Eingeschläfert

Artikel aus der Bild vom 17.07.2003

Herrchen und Nachbarn verzweifelt

Von C. Attenberger und B. Wittmann

München – Gestern haben sie ihm Spikes Leine gebraucht. Das ist alles, was von seinem Hund geblieben ist. „Neun Jahre lang war Spike mein Freund, mein bester Partner“, sagt Elvis K., „ und jetzt hat ihn mir die Polizei erschossen“. Erschossen auf eine Weise, die Elvis noch immer in blanke Wut versetzt: „ Was sich da abgespielt hat, war reines Texas.“

Seine Mutter hatte Bullterrier Spike Sonntagnacht, um 22.15 Uhr, noch einmal in der Grünanlage an der Züricher Straße (Forstenried) Gassi geführt. Abendspaziergang, bei dem Spike in Streit mit dem Setter Odilo geriet. Wilde Rauferei. Man beißt, man knurrt – dann ist der Kampf um die Rangordnung auch schon vorbei.

Doch nun trifft die Polizei am Schauplatz des Verbrechens ein. Der verletzte Spike hat sich ins Gebüsch verkrochen. Man setzt nach, Spike wird noch ängstlicher, läuft davon. Nun beschließt man: Der Hund ist gefährlich, könnte im verletzten Zustand Menschen anfallen. Denn Spike ist in der Kategorie II eingestuft. Was hilft es da, dass der Gutachter Spike Ungefährlichkeit bescheinigt hat? Was hilft es, dass die Kinder im Viertel den verspielten Hund lieben, Anwohner sich anboten, den Hund einzufangen? Die Beamten jagen das Tier bis zur U-Bahn-Station Forstenrieder Allee, dann erlegt einer den Hund mit zwei Schüssen.

Elvis steht immer noch unter Schock: „Die Kinder haben geheult, an jeder Ecke sprechen mir die Omas ihr Beileid aus. Ich will in diesem Land nie wieder einen Hund haben.“

Unten noch ein andere Artikel dazu!

 

Hallo Achim,
anbei wollte ich dir zu der Sache mit dem erschossenen Bulli in München (17.07.2003) noch ein Anschreiben an den Polizeipräsidenten von Frau Hexxxxx  (pensionierte Polizeibeamtin) senden, da sie genau wie ich der Meinung ist, dass man dazu nicht schweigen darf. Schade, dass es unter den "Hundekämpfern" so ruhig geworden ist. Solche Vorfälle wie der oben erwähnte oder auch der Staff, der zum gleichen Zeitpunkt in Quickborn bei Pinneberg (Schleswig-Holstein) erschossen worden ist, scheinen keinen mehr hinterm Ofen hervorzulocken.

LEUTE, WO SEID IHR? IM URLAUB? ODER HABT IHR AUGEGEBEN?


Wäre schön, wenn der eine oder andere mal wieder in die Gänge kommt, damit die da oben sehen, dass wir immer noch da sind!



Viele Grüße Sigrid Bojert





Herrn

Polizeipräsident Schmittbauer

Eitstr. 2-4

80333 München



                                                                                                             Frankfurt, den 31.07.2003



Sehr geehrter Herr Schmittbauer,

bitte gestatten Sie mir als ehemalige Mitarbeiterin im Polizeidienst, dass ich mich mit einem Anliegen bezüglich des Umganges mit Hunden persönlich an Sie wende.

Seit Eintritt in den Ruhestand vor 13 Jahren engagiere ich mich im Tierschutz, insbesondere was die Haltung von Hunden betrifft.

Im Zusammenhang mit der in der Öffentlichkeit aktuellen Frage der Behandlung von sogenannten „Kampfhunden“ sind mir sowohl als persönliches Erlebnis als auch an mich herangetragene Schilderungen von Vorkommnissen bekannt geworden, bei denen es zu Gefahrensituationen gekommen ist, die aber möglicherweise vermeidbar gewesen wären.

In einzelnen Fällen waren die von Revieren zum Einsatz gerufenen Streifen im Zusammenhang mit Hunden möglicherweise mangels Sachkenntnis völlig überfordert.

Hierdurch war auch eine gewisse Gefährdung der Beamten selbst sowie sonstiger Unbeteiligter gegeben. Diesbezügliche Berichte müssen auch als „BESONDERE VORKOMMNISSE“ der zuständigen Dienststelle gemeldet worden sein, zumindest wenn es sich um Schusswaffengebrauch gehandelt hat.

Bei dem Vorfall am 17.07.2003 gegen 22.15 Uhr war der Einsatz von Schusswaffen völlig überzogen, wobei auch hier Ihre Beamten völlig überfordert gehandelt haben. Es gibt durchaus zahlreiche andere Möglichkeiten, einen alten verletzten Hund einzufangen. Die Aktion gleicht einer Wild-West Manier, was auch von der Mehrzahl der Bevölkerung so gesehen wird.

Es wäre eventuell noch verständlich, wenn der Vorfall in einer stark frequentieren Straße, Platz oder Fußgängerzone sich abgespielt hätte. Man hätte den verängstigten Hund in die nahegelege Grünanlage treiben können, um ihn zu beruhigen, um dann humanere Maßnahmen – außer töten – ergreifen zu können. Auch wenn Fehler seitens des Halters begangen wurden, rechtfertigt dies noch lange nicht die Vorgehensweise Ihrer Beamten.

Rechtzeitige Informationen gegenüber der Hundestaffel hätten sicherlich bewirkt, dass diese durch Sachkenntnis und bedachten Einsatz die Lage unblutig hätten lösen können, um somit auch den positiven Ruf der Polizei zu wahren.

Mein Anliegen diesbezüglich besteht darin, dass künftig bei derartigen Zwischenfällen, soweit als möglich, die Hundestaffel oder ein Tierarzt hinzugezogen wird, um sachgerecht zu handeln.

Ich bitte Sie daher höflichst, meine o.g. Anregung zu überdenken und in Dienstbesprechungen zu erörtern.


Mit freundlichen Grüßen

Lxxxx Hexxxxx


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Bullterrier nach Hunderauferei von Polizei gejagt und erschossen


München, 17.7.03

Ein Polizist hat am Sonntag in Forstenried einen Kampfhund erschossen. Die Mutter des Halters, eine 54-jährige Hausfrau, führte „Tito“ gegen 22.15 Uhr in der Grünanlage an der Zürcher Straße aus. Sie hatte den Bullterrier – ein Kampfhund der Kategorie 2 – nicht angeleint. In der Grünanlage trafen die Frau und der Hund auf einen Mann, der mit seinem Setter spazieren ging. Die Tiere gingen sofort aufeinander los und verbissen sich ineinander.


Die 54-Jährige versuchte einzuschreiten. Dabei biss sie der Bullterrier in die Hand. Der Hund selbst war durch Bisse des Setters verletzt worden und konnte nicht mehr gebändigt werden. Alarmierte Polizeibeamte, unterstützt von einem Hundeführer, versuchten noch, Tito einzufangen. Er hatte sich in einem Gebüsch versteckt. Alle Bemühungen, ihn mit einer Hundestange unter Kontrolle zu bringen, seien gescheitert, sagte ein Polizeisprecher. Schließlich flüchtete das Tier in Richtung U-Bahn-Station Forstenrieder Allee. Dabei überquerte es mehrere Straßen. „Da zu befürchten war, dass der Bullterrier wegen seiner Verletzungen eine gesteigerte Aggressivität entwickelt und andere Personen angreifen könnte“, so die Polizei, zog ein Beamter seine Waffe und erschoss das Tier. Zwei Schüsse gab der Polizist, der auch Jäger ist, mit seiner Dienstwaffe ab.


Der neun Jahre alte Hund war vor drei Monaten von seinem Halter aus Bosnien nach München gebracht worden. Um diesen Kampfhund halten zu dürfen, muss der Besitzer ein Gutachten anfertigen lassen. Dies war auch geschehen. In dem Gutachten heißt es, der Bullterrier dürfe nur an der Leine ausgeführt werden. Weil die 54-Jährige dies unterlassen hat, droht ihr eine Anzeige.
 

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