ist ein anderes Thema.

 

Meine Kritik bezieht sich auf Ihre einleitende Passage, wo es heißt: „Die Beißkraft von Kampfhunden ist enorm: Sie beträgt bis zu 2, 8 Tonnen. Ein normaler Schäferhund bringt es auf 700 Kilo, ein Mensch auf 110.“

 

Ich möchte dem Initiator dieser Angaben nicht wehtun. Möglicherweise gehört dieser zu den Menschen, die glauben, was alles so in der Presse publiziert wird? Ein guter Redakteur sollte jedoch hiervon Abstand halten! Und hierzu gehört eine gute Recherche.

Fangen wir damit einmal an. Und setzen wir voraus, daß die Diskussion über so genannte „Kampfhunde“ bereits in den U.S.A. Ende der vergangenen 70-er, hierzulande etwa ab Mitte der 80-er begann.

Schon in den Staaten wurde damals publiziert, daß der „Pit Bull“ zwei, ja sogar dreifache Kiefergelenke haben sollte. Und gar zweifache Zahnreihen (mit 82 Zähnen). Auch dort überschlug man sich mit horrenden Angaben über die vermeintliche Beißkraft. Und auf eine ausgeprägte Backenmuskulatur!

Fakt ist, daß Angaben über Beißkräfte von Hunden erstmals von Lindner, D.L., Maretta, S.M., Pijanowsky, G.J., Johnson, A.L. und Smith, Ch.W. im Jahre 1995 seriös ermittelt wurden. Hierzu sollte der Beitrag „Measurement of Bite Force in Dogs: A Pilot Study“ eingesehen werden. Veröffentlicht in „J. Vet. Dent.“, 1995, (12) 2; 49-54.

Die Ärzteschaft untersuchte anhand eines Transponders (Elektronik im Kauknochen) 48 Hunde. Es stellte sich heraus, daß die Beißkraft um so größer sein kann, wie die Rasse es ist. Die größte Beißkraft von sieben getesteten Rassen (ohne Pittbullartige) zeigte ein Rottweiler (1200 kp). Dabei schwankte die Kraft bei den vier getesteten Rottweilern zwischen 280 bis 1200 kp. Ein Retriever brachte es auf 480 kp. Gleiche Beobachtungen sind übrigens bei Schimpansen erfolgt, wo das größte Tier die höchste Kraft aufbringt.

Moxham und Berkowitz („The effects of external forces on the periodontal ligament; the response to axials loads“, in: “The Periodontal Ligament in Health and Disease”, Pergamon Press, New York (1982), pp. 249-68) wie Profitt et al. (“Occlusal forces in normal- and long-faced adults”, in: “ J. dent. Research”, 1983, (62); 566-71) wiesen übrigens schon früher nach, daß die –hier wissentlich vorgenommenen Untersuchen von Menschen- Beißkräfte entwickeln können, die im Bereiche zwischen 100 bis 1300 kp variieren. Also sogar den Rottweiler übertreffen können! Die Meßapparatur heißt nebenbei Gnathometer.

Mit anderen Worten: Angaben über Beißkräfte von Hunden zu vertrauen, ist höchst unsicher. Der eine Vierfüßler beißt fest, weil er will, der andere eben nicht. Und Angaben v o r 1995 der jeweiligen Phantasie entsprungen sind!

Zwar gibt es (ohne Beißkraftwerte) von John B. Brunski und John A. Hipp noch eine frühere Untersuchung aus 1984 (vgl. „In Vivo Forces On Dental Implants: Hard-Wiring And Telemetry Methods“, in: „J. biomechanics”, Vol. 17, No. 11; pp. 855-60), doch wurden hier Versuche an vier Retrievern unternommen, die man zuvor narkotisierte und anschließend per Elektroschock zum Beißen stimulierte.

 

Wie also kommen Angaben über Beißkräfte von Hunden auf den Markt? Es ist dieses die eigentliche Frage!

Und dieses besonders extrem beim „Pit Bull“.

Blicken wir einmal zurück:

 

Die „BILD“ vom 23. Oktober 1991 wußte noch, daß dieses Untier mit „500 Kilo“ zubeißen sollte („Kampfhunde in ganz Berlin verboten“). Zahlen gab es ja damals noch nicht, der „Pilotversuch“ –ohne Pitbull, wie gesagt- erfolgte erst 1995. Unbewußt hat „BILD“ wohl hier eine Angabe erstellt, die der möglichen Wahrheit unter Berücksichtigung der ausgewiesenen Körpergröße am ehesten entsprechen könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg schrieb über die Beißkraft 1991, also wo „BILD“ bereits eine Größe kannte(Motto: „BILD“ war dabei), es „fehlen aussagekräftige wissenschaftliche Untersuchungen“, veröffentlicht unter Az.: 1 S 2590/91 v. 18. Aug. 1992, S. 15.

1999 wissen „SPIEGEL“-Leser mehr: „Der Pitbull entfacht eine Beißkraft, die rund einer Tonne entspricht“. Die Verdoppelung des Beißwertes ist aufzufinden im Beitrag „Prozac im Futternapf“ der Ausg. 6/99, S. 172.

Im Januar des Jahres 2001 berichtete, hier erneut in „BILD“, Doris Bruckner über „Kampfhunde bissen den kleinen Volkan tot. Strafakte 7400 Js: ein Prozeß der Tränen“. Nach ihr soll „Zeus“ den Jungen bereits mit einer „Beißkraft von 2000 Tonnen im Kiefer“ getötet haben!

Der Gipfel dieses Zahnkultes war jedoch in der „BERLINER ZEITUNG“ aufzufinden: Hier wußten die Redaktionen in der bebilderten Rassebeschreibung von sog. Kampfhunden beim Pitbull von einem Kieferdruck bis zu drei Tonnen (Ausg. 12. Okt. 1997).  Ein Wert, der nochmals am 29. Mai 1998 auf S. 26 ausgesprochen wurde und bis heute unübertroffen blieb!

 

Man muß sich fragen, wo die Sachlichkeit geblieben ist? Auf der redaktionellen Strecke jedenfalls. Wo unqualifizierte Angaben erhoben werden, die eigenen Phantasien entsprechen. Die ausgetobt werden.

Denn:

In „Mechanical Advantage in the Pit Bull Jaw – a paper submitted to the faculty of the biology department, Presbyterian College, in partial fulfilment of the requirements for Biology 401 (19 p.)” , bereits am 9. November 1988 veröffentlicht, kam Jesse M. Bridgers nach craniologischen Messungen und Vergleich verschiedener Hundeschädel zu dem Ergebnis, daß es keinerlei Beweise für die Annahme gäbe, daß die Beißkraft eines Pitbulls höher als bei in Größe und Stärke vergleichbarer anderen Rasse sei.

Die Untersuchung anhand Schädelformen ist nicht neu. Schon vor dem 1.Weltkrieg promovierte Bruno Baege mit einer vergleichenden Studie über die Englische Bulldogge. Er fand heraus, daß die Beißkraft eines Hundes anhand der anatomischen Merkmale des Schädels bei der Rasse am größten sei, die dem Urvater „Wolf“ am ähnlichsten sei.

Und dieses war – na wer denn wohl- der „Deutsche Schäferhund“!

Am Rande sei noch bemerkt, daß –dieses sicher unnötige und bedauernswerte- Opfer Volkan nicht zerfleischt wurde. Er starb, so in seriösen Veröffentlichungen nachlesbar, an durchbissener oder zerrissener Halsschlagader, wie die Obduktion ergab. Ich faxe Ihnen eine Übersicht tödlich verlaufener Beißunfälle in Deutschland zu ( ab 1968 - Stand März 2001).Bei den aufgeführten Todesfällen, wobei  überwiegend keine so genannten Kampfhunde beteiligt, kam es wiederholt vor, daß der Tod durch einen Biß in die ungeschützte Halsschlagader ausgelöst wurde. Bestimmt dieses jedoch kein rassespezifisch „abnormes“ Verhalten ist.

Abschließend bleibt zu fragen, was es für einen Sinn ergibt, mit vermeintlichen Beißkräften zu wuchern?

Es dürfte jedem Opfer absolut egal bleiben, ob dieses nun mit 100 kp oder 3000 kp erfolgte. Und sicher wird dieses Trost darin finden, wenn dieses durch einen so genannten Kampfhund verursacht wurde -  statt durch Rassen, die im Bewußtsein der deutschen Bevölkerung seit altersher vertraut sind, wie im Juristendeutsch es bezeichnet!

 Hier zeigt sich die Unsinnigkeit von Beißkraftangaben und rassespezifischer Gefährlichkeitszuweisungen.

 

Erst indem man solche unqualifizierten Aussagen erstellt, erweckt man das Interesse an „vierbeinigen Waffen“, an „Hunden ohne Sicherungshebel“, um nur einige Pressedarstellungen zu nennen. Bereitet so den Markt vor, wo sich dann willfährige Vermehrer finden, die willensschwache Käufer finden. Hier liegt das eigentliche „Kampfhundeproblem“!

 

Gestatten Sie mir noch einen weiteren Rückblick zum Phänomen „Kampfhund“ und seinem Werdegang.

Hier am Beispiele Bayerns.

Dazu ist es notwendig, sich zunächst in den Gesetzentwurf der Staatsregierung Bayern „Gesetz zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes“ Drs. 273/91 vom 16. Aug. 1991 einzulesen.

Auf S. 5 heißt es : „Eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Defination des Kampfhundes gibt es nicht. Um dem Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen, wird der Begriff „Kampfhund“ in Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz gesetzlich festgelegt.“

In den Beratungen wiesen der damalig verantwortliche Sprecher des bayerischen Rechts- und Verfassungsausschusses Dr. Grethlein und Andere wiederholt darauf hin, daß es keine „Kampfhunde“ gibt und der Begriff nicht haltbar sei (vgl. Sen.-Drs. 278/91 und 297/91).

In der 8.Sitzung am 28. September 1991 äußert sich der damalige Staatsminister Dr. Stoiber hierzu.: „Meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht abschließend zu Ihren Bemerkungen Stellung nehmen, weil die Staatsregierung noch zu dem Votum des Senats, sollte er heute so, wie vom Ausschuß vorgeschlagen, befinden, Stellung beziehen will und das Kabinett nicht festlegen kann. Ich meine nur, es wird schwierig sein, vom BegriffKampfhund“ abzuweichen, weil dieser eben ein gewisser populistischer –wenn Sie so wollen- Terminus technicus- geworden ist, mit dem das Gesetz insgesamt umschrieben wird. Der Begriff ist prägnant.“

Stoiber selbst gab damals zu, daß populistische Erwägungen vorlagen!

Obwohl der Rechts- und Verfassungsausschuß anderer Meinung vorerst blieb, unterrichtete die Bayerische Staatsregierung mit Sen.-Drs. 304/91 am 8. Oktober 1991: „Die Staatsregierung hält an der Verwendung des Begriffs „Kampfhund“ im vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut fest, auch wenn es sich dabei nicht um einen wissenschaftlich vorgeprägten Begriff handelt. Der Begriff „Kampfhund“ ist inzwischen in der öffentlichen Diskussion allgemein eingeführt.“

In der 5. Sitzung des Senats am 4. Juni 1992 (Prot. S. 87) sagte Dr. Grethlein abschließend: „Der Rechtsausschuß hat sich gestern dieser Auffassung des Berichterstatters ohne Diskussion einstimmig angeschlossen. Einwendungen zu erheben ist eine Möglichkeit, von der der Senat stets mit Zurückhaltung Gebrauch gemacht hat. Aus dieser Tradition schlägt der Rechts- und Verfassungsausschuß als Ergebnis seiner Beratungen in der Sitzung vom 3. Juni 1992 unter dem Vorsitz von Herrn Senator Burnhauser einstimmig vor, gegen das von Ihnen vorliegende Gesetz zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes, vom Bayerischen Landtag am 21. Mai 1992 beschlossen, keine Einwendungen zu erheben. Ich bitte Sie, ebenso zu beschließen.“

 

Damit war das Gesetz durch.

 

Populismus und Tradition liegen ursächlich diesem Gesetzgebungsverfahren zugrunde. Begleitend –so ist es in einem unlängst an eine Politikerin gerichteten Schreiben von einem der damals mitbeteiligten Experten zu lesen- suchte man sich aus einigen Büchern einige Rassen heraus, die -durch Printmedien vornehmlich verbreitet-  ein „Kampfhundeimage“  in sich tragen sollten!

Womit die bis dato eigentlich verantwortlichen „Beißer“ aus der Kritik waren. Die Presse, vornehmlich der „SPIEGEL“ und „STERN“, hatten nämlich bemerkt, daß der Deutsche Schäferhund nicht immer unbedingt gehorsam war (Hier nur Auswahl: „SPIEGEL“ 45/1980: „Volle Hosen“; 12/1985: „Gefühl des Sieges“; auch „Kamerad Hasso“ von Jürgen Bertram machte die Runde. N. Frank titulierte den Schäferhund im „STERN“ gar als „Mörder“ und „Pershing II im schwarzgelben Fell“).

Und in Bayern –so ermittelte der „SPIEGEL“ bereits in Ausg. 5/1976- gab es ausgedehnte Hundezuchtfarmen, die massenhaft Dackel und Schäferhunde produzierten und damit städtische „Hunde-Boutiquen“ belieferten. Man also gut daran tat, sich diese um ein vielfach größere Wählerklientel nicht zu vergraulen. Und die nicht zu vermeidbare Diskussion zu begrenzen. Schließlich haben der Schäferhundverein und Boxerklub ihren Sitz in Bayern.

Denn die so genannten „Kampfhunderassen“ waren in ihrer gesamten Population in Deutschland damals allenfalls so stark vertreten, wie andere Rassen vielleicht in einer Woche Welpen produzierten.

Der Schäferhundverband wußte damals um die Misere. In einer taktischen Meisterleistung in Form einer Pressemitteilung, gerichtet an die Parteien im Saarland, wo zuvor bereits über Maßnahmen gegenüber „Kampfhunden“ beraten wurde, distanzierte dieser sich von diesen frevelhaften Wesen „Kampfhund“ und befürwortete gesetzgeberische Initiativen. Nachzulesen in einem stenographischen Protokoll des Saarländischen Landtages.

Schließlich gab es bereits seit 1983 von Dietrich Kolbe, der mit „Beißende Hunde in einer Großstadt. Seuchenhygienische Bedeutung, ethologische Aspekte und verwaltungsrechtliche Behandlung“ an der veterinärmedizinischen Fakultät der FU Berlin promovierte, eine Tabelle 4 mit „Rassenverteilung beißender Hunde“. Bei 1530 Berliner Vorfällen waren in 839 Fällen (54, 84%) Schäferhunde beteiligt. Kein einziger Vorfall jedoch mit so genannten „Kampfhunden“.

Jüngere Übersichten über tödlich verlaufene Beißunfälle mit Hunden in U.S.A. dokumentieren immer noch, daß die so genannten „Kampfhunde“ allenfalls am Rande auffällig geworden sind. Es gibt jedoch ein Pitbullproblem. Und zwar in der Art, daß der eigentlich auffällig gewordene Pitbull zumeist irgendeine nicht näher definierbare Verbastardierung ist. „pit bull-Type“ eben. Man nehme z. B. einen Deutschen Boxer. Und kreuze ihn vielleicht mit einem Bullterrier. Was kommt heraus? Der ordentliche Hundehalter gibt beim Ordnungsamt an: Boxermischling. Der Chaot protzt mit seinem Pitbull. Denn zumeist sind die Beißer nicht ordentlicher Rassehundezucht entsprungen, wo auf Blutlinien und Wesenseigenschaften - in Generationen aufgebaut, eine überwachte Wurf- und Aufzuchtkontrolle erfolgt. Und aus tierschützerischer Sicht sogar die Geburtszyklen im Sinne des Mutterschutzes reduziert werden. Unter diesem Aspekt bleiben in fast allen Bundesländern auch die neuen Verordnungen wirkungslos, da der gewerbsmäßige Hundehandel nicht betroffen ist. Womit man sicher Klagen wegen eines möglichen Berufsverbotes vorbeugen möchte.

Abschließend darf ich Sie noch auf zwei Veröffentlichungen hinweisen.

Es ist zunächst „Dog-bite related fatalities – United States- 1979-1996“, Hg. Centers for Disease Control (U.S. Department of Health), in: “M(orbid) M(ortal) W(eekly) R(eport), May 30, 1997, (46); 463-67.

Sowie die erweiterte Übersicht “Special Report: Breeds of dogs involved in fatal human attacks in the United States between 1979 and 1998”, in “JAVMA”, Vol. 217, 6; Sept. 15, 2000; 836-40. Bekannte Autoren, wie u.a. Jeffrey J. Sacks und Randall Lockwood sind hier beteiligt.

 

Bleibt letztlich nur noch darauf hinzuweisen, daß der „Kampfhund“ ein Medienprodukt ist. Und die Presse –so wie in Sebnitz unlängst- erst die Verteufelung einleitete.

Sollten meine Ausführungen Sie bisher nicht nachdenklich gestimmt haben, müßten Sie es spätestens nach dem Lesen der Diplomarbeit von Petra Dressler über das „Medienspektakel um Kampfhunde“ werden (erschienen am 16. April 1999 an der HdK Berlin; 229 S. In 4°) . Hier hat sich einmal jemand der Mühen unterzogen und die Berichterstattung vornehmlich aus Berliner Tageszeitungen von 1995 bis 1998 ausgewertet. Es ist schon erstaunlich, mit welchen Aussagen hier bewußt  „Stimmung“ gemacht wurde. Und wie widersprüchlich in den verschiedenen Zeitungen über denselben Vorfall berichtet wurde. Wie zudem ausländische Vorfälle ungeniert übernommen wurden, um so die Horrorgemälde in deutsche Länder zu übertragen. Ein Gespinst von Phantasien und Panikmache. Kein Ruhmesblatt für seriöse Journalistenarbeit. Fürwahr.

 

Ein kleines Nachwort sei noch gestattet:

 

Es ist bemerkenswert, daß man in einem anderen Länderparlament die Ansicht des Justizministers nachlesen kann, daß die bayerische „Hundeverordnung“, von den Bayern höchst selbstgelobt (!), nicht so einfach zu übernehmen sei. Man finde in Baden-Württemberg schließlich keine so freundliche Rechtssprechung wie in Bayern.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Werner G. Preugschat

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