OS/3 für eine offene Stadt, Fraktionszeitung März 2001

 

Köter als Volksfeind

Polizei, Behörden und Bauerein päppeln die Kampfhunde-Hatz

 

So wie Fred K. stellt sich wohl niemand einen Kampfhundehalter vor: Der hagere Intellektuelle ist denn auch zu Tyson, einem American Staffordshire Terrier, eher gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Sein minderjähriger Sohn, der den Hund irgendwann mitgebracht hat, darf ihn nicht halten, wodurch Fred K. mitten in der überschwappenden deutschen Kampfhunde-Hysterie des Sommers 2000 zum Kampfhunde-Besitzer avancierte. Die Folgen waren und sind dramatisch: Mobbende Haus-Mitbewohner, der Gassi - Gang als Spießrutenlauf, anonyme Zettel an Hauswänden, - Fred K. hat in „Offenen Stadt“ Nr. 3/2000 den Alltag des Halters eines als Bestie abgestempelten Tieres beschrieben. Aber die Geschichte ist weitergegangen: Die wie in Deutschland, so auch in Hessen neu geschaffene Verordnungs-Lage zwang den materiell nicht eben rosig dastehenden Buchautor, seinen Hund eine mehrere hundert Mark teure „Wesensprüfung“ absolvieren zu lassen. Die bestand der Rüde Tyson allerdings mit Bravour, - dem Tier wurde bescheinigt, weder aggressiv noch sonst wie gefährlich zu sein, einen Maulkorb braucht er nicht zu tragen.

Entwarnung? Von wegen: Im Frühherbst sah sich K. beim abendlichen Spaziergang auf der Mathildenhöhe (mitsamt Tyson, versteht sich) von etlichen Polizisten mit Maschinenpistolen mim Anschlag umstellt: Ein Passant hatte sich „bedroht“ gefühlt. Im Zusammenhang mit der Kampfhunde-Hysterie greift mittlerweile bereits die präventive Schuldvermutung: Eine einzelne Kreatur wird zur existenziellen Gefahr für die Allgemeinheit, nur weil sie einer verteufelten Hunderasse angehört, differenziert wird nicht.

Seine Wohnung verlässt Fred K. nur noch auf denkbar leisen Sohlen: Nachdem zuerst mit anonymen „Aushängen“ im Hausflur Stimmung gegen ihn gemacht worden war, ist ein Mit-Mieter jetzt zum offenen Angriff übergegangen. Und ein mit wahrheitswidrigen Behauptungen gespicktes Denunziations-Schreiben an den (städtischen) Bauverein zeitigte sogleich die gewünschte Wirkung, - der zuständige Sachbearbeiter drohte Fred K. die fristlose Wohnungs-Kündigung für den Fall an, dass Tyson nicht binnen zweier Wochen „dauerhaft aus der Wohnung entfernt“ worden sei. Das aber wäre für eben für jenes Tier, dem amtlich bescheinigt worden ist, ein glattes Todesurteil: Den nimmt keiner. Und eine teurere Wohnung kann sich Fred K. nicht leisten. Alle Umstände sind dem Bauverein bekannt: Die bestandene Wesensprüfung, die Befreiung vom Maulkorb-Zwang, die verbriefte Eignung von Fred K. als Hundehalter. Aber wenn ein Mensch und/oder gar ein Tier erst mal als dubios gilt, hat der Denunziant auch recht, wenn bewiesen ist dass er nicht recht hat.

Kürzlich hat die EU-Kommission das deutsche Anti-Kampfhunde-Recht als nicht ausreichend begründet kritisiert. Muss sich Fred K. am Ende nicht nur eine andere Wohnung, sondern gleich noch ein anderes Land suchen?

 

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