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Bremerhaven, den 28.09.00

 

 Offene Fragen zu Ihrem Schreiben vom 20.09.00

  Geschäfts-Nr.: 971 Js 31.605/00

 

 Sehr geehrte Oberamtsanwältin Frau Strassburger,

 

 Sie schreiben mir, folgende Vorraussetzungen würden eine Einschläferung rechtfertigen:

  • Starke, nicht behebbare, konstante Verhaltensstörungen

  • Weiterleben nur unter schwerem Leiden möglich

  • Akute Gefahr für sich oder ihre Umwelt aufgrund abnormer oder nicht  behebbarer Verhaltensstörungen

  Die Entscheidung zur Einschläferung sei ferner von einer Kommission zu  treffen, um den Rechtsweg einzuhalten. Die Gründe, die mich zu der Anzeige  wegen Tierquälerei bewogen haben, waren jedoch nicht der Art, dass ich  glaube, der Rechtsweg sei nicht eingehalten worden. 

Vielmehr bezweifle ich  die Grundlage, auf der die Kommission ihre Entscheidung gefällt hat. Es handelt sich also aus meiner Sicht um eine Fehlentscheidung von seiten der  Kommission, was ich im folgenden begründen möchte.

 In der Erklärung für die Einstellung des Verfahrens schreiben Sie, es bestünden keine Zweifel  an der Befähigung des Amtstierarztes Dr. Müller zur Entscheidung der  Frage, ob die Euthanasievorrausetzungen erfüllt seien. Nachdem von Ihnen auf einer langen Seite die Erfüllung der rechtlichen Auflagen in  Verbindung mit den Begründungen der Kommission aufgeführt wurden, frage ich Sie nun, welche Ermittlungen Sie angestrebt haben, um die  Rechtmässigkeit der Entscheidung nachzuvollziehen.

  Sie erwähnen auch, der Amtstierarzt habe bei Bo eine "Fehlprägung  vermerkt". Könnten Sie mir bitte diese Beurteilung detaillierter erklären?

 Im Falle von Bo wüsste ich gern, über welchen Zeitraum das Tier bewertet wurde. Die Begutachtung ist doch sicher mit einem Protokoll festgehalten  worden. Ich erinnere daran, dass bei den Wesenstests für die sog. Kampfhunde eine Überprüfung über mehrere Tage dauert, da jeder mal "einen  schlechten Tag haben kann".

 Sie schreiben, Bo würde den Punkt 3.) erfüllen und sie könnten nicht ausschliessen, dass er nach einer Vermittlung beissen würde. Abgesehen davon, dass Menschen bei keinem Tier eine Garantie dafür geben kann, dass es nicht beisst, stelle ich die Frage, warum Bo in der Zeit  im Tierheim nicht gebissen hat. Er hatte täglich Kontakt zu Menschen und  fühlte sich aus seiner Sicht in manchen Situationen auch bedroht durch den  Menschen. Dennoch hat er nicht einmal den Versuch unternommen zu schnappen. 

Was veranlasst Sie bzw. den Tierarzt, dessen Argumentation sie  gefolgt sind, also zu der Vermutung, er könnte damit anfangen? Und warum  bestand diese Sorge 2 Wochen vor der Einschläferung noch nicht, als Bo  fast vermittelt worden wäre?

 Im übrigen kann Mensch bei Bo nicht davon ausgehen, dass er bis an sein Lebensende im Tierheim hätte bleiben müssen,  wie Herr Dr. Müller in seiner Stellungnahme gesagt haben soll. Bis kurz  vor Bo`s gewaltsamen Tod waren Interessenten für ihn vorhanden, und ich hatte auch die Absicht geäussert, Bo im Dezember zu mir zu nehmen, wenn er bis dahin kein Zuhause gefunden hat.

  Zum Schluss möchte ich mir noch erlauben, einen Vergleich zu ziehen.

 Stellen Sie sich bitte vor, es würde sich um die Beurteilung eines menschlichen Wesens handeln. Stellen wir uns beispielsweise vor, ich würde einem Arzt zugeteilt, der mich beurteilen soll. Könnte er bereits durch blosses Beobachten meiner Reaktionen im Warteraum erkennen, ob ich  möglicherweise eine potentielle Mörderin bin? 

Oder wäre er nach einem ausführlichen Gespräch in der Lage, sich eine derartige Meinung gebildet  zu haben? Ich bin mir sicher, sie stimmen mit mir überein, dass dieser Arzt, wahrscheinlich nicht einmal ein Psychologe, eine Entscheidung  treffen kann, die im Falle von Bo und den anderen vier Hunden so  schwerwiegende Auswirkungen hatte, dass sie eingeschläfert wurden.

 Stattdessen wären lange Tests nötig, die sehr kompliziert und  zeitaufwendig sind und eine spezielle Ausbildung erfordern. Ich möchte noch anmerken, dass Frau Feddersen-Petersen, die die Wesenstest für Hunde entwickelt hat, eine Biologin ist. Ich bin eine angehende Biologin, die ihr Studium nahezu beendet hat. 

Ich bin damit nicht mehr "nur noch" eine ehrenamtliche Hundeausführerin, sondern ich habe die Ausbildung in einem  Studiengang genossen, der Verhaltensforscher und Verahltenstherapeuten  hervorbringt.

  Ich bin damit zwar immer noch keine Tierpsychologin. Dennoch bin ich in  der Lage objektiv eine Verhaltensbesserung an einem Tier festzustellen, um das ich mich über einen Zeitraum von 4 Monaten nahezu täglich intensiv gekümmert habe. 

Ein Tierarzt, dem sie die Beurteilung der Psyche eines Tieres ohne weiteres zutrauen, hat dagegen die Anatomie von Tieren studiert und kann sie operieren sowie geeignete Medikamente verordnen. Er  ist dagegen weder ausgebildet eine Tierverhaltenstherapie durchzuführen noch eine Verhaltensstörung ohne weitere Zusatzausbildungen zu diagnostizieren. Vielleicht gibt es einigen Menschen auch zu denken, dass die Schäferhündin Mausi auf der Todesliste stand. Sie muss also auch von  der Kommission zur Tötung "freigegeben" worden sein. 

Eine Tierheimmitarbeiterin hatte bei dem Tierarzt einen Aufschub am Tag der  Tötung erwirken können, da sie ihn überzeugen konnte, wie lieb Mausi in Wirklichkeit ist. Der Hund wurde freigekauft. Er ist danach weder durch Krankheit noch Bissigkeit aufgefallen. 

Auch keine Fehlentscheidung? 

Sie  können sich ja an diesem lebenden Beispiel überzeugen?! Bevor der Tierarzt  die Einschläferungen vorgenommen hat, soll er ausserdem noch gefragt haben,  welchen Hund er mit dem Blasrohr töten muss und an welche er so rankommt.

 Eine solche Frage nach einer eingehenden Beurteilung dieser Tiere sollte skeptisch machen, was seine tatsächliche "Befähigung" angeht.

  Zum Schluss noch ein Abriss von dem, was nach den Tötungen der 5 Hunde  geschehen ist. Das Tierheim hat eine Klage wegen Verleumndung gegen Herrn  Kunkel verloren. In der Urteilsbegründung steht, dass das Gericht sich  unserer Auffassung anschliesst, einzelne Vorstandsmitglieder haben sich an einer Erbschaft an das Tierheim bereichert.

 Ausserdem sind weitere Hunde eingeschläfert worden, darunter auch ein West Highland White Terrier. Er war vermittelt worden und hatte gebissen. Bei diesem Tier war von  vornherein bekannt gewesen, dass er falsch erzogen wurde und mit einem Biss gerechnet werden musste. Aus diesem Grund hatte sich eine Tierverhaltenstherapeutin angeboten, mit dem Hund in ihrem Haus zu  arbeiten und für eine Vermittlung zu sorgen. 

Aber das Tierheim hatte es vorgezogen, den Hund zu verkaufen. Ein Tag, nachdem er seine neuen  Besitzer gebissen hatte, wurde er eingeschläfert. 

Mittlerweile ist die  Zahl der Hunde in dem Bremerhavener Tierheim von im Mai fast 70 auf im September 24 Hunde gesunken. Steckt da nicht ein guter Grund dahinter,  z.B. der geplante Umbau des Tierheims? 

So weit ich mich erinnere, war Platzmangel keiner der drei von Ihnen genannten und oben nachzulesenden  Gründe für eine gerechtfertigte Einschläferung?

  Ich habe mich in diesem Schreiben auf den am 29. Mai 2000 im Tierheim  Bremerhaven eingeschläferten Hund BO beschränkt, was nicht bedeutet, dass  es zu den anderen Tieren nichts mehr zu sagen gibt.

 Auch wenn Sie das Verfahren nicht wieder aufnehmen werden, würde ich mir  die Beantwortung meiner zahlreichen Fragen wünschen.

  Mit freundlichen Grüssen

  Iris Gehrken

 



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