Leserbrief |
Rechtsstaat
in Gefahr ? "Der Mensch kommt mit zwei Augen, zwei Ohren und einem Mund auf die Welt, damit wir zweimal hinsehen und zweimal hinhören, bevor wir ein Wort sagen", sagt eine sehr alte Weisheit |
Weder
durch Parteiverbote, noch durch einen "Aufstand der Anständigen"laßt
sich die Gefahr für den Rechtsstaat abwenden. Eine
Sache des Anstandes ist es, in der Öffentlichkeit nicht in der
Nase zu popeln! Politiker
aller Parteien nutzen die aufgeheizte Debatte über Hunde für
kraftvolle Selbstdarstellungen und versprechen Abhilfe durch
schnelle Verordnungen... Für viele Besonnene ist die
entstandene Hysterie, die den Volkszorn nährt, unerklärlich Etikettieren
und Polarisieren führen dazu, dass tierisches Verhalten von
vielen bisher gelassen reagierenden Bürgerinnen und Bürgern
nicht mehr differenziert als angenehm oder lästig, sondern als
gefährlich eingestuft wird. Polizeibeamte klagen über
Zusatzbelastung, weil sie viel häufiger als früher in Parks
gerufen werden, weil dort die spielenden Hunde von
Nichtsesshaften angeblich Kinder bedrohen.
Nachbarschaftsstreitigkeiten werden vermehrt über Hunde
ausgelebt, harmlose Vorfälle dramatisiert, bei Zerwürfnis-sen
nimmt aufgrund der verringerten Kommunikation die Bereitschaft
zu Mobbing, Diffamierung und Anzeigen zu. Familien mit
sogenannten Kampf-hunden sind vermehrt von Kündigung
bedroht." Es
bleibt auch die Angst, dass, wenn die Themen wechseln und sich
politische Spannungen verstärken, andere Gruppen Zielscheibe
kollektiver Aggression werden. Deshalb ist jetzt Versachlichung
nötig, Augenmaß, Ruhe und Sachverstand .
(aus Hassobjekt Hund, Eva-Maria Wiegel,
www.gewerkschaftderpolizei-online.de) "Im
Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg hat sich die Bürgerschaft, die
zu 50 Prozent aus ausländischen Mitbürgern besteht, nach
Volkans Tod entschlossen, auf Rache und Diskriminierung der Täter
zu verzichten und die Integrationsmaßnahmen für auffällig
gewordene Jugendliche und junge Erwachsene gemeinsam zu verstärken."
(aus Hassobjekt Hund, Eva-Maria Wiegel,
www.gewerkschaftderpolizei-online.de) Ich
wünschte, diese Worte einer besonnenen Bürgerin, und der über
Monate andauernde Aufstand vieler aufrichtiger Staatsbürger, hätten
mehr Beachtung gefunden! Der
Aufruf zum Aufstand der Anständigen am 05.10.2000 in der
BILD-Zeitung hätte sich dann erübrigt. "Drei
Tote in drei Monaten - Stoff genug für ein ZDF-Spezial.
RTL-aktuell ließ ins Tierheim schalten: Schon jetzt gibt es
hier keine freien Plätze mehr. Nicht nur die FAZ schrieb Sätze
wie: Es wäre ein Gebot der öffentlichen Sicherheit und des
sozialen Friedens, den Teil der dem Kampfhund-Typ entsprechenden
Hundepopulation so schnell wie möglich auszurotten. Das
Feindbild war ausgemacht; der Kampf gegen die Bestie war der größtmögliche
gesellschaftliche Konsens. Telefonkonferenz
der Innenminister, Kabinettsbesprechung, Aktuelle Stunde. Andere
Bestien, andere Geschichten. In
Dessau ermordeten vor zwei Wochen drei Neonazis einen
Familienvater. Weil er schwarz war. In
der Berichterstattung hat das kaum eine Rolle gespielt. Man
könnte auch Kolbermoor erwähnen, wo schon am 15. August 1999
ein Schwarzer totgeprügelt wurde. Weitere
versuchte Morde gab es in den letzten Monaten in Borna,
Wittstock, Duisburg, Klipphausen, Schwedt, Magdeburg, Goslar,
Hamburg, Wismar, Boehlen, Eggesin, Herne, Nidderau und
Mittweida. In mehreren Hundert anderen Orten gingen zweibeinige
Bestien auf Menschen los. 746
solcher Fälle zählte das Bundesamt für Verfassungsschutz
allein im letzten Jahr. Knochenbrüche, Kopfverletzungen,
Kollaps. Keine Telefonkonferenz, keine Kabinettsitzung, keine
Aktuelle Stunde. " Samstag,
1. Juli 20, "Süddeutsche Zeitung,Bayern Seite 22 /
Deutschland Seite 22 / München Seite 22 Leinenzwang
für Neonazis Kampfhunde sind ein Medienthema - Totschläger
nicht ) Der
Rechtsstaat ist nicht durch ein paar Flüchtlinge, Ausländer,
durchgeknallte Jugendliche oder durch eine der öffentlichen
Kontrolle der Medien und der Bevölkerung unterliegenden
politischen Partei in Gefahr. Die
Gefahr geht viel mehr vom sog. Rechtsstaat" selbst bzw.
von dessen Vertretern aus, wenn es ihnen am Verantwortungsbewußtsein
fehlt, daß eine freiheitlich-demokratische Grundordnung nur
Bestand haben kann, wenn ein Klima von Toleranz uns
Aufgeschlossenheit alle Bereiche der Gesellschaft gleichermaßen
durchzieht. Ein
schlechtes Beispiel für unsere Gesellschaft ist die Art und
Weise wie mit bestehenden oder erzeugten Minderheiten umgegangen
wird. Zivilcourage
läßt sich nicht nach Belieben an und abschalten.Unser Land
braucht überall verantwortungs- und selbstbewußte Bürger und
Bürgerinnen ebenso, wie eine unabhängige, freie Presse. Zivilcourage
zeigte sich lebendig in den vergangenen Monaten, nur war
Politikern die Thematik nicht genehm, und der Presse oftmals zu
unblutig. Nach
den gestrigen Vorfällen in Duisburg jedoch, muß endlich schluß
mit lustig sein, denn es geht um mehr als Hunde. "Wegschauen
nicht mehr erlaubt!" Fakt
ist, ein Kind, ein türkisches Kind stirbt im Juni d. Jahres
einen grausamen Tod. Was
geschieht ? Die
Ordnungsämter werden besser ausgestattet, für
ihre Aufgaben besser qualifiziert, die
Verantwortlichen benannt und aus dem Amt entfernt ? Nein
! Verordnungen
werden erlassen, die ein Bundesgesetz aushöhlen.Sachverständiger
Rat wird reihenweise in den Wind geschlagen. Muß
man sich dann wundern, daß in der Provinz die Gernegroß groß
werden ?Kommunale Verordnungen hebeln Landesverordnungen aus,das
geltendes Bundesgesetz und der Sachverstand bleiben ganz auf der
Strecke. Bundesbürger
werden per Bußgeld verdonnert Bundesrecht zu brechen.Wen
wundert's, die Länder hatten es vor gemacht.Die Schlampereien
in Hamburg durch Ordnungsbehörden und ihre Dienstherren wurden
unter den Teppich gekehrt. Einem
Kind aus Duisburg und den herbeieilenden Helfern
wurde schwerer Schaden zu gefügt, durch einen seit 1994
auffälligen Hundehalter und,weil Schlamperei und Willkür nicht
aufgedeckt wurden, weder in Hamburg noch sonst wo in unserer
Republik. Wozu
haben wir ein Tierschutzgesetz? Nur
von nicht-artgemäß gehaltenen Hunden geht eine Gefahr aus! Wo
bleibt der große Aufschrei ? Gefährlichen
Hundehaltern wird weiterhin nicht Einhalt geboten, ebenso wie
anderen Gewalttätern mit Baseballschlägern, Messern, Mollis
u.s.w. Gegen
welche gesellschaftliche Gruppe diese Gewalttaten richten ist
irrelevant. Hier
geht es nicht um "Anstand", dies sind Verbrechen, dagegen
hilft kein "Aufstand der Anständigen", sondern eine
fuktionsfähige Exekutive auf der Basis geltenden Rechts. Ja,
noch weniger als zuvor wird der Gewalt un Intoleranz Einhalt
geboten, denn die Ordnungsämter sind beschäfftigt Bußgelder für
die Einhaltung von Bundesgesetzen zu kassieren. Bald wird es so
weit kommen, daß das Bundesgesetz angepaßt wird, dann hat man
nichts mehr zu überwachen: Hunde
raus, das Problem ist gelöst. .........
raus, das Problem ist gelöst .........
raus, das Problem ist gelöst usw. Es
geht hier wahrlich um Menschenschutz ! .f
Wie wollen wir Menschen, denen es an der notwendigen Toleranz für
das Leben in einer freiheilich-demokratischen Gesellschaft
fehlt, glaubhaft entgegentreten, wenn Sachverstand nicht
Entscheidungsgrundlage ist, wenn Emotionen gegen einzelne Bevölkerungsteile
mit Unterstützung der Medien hochgeputscht werden, um eigene
Schwächen zu vertuschen ? Dafür,
daß die Ordnungsbehörden fähig sind für die Einhaltung der
bestehenden Gesetze sorgen zu können, sind weder die Hunde noch
ihre Halter zuständig. Derartiges
Vorgehen verachtet nicht nur zutiefst die Menschen, die unter
solchen politischen Vorgaben" leiden müssen, sondern läßt
erhebliche Zweifel am unserem Rechtssystem" aufkommen.
Ist dies im allgemeinen Interesse?
Zurecht frustrierte und resignierende Bürgerinnen und Bürger
gefährden den sog. Rechtsstaat" und die Demokratie weit
mehr als alles andere. Mit
freundlichen Grüßen Ute
Binder
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