- Anfrage

Anfrage und Antwort an Innenminister der Länder

 

Jochen W....                                                                                                             M........, 28.11.2000

Kardinal-Wendel-Str.

674  M.....

  

An die Innenminister der Länder

 

Betr.: Ergebnis der Innenministerkonferenz zum Thema gefährliche Hunde mit der bitte um Stellungnahme

  

Sehr geehrte Damen und Herren,

 mit großem bedauern habe ich das Ergebnis der Konferenz zum Thema gefährliche Hunde bekannt genommen. Wie ich sehe, ignorieren Sie immer noch sämtliche wissenschaftlichen Gutachten welche belegen, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht nach dessen Rassezugehörigkeit bestimmt werden kann. Ich bitte Sie daher inständig, die vorliegenden Gutachten zu diesem Thema bei Ihren Entscheidungen einfließen zu lassen oder Sachverständige zu diesem Thema anzuhören.

 Daher fordere ich Sie auf, diese unhaltbaren Rassenlisten zurück zu nehmen und den Begriff Kampfhund durch den Begriff gefährlichen Hund zu ersetzen. Ich persönlich finde es ungeheuerlich, daß in einer Verordnung, die in der Bundesrepublik Deutschland erlassen wurde, die Gefährlichkeit bestimmter Rassen –ich zitiere- „unwiderlegbar vermutet wird“, während hingegen für andere Rassen eine Exculpationsmöglichkeit besteht.

 Außerdem fordere ich Sie auf, sofern der Halter seine Sachkunde nachgewiesen und der Hund den Wesenstest bestanden hat, eine Befreiung von Leinen- und Maulkorbpflicht zu gewähren, um artgerechte Tierhaltung zu ermöglichen. Angemerkt sei hier, daß wissenschaftliche Gutachten belegen, daß Hunde, denen die natürliche Bewegungsmöglichkeit genommen und der Sozialkontakt durch Maulkorb eingeschränkt wird, zu einer gesteigerten Aggressivität neigen. Statistiken zeigen, daß die meisten Unfälle in der eigenen Familie vorkommen. Die bestehende Verordnung würde also die Unfälle mit Hunden weiter erhöhen.

 Ebenfalls wäre es sinnvoll, einen Sachkundenachweis allen Hundehaltern abzuverlangen, da meine Erfahrung als Besitzer eines Hundes mir gezeigt hat, daß viele Halter erschreckend wenig über die Verhaltens- und Ausdrucksweisen Ihres Hundes wissen und dies bekanntlicherweise die Unfallzahl erhöht. Zudem würde dies dem lt. Tierschutzgesetz geforderten artgerechten Umgang mit Tieren fördern.

 Auch wird bei dieser Kampfhundediskussion der Schäferhund außen vorgelassen, obwohl die meisten Beißunfälle mit dieser Rasse passieren. Warum?

 Es müssen Lösungen getroffen werden, die sowohl dem Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden (die nicht nach der Zugehörigkeit einer Rasse bestimmt werden können), als auch dem Tierschutz gerecht werden. Eine Aufzählung von Rassen, die a priori gefährlich sein sollen, ist dabei nicht der richtige Weg und wissenschaftlich unhaltbar.

 Auch die Ausrottung bestimmter Rassen wird nicht mehr Schutz bieten. Hierzu darf ich auf Frankreich verweisen, wo sogenannten Kampfhunde seit längerem verboten sind. Meines Wissens werden dort bereits andere Hunde, wie z.B. Riesenschnautzer „scharf gemacht“. Angemerkt sei hier, daß unser Bundespräsident Johannes Rau ein Riesenschnauzer besitzt. Ist dieser jetzt auch ein Kampfhund oder wird er zu einem erklärt?

 

Mit der bitte um Stellungnahme verbleibe ich

 

mit freundlichen Grüßen

 

SPD-FRAKTION IM LANDTAG RHEINLAND-PFALZ

SPD-Landtagsfraktian                                 Postfach 30 06                        55020 Mainz

 

                                                            Karl Peter Bruch, MdL

                                                            Parlamentarischer Geschöftsführer

                                                                                 Kaiser-Friedrich-Straße 3 55116 Mainz

                                                                                 Telefon:                (0 61 31> 208 32 25/26 Telefax: (061 31) 20842 25

                                                                                   ih r(e> Ansprechpartner(in) für Rückfragen:  Joachim Laux

                                            0 61 31 / 2 08 32 28

                                                                                   19.12.2000- JL/af

 

 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde

 

Sehr geehrter Herr W.......,

 

wir bedanken uns für Ihr Schreiben vom 14.12.2000 und nehmen die Gelegenheit gerne wahr, Ihnen unsere Auffassung zur neuen Gefahrenabwehrordnung zu erläutern.

 

Die  Gefahrenabwehrverordnung  ist  auf  der  Grundlage  des  Beschlusses  der lnnenministerkonferenz vom 05. Mai 2000 erarbeitet worden und berücksichtigt neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Die Aufzählung der drei Hunderassen stützt sich auf ein Gutachten des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie auf Fachliteratur (etwa Krämer, Kosmos-Hundeführer; Dr. Fleig, ,,Kampfunde 1 und II" und ,,Kampfhunde ... wie sie wirklich sind!"; Wilcox/Walkowicz, Kynos-Atlas, Hunderassen der Welt; Pugnetti, Handbuch der Hunderassen; Ulrich Klever, Knaurs Großes Hundebuch; Hellmuth Wachtel, ,,Hundezucht 2000"; Dr. Helga Eichelberger in der Broschüre des Verbandes für das Deutsche Hundewesen e. V. ,,Kampfhunde? Gefährliche Hunde?", 4. Auflage, 5. 7 und Prof Dr. Unselm, ebenda S.22.)

 

Nach dem vorgenannten Gutachten tritt die Verhaltensstörung ,,Hypertrophie des Aggressionsverhaltens" besonders ausgeprägt in Zuchtlinien der Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Bullterrier auf Hinsichtlich der Rasse Staffordshire Bullterrier heißt es in der Fachliteratur, dieser Hund habe lange, wahrscheinlich zu lange in der ,,Pit" gegen seinesgleichen gekämpft, was noch nicht allzu lange her sei. Der Stafford wandle sich bei der Begegnung mit anderen Hunden - gleich welcher Größe oder äußeren Gestalt - häufig zur Kampfmaschine, er sei dann tatsächlich zu allem fähig.

 

Die in der o.g. Verordnung genannten Hunderassen bzw. Hundetypen sind extrem muskulös und verfügen über eine im Verhältnis zu ihren (nicht überdurchschnittlich großen) Ausmaßen überproportional große Kraft, insbesondere über eine. sehr ausgeprägte Backenmuskulatur. Deshalb werden - soweit ersichtlich - gerade diese Hunderassen von Personen gehalten, die ihren Hund als Werkzeug missbrauchen.

 Demzufolge war es geboten, der oben geschilderten, gefährlichen Entwicklung durch die Auf-zählung dieser drei Rassen zu begegnen.

 Auch wenn Ihre Hunde möglicherweise noch nie negativ aufgefallen oder sich als in keiner Weise aggressiv erwiesen haben, haben die Ereignisse der letzten Monate mit zum Teil töd-lichen, zumindest aber schweren Verletzungen, gezeigt, dass das bisherige Instrumentarium rechtlicher Regelungen nicht ausreichend war. Wir haben nunmehr klare und eindeutige Rege-lungen erlassen, die für alle Kampfhunde und ihre Besitzer gelten. Die Kontrollen durch die zu-ständigen Behörden sind einfach und effektiv. Ich bin mir sicher, dass es in Zukunft zu einem wesentlich besseren Schutz vor gefährlichen Hunden kommt.

 In Rheinland-Pfalz haften wir in letzter Zeit mehrere Beißvorfälle mit Staffordshire Bullterriern, die teilweise zu erheblichen Verletzungen von Menschen geführt und eine Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich gemacht haben. In Trier hat beispielsweise ein Staffordshire Bullterrier drei Menschen gebissen und seine Begutachtung im Tierheim hat zu dem Ergebnis geführt, dass es sich um ein sehr aggressives Tier handelte. Bei dem Angriff von zwei Hunden in Hamburg, am 26.06.2000, auf einen 6-jährigen Jungen war Angaben der Polizei zu Folge der Biss eines Staffordshire Terriers todesursächlich gewesen.

 Sicherlich trifft die Einstufung als gefährlicher Hund nicht in allen Einzelfällen zu. Der Gesetz-geber muss aber typisierende Regelungen im Rahmen seines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes schaffen. Nur dann steht den Ordnungsbehörden ein handhabbares und effektives Regelwerk zur Verfügung1 um einen wirksamen Vollzug der Gefahrenabwehrverordnung zu ermöglichen.

 

Wir sind den rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet1 alles Mögliche zu tun1 dass niemand von gefährlichen Hunden angegriffen, verletzt oder sogar getötet wird. Ich denke hier auch ganz besonders an Kinder, alte und gebrechliche Menschen, die sich eines Angriffes kaum erwehren können. Vor diesem Hintergrund standen wir vor der Frage einer Interessenabwägung. Nach ausführlicher Diskussion in unserer Fraktion haben wir uns deshalb entschieden, mit einem Katalog von Maßnahmen, die meines Erachtens für den Hundebesitzer zumutbar sind, gegen die immer größer werdende Anzahl von Vorfällen wirksam vorzugehen. Sicherlich kosten diese Maßnahmen den Hundebesitzer Geld, Mühe und Aufwand. Bei Abwägung mit den überwiegenden Interessen der Bevölkerung an einem wirksamen Schutz vor gefährlichen Hunden müssen diese aber hingenommen werden.

 

Mit der Ausnahmebestimmung in § 5 Abs. 5 der Verordnung wird Fallgestaltungen Rechnung getragen, in denen eine Befreiung vom Maulkorbzwang nicht zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit führt und deshalb kein Grund für dieses Gebot ersichtlich ist. Dies kann zum Beispiel im Falle eines an sich gefährlichen Hundes gegeben sein, der krankheitsbedingt nicht mehr durch Beißen auffällig werden kann.

 Selbstverständlich verkenne ich nicht, dass ein genereller Maulkorbzwang Beeinträchtigungen für Hunde bringt. Am 29.09.2000 entnahm ich einem Artikel in der Mainzer Allgemeinen Zeitung von Dr. Rolf Spangenberg, wie man Hunde sachgerecht an das Tragen eines Maulkorbes gewöhnen kann. Ich empfehle den Artikel Ihrer Kenntnisnahme.

 Mit freundlichen Grüßen

 

Karl-Peter Bruch, MdL

 

 



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