- Anfrage

Anfrage und Antwort Ministerium für Inneres und Sport - Mainz

 

Jochen W....                                                                                                             M........, 19.11.2000

Kardinal-Wendel-Str.

674  M.....

  

Ministerium für Inneres und Sport

Schillerplatz 3-5

 55116 Mainz

 

Gefahrenabwehrverornung – Gefährliche Hunde – v. 30. Juni 2000;

Hier: Anforderung des Gutachtens über „Hypertrophie des  Aggressionsverhaltens“

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 sehr würde ich mich freuen, wenn Sie sich die Zeit nehmen würden, eine Stellungnahme abzugeben.

 Wenn ich mich kurz Vorstellen darf: Ich bin 28 Jahre, habe in Mainz mein BWL-Studium mit den Fachrichtungen Steuer und Wirtschaftsprüfung absolviert und arbeite jetzt in meinem Heimatort M.....  beim Steuerberater. Ich bin stolzer Besitzer eines 2 ¾ Jahre alten American Staffordshire Terrier - Rottweiler-Mischlings mit dem ich, wie andere “normale“ Bundesbürger auch, von der Gefahrenabwehrverordnung vom 30. Juni 2000 betroffen bin. Auch bin ich sämtlichen mir damit auferlegten Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen.

 Allerdings möchte ich sagen, das mein Hund Barnie bisher in keinster Weise negativ aufgefallen ist– eher im Gegenteil: Er überzeugt durch Gehorsam und absolute Freundlichkeit – sowohl Menschen als auch anderen Tieren gegenüber. Um so mehr bin Ich mit dem vorgelegtem Gutachten des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 2. Juni 1999 über die angebliche Verhaltensstörung „Hypertropie des Aggessionsverhaltens“ bei den Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Bullterrier nicht einverstanden, zumal fachlich kompetente Personen in diesem Punkt ebenfalls völlig anderer Meinung sind (siehe Anlagen). Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gibt es keine gefährlichen Hunderassen, sondern „nur“ gefährliche Hundeindividuen. Diese gefährlichen Hundeindividuen stammen wiederum vom verantwortungslosen Haltern oder Züchtern ab. Damit liegt das Problem nicht beim einzelnen Hund, sondern am anderen Ende der Leine – beim Menschen.

 Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich sehe ebenfalls Handlungsbedarf, wenn verantwortungslose Halter Ihren Hund als Waffe mißbrauchen oder einen Hund – gleich welcher Rasse – halten, ohne die nötige Sachkunde zu besitzen. Ich bin beispielsweise seit ich meinen Hund besitze mit Ihm in der Hundeschule. Ich befürworte auch den Hundeführerschein – allerdings Rassenunabhängig. Jedoch kann ich es nicht einsehen, daß ein gut sozialisierter Familienhund wie unserer oder der vieler anderer Bundesbürger nun plötzlich eine reißende Bestie sein soll, die latent gefährlich ist und nun – entgegen tierschutzrechtlicher Bestimmungen – grundlos einen Maulkorb tragen muß.

 Mit freundlichen Grüßen

Jochen W.....

 

Ministerium des Innern und für Sport' Postfach 3280' 55022 Mainz

 Herrn

Jochen W...

Kardinal-Wendel-Str.

674.. M------

 

Ministerium des Innern und für Sport

Schillerplatz 3 - 5

55116 Mainz

TelefonO6l 31/16-0

Telex 4 187 609

Teletex 61 31 926

Telefax 0 61 31/16 35 95

  

Datum und Zeichen                                Mein Zeichen,                                Bearbeiterin I E-MaiI Ipers.>                                Datum

Ihres Schreibens                                Meine Nachricht vom                                Telefon I Fax (pers.)

19.und28. ii.2000               19 O3~i/34/341                      anja.heußGpolizei.ism.rlp.de            05.12.2000

                                        -37O5I~3622

 

 Gefahrenabwehrverordnung - Gefährliche Hunde - vom 30. Juni 2000; hier: Aufzählung einzelner Hunderassen

 

 Sehr geehrter Herr W.......,

  herzlichen Dank für Ihre Schreiben vom 19. und 28. November 2000, in denen sich nachdrücklich gegen die Aufzählung bestimmter Hunderassen aussprechen.

 Ich habe großes Verständnis für Ihre Haltung, die sicher auch das Ergebnis praktischer Erfahrungen mit Ihrem 2 - 3 Jahre alten American Staffordshire Terrier ist.

Andererseits möchte ich Sie bitten, die vielen verschiedenen, teilweise widerstreitenden Gesichtspunkte und Interessen zu bedenken.

 Wie Sie zutreffend ausführen, wurden die neuen Regelungen erlassen; um einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung entgegenzuwirken und die Bevölkerung vor gefährlichen Hunden zu schützen.

So konnte seit längerem beobachtet werden, dass die Zahl der Halterinnen und HaIter zugenommen hat, die gerade nicht das Wohlergehen des Hundes im Auge haben und einen friedlichen, Haus und Hof beschützenden Familienhund besitzen wollen, sondern die ihren Hund vernachlässigen oder sogar quälen und über einen stets angriffsbereiten Hund mit ausgeprägtem Beschädigungswillen verfügen wollen. Diese Personen benutzen die sehr muskulösen, kräftigen und furchtlosen Hunde der Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier, um Mitbürgerinnen und Mitbürger einzuschüchtern und zu verängstigen.

 

X400-Adresse: s=Poststelle; o=ism; p--rp; a=dbp; c=de

Internet; Poststelle§ism.rlp.de

  

Das Ministerium des Innern und für Sport hat alle Sachargumente sorgfältig geprüft, insbesondere Erfahrungsberichte der Ordnungsbehörden ausgewertet, das Gutachten des Bundeslandwirtschaftsministeriums vom Juni 1999 und die Fachliteratur berücksichtigt, die Regelungen der Nachbarländer wie etwa England und Frankreich verglichen sowie die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 ausgewertet. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Aufzählung einzelner Rassen in der Gefahrenabwehrverordnung - Gefährliche Hunde -rechtmäßig und erforderlich ist. Dass dabei Belange des Gemeinwohls und der Schutz von Menschen stärker zu gewichten sind als Individualinteressen, ist Ausfluss unserer Verfassung.

 Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat mit Beschluss vom 20. November 2000 einen Antrag auf Erlass einer einstweitigen Anordnung abgelehnt und in diesem Zusammenhang keine Bedenken gegen die Aufzählung einzelner Rassen geäußert.

 

Den neuen Bestimmungen liegt eine unwiderlegliche Gefährlichkeitsvermutung bei Hunden der vorgenannten Rassen zugrunde. Dies bedeutet, dass diese Hunde immer und unabhängig vom Einzelfall als gefährlich angesehen werden und dass für diese Hunde nur in Härtefällen wie etwa Krankheit oder Gebrechlichkeit auf Grund hohen Alters eine Ausnahme von der Maulkorbpflicht zugelassen wird. Einer solchen generalisierend-typisierenden Regelung bedarf es, um den zuständigen Ordnungsbehörden einen schnellen und wirksamen Vollzug der Verordnung zu ermöglichen und dadurch einen wirksamen Schutz der Bevölkerung zu erreichen.

Dies hat bedauerlicherweise zur Folge, dass auch für Halter von Pit Bull Terriem, American Staffordshire Terriern und Stafforshire Bullterriern1 die noch nie auffällig geworden sind, die Ge- und Verbote der Verordnung gelten.

Vor dem Hintergrund, dass die Landesverordnung den Schutz von Leib und Leben von Menschen vor der von gefährlichen Hunden ausgehenden besonderen Gefahr bezweckt, also höchstrangige Rechtsgüter in Rede stehen, hat sich der Verordnungsgeber dennoch für eine generalisierend-typisierende Regelung entschieden.

 Die lnnenministerkonferenz hat in ihrem Beschluss vom 24. November 2000 die Arbeitsgemeinschaft der für das Veterinärwesen zuständigen obersten Landesbehörden gebeten, den Arbeitskreis für Tierschutz gemeinsam mit dem Arbeitskreis 1 der lnnenministerkonferenz mit der Prüfung einzelner Problembereiche zu beauftragen.

Es bleibt abzuwarten, zu welchen Ergebnissen diese Kommission hinsichtlich der Aufzählung einzelner Rassen kommt.

Mit freundlichen Grüßen

lm Auftrag

Anja Heuß

 



           Systran.com

 

 

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