- Leserbrief |
Fakt - Das MDR - Magazin
Mitteldeutscher Rundfunk
Kantstr. 71 - 73
04275 Leipzig
-Redaktion - Herrn Frank Wolfgang
Sonntag mit der Bitte um Kenntnisnahme
Sehr geehrter Herr Sonntag,
mit Aufmerksamkeit und Interesse durfte ich
am gestrigen Abend Ihren Redaktionsbeitrag über -so genannte- Kampfhunde
verfolgen. Anscheinend ein Thema, das zeitlos ist? Doch dazu später
mehr.
Walter Lippmann, noch unter Nachwirkungen der
Pressepropaganda des I. Weltkriegs stehend, entdeckte bereits im
Jahre 1922 "Die öffentliche Meinung".
Bausteine dieser Kristallisation von Vorstellungen
sind "Meinungen im gefühlsbeladenen Stereotyp", wo
damals der Text in der Stereotypie in starre Formen gegossen
wurde, um dann beliebig oft wiederholt zu werden.
Der terminus technicus (so Dr. Stoiber
am 26.9.1991) "Kampfhund" ist solcher
Stereotyp. Solange die ausgesuchte und zugeordnete Rasse diesem
Typ eben entspricht. Betrifft dieser Stereotyp
Gesellschaftsgruppen wie zugeordnete "Kampfhundehalter oder
Kampfhundebesitzer", kommt es zu Vorurteilen: diese werden
gemeinsam veranlagt, einzelne Ausnahmen interessieren nicht
mehr. Oftmals einem "Milieu" und "Randgruppen" zugeordnet,
um die Vorurteile noch zu vertiefen.
Von Josef Goebbels stammt die Aussage: "...
wenn man eine Meinung in der Öffentlichkeit solange wiederholt,
es zuletzt so weit kommen kann, daß sogar der Urheber an seine
frühere Aussage glaubt."
"Der Aufmacher - Der Mann
der bei BILD Hans Esser war" war Günter
Walraff. 1977 zitierte er aus einer hauseigenen Analyse des
Springer-Verlags: "In diesem Sinne schafft die
Bild-Zeitung öffentliche Meinung, beeinflußt sie die öffentliche
Meinung, liefert sie die Stereotypen des Gesprächs und der
Diskussion für von Millionen von Menschen".
"BILD war dabei " und "BILD-Leser
wissen mehr" sind ebenfalls Stereotypen, die "Kompetenz
und Leserzugehörigkeit suggestieren."
Und schließlich meinte der frühere
Chefradakteur Peter Bönisch: "Wir drucken, was die
Leser wissen wollen."
Massenmedien entwickeln einen Konformitätsdruck
der Öffentlichen Meinung: bei übereinstimmender
Berichterstattung eilen sie der Öffentlichen Meinung voraus: "Das
meiste von dem, was als Volksmeinung in demoskopischen Umfragen
erfaßt wird, steht vorher als Schlagzeile, als Werbung, als
Bildunterschrift in den großen Boulevardblättern",
so Wolf Schneider 1996 in "Wörter machen
Leute".
Dies mag genügen. Und der Präliminarien genügen.
In dieses Schema journalistischer Behandlung
eines Themas und öffentlicher Darstellung ist meiner Auffassung
nach o.g. Sendung "eingepaßt"!
Durchaus positiv vorerst zu wichten ist
allerdings, daß nunmehr auch ein Vertreter des OVG Schleswig zu
Worte kam. Seine Wertung die eigentliche Problematik darstellen
durfte. Dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend, da "Rassen"
für sich allein -das hatten wir schon einmal in unserer
teutonischen Rassengeschichte- n i c h t gefährlich
sind. Man diese Gefährlichkeit am einzelnen Individuum
orientieren müsse und zu wichten habe.
Es bedarf keines Kommentars, daß in
einem visuellen Medium zum Text noch Bild(er) gehören. Die
hinreichlich bekannte Sequenz des Hamburger Vorfalls
wiederholend, der ohnehin bekannt, genügte anscheinend nicht?
Zudem wurde eine weitere Szene dargestellt, die anscheinend in
das Milieu passen sollte: Frau Constanze Baroutzis. Als
"Rottweileropfer". Im eigenen Kommentar von Ihnen als
kein Kampfhund vorgetragen und somit dennoch angezeigt.
Und ein in den Medien beliebter Typus des
fast glatzköpfigen, tätowierten, vorbestraften Täters, dessen
Kampfhund
in einem Vorgarten eine Katze zerfleischt hatte, man den
Hund deswegen erschoß???
Seit des Adams Zeiten sind Hunde nun mal
keine Partner, die in der Regel Tisch und Bett wie Pommes mit
Katzenartigen untereinander zu teilen gewillt sind.
Rassespezifische Arteigenheiten somit. Extra doppelt in Worten
vorgetragen.zum besseren Verständnis und eigener Ansicht.
Soweit beide nicht von Jugend und gemeinsamer Aufzucht wie
Erziehung geprägt. Ein Allgemeinwissen gleichermaßen von
Katzen- wie Hundehaltern.
Dieses Wissen setze ich zwar bei der
gezeigten Person als nicht bekannt voraus - allein hier bedurfte
er diesem wohl nicht.
Paßte anscheinend wohl in das oben
geschilderte Bild der Kampfhundehalter und ihrer Klientel? Wie
die finale Endlösung des Falles, wo durch die Medien in ihrem
"BILD" geprägte Hüter des öffentlichen Rechts
handelten.
Inwieweit die Aussagen passen, daß nach
Auflage der verschiedenen Landeshundeverordnungen Vorfälle mit
Hunden rückläufig seien, kann ich nur soweit berücksichtigen,
daß jede neue Auflage immer zu Rückgängen -zunächst- führt.
Problematisch sind solche Angaben immer, wenn
gewisse Landesregierungen jedoch in Gerichtsverfahren angeben,
daß keine Statistiken vorliegen. Man jedoch solche findet!
Wo zu finden ist, daß zumindestens der
Kampfhund -welcher Spezies er auch sei- diese dominiert.
Zusammendfassend möchte ich abschließen, daß
"Fakt" sich zumindestens ein
wenig bemüht hat, auch die jüngere Rechtssprechung einfließen
zu lassen. Wenngleich das Klischee von dieser angeblichen Bestie
erhalten und wiederholt wurde, obwohl andere Erkenntnisse
mittlerweile eingeflossen und den Gerichten bekannt geworden.
Bei im "Fakt"-Archiv
ausgewiesenen weiteren 78 Meldungen zu diesem Thema ist für
mich nachvollziehbar, daß dieses auch der Tradition Ihres
Hauses widersprechen dürfte.
Ein Meinungsjournalist ist schließlich
verpflichtet, täglich den Eindruck zu sagen, daß er eine hat.
Abschließen darf ich mit Kurt Tucholsky,
Journalist: "Nähme man den Zeitungen den Fettdruck -
um wieviel stiller wäre es in der Welt. Denn Ereignisse haben
manchmal unrecht - die Zeitung nie!"
Mit freundlichen Grüßen
Werner G. Preugschat
Glatzer Str. 8 32139 Spenge Tel.: 05225-861363 Fax: 05225-861364 Mobil: 0172-9985276 we.preugschat@t-online.de |