leserbrief |
Verwaltungsgericht 1. Kammer Mühlgasse 2 65183 Wiesbaden
09.
August 2001
cmg-aj In
dem Verwaltungsstreitverfahren Hans Martin Heldt ./. Stadt Bad Camberg Az.: 1 E 1103/01 (1) teile
ich für den Kläger mit, dass das vorliegende Verfahren durchgeführt
werden soll. Einleitend
wird zunächst der angekündigte Klageantrag
wie folgt präzisiert: Den
Hundesteuerbescheid vom 27.04.2001 und den Widerspruchsbescheid vom
18.05.2001 der Beklagten insoweit aufzuheben, als für die Hündin
des Klägers ein Betrag als Hundesteuer festgesetzt wird, der einen
jährlichen Satz von DM 54, -- übersteigt. Weiterhin
wird zu der von dem Verwaltungsgericht beabsichtigten Anwendung der §§
6 Abs. I, 84 Abs. I VwGO wie folgt Stellung
genommen: -
Eine Übertragung des Rechtsstreits auf ein Mitglied der Kammer als
Einzelrichter nach § 6 Abs. I S. 1 VwGO ist nicht geboten, da die
Voraussetzungen dieser Norm nicht vorliegen. § 6 Abs. I S. 1 Nr. 1
VwGO kann nicht bejaht werden, da die Sache in rechtlicher Hinsicht
sehr wohl einen erheblichen Schwierigkeitsgrad aufweist. Denn die
Entscheidung des Hess. VGH in dem Normenkontrollverfahren 5 N 92/00
ist nicht nur rechtlich stark mangelhaft, sondern sie läßt vor
allem tatsächliche
Entwicklungen außer Acht, die zwingend eine andere Entscheidung
erfordern - was in der Klagebegründung näher ausgeführt wird.
Letzteres gilt naturgemäß ebenfalls für die vom Hess. VGH
zugrundegelegte Entscheidung des BVerwG (11 C 8.99). Auch
unterscheidet sich der Vortrag des Klägers erheblich von dem des
Antragstellers in dem erwähnten Normenkontrollverfahren. Die Sache
hat entgegen § 6 Abs. I S. 1 Nr. 2 VwGO aber auch grundsätzliche
Bedeutung, da von der Entscheidung die Verwaltungspraxis in
erheblichem Umfang betroffen wird, genauso andere gerichtliche
Verfahren. -
Nach dem eben zu § 6 Abs. I S. 1 Nr. 1 VwGO Gesagten kann in dieser
Sache auch keine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 84 Abs.
I S. 1 VwGO erfolgen, es wird schon jetzt mitgeteilt, dass bei
abweisender Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 84 Abs. II
Nr. 1 VwGO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt
wird.
Die
Klage wird wie folgt begründet:
I.
SACHVERHALT
Der
Kläger hat durch Pflegevertrag mit dem Tierschutzverein
Limburg-Weilburg e.V. vom 11.01.2001 eine inzwischen 7-jährige Staffordshire
Bull Terrier-Hündin mit dem Rufnamen Franziska übernommen.
Für dieses Tier ist am 10.09.2000 ein Gutachten bzgl. der
Verhaltenseigenschaften des Hundes von dem Sachverständigen in
dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) Reiner Gundlach aus
Dornburg erstellt worden, auf dieses wird im weiteren Bezug genommen
werden (Anlage
1). Mit
Bescheid vom 27.04.2001 hat die Beklagte den Kläger gem. § 5 Abs.
III, Abs. V der Satzung über die Erhebung einer Hundesteuer im
Gebiet der Stadt Bad Camberg (im folgenden stets: HundeStS) zu
einer Hundesteuer für Franziska von jährlich DM 1.000,00
veranlagt, demnach anteilig für den Zeitraum März bis Dezember
2001 mit einem Betrag von DM 833, 33 (Anlage 2).
Gegen
diesen Bescheid hat der Kläger am 06.05.2001 Widerspruch erhoben;
dieser wurde mit Bescheid vom 18.05.2001 zurückgewiesen. Als Begründung
wurde im wesentlichen angeführt, dass es sich um einen Hund der
Rasse Staffordshire Bull Terrier handele, der nach den
genannten Normen der HundeStS - unabhängig von seinem Verhalten -
als gefährlich einzustufen und deswegen mit einem jährlichen
Steuersatz von DM 1.000,00 zu belegen sei (Anlage 3). Diese
Auffassung hält jedoch einer rechtlichen
Überprüfung nicht stand, so dass von dem Kläger für die
Haltung von Franziska nur
der gewöhnliche Steuersatz in Höhe von DM 54, -- jährlich
gem. § 5 Abs. I HundeStS verlangt werden kann. II.
RECHTSAUSFÜHRUNGEN An
dieser Stelle weist der Kläger zunächst darauf hin, dass Hunde der
Rasse Staffordshire Bull Terrier völlig zu Unrecht als gefährliche
Hunde eingestuft werden, vermutlich aufgrund der Namensähnlichkeit
mit der Rasse des American Pit Bull Terrier oder des
American Staffordshire Terrier; eine Verwechslung, der schon
der/die Berater der bayerischen Landesregierung bei der Ausarbeitung
der dortigen Kampfhundegesetzge-bung erlegen ist/sind, und die sich seit dem auf Landes- und
Bundesebene in Deutschland immer weiter fortsetzt, ohne jemals
ernsthaft hinterfragt worden zu sein. In
Wahrheit unterscheidet sich die erstgenannte von den beiden anderen
Rassen erheblich. Die Rasse Staffordshire Bull Terrier ist in
Großbritannien die zweitpopulärste Terrierrasse und die neuntbeliebteste
Hunderasse überhaupt. Allein die Zahl der vom offiziellen
englischen Hundeverband eingetragenen Welpen beträgt jährlich
10.000, so dass eine Gesamtpopulation von 250.000 oder mehr Tieren
im Königreich besteht. Und dies, ohne dass es zu Konflikten mit
Mensch und Tier kommt oder dass es des Regulativs einer erhöhten
Hundesteuer bedarf; vielmehr sind Hunde dieser Rasse in Großbritannien
sogar als Kindermädchenhund bekannt. Nicht
nur für den europäisch empfindenden Bürger bleibt es deshalb rätselhaft,
wieso eine Hunderasse - in der Zeit der Harmonisierung der Rechtssätze
- in zwei der wichtigsten Ländern der europäischen Union eine
derart unterschiedliche Behandlung erfährt. Im
übrigen handelt es sich bei diesen s. g. Kampfhunden um
vergleichsweise kleine
Tiere mit einer Schulterhöhe von 35 bis 40 cm. In Deutschland ist
kein einziger gravierender Beissunfall mit Tieren dieser Rasse
bekannt. Auch findet sich in den sonst so überfüllten Tierheimen
so gut wie kein Staffordshire Bull Terrier, eben weil es sich
in Deutschland um einen Hund handelt, der nur von Liebhabern und
damit von verantwortungsbewussten Personen gehalten wird, zumal die
Zahl der jährlichen Welpen sich nur auf ca. 250 bundesweit beläuft. Wenn
aber eine Rasse derart entgegen kynologischen Erkenntnissen und auch
wider die tatsächlichen Gegebenheiten durch die HundeStS als gefährlicher
Hund eingestuft wird, so gebietet es das aus Art. 20 Abs. III GG
abgeleitete Rechtsstaatsprinzip, eben die betreffenden Vorschriften
der HundeStS bezüglich der Besteuerung von Staffordshire Bull
Terriern ausnahmsweise nicht zu beachten, da auch die Verwaltung
nicht sehenden Auges greifbares Unrecht realisieren darf. Die
von der Beklagten vorgenommene Einstufung der Hunderasse Staffordshire
Bull Terrier findet entgegen der Einschätzung des Hess. VGH in
dem Normenkontrollverfahren 5 N 92/00 (S. 12/13 des noch nicht veröffentlichten
Beschlusses) - auf das unten nochmals näher eingegangen wird - auch
keine Bestätigung durch
den Umstand, dass der Bundestag nunmehr per Gesetz unter anderem
auch für die Hunderasse Staffordshire Bull Terrier ein Zucht-
und Importverbot beschlossen hat. Denn auch diese Verbote
beruhen auf Verwechslungen und populistischen Erwägungen, nicht
aber auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Im
übrigen ist es nach verbreiteter Ansicht mehr als zweifelhaft, ob
diese Gesetzgebung des Bundes einer Überprüfung durch das BVerfG
oder den EuGH standhalten wird. Denn man wird unterstellen können,
dass erboste Hundezüchter und -halter nichts unversucht lassen
werden, bis zur letzten möglichen europäischen gerichtl. Instanz
zu gehen, um eine Aufhebung der Kampfhund-Verbote und der völlig
unverhältnismäßige kommunale Steuersatzungen zu erreichen. Die
EU hat die Bundesregierung auch schon aufgefordert,
wissenschaftliche Beweise für ihre Gesetzgebung in dieser Frage
vorzulegen, da nach der Stellungnahme anderer Mitgliedsstaaten das
Vorgehen der Bundesregierung als nicht sachgerecht erscheint(vgl.
Mitteilung der Europäischen Kommission an Herrn Purde -
Staffordshire Bullterrier Club Germany e. V. - vom 16.03.2001/
Quelle: Internetseite www.staffordshire-bullterrier-club.de;
Anlage 4). Es
kann daher legislatives Unrecht
auf Bundesebene nicht dazu herangezogen werden, solches
kommunaler Satzungsgeber oder der Exekutive zu begründen oder gar
zu rechtfertigen. Es
ist statt dessen hervorzuheben, dass der Hess. VGH in eben genannter
Entscheidung zu Recht erkannt hat (S. 13 a.a.O.), dass die mangelnde
Gefährlichkeit einzelner Hunderassen dazu führen muss, dass insoweit eine Teilnichtigkeit
der HundeStS zu bejahen ist. Bezüglich der Hunderasse Staffordshire
Bull Terrier darf nämlich nicht außer Betracht gelassen werden,
dass diese nicht nur genauso gefährlich wie andere
Hunderassen ist, sondern weitaus weniger als andere dort aufgeführte
Hunderassen - insoweit unterscheidet sich der Vortrag des Klägers von dem des
Antragstellers im o. g. Normenkontrollverfahren (vgl. ebenfalls S.
13 a.a.O. ): Spitzenreiter
von bereinigten Beissstatistiken (d. h. solchen, bei denen jährliche
Welpenzahl und Beißvorfälle in Verhältnis gesetzt sind), sind nämlich
die von der Satzungsgeberin nicht erfassten Rassen Dobermann,
Rottweiler und Berner Sennenhund (!) - sowie der
American Pit Bull Terrier
(vgl. z. B. Beiss-Statistik aus NRW 1998/Quelle:
Internetseite www.maulkorbzwang.de;
Anlage
5). Außerdem
verweist der Kläger auf die neueste
Entwicklung in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte
einzelner Länder, in der klar
zum Ausdruck kommt, dass eine Einteilung von Hunden pauschal nach
Rassen immer deutlicher als unvertretbar angesehen wird. Insofern
stellt sich die Rasseliste des BVerwG (Urteil vom 19.01.2000,
das unten noch thematisiert wird) - deren Argumentationsgrundlage
sich der Hess. VGH in dem o. g. Normenkontrollverfahren auf den
Seiten 11/12 allerdings zu eigen gemacht hat - immer deutlicher als
sachlich nicht zutreffende Einzelfallentscheidung dar; zum Teil,
weil das BVerwG die kynologische Fachliteratur nicht umfassend oder
gar unzutreffend gewürdigt hat (vgl. Schreiben der Frau Dr. Helga
Eichelberg an das BVerwG vom 08.11.2000; Anlage
6), zum Teil aber auch, weil verkannt wird, dass das Gericht
ganz eindeutig einen jetzt stark veränderten Sachverhalt zur
Entscheidungsgrundlage gemacht hat (siehe unten). An
erster Stelle der erwähnten Entwicklung ist in diesem Zusammenhang
die Entscheidung des Hess. VGH vom September 2000 zu nennen, durch
die im Eilverfahren - bei Normenkontrollverfahren ein nur selten und
nur bei evidenter
Rechtsverletzung vorgenommener Schritt - wesentliche
Vorschriften der Hess.
GefahrenabwehrVO gefährliche Hunde vom 15. August 2000 suspendiert
worden sind. In der Hauptsache werden insoweit ab Ende August diesen
Jahres mehrere mündliche Verhandlungen stattfinden; die daraufhin
ergehende Entscheidung wird - wenn sie die Vorgabe des
Eilverfahren aufgreift - auch bei der Überprüfung von erhöhten
Steuerbescheiden beachtet werden müssen Weitergehend
sind bereits die jüngsten Entscheidungen des
Schleswig-Holsteinischen und des Niedersächsischen OVG vom 21. bzw.
29.05.2001: Die stellen offenbar bereits endgültige Entscheidungen
in den anhängigen Normenkontrollverfahren dar. Während
das niedersächsische Gericht insbesondere die Nichterfassung der
schadensauffälligen deutschen Hunderassen wie Deutscher Schäferhund, Dogge und Boxer rügt,
kommt das OVG in Schleswig sogar zu dem Schluss, dass die Prüfung
der einschlägigen Fachliteratur ergeben habe, dass die Zugehörigkeit
zu einer Rasse nicht automatisch gleichbedeutend mit der Gefährlichkeit
eines Hundes sei. Weiter: Es sei vielmehr wissenschaftlich
unhaltbar, alle Individuen einer Rasse als gefährlich
einzustufen. Die
entsprechende Vorschrift der KampfhundeVO wurde wegen Verstoss gegen den verfassungsrechtlichen
Gleichheitsgrundsatz für nichtig erklärt. Nichts
anderes kann im Ergebnis für die entsprechende Bestimmung in der
hier in Frage stehenden HundeStS gelten! Bei derart ausgeprägten
rechtlichen Gegenargumenten der oberen Verwaltungsgerichte kann und
darf diese nicht mehr angewandt werden. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht
aus der genannten Entscheidung des BVerwG
aus dem Jahr 2000, da dieses Gericht seine Entscheidung ausdrücklich
auf den damaligen Erkenntnisstand bezogen hat. Auch
die Entscheidung des Hess. VGH in dem Normenkontrollverfahren 5 N
92/00 vermag - selbst wenn man den oben vorgebrachten Aspekt der
Teilnichtigkeit der Satzung bzgl. der Hunderasse Staffordshire
Bull Terrier negiert - nicht
pauschal eine Unterwerfung von Hunden der Rasse Staffordshire-Bull-Terrier
einen erhöhten Steuersatz zu begründen. Denn
in dem Verfahren, das schon Anfang 2000 - also vor dem Höhepunkt
der Kampfhundeproblematik - rechtshängig gemacht wurde, blieb
gleich der bezeichneten Entscheidung des BVerwG die jüngste
rechtliche und faktische Entwicklung, auf die noch einzugehen sein
wird, aufgrund der Umgestaltung
der bezeichneten Hess. GefahrenabwehrVO gefährliche Hunde
völlig ohne Berücksichtigung; im übrigen gibt es tatsächliche
Unterschiede zu dem hier streitgegenständlichen Fall. Es
sprechen nämlich noch weitere Fakten gegen die vorgenommene
Besteuerung Franziskas als gefährlicher Hund nach § 5
Abs. III und V der HundeStS: Zwar
handelt es sich bei diesem Tier - wie schon erwähnt - um eine Hund
der Rasse Staffordshire Bull Terrier, die entsprechend § 5
Abs. V Satz 2 HundeStS pauschalisiert als gefährlich
eingestuft ist (so dass der erhöhte Steuersatz des § 5 Abs. III
nach dem Wortlaut der Norm einschlägig wäre), jedoch lässt die
tatsächliche und rechtliche Entwicklung des vergangenen Jahres über
die oben vorgebrachten erheblichen Bedenken hinaus eine solche
Bewertung nicht mehr zu. Dies
folgt aus den grundgesetzlich geschützten Grundsätzen der Bindung
der Exekutive an Recht und Gesetz und der Verhältnismäßigkeit
allen staatlichen Handelns (welche beide in Art. 20
III GG festgehalten sind) und dem der Gleichbehandlung (Art.
3 I GG). Denn
aufgrund der von verantwortungslosen Hundehaltern verursachten
Beißunfälle, an denen im letzten Jahr unterschiedlichste
Rassen beteiligt waren, hatte sich auch die hessische
Landesregierung entschlossen, dem Druck der Öffentlichkeit
nachzugeben und die oben schon genannte GefahrabwehrVO erlassen. Der
an sich bedenkliche Umstand, dass dabei - genau wie durch die
meisten kommunalen Satzungsgeber - ausschließlich gegen ausländische
Hunderassen vorgegangen wird, gereicht eben diesen Hunderassen zu
einem unerwarteten Vorteil. Denn
nach § 14 Abs. I Nr. 8 GefahrabwehrVO kann eine Erlaubnis für die
Haltung nach § 2 Abs. I Nr. 1 der Verordnung als gefährlich
eingestufte Hunde nur dann erteilt werden, wenn sich der betreffende
Hund einer Begutachtung durch einen Sachverständigen unterzogen hat
(s. g. Wesenstest). Diese
Pflicht zur Wesensüberprüfung - die für friedfertige Hunde eher
eine Chance darstellt - war zur Zeit des Erlasses der HundeStS den
Hundehaltern landesrechtlich noch nicht auferlegt; die
streitbefangene HundeStS geht auch gar nicht darauf ein. Ausweislich
des von dem Sachverständigen Gundlach erstellten Gutachtens zu den
Verhaltensweisen Franziskas vom 10.09.2000 - das der Stadt Bad
Camberg schon seit geraumer Zeit vorliegt - ergibt sich eindeutig,
dass aufgrund der gezeigten Verhaltensvarianten aus heutiger
Sicht davon ausgegangen werden kann, dass die vorgestellte Hündin weder
aus Aggressionstendenzen
heraus, noch auf
mangelnde Sicherheit begründet, ein gesteigertes
Maß an Gefährlichkeit in sich birgt (so unter 5. Fazit des
Gutachtens). Auch als Anwort auf den Punkt 2 des Gutachtens, in dem
die Fragestellung formuliert wird, ob bei dem Hund ein gesteigertes
Maß an Aggressivität und Gefährlichkeit vorliegt, kommt der
Gutachter in seinem Fazit zu der abschließenden Bewertung, dass
Franziska eine ruhige und ausgeglichene Hündin ist, bei
der ein gesteigertes Maß an Aggressivität
als Ausdruck der Angriffsbereitschaft zum Zeitpunkt der Überprüfung
Menschen und Tieren gegenüber nicht
erkennbar ist. Wenn
aber die - beurteilbare - Ungefährlichkeit eines Tieres von einem
Fachmann derart explizit herausgestellt ist, dann erscheint es
unverhältnismäßig und willkürlich, ein solches Tier gleichwohl
einer Besteuerung als gefährlich zu unterziehen, während
andere Hunde - zum Teil weitaus größeren Hunderassen wie Schäferhunde
oder Rottweiler zugehörig - ohne jegliche Erkenntnisse über ihr
Wesen der normalen Besteuerung unterfallen. Mag
diese Ungleichbehandlung - die schon früher von vielen deutschen
Gerichten als widerrechtlich eingestuft worden ist - zum Zeitpunkt
des Normerlasses (1998) noch vertretbar gewesen sein, so ist die
Grenze des gemeindlichen Spielraums bei der Besteuerung jedoch
gewiss dann überschritten, wenn die qua Satzung generell als gefährlich
eingestuften Hunde aufgrund einer individuellen Begutachtung eine größere
Gewähr für die Ungefährlichkeit bieten als die normalen
Hunde. Dann
nämlich erscheint die vorgenommene Differenzierung wissenschaftlich
nicht mehr haltbar und nur aufgrund von Zufälligkeiten
(oder gewisser Absichten?) vorgenommen. Diese
Sichtweise wird - paradoxerweise - nachhaltig durch das oft für die
Zulässigkeit der sogenannten Kampfhundebesteuerung angeführten
Urteil des BVerwG (Az. : 11 C 8.99 vom 19. Januar 2000) bestätigt: Denn
in dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass der kommunale
Satzungsgeber seine Gestaltungsfreiheit sachgerecht auszuüben
hat ... und dass vorgenommene ungleiche Behandlungen auf einen vernünftigen
oder einleuchtenden Grund zurückzuführen sein müssen. Der
von der Revisionsklägerin - der Stadt Roßlau (Sachsen - Anhalt ) -
beschlossenen HundeStS billigt das Gericht eine sachgerechte Ausübung
ihrer Gestaltungsfreiheit bei der pauschalen Heranziehung von
bestimmten Kampfhunderassen zu einer erhöhten Steuer unter
anderem deshalb zu, weil eine unwiderlegliche Gefährlichkeitsvermutung
für bestimmte Hunderassen schon durch Praktikabilitätsgesichtspunkte
gedeckt sei (hierauf nimmt auch der Hess. VGH in seinem Beschluss
5 N 92/00 auf Seite 12 mitte ausdrücklich Bezug). In
diesem Zusammenhang wird auf die Schwierigkeit der Erbringung eines
Entlastungsbeweises für den Halter und auch die Verwaltung
hingewiesen, zumal das Gericht Zweifel an einer Nachweisbarkeit der
Ungefährlichkeit hegte. Im übrigen führt das BVerwG aus, dass zu
dem damaligen Zeitpunkt eine abschließende Beurteilung der
Kampfhundeproblematik gar nicht möglich sei, da allerhand
Unsicherheiten tatsächlicher und kynologischer Natur beständen,
deren endgültige Ermittlung nicht Aufgabe der Revisionsklägerin
sei. Unter
diesen Umständen wurde eine generelle Einstufung einer bestimmten
Hunderasse als gefährlich als vertretbar, wenn auch nicht
unbedingt sachgerecht, angesehen. Aus
oben schon angeführten Gründen stellt sich im Jahr 2001 für die Gemeinde Schmitten die Situation vollkommen anders dar. Die
Frage des Nachweises der Ungefährlichkeit eines Hundes ist durch
die erwähnte Hess. GefahrenabwehrVO beantwortet. Denn nach dieser lässt
sich die Ungefährlichkeit eines Hundes durch einen s. g.
Wesenstest hinreichend nachweisen. Wenn dies aber aus der Sicht des
Polizeirechts ausreichend ist, kann nicht im Steuerrecht ein anderer
- strengerer - Maßstab angelegt werden, da hier die Konsequenz
einer etwaigen Fehleinschätzung weitaus geringer ist. Die
Möglichkeit der Beurteilung des
Wesens von Hunden durch bestimmte Testmethoden ist inzwischen -
anders als noch im Januar 2000, als das BVerwG seine Entscheidung
verkündete - bundeseinheitlich anerkannt und größtenteils
kodifiziert worden. Aufgrund des Umstandes, dass die Erlaubnis zum
Halten gefährlicher Hunde in Hessen von den Gemeinden erteilt
wird, liegen die entsprechenden Gutachten derselben Stelle vor, die
auch über die Hundesteuer entscheidet. Die befürchtete
Unpraktikabilität von Einzelfallentscheidungen wegen einer
uferlosen Ausdehnung und Erschwerung der Verwaltungspraxis kann
damit inzwischen als ausgeräumt angesehen werden. Es
erscheint deshalb als äußerst zweifelhaft, ob das BVerwG in
Ansehung des heutigen Kenntnisstands und Tatsachenhintergrunds noch
einmal so entschieden hätte, wie im januar des Jahres 2000. Wenn
nun aber derart konkrete Begutachtungen einzelner Hunde vorliegen
und diesen Tieren Ungefährlichkeit und Agressionsfreiheit
bescheinigt wird, dann muss der bei ungeklärter Sachlage noch
vertretbare Lenkungszweck einer Satzung - Verringerung der
Kampfhunde im Gemeindegebiet - hinter den klaren
wissenschaftlichen Erkenntnissen eines Sachverständigen im
Einzelfall zurücktreten, weil anderenfalls
eine Befolgung der Vorgaben der HundeStS dazu führt, dass
die Verwaltung wider besseres Wissen eine Entscheidung fällt, die weder sachgerecht
noch wissenschaftlich begründet ist: Denn
abgesehen davon, dass es schon keinen legitimen Lenkungszweck
darstellt, die Anzahl von Hunden der Rasse Staffordshire Bull
Terrier zu verringern, die - wie oben ausführt - im Gegensatz zu
anderen Hunderassen keinerlei erhöhtes Gefahrenpotential aufweist,
dann wird dieser Lenkungszweck spätestens dann ad absurdum geführt,
wenn das Ziel der Steuer, das nach dem Hess. VGH (Beschluss 5 N
92/00, S. 13) allgemein der Eindämmung von Gefährdung durch
Hunde dient, überhaupt nicht mehr gefördert wird. Denn dann ist
es nicht etwa nur so, dass nicht nur eine nicht zweckmäßige oder
nicht vernünftige Lösung gewählt wurde, sondern eine, die nur als
willkürlich bezeichnet
werden kann. Bei
alledem darf auch nicht in Vergessenheit geraten, dass im
Geltungsbereich der HundeStS für die Stadt Bad Camberg aufgrund der
Bevölkerungs- und der Hundezahl und auch der soziologischen
Struktur der Bevölkerung eine Beschränkung der Kampfhunde
nicht erforderlich ist; denn nur
2,5 v.H. der Hunde sind
tatsächlich Kampfhunde im Sinne der Verordnung. Einen
Lenkungszweck kann eine solche Satzung schon erst recht nicht
im Hinblick auf solche Halter erfüllen, die bereits im Zeitpunkt
des Inkrafttretens einen s. g. Kampfhund besitzen. Sollen diese
Halter ihre Hunde töten lassen? Wäre das die vom Satzungsgeber
vorgestellte Zweckerreichung? Diese
Lösung kann doch wohl kaum in einem Rechtsstaat zulässig sein, der
ein Tierschutzgesetz
erlassen hat, dessen § 1 wie folgt lautet: Zweck dieses
Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier
als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand
darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden
zufügen. Dem
Hess. VGH ist weiterhin entgegenzuhalten, dass es sich bei der von
der Stadt Bad Camberg erhobenen Steuer für gefährliche Hunde
also sehr wohl um ein in das Gewand einer Steuer gekleidetes
sachregelndes Verbot handelt (so das Gericht verneinend für die
fast identische Satzung der Stadt Großalmerode). Denn
für eine durchschnittliche Familie kann die steuerliche
Mehrbelastung von immerhin DM 946,00 im Jahr, mit der der Halter
eines s. g. gefährlichen Hundes gegenüber dem Halter eines
normalen Hundes belastet wird, durchaus dazu führen, dass die
Haltung eines solchen Hundes unmöglich wird. Denn es ist die
Gesamtheit der Belastungen zu sehen, die auf den Halter eines s. g.
Kampfhundes zukommen: Dies
sind nicht nur die bei jedem Hund anfallenden Kosten für Fütterung
und Pflege, sondern auch das Gesamtpaket, das in jüngster
Vergangenheit auf kommunaler, Landes- und Bundesebene geschnürt
wurde, um die Haltung von s. g. Kampfhunden quasi durch die
Hintertür zu verbieten. Hier
kommt nämlich zu der überhöhten Steuer noch eine erheblich Gebühr
für die Haltererlaubnis, regelmäßig abzulegende Wesenstests des
Hundes und der Sachkundenachweis hinzu. Alles
in allem summieren sich diese Kosten derart, dass die Haltung
solcher Tiere eben doch zum Privileg für besser Verdienende
oder aber für solche Personen wird, die sich ihn aus Statusgründen
halten, um zu dokumentieren, dass sie die Kosten für die Haltung
eines solchen Hundes aufwenden können.
Dann
kann aber nur noch von einer
Erdrosselung gesprochen werden. Und dies, um es noch
einmal zu wiederholen, ohne dass irgendein wissenschaftlicher Beleg
für die Gefährlichkeit von Stafforshire Bull Terriern
vorliegt. ? Aus
alledem folgt: Der - wesensmäßig - getestete und als ungefährlich
befundene Hund des Klägers darf danach lediglich als
normaler, weil ungefährlicher Hund nach § 5 Abs I
HundeStS veranlagt werden. Sibylle
Müller-Gebel
(Rechtsanwältin) |