Des Volkes Freude
Wenn es um Volksvertreter geht sind
die meisten Menschen blind. Manchmal liegt es aber auch daran daß sie nur
nicht sehen können. Dabei ist die Strategie der Volksvertreter recht
einfach. Ist das Volk unzufrieden, mischen sich die Vertreter des Anstandes
und der guten Sitten unter die Menge, verzehren eine Bratwurst und trinken
ein kühles Bier. Vergessen sind der Menschen Sorgen und Nöte. Das Volk
fühlt, ER ist einer von uns.
Reicht eine Bratwurst und ein Bier nicht mehr, tritt der Kanzler in den
Ring. Ein Kanzler hat die Aufgabe zu reden und dabei zu lächeln. Wie bei den
Arbeitslosenzahlen. Ein guter Kanzler ist verheiratet. Seine Gattin muß
Kinder lieben, weil das Volk es so mag. Kinder müssen erzogen werden. Das
muß man dem Volk sagen. Keiner kann das besser als des Kanzlers Gattin.
Manchmal reicht auch das nicht. Dann schafft man einen Sündenbock, oder
mehrere. Am besten aus den eigenen Reihen. Auch darüber freut sich das Volk.
Findet man keine Sündenböcke mehr, weil man zu viele hat, muß man
nachdenken. Dafür eignen sich Arbeitskreise. Allerdings besteht in
Arbeitskreisen die Gefahr, daß dort neue Sündenböcke geschaffen werden.
Beliebt sind deshalb Kommissionen. In Kommissionen sind so viele Menschen,
daß es nicht mehr möglich ist, darin Sündenböcke zu finden. Das Volk
versteht auch das.
Ein Volk muß beschäftigt werden, sonst langweilt es sich, oder es beginnt
nachzudenken. Ein nachdenkliches Volk will aber niemand. Ein Volk welches
nachdenkt könnte etwas bemerken. Um dies zu vermeiden schafft man
Gesetze,Verordnungen und Vorschriften. Bis auch die das Volk langweilen und es
zürnt, weil alle Völker zürnen wenn sie nicht beschäftigt werden.
Bevor des Volkes Zorn überhand nimmt, und Wehklagen das Land erfüllt, oder
weiße Steine auf die Häupter der Oberen fallen und keiner das Unheil mehr
aufhalten kann muß man politische Debatten führen. Politische Debatten dienen dem Zweck zu
debattieren. Sie erfreuen das Volk aber nur, wenn es daran teilhaben kann.
Dafür gibt es Radio und Fernsehen. Dort hört und sieht man was gesprochen
wird, ohne daß man versteht was gesagt wird.
Neulich war ich in Ägypten. Dort gibt es viele Pyramiden. In den Pyramiden
fand man Kammern und in den Kammern Mumien. Neben den Mumien lagen Geschenke
und viele Piaster. Mit den vielen Piastern sollte es den Verstorbenen gut
gehen. Damit sie auch weiterhin alles bezahlen konnten, zum Beispiel
Benzin. Neben den großen Kammern waren kleinere Kammern. Auch dort fand man
Mumien, Grabbeigaben und Piaster. Es waren die Kammern der Minister. Die
Minister gaben einige Zeit Rätsel auf. Ihre Schädeldecken waren mit Kerben
versehen und konnten angehoben werden. Gehirnreste fehlten. Die Hohlräume
bargen Schriften, zu Rollen gewickelt. Sie wurden entziffert. Es waren
Ernennungsurkunden. Ernennungsurkunden erhielten hohe Staatsbeamte. Darin
wurde ihnen bescheinigt, daß sie fortan und für alle Zeiten gut versorgt
werden.
So konnte auch das letzte Rätsel der Mumien gelöst werden. Es war das
Rätsel, warum sie lächelten. Und immer noch lächeln. Bis heute!
© Peter Grunert
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