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Heike Ramm

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Wörthstraße 23a

Tel.: 02331/ 70496

Fax : 02331/ 973310

E-Mail : Heike-u.Reiner.Ramm@t-online.de

 

An

Bärbel Höhn

Parteien und Verbände

Presse

Städtisches Ordnungsamt Hagen

und alle Interessierten

Offener Brief

zur

„Ordnungsbehördlichen Verordnung (VO) über das Halten, die Zucht, die Ausbildung  und das Abrichten bestimmter Hunde“ (Landeshundeverordnung – LHV NRW).

  

Sehr geehrte Frau Höhn,

liebe Interessierte,

 als 1. Vorsitzende des Hagener Hundesportfreundevereines -einem der größten Hundevereine in Hagen und Umgebung mit rund 100 Mitgliedern und zusätzlich rund 80 Kursteilnehmern- bin ich seit Ihrem Erlaß täglich neu mit dem Unverständnis, den Diskussionen und den Unsicherheiten von Hundehaltern konfrontiert. Aus diesem Grund möchte ich im Namen verantwortlicher Hundeführer und engagierter Hundekenner ein offenes Wort an Sie und alle Interessierten richten, auch unter Berücksichtigung der Stimmen besorgter Bürger, die keine Hunde halten und sich sicher fühlen wollen.

 

Aus meiner 15jährigen Praxis im Hundesport weiß ich, daß die Mehrheit der Hundehalter viel dafür zu tun bereit ist, Hunde verantwortungsbewußt zu erziehen und artenfreundlich zu halten. Hierzu gehören die Gesellschaftsfähigkeit und Wesensfestigkeit des Hundes, die bei uns schon seit Jahren trainiert werden können, in Kursen wie dem Welpenspiel, dem Team-Test bzw. Hundeführerschein, Jundhunde-Training und verbandsanerkannten Prüfungen (Verband für das deutsche Hundewesen) wie Begleithund-Prüfung und Schutzhund-Prüfung. Zur sportlichen Variante zählen u.a. der Turnierhund-Sport und Agility. Aber auch nicht wesensfeste oder traumatisierte Hunde (Mißhandelte, Findlinge, Tierheim-Hunde etc.) bekommen hier in einem individuellen langfristigen Problemhund-Kurs eine Chance. Außerdem führen wir ehrenamtlich Projektwochen in Schulen sowie Postboten-Seminare durch über die Körpersprache des Hundes, Verhaltensweisen im Alltag und Abwehrmöglichkeiten in Gefahrensituationen.

 Feststellbar ist, daß mit der Einführung der neuen Verordnung leider fast nur die Hundeführer erreicht und getroffen werden, die auch ohne verwaltungstechnische Auflagen bereits verantwortungsbewußt handelten oder sich schon seit Anschaffung des Hundes bemühen, mit Mitbürgern und Nachbarn gut auszukommen.

Bestimmte Randgruppen und kriminelle Züchter und Halter werden auch bei der neuen Verordnung Mittel, Lücken und Wege finden, um den Auflagen zu entgehen. Sie werden an der erhöhten Hundesteuer, Wesenstestungen, Hundekampf-Trainingsverbot und Aggressiv-züchtungsverboten vorbei-agieren. Sie werden die Hunde heimlich halten. Der Reiz, so ein Tier illegal zu kriegen und trotz Verbot versteckt einzusetzen, wird erhöht. Ist das Tier nicht zu bekommen, wird auf andere „scharfmachbare“ Hunde zurückgegriffen (z.B. Boxer, Riesenschnauzer) oder eine Neuzüchtung versucht. Besonders „lustig“ finden manche Hundekampfveranstalter sicherlich bald auch das Training von Kleinst“kampf“hunden: Jack Russel gegen Jagd-Dackel oder Mini-Schnauzer, auch kleine Hunde sind auf Beiß-Attacken heranzüchtbar und auch ihre Sprungkraft reicht aus, um sich nicht nur bei Kindern gezielt in  empfindlichste Stellen zu verbeißen. Wie weit geht also der „Kampf“-Begriff und wie wirksam ist die aktuelle Verordnung wirklich ?

 Sicherlich kann man nicht jahrelang diskutieren und unzumutbare Vorfälle häufen sich währenddessen. Das Wohl des Menschen und die Sicherheit unserer Kinder geht vor.

 Aber dennoch muß vor übereilten, unter politischem Druck aus dem Boden gestampften Schnellschüssen gewarnt werden. Sie sind bei bestimmten Randgruppen und Kriminellen unwirksam, für Tierarten folgenschwer, für verantwortungsvolle Halter eine große Belastung.

 Es sind ja nicht die Rassen an sich, die von Natur aus Menschen anfallen. Es liegt an der Art der Züchtung und Selektion, also an den von Menschen verursachten Zuchtlinien. Sind die klassischen Kampfhunde ausgestorben, werden Menschen neue züchten und abrichten. Es wird ein Kreislauf der ständigen Neuerfassung immer neuer „Gefahren“-Rassen und Linien. Würden die aktuell als gefahrdrohend eingestuften Rassen jedoch positiv selektiert und mit den gutmütigeren Tieren weitergezüchtet, könnte eine Artenvielfalt positiv erhalten werden. Eine Artenausrottung aufgrund menschlicher Unfähigkeit ist ein Armutszeugnis. Eingeschläfert werden sollten nur die klar aggressiven und wesenskranken Hunde, die z.B. über Schmerzunempfindlichkeit und Beißwut in ein durch Menschen programmiertes Extrem gezüchtet wurden.

 Erwiesen gefährliche Hunde müssen sofort aus dem Verkehr gezogen werden. Unverantwortlich handelnde Halter müssen sofort hart verfolgt werden.

Bisher bestehende Verordnungen und Gesetze hätten längst viel schärfer und mit mehr Personal umgesetzt werden müssen, dann wäre wesentlich weniger passiert.

Opfer hätten längst mehr Entschädigung und Nachsorge verdient. Weil all dies nicht ausreichend geschehen ist, entläd sich nun jahrzehntelang aufgestauter Frust nach Sündenbock-Manier und führt erneut zu unsachgemäßen Übersprungshandlungen und Frontenbildungen. Dies wird zu keiner langfristig sinnvollen Lösung führen.

 Die aktuelle und mehr als bedenkliche Situation liegt nicht in der Verantwortung des Hundes und sollte nicht dem Hund, sondern den Haltern schärfer angelastet werden !

Der unvernünftige und verantwortungslose Mensch ist hier das Hauptproblem, daher fordern wir schärfere Auflagen für Menschen sowie die Verstärkung bereits bestehender Schulungsmöglichkeiten für Hundehalter und mehr Nachweise für Hundehaltungsfähigkeiten.

 

Unsere Vorschläge für Hundehalter sind daher hauptsächlich:

 n   Forderung nach einer Ausarbeitung der genauen Inhalte eines sog. Sachkunde-Nachweises, so daß z.B. Hundevereine oder Hundeschulen in Zusammenarbeit mit einem geschulten Tierarzt und dem Ordnungsamt den Sachkunde-Nachweis für den Halter / (den neuen Bestimmungen angepaßten) „Hundeführerschein“ abnehmen können.

 

n  Es müssen sinnvolle Auflagen geschaffen werden, die den Halter verpflichten, gemäß den strengeren Auflagen in Hundevereinen / Hundeschulen an einem Training teilzunehmen.

 

n   Entwickeln eines HaltungsBuches oder tatsächlichen „Hundeführerscheines“ mit Raum für relevante Eintragungen zu Prüfungen, Sachkunde-Nachweisen, Wesenstest, Dauer aktueller oder vorheriger Hundehaltungen, Hundevereinsaktivitäten etc.. Einführung einer regelmäßigen Wiederholungsprüfung (z.B. jedes Jahr oder jedes 2. Jahr einmal ein bereits bestehender Team-Test-Kurs mit Stadtgang) zur korrekten Hundeführung.

 

n        Mehr Zusammenarbeit mit den Opfern aggressiv-dressierter Hunde und den

durch verantwortungslose Hundehaltung Geschädigten.

 

n   Forderung nach einer Konkretisierung der Wesenstest-Prüfungsmethoden und der Umgebungsbedingungen für solche Tests.

Der Hund verhält sich ohne Führer/Frauchen/Herrchen in einer fremden Umgebung natürlicherweise verunsicherter und dann eventuell auch aggressiver. Nicht art-gerechte und zu provokante Wesenstests sind nicht aussagekräftig oder realistisch. Testungen / Gutachten mit dem Hund sollten nur im Beisein des Halters und nur von praxisnahen Sachkundigen durchgeführt werden. Ein theoretischer Sachkunde-Nachweis für Hundehalter mit Hunden der Verordnungs-Anlagen 1 und 2 sollte über eine theoretische Prüfung ähnlich eines Führerschein-Fragebogens erfolgen. Das entsprechende Wissen der wechselnden Fragen kann z.B. über Unterricht an Hundeschulen / in Hundevereinen vermittelt werden. Zu berücksichtigen ist, daß auch Hunde mit einem eigenwilligen oder schwierigen Wesen dennoch gut gehalten werden können, wenn ein fähiger Halter die entsprechenden Methoden und Umgebungen schafft (z.B. ein Hofhund oder ein verstörter Tierheim-Hund, dessen Eigenheiten oder Schlüsselreiz-Empfindlichkeiten im Alltag entsprechend eingebunden werden können).

 

n   Forderung nach Differenzierungen und Definitionen

zum Beispiel zu

§ 2 VO zur LHV NRW (Begriffe wie „gefahrdrohend“, Situationen wie „hetzen“)

§ 3 VO zur LHV NRW (Begriffe wie „sachkundig“, „bebaute Ortsteile“)

 

n  Mehr Aufklärung, daß eine natürliche Entwicklung eines Hunde-Sozialverhaltens unter permanentem Leinen- und Maulkorbzwang kaum möglich ist.

Hunde müssen die Möglichkeit haben, ohne Leine Übungen zu absolvieren, um eine Umweltsicherheit zu erlangen.

Hunde müssen zudem ihr Energiepotential ohne Leine austoben können, z.B. beim Freilauf am Fahrrad.

Jeder Hund muß bis zum 10. Lebensmonat anerzogen bekommen, daß er eine Beißhemmung zu entwickeln hat. Dies kann er nur im Welpenspiel und im freien Junghund-Gerangel unter Beobachtung und Kontrolle verantwortungsbewußter Halter. Nur wenn der Hund die Schnauze frei hat, um spielend so zu tun, als würde er seinen Menschen im Dominanzgerangel beißen, kann man ihn in dem Moment zurechtweisen und ihm das Verbot und die Beißhemmung verinnerlichen. Welpen und junge Hunde bis zu einem Jahr sollten daher die Möglichkeit haben, sich ohne Maulkorb wesensfest in freiem Sozialverhalten zu entwickeln. Ansonsten haben wir bald nur noch verhaltensgestörte Hunde aller möglichen Rassen, die unter ihrer Isolation leiden und dissozial werden.

Mit Fristsetzung von 3 Monaten sollte der Junghund dann zwischen dem 12. und 15. Monat einen „Team-Test“ (Hundeführerschein) absolvieren.

 

n Einrichtung von gut erreichbaren „Hundespielplätzen“ oder offiziell für Freilauf freigegebene Hunde-Plätzen innerhalb der Stadt- oder Stadtrandgebiete:

Hunde müssen in natürlichem Rahmen artgerecht und fair Rangordnungen austragen können, z.B. im freien Gerangel mit älteren oder größeren Hunden. Ein gutes Sozialverhalten kann der Hund am besten dort entwickeln, wo er zusammen mit verantwortlichen Hundeführern auf andere Hunde und auf unterschiedliche Menschen treffen kann. Auch der Hundebesitzer kann dort Erfahrungen mit anderen Hunde-Verhaltensweisen sammeln. Dies wirkt sich langfristig positiv für die Hundehaltung in unserer Gesellschaft aus.

n WENN eine Leinenpflicht (nicht bezogen auf Maulkorb) fortbesteht, DANN LEIDER auch für kleine Hunde

-          da auch kleine Hunde (z.B. für Kinder) gefährlich werden können

-          da kleine Hunde ohne Leine sehr provozierend und bissig gegenüber angeleinten größeren Hunden reagieren können und somit der Frustrations-Aggresions-Mechanismus beim größeren Hund ausgelöst werden kann. Der Hund wird umgehend versuchen, den „Angriff“ unabhängig von der Größe des Gegners abzuwehren.

 

n Klärung, wer anerkannt ist, um nach § 7 (2) der VO eine verhaltenstherapeutischen Maßnahme beim Hund durchzuführen und zu bescheinigen (Tier-Verhaltenstherapeuten ?) und wie diese auszusehen hat, um für alle Seiten sinnvoll und wirksam zu sein.

 

n  Konkretisierung der Möglichkeiten der Schul- und Jugendarbeit im Hundesport. Hunde nach den Anlagen 1 und 2 der VO dürfen nicht mehr von Jugendlichen bzw. Heranwachsenden unter 18 Jahren ausgeführt werden, obwohl der positive Einfluß von verantwortlichem und sozialem Umgang mit Tieren sozialpädagogisch erwiesen ist und Jugendliche im Vereinssport bereits eine erfolgreiche Hundeführung bewiesen haben.

 

n        Mehr präventive und aufklärende Maßnahmen für interessierte oder auch ängstliche oder vorbelastete Mitbürger.

  

Ich hoffe auch im Namen der meisten Mitglieder unseres Vereines, daß unsere Punkte zu einem sachlichen Diskurs beitragen.

Wir sind gerne bereit, mit Politikern, Mitbürgern, Tierärzten, Sach- und Fachkundigen und im Rahmen der Ordnungspartnerschaft an einem runden Tisch eine langfristige Lösung zu erarbeiten, die für alle Seiten fairer, umsetzbarer, effektiver und möglichst auch kostengünstiger als die bisherige ist.

  

Mit freundlichen Grüßen

 Heike Ramm

1.Vorsitzende HSF Hagen e.V.

(VDH / DVG – MV Hagen)

 

 

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