Leserbrief |
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nach Harburg Bitte,
denunzieren Sie schnell noch Ihren Hund! Ende
November läuft in Hamburg die Antragsfrist für die Erlaubnis
zur Haltung sogenannter "gefährlicher Hunde" im Sinne
der Hundeverordnung vom 28. Juni ab. Das betrifft in erster
Linie die Hunde der "Kategorie I" (Pit-Bull,
American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier) sowie
deren Mischlingsnachkommen. Bei einer vage geschätzten
Gesamtzahl dieser Hunde von mindestens 1.000 (frühere amtliche
Schätzungen gingen eher von 2.000 Tieren oder sogar mehr aus)
sind bisher nach offiziellen Angaben erst 200 Anträge auf
Erlaubnis gestellt worden. Diese
magere Ausbeute ist für die bei der Durchsetzung der
Hundeverordnung zusammenarbeitenden Kräfte Grund genug, kurz
vor Fristablauf vereinte Anstrengungen zu unternehmen, um noch möglichst
viele Hundehalter dazu zu bringen, Antrag auf Erlaubnis zu
stellen und damit ihr Tier selbst unwiderlegbar als "gefährlichen
Hund" im Sinne der Verordnung aktenkundig zu machen. So
haben, verschiedenen Zeitungsberichten vom 9. November zufolge,
die zuständige Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales
(BAGS), der Hamburger Tierschutzverein (bzw. dessen Chef,
Wolfgang Poggendorf) sowie die CDU "in einem breit
angelegten Appell" alle Halter von Hunden der Kategorien I
und II dazu aufgerufen, "die Verordnung zu akzeptieren und
ihre Tiere anzumelden". Sinnigerweise wählten sie für
diesen Appell zur Denunzierung des eigenen Hundes ihren
gemeinsamen Auftritt bei der öffentlichen Vorstellung der neun
Hundehalle in Harburg am 8. November. Ausserdem hat die BAGS
alle Bezirksämter aufgefordert, "'vorbeugend' Öffentlichkeitsarbeit
zu machen, auch mit dem Ziel, Hundehalter an ihre
Verpflichtungen zu erinnern". Es
muss damit gerechnet werden, dass in den noch verbleibenden
Tagen bis Fristablauf der Druck auf die "säumigen"
Hundehalter zur Anmeldung ihres Tieres gesteigert werden wird.
Panikmache durch Drohungen und durch gezielt ausgestreute (und
von leichtfertigen Hundefreunden übers Internet
weiterverbreitete) Gerüchte spielt bei dieser psychologischen
Kriegführung eine besondere Rolle. Leider meinen auch manche
Hundefreunde, sie müssten jetzt noch schnell in den
staatstragenden Chor einstimmen. Selbstverständlich
nur in allerbester Absicht wollen sie die "säumigen"
Hundehalter davon überzeugen, auf keinen Fall die Anmeldefrist
zu verpassen, da sonst ihre Tiere als erste weggenommen und getötet
würden. Das hört sich scheinbar vernünftig an, doch allergrösste
Zweifel sind geboten. Dass
der Prozentsatz angemeldeter "Kampfhunde" in Hamburg
so niedrig ist (maximal 20%), hat seinen Grund in der expliziten
Ankündigung des Senats, Erlaubnisse zur Haltung von
Kategorie-I-Hunden würden nur in ganz wenigen Ausnahmefällen
gewährt. Demnach kommt die Beantragung der Haltungserlaubnis
mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Auslieferung des eigenen
Hundes ins Vernichtungslager gleich. Zur Erinnerung die Worte
Ortwin Rundes in der Pressekonferenz am 28. Juni: "Zwar
sei es für ihre Halter möglich, für diese Tiere
Ausnahmegenehmigungen zu bekommen. Doch sei dies, wie der Bürgermeister
hervorhob, 'lediglich eine theoretische Möglichkeit', da ihre
Eigenschaft als gefährlicher Hund als 'unwiderleglich' vermutet
werde. Die Ordnungsbehörden seien gehalten, keine Genehmigungen
zu erteilen. Binnen
fünf Monaten müssen diese Tiere von den Ordnungsämtern
registriert sein. Sie sollen dann ihren Haltern genommen und
eingeschläfert werden." (WELT,
29.6.2000) Denjenigen,
die aus treudeutscher Blödheit oder einfach nur aus hilfloser
Verzweiflung darauf hoffen, diese explizite Vernichtungsdrohung
gegen hunderte von Hunden sei vielleicht nur in momentaner
Erregung ausgesprochen worden und heute nicht mehr aktüll, hat
die SPD es mit einer Erklärung ihrer Bürgerschaftsfraktion im
Oktober noch einmal schriftlich gegeben: "Ein
berechtigtes Interesse zum Halten einer Waffe auf vier Beinen
kann es nach Ansicht der SPD-Fraktion grundsätzlich nicht
geben. Bei konsequenter Anwendung wird die Hundeverordnung also
dazu führen, dass so gut wie keine Genehmigungen zur Haltung
gefährlicher Hunde erteilt werden." Und
wer es jetzt immer noch nicht glaubt, möge die Tatsachen
betrachten: 200
Anträge auf Erlaubnis wurden bisher gestellt, aber nur in 16 Fällen
wurde bisher eine Erlaubnis erteilt. Die Presse berichtete über
einen Fall, wo die Erlaubnis zur Haltung einer dreijährigen Hündin,
die schon als Welpe in die Familie kam, vom zuständigen
Bezirksamt verweigert wurde. In
der Begründung wurde mit zynischer Kälte ausgeführt, dass ein
dreijähriges Zusammenleben mit einem Hund nicht ausreichend
sei, um eine enge Beziehung herzustellen, die als
"berechtigtes Interesse" im Sinne der Hundeverordnung
anzuerkennen ist. Mögen
diejenigen Hundefreunde und Aktivisten, die jetzt besten
Gewissens die "säumigen" Hundehalter zur Anmeldung
ihres Tieres überreden wollen, doch einmal darüber nachdenken,
warum die vereinten Anstrengungen der BAGS, der Ämter, des
Herrn Poggendorf und der CDU ganz genau in dieselbe Richtung
gehen. Doch wohl nicht etwa, weil diese Kräfte das Wohl der
betroffenen Hunde und Menschen im Auge haben?! Nein, sondern
weil sie bis Fristablauf eine möglichst hohe Quote der
"Erfassung" der zu tötenden Hunde anstreben. Und dafür
gibt es überhaupt keine effektivere Möglichkeit als die
"freiwillige" bzw. durch Drohungen erpresste
Selbstanzeige der Hunde durch ihre Halter. Manche
Hundefreunde vermuten, die Behörden hätten aufgrund von
Denunziationen aus der Nachbarschaft, polizeilichen
Beobachtungen usw. sowieso schon sämtliche Hunde der Kategorie
I und II registriert. Aber erstens sollte man sich darüber
keine übertriebenen Vorstellungen machen, wenn man nicht der
Einschüchterungspropaganda der Politiker und Ämter aufsitzen
will. Und zweitens bedeutet das Vorliegen einer Denunziation aus
der Nachbarschaft ja noch nicht, dass die Ämter den Hund
einfach und problemlos sofort nach Fristablauf beschlagnahmen können.
Sehr viel bequemer ist es für die Ämter, wenn der Halter sein
Tier selbst definitiv als "gefährlichen Hund"
anmeldet und damit "freiwillig" von vornherein auf sämtliche
rechtlichen Möglichkeiten verzichtet, die rassenmässige
Zuordnung des Tieres überhaupt noch in Frage zu stellen. Wahrscheinlich
verkennen einige Hundefreunde, die jetzt ganz schnell noch die
Anmeldung der Hunde empfehlen, auch die durch die
Hundeverordnung gegebene Rechtslage: Zur Einhaltung der Frist
reicht es keineswegs aus, bis Ende November lediglich die
Haltungserlaubnis zu beantragen. § 11, Absatz der
Hundeverordnung lautet nämlich: "Wer
zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung einen gefährlichen
Hund im Sinne des § 1 hält, hat innerhalb einer Frist von fünf
Monaten nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung die Erlaubnis
nach § 2 zu beantragen und die Voraussetzungen für die
Erteilung dieser Erlaubnis nachzuweisen." Welche
Voraussetzungen spätestens bis Fristablauf vorliegen müssen,
um überhaupt Chancen auf Erteilung einer Erlaubnis zu haben,
ist im § 2 der Verordnung nachzulesen:
"Wer einen gefährlichen Hund im Sinne von § 1
halten will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die
Erlaubnis darf auf Antrag nur erteilt werden, wenn der
Antragsteller oder die Antragstellerin ein berechtigtes
Interesse an der Haltung nachweist und gegen seine oder ihre
Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Es dürfen keine
Gefahren für Leben, Gesundheit oder Eigentum Dritter
entgegenstehen. Die
Erlaubnis ist vom Nachweis der Sachkunde der Hundehalterin odes
des Hundehalters und der Erziehung des Hundes abhängig zu
machen. (...) Weitere Voraussetzungen für die Erteilung der
Erlaubnis ist der Nachweis des Bestehens einer besonderen
Haftpflichtversicherung, der Nachweis der erfolgten
Sterilisation oder Kastration des Hundes sowie seine fälschungssichere
Kennzeichnung." Wer
seinen Hund bisher nicht angemeldet hat und darüber nachdenkt,
es jetzt doch noch ganz schnell zu tun, sollte sich darüber im
Klaren sein, dass er nicht die geringste Chance hat, in der
verbleibenden Zeit noch sämtliche geforderten Voraussetzungen
zu erfüllen. Zumindest den geforderten Besuch einer Hundeschule
bis zur erfolgreichen Ablegung der Begleithundprüfung wird er
selbst in einem Crash-Kurs nicht mehr absolvieren können.
Demzufolge ist das Risiko sehr gross, dass man dem Hundehalter
schon bei der Antragstellung auf dem Bezirksamt sagen wird, dass
er die geforderten Voraussetzungen für die Erteilung der
Haltungserlaubnis aufgrund seines eigenen Verschuldens nicht
fristgerecht erbracht hat und man ihm daher den Hund sofort
wegnehmen wird. Abgesehen von den hohen Kosten (Steürnachzahlung,
Tierarzt für Kastration und Chip, Hundeschule, Antragsgebühr)
kommt auf alle, die ihren Hund erst jetzt als
"Kampfhund" aktenkundig machen, ein kostspieliges
Verfahren wegen Steürhinterziehung zu. Darüber hinaus ist zu
befürchten, dass die Behörden das damit verbundene
Ordnungswidrigkeitsverfahren zum Anlass nehmen werden, dem
Hundehalter die in der Hundeverordnung geforderte "Zuverlässigkeit"
abzusprechen. Um
die Argumente für und wider Erlaubnisantrag noch einmal
zusammenzufassen: Nach
der Hundeverordnung können alle "gefährlichen Hunde"
(insbesondere sog. Kategorie-I-Hunde), für die nach Ablauf der
Fünf-Monats-Frist Ende November keine Erlaubnis vorliegt,
"eingezogen", d.h. ihren Haltern weggenommen werden.
§ 7, Absatz 1: "Die zuständige Behörde untersagt das
Halten eines Hundes, wenn die nach § 2 erforderliche Erlaubnis
nicht vorliegt...". Wer bis Ende November für seinen
Kategorie-I-Hund keine Erlaubnis beantragt hat, verstösst gegen
die Verordnung; dies kann ein zusätzlicher Grund für die
Wegnahme des Hundes sein. (§ 11, Absatz 4) -Andererseits müssten
die Behörden zunächst durch den Amtstierarzt eine Entscheidung
herbeiführen, dass der jeweilige Hund tatsächlich einer der in
der Verordnung genannten Rassen angehört. Dagegen gibt es aber
juristische Einspruchsmöglichkeiten, beispielsweise durch
Gegengutachten. Auf
der anderen Seite muss damit gerechnet werden, dass von den
durch Erlaubnisantrag bei den Bezirksämtern offiziell
gemeldeten "Kampfhunden" nur für sehr wenige eine
Haltungserlaubnis erteilt wird. Die Quote mag bei etwa 10
Prozent liegen. Das würde bedeuten, dass 90 Prozent der
angemeldeten Hunde am Ende beschlagnahmt und voraussichtlich getötet
werden. Wer seinen Hund durch den Erlaubnisantrag selbst
aktenkundig macht, spielt also gezwungenermassen russisches
Roulette mit dem Leben des Tieres, denn die Behördenentscheidung
über das "berechtigte Interesse" ist keinerlei
durchschaubaren und nachprüfbaren Kriterien unterworfen. Insbesondere
diejenigen, die ihren Hund erst jetzt anmelden und bis
Fristablauf die geforderten Voraussetzungen (insbesondere
Hundeschule, Begleithundprüfung) auf gar keinen Fall mehr erfüllen
können, haben äusserst schlechte Chancen, eine
Haltungserlaubnis zu bekommen. Mit Sicherheit haben sie aber mit
ihrem Erlaubnisantrag den Hund unwiderruflich als "gefährlich"
im Sinne der Verordnung angezeigt. Daher ist zu befürchten,
dass gerade diese Hunde mit Vorrang von den Behörden
"abgearbeitet", d.h. weggenommen, eingesperrt und
schliesslich getötet werden, weil aufgrund der Selbstanzeige
des Halters ein Rechtsstreit über die Rassezugehörigkeit
dieser Hunde nicht mehr zu befürchten ist. Knut
Mellenthin |