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LANDTAG
BRANDENBURG
LaÄdta~ Brandenburg Postfach 6010 14410 Potsdam Petitionsausschuss
Die Vorsitzende
Herrn Marina Marquardt, MdL
Stanislav Straka
Rebenweg 7
32108 Rad Salzuilen Datum 15.06.2004
Ihre Petition vom -ohne Datum, eingegangen am 17.02.2004
Pet.-Nr. 3355/3
Landesrechtliche Regelungen zur Hundehaltung
Sehr geehrter Herr Straka,
der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat sich in seiner 81. Sitzung
am 8. Juni 2004 mit der vorbezeichneten Petition befasst. Hierzu hat er sich vom
Ministerium des Innern berichten lassen.
Der Petitionsausschuss hat zur Kenntnis genommen, dass die Petition aus der
Aktion ,,Zollstock" heraus eingelegt und Sie als Adressat für die Beantwortung
der Petition benannt wurden. Der Ausschuss geht daher davon aus, dass die mit
diesem Schreiben erfolgende Beantwortung der Petition zugleich auch allen
übrigen Aktionsbeteiligten zur Kenntnis gegeben wird,
In der Sache selbst hat der Landtag des Landes Brandenburg in seiner 93. Sitzung
am 31. März 2004 das Dritte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen
Ordnungsbehördengesetzes verabschiedet. Es ist am 1. April2004 in Kraft
getreten. Mit diesem Gesetz ist unter anderem eine Ermächtigungsgrundlage für
das zuständige Mitglied der Landesregierung zum Erlass einer
Hundehalterverordnung geschaffen worden. Das Ordnungsbehördengesetz des Landes
Brandenburg sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass der Minister des Innern durch
Rechtsverordnung die erforderlichen Bestimmungen zur Vorsorge und zur Abwehr der
von gefährlichen und anderen Hunden ausgehenden Gefahren für Leben, Gesundheit
und Eigentum treffen kann, indem er insbesondere Vorschriften über die Zucht,
die Ausbildung und das Abrichten erlässt und das Nähere hinsichtlich der
Ausnahmen bestimmt. Er kann in Vorschriften Rassen, Gruppen und deren Kreuzungen
untereinander oder mit anderen Hunden bestimmen, für welche die Eigenschaft als
gefährliche Hunde vermutet wird. Dabei kann auch vorgesehen werden, dass für
bestimmte Rassen, Gruppen und deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen
Hunden wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit eine Erlaubnis für das Halten, das
Ausbilden und das Abrichten gefährlicher Hunde nicht erteilt werden darf
Das Gesetz knüpft an die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.
August 2003 an, in welchen die auf die Rassezugehörigkeit abstellenden
Vorschriften der Brandenburgischen Hundehalterverordnung für nichtig erklärt
wurden, weil der Verordnungsgeber ohne ausdrückliche Ermächtigung durch den
Landesgesetzgeber nicht befugt ist, in Form einer Rechtsverordnung in die
Freiheitssphäre der Hundehalter zum Zwecke der Gefahrenvorsorge einzugreifen.
Der Petitionsausschuss teilt hinsichtlich der von Ihnen als diskriminierend
bezeichnete Rassenliste mit, dass der brandenburgische Gesetzgeber weiterhin an
der Typisierung und Einordnung von Hunden nach ihrer Rasse und hieraus zu
vermutender Gefährlichkeit festhält Nach der Auffassung des um Stellungnahme
gebotenen Ministeriums des Innern besteht kein Anlass, ihrer Forderung
nachzukommen und die Rasselisten unverzüglich zurückzunehmen. Dem schließt sich
auch der Petitionsausschuss an.
Die Zulässigkeit dieser Verfahrensweise wurde zuletzt durch
das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. März 2004 im Rahmen
einer Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde
vom 12. April 2001 bestätigt. Es ist hiernach von der Rechtmäßigkeit der an die
Rassezugehörigkeit bestimmter Hunde anknüpfenden Vorschriften auszugehen. Dem in
das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eingebrachten Zahlenmaterial sei
zu entnehmen gewesen, dass Hunde der aufgelisteten Passen im Vergleich zu Hunden
anderer Hunderassen überproportional häufig auffällig geworden sind.
Das Gericht hat in seiner Entscheidung dazu ausgeführt, dass
zwar nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht allein aus
der Zugehörigkeit eines bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse wegen
bestimmter genetischer Merkmale auf seine Gefährlichkeit geschlossen werden
könne. Oh und in welchem Mai36 ein Hund für den Menschen zu einer Gefahr werden
kann, hänge vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren - neben bestimmten
Zuchtmerkmalen eines Hundes etwa von dessen Erziehung, Ausbildung und Haltung,
von situativen Einflüssen, vor allem aber von der Zuverlässigkeit und Sachkunde
seines Halters - ab.
Ein Anlass zum Handeln des Gesetzgebers könne jedoch auch dann
gegeben sein, wenn ein schädigendes Ereignis das Zusammenwirken
unterschiedlicher Faktoren voraussetzt, soweit diese mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit zusammentreffen können. Das Verfassungsgericht hat darauf
hingewiesen, dass die Fachwissenschaft es nicht generell ausschließt, dass die
Gefährlichkeit von Hunden genetische Ursachen haben kann. Der Gesetzgeber darf
deshalb zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit
gesetzliche Vorkehrungen treffen, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass Hunde bestimmter Rassen - und sei es auch erst im Zusammenwirken mit
anderen Faktoren der genannten Art für diese Schutzgüter in besonderer Weise
gefährlich werden können.
Für Hunde der in Rede stehenden Rassen konnte der
Gesetzgeber vom Vorhandensein derartiger Anhaltspunkte ausgehen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil sehr umfassend zudem
vorliegenden Zahlenmaterial und angestellten Untersuchungen Stellung genommen
und dabei ausdrücklich das Land Brandenburg benannt, in dem im Jahre 2000 Hunde
der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier,
Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier im Verhältnss zu ihrer geschätzten
Population achtmal so häufig durch Risse aufgefallen waren wie Hunde anderer
Rassen. Insgesamt sei maßgebend, dass das Leben und die Gesundheit von Menschen
einen besonders hohen Rang haben. Vor diesem Hintergrund stehe dem Gesetzgeber
ein entsprechender Einschätzungs- und Prognosespielraum zu.
Zu ihrer Forderung nach einem Anknüpfen von ordnungsbehördlichen Maßnahmen an
das Vor- haJten der Hundehalter und nicht der Hunde kann Ihnen der
Petitionsausschuss mitteilen, dass die Brandenburgische Hundehalterverordnung
gegenwärtig und auch künftig Nachweise der Zuverlässigkeit, der Sachkunde und
gegebenenfalls besondere Erlaubniserteilungen ver!angt.
Der Petitionsausschuss möchte Sie zu den Einzelheiten auf die genannte
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zudem Aktenzeichen 1 BVR 1778/01
verweisen. Im Hinblick auf die Neuregelung des Brandenburgischen
Ordnungsbehördengesetzes wird gegenwärtig die Brandenburgische
Hundehalterverordnung durch das zuständige Ministerium des Innern überarbeitet.
Diese können Sie sodann nebst der einschlägigen Urteile und Hinweise auf
Sachverständige der Inter- netseite des Ministeriums des Innern des-Landes-
Brandenburg unter der Messe www.rni.brandenburg.de unter der Rubrik
Ordnungsrecht entnehmen.
Mit diesen Hinweisen hat der Ausschuss die Bearbeitung Ihrer Petition
abgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Marquardt
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