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Rot-rotes Hundgesetz - Die PDS als Fähnlein im
Wind
Ein Kommentar
Man ist ja einiges gewohnt, wenn es um die
bundesdeutsche Hundepolitik geht. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf der
Berliner rot-roten Regierungskoalition aber lässt selbst die hartgesottensten
Hundebesitzer schaudern. Gut, die Genossen der SPD haben sich in den
vergangenen Jahren schon immer für Rasselisten ausgesprochen. Doch was die
Fraktion der Berliner PDS sich geleistet hat, ist nicht nur höchst
erstaunlich, sondern gibt tief zu denken.
Gernot Klemm, seit Jahren sog. "hundepolitischer
Sprecher" der Berliner PDS, kommt in neuem politischen Outfit daher. Anders
ausgedrückt: Herr Klemm war einer der ersten, der sich im Jahre 2000 vehement
gegen jedwede Rassenlisten aussprach. Damals trug er auch im Parlamentssaal
noch Jeans und T-Shirt. Gernot Klemm tat etwas sehr löbliches im Jahr 2000:
Er solidarisierte sich mit den aufgebrachten Berliner Hundebesitzern, trat in
Bürgerinitiativen und Hundevereine ein, war einer der führenden Köpfe und
Initiatoren bei der Organisation der Hundedemos rund um die Berliner
Siegessäule. Er scheute keine Mühe, keinen Weg und tat seine Meinung nicht nur
durch Megaphone kund, sondern auch in TV-Sendungen und Zeitungsartikeln.
Gernot Klemm, selbst Hundebesitzer, war schnell zu einem echten
Hoffnungsträger, nicht nur für die Berliner Hundehalter, geworden.
Massenhaft wurde er von uns und diversen anderen
Vereinen und Initiativen mit Gutachten und Statistiken von Fachleuten
versorgt. Ob er es je gelesen hat - heute mag man daran zweifeln. Doch er gab
sich zumindest kämpferisch.
Seine Fraktion schien zum Hundethema wenig Meinung
zu haben und schloss sich den Standpunkten ihres "Hundeexperten" schnell an.
Doch HALT: Diese Zeiten sind längst vorbei. Herr
Klemm, heute mit dunklem Anzug und Designerbrille im Parlament anzutreffen,
geriet von der Oppositionspartei in die Regierungskoalition. Just von dem Tage
an ward er bei den Treffen der Bürgerinitiativen und Hundevereine nicht mehr
gesehen. Herr Klemm wechselte klammheimlich sein politisches Outfit.
Und heute präsentierte die
rot-rote Regierungskoalition den mehr oder eher weniger geneigten
Hundebesitzern das Ergebnis ihrer gemeinsamen Hundepolitik.
Rasseliste, Maulkorb- und Leinenzwang
lebenslänglich, selbst für wesensgeprüfte Hunde, Leinenzwang für alle Hunde in
fast allen Bereichen der Stadt ohne vorherige Schaffung von ausreichend
innerstädtischen Auslaufgebieten.
Man beruft sich tapfer auf die sog. Bißstatistiken,
die doch nicht das Papier wert sind, auf dem sie ausgedruckt wurden. Der
Deutsche Schäferhund führt sie an. Doch genau an der Stelle scheint ein
blinder Fleck zu sein.
Man hat seelenruhig das Karlsruher Urteil
abgewartet, bis man den fertigen Gesetzentwurf aus der Schublade zog.
Ein erschreckendes Beispiel, wie hierzulande
Politik gemacht wird. Will hier eigentlich irgend jemand wirklich vor
gefährlich gemachten Hunden schützen? Oder will man einfach mit dem Strom
schwimmen, abgesichert durch die Karlsruher Richter? Rasse ist Rasse - und
Punkt!
Entgegen allen vorher getätigten Aussagen, mit
Inbrunst und Überzeugung vorgetragen, hat die Berliner PDS eine Kehrtwende
vollzogen die ihresgleichen sucht. Um der Macht willen. Die Glaubwürdigkeit
dagegen ist jämmerlich auf der Strecke geblieben - wie so oft.
Herr Klemm, Sie haben das Vertrauen der
hundebesitzenden Berliner Wählerinnen und Wähler in die Politik Ihrer Partei
nachhaltig zugrundegerichtet. Jenen Wählerinnen und Wählern, die fleissig zur
Regierungsmacht mit verholfen haben - mit einem schlichten Kreuz auf dem
Stimmzettel.
Die Berliner PDS hat ihren Wählern versprochen,
gegen Rasselisten und Leinenzwang zu kämpfen. Das Gegentei hat sie getan.
Wie nennt man so etwas doch gleich?
Dies alles ein weiteres Armutszeugnis für die
deutsche Politik, in der es nur um Posten, Einfluss, Macht zu gehen scheint.
Und um nichts anderes.
Herr Klemm, für Ihre Labrador-Mix-Hündin müssen
Sie sich einstweilen ein paar andere vierebeinige Spielgefährten suchen, denn
die bisherigen müssen nach Ihrem höchsteigenen Willen nun den Rest ihres
Lebens mit Maulkorb und Leine herumlaufen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit
dürfen Sie allerdings nach den nächsten Wahlen Ihren dunklen Anzug und die
Designerbrille zurück in den Schrank verbannen. Die alten Jeans tuns auch,
wenn man heutzutage auf Jobsuche geht.
Berlin, 11. Mai 2004
Ursula Sack
Hund und Gesellschaft e.V., Berlin
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