Leserbrief
Dipl.-Ing. Bernd Schwab |
PDir
a. D. Dipl.-Ing. Bernd Schwab
21.01.2001 Bruno-Hirschfeld-Str.
1 56076
Koblenz An
den Präsidenten
des Verfassungsgerichtshofes Herrn
Professor Dr. Karl-Friedrich Meyer Deinhardplatz
4 56068
Koblenz Sehr
geehrter Herr Präsident, mir
ist bekannt geworden, dass gegen die Gefahrenabwehrverordnung
Gefährliche Hunde - vom 30.06.2000 Verfassungsbeschwerde
erhoben worden ist. Als
Bürger dieses Bundeslandes hege ich die tiefe Besorgnis, dass
sich ein Verfassungsorgan unseres Bundeslandes (Der Minister des
Innern und für Sport) einer medialen Hetzkampagne gebeugt und
eine Rechtsverordnung in Kraft gesetzt hat, die nicht seiner
erklärten und bundesweit veröffentlichten Überzeugung und
Einstellung und seinem Gewissen entspricht! Der
Gesetzgeber hat einem Verfassungsorgan eine über jeden Zweifel
erhabene Integrität unterstellt und deshalb Rechtsverordnungen,
die Handlungen eines Verfassungsorgans im Sinne des Artikels 130
Abs. 1 der Verfassung sind, einer verwaltungsgerichtlichen
Normenkontrolle entzogen (AGVwGO § 4 Satz 2). Als
Beleg meiner Befürchtungen füge ich ein von Herrn
Innenminister Walter Zuber handschriftlich gezeichnetes
Schreiben vom 09.06.1999 bei, in dem dieser sich nach den
neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die genetisch-
und erziehungsbedingten Verhaltensweisen von Hunden gegen
eine Stigmatisierung einzelner Hunderassen entschieden hat. Noch
Ende April 2000 bekräftigt der Innenminister diese Überzeugung
in einer Pressemitteilung und betont
nochmals,
dass er eine Rasseliste für rechtlich und wissenschaftlich
unhaltbar hält! Resignierend
weist er jedoch schon zu diesem Zeitpunkt darauf hin, dass ihm
trotz unveränderter statistischer und kynologischer
Erkenntnisse wohl nichts anderes übrig bleiben wird, als auf
den populistischen Zug aufzuspringen (Rhein-Zeitung vom
28.04.2000, Anlage). Für
die Bürger von Rheinland-Pfalz ist es eine neue, deprimierende
und schmerzliche Erfahrung, ansehen zu müssen, wie ein
Verfassungsorgan unseres Landes innerhalb kurzer Zeit seiner
fundierten Standpunkte beraubt und Opfer von Medien und
Populismus wird. Die
Logik gebietet es, nur solche kynologischen Forschungsergebnisse
und Stellungnahmen für eine Wertung der plötzlich diametralen
Meinung des Verordnungsgebers zuzulassen, die nach Mitte 1999
veröffentlicht worden sind. Alle zeitlich davor liegenden Gutachten sind bereits als neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in überzeugender Weise in das ministerielle Schreiben vom 09.06.1999 eingeflossen. Sehr
geehrter Herr Präsident, deutlicher als der Verordnungsgeber es
selber gesagt, geschrieben und getan hat, kann man es nicht zum
Ausdruck bringen: Grundlage
der Verordnung vom 30.06.2000 sind nicht neue wissenschaftliche
und statistische Erkenntnisse gewesen, sondern das quotenbrünstige
Geschrei von Medien und der
populistische Assimilationszwang bei Politikern. Ich
bin der festen Überzeugung, dass eine unabhängige
Rechtsprechung die Wertefundamente unseres Gemeinwesens besser
schützen kann, als ein offenbar hilflos der Boulevardpresse
ausgelieferter Minister. Hochachtungsvoll Bernd
Schwab |