- Drucksache  13/4041

 

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
13. Wahlperiode

 

Drucksache  13/4041

 

18.06.2003

 Antwort der Ministerin für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18. Juni 2003 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Innenminister:

Zur Frage 1

Die Landesregierung hat bereits in Beantwortung der Kleinen Anfrage 1156 (Drs. 13/3569) darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit - also auch vor Inkrafttreten der LandeshundeverordnungNRW vom 30. Juni 2000 - keine amtlichen Zahlen zu Zwischenfällen mit Hunden in NRW erhoben wurden.

Allerdings gab es seinerzeit eine Reihe von Erkenntnisquellen, die die Einschätzung rechtfertigten, dass Hunde bestimmter Rassen ein erhöhtes Gefährdungspotenzial aufweisen. Erkenntnisse dazu wurden abgeleitet von kompetenten Fachmeinungen zu bestimmten aggressionsfördernden Zuchtlinien, den spezifischen Merkmalen eines Hundes (Größe, Gewicht, Beißkraft und Charakter), registrierten Beißvorfällen sowie über einen Austausch mit den Fachbehörden anderer Bundesländer.

Aufgrund von gehäuft aufgetretenen schweren Beißvorfällen, auch mit Todesfolge, im Jahre 2000 - auch in NRW - war ein schnelles und entschlossenes Handeln der Landesregierung erforderlich, um einen vorsorgenden Schutz - insbesondere von Kindern und älteren Menschen - vor gefährlichen und potenziell gefährlichen Hunden sicherzustellen. Dabei musste auf die seinerzeit zur Verfügung stehenden Informationsgrundlagen zurückgegriffen werden.

Die Landesregierung hatte sich zudem am Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Januar 2000 orientiert, in dem bestätigt wurde, dass im Rahmen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative auch die Rassezugehörigkeit von Hunden als Anknüpfungspunkt für bestimmte Rechtsfolgen herangezogen werden darf.

Der Bundesgesetzgeber ist im Rahmen seiner Befugnisse ebenfalls tätig geworden. So hat er das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 und die Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 erlassen. In diesen Rechtsvorschriften sind ebenfalls strenge Regelungen für die dort ausdrücklich als gefährlich benannten Rassen vorgesehen (Einfuhr- und Verbringungsverbot bzw. Zuchtverbot), die ebenfalls im Landeshundegesetz NRW als Hunde, deren Gefährlichkeit vermutet wird, aufgeführt werden.

Der Landesgesetzgeber folgte mit dem Landeshundegesetz NRW im Wesentlichen den Empfehlungen der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 07./08. November 2001, in denen ebenfalls die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse als Anknüpfungspunkt für einen differenzierten Katalog von Pflichten und Maßnahmen für zulässig erachtet wurde.

Zur Frage 2

Die als Anlage beigefügte Übersicht ist das zusammengefasste Ergebnis einer landesweiten Abfrage für das Jahr 2001. Die berichteten Daten wurden von den Bezirksregierungen zusammengefasst und dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz übermittelt und basieren auf freiwilligen Erfassungen einzelner Kommunen. Da eine einheitliche Erfassungsgrundlage nicht bestand, ist nicht sichergestellt, dass alle Beißvorfälle erfasst wurden. Auf eine Veröffentlichung der Daten wurde deshalb bisher verzichtet.

Zur Frage 3

Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen

Zur Frage 4

Hunderassen wurden und werden für einen jeweils individuellen Bestimmungszweck gezüchtet. Es ist davon auszugehen, dass diese über viele Hunde-Generationen und Jahrzehnte hinweg eingezüchteten speziellen Eigenschaften in den genetischen Anlagen der Tiere verankert bleiben. Die Vorfahren der als gefährlich vermuteten Hunderassen wurden ursprünglich oftmals zu Hundekämpfen oder Kämpfen mit anderen Tieren eingesetzt und gezüchtet, insofern hat eine auf Aggressivität gerichtete Zuchtauswahl bei den in § 3 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 LHundG NRW genannten Hunderassen stattgefunden. Es ist in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass diese Erbanlagen bei einzelnen Hunden der entsprechenden Rassen, insbesondere bei bewussten Aggressionszüchtungen, auch wieder verstärkt hervortreten können. Aus Gründen des vorsorgenden Schutzes vor Gefahren für Menschen und Tiere hat der Gesetzgeber beschlossen, dass die Haltung von Hunden dieser Rassen erlaubnispflichtig ist und die Hunde ihre Ungefährlichkeit unter Beweis stellen müssen, bevor sie von der vorgeschriebenen Anlein- und Maulkorbpflicht befreit werden können.

 

Das Sachverständigen-Gremium der Arbeitsgemeinschaft der für das Veterinärwesen zuständigen obersten Landesbehörden (ArgeVet) und der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat nach ausführlicher Erörterung und Sachverständigenanhörung in seiner Sitzung am 5. September 2001 festgelegt, dass bei Hunden bestimmter Rassen zwei Gruppen zu unterscheiden sind. Diese sollten entsprechend ihrer potenziellen Gefährlichkeit differenzierten gefahrenabwehrrechtlichen Vorschriften unterliegen. Dieser Empfehlung, die die IMK am 07./08. November 2001 angenommen hat, ist der Landesgesetzgeber bei der Benennung der Rassen in den Kategorien der vermutet gefährlichen Hunde (§ 3 Abs. 2 LHundG NRW) und der Hunde bestimmter Rassen (§ 10 Abs. 1 LHundG NRW) gefolgt.

Anlage
 

Anlage 1

 

Registrierte Vorkommnisse mit Hunden in Nordrhein-Westfalen

Erfassungszeitraum: Jahr 2001

Erfassungsgrundlage: Berichte einzelner Kommunen

 

Rasse/Kreuzung

Gefährlichkeit nach Landeshundeverordnung

Mensch wurde durch Hund

Hund wurde durch Hund

 

Anlage 1

Anlage 2

Sonstige

verletzt

getötet

verletzt

getötet

Afghane

 

 

x

 

 

2

 

Airedale Terrier

 

 

x

8

 

9

 

Akbas

 

x

 

 

 

 

 

Akita Inu

 

 

x

 

 

1

 

Alano

x

 

 

 

 

1

 

American Bandog

 

 

x

2

 

8

 

American Bulldog

x

 

 

 

 

 

1

American Staffordshire Terrier

x

 

 

43

 

87

5

American Staffordshire Terrier – Mischling

x

 

 

8

 

21

2

Appenzeller Sennenhund

 

 

x

2

 

 

 

Australian Shepard

 

 

x

 

 

1

 

Bearded Collie

 

 

x

2

 

 

 

Berger de Beauce (Beauceron)

 

x

 

1

 

 

 

Berger de Brie (Briard)

 

x

 

3

 

3

 

Berner Sennenhund

 

 

x

13

 

17

 

Bernhardiner

 

 

x

1

 

2

 

Bobtail

 

 

x

1

 

 

 

Bordeaux Dogge

 

 

x

 

 

1

 

Border Terrier

 

 

x

2

 

2

 

Boston Terrier

 

 

x

1

 

 

 

Bouvier

 

 

x

 

 

1

 

Boxer

 

 

x

3

 

17

 

Bullmastiff

 

x

 

 

 

3

 

Bullterrier

x

 

 

1

 

13

 

Chow-Chow

 

 

x

 

 

3

 

Cocker Spaniel

 

 

x

 

 

2

 

Collie

 

 

x

19

 

16

1

Dackel

 

 

x

13

 

8

2

Dalmatiner

 

 

x

3

 

13

2

Deutsch-Langhaar

 

 

x

 

 

1

 

Deutsch-Drahthaar

 

 

x

7

 

7

 

Deutsche Dogge

 

 

x

6

 

11

2

Deutscher Jagdterrier

 

 

x

4

 

1

 

Dobermann

 

x

 

34

 

45

 

Dogo Argentino

x

 

 

2

 

3

2

Estrela-Berghund

 

x

 

 

 

 

 

Eurasier

 

 

x

1

 

 

 

Fila Brasileiro

x

 

 

1

 

 

 

Foxterrier

 

 

x

1

 

2

 

Golden Retriever

 

 

x

22

 

25

1

Gordon Setter

 

 

x

 

 

2

 

Hannover’scher Schweißhund

 

 

x

2

 

 

 

Hovawart

 

 

x

4

 

10

 

Husky

 

 

x

5

 

13

4

Irish Soft Coated Wheaten

Terrier

 

x

1

 

 

 

Irischer Wolfshund

 

 

x

 

 

2

 

Jack Russel Terrier

 

x

 

7

 

14

 

Kangal

 

 

x

2

 

2

 

Kaukasischer Owtscharka

 

x

 

2

 

2

 

Kuvasz

 

x

 

1

 

 

 

Labrador

 

 

x

22

 

17

1

Landseer

 

 

x

2

 

3

 

Leonberger

 

 

x

 

 

2

 

Malamut

 

 

x

 

 

1

 

Maremmaner Hirtenhund

 

x

 

 

 

 

 

Mastiff

 

x

 

 

 

 

 

Mastino Espanol

x

 

 

 

 

1

 

Mastino Napoletano

x

 

 

10

 

11

 

Münsterländer

 

 

x

23

 

15

 

Neufundländer

 

 

x

4

 

7

 

Pitbull Terrier

x

 

 

15

 

24

1

Pitbull Terrier – Mischling

x

 

 

5

 

5

 

Polski Owczarek Podhalanski

 

x

 

 

 

 

 

Pudel

 

 

x

4

 

1

 

Pyrenäenberghund

 

x

 

1

 

1

 

Rehpinscher

 

 

x

3

 

1

 

Rhodesian Ridgeback

 

 

x

1

 

2

 

Riesenschnauzer

 

 

x

5

 

10

 

Rottweiler

 

x

 

76

 

95

1

Rottweiler - Mischling

 

x

 

18

 

24

 

Schäferhund

 

 

x

221

 

314

20

Schäferhund – Mischling

 

 

x

61

 

78

7

Schnauzer

 

 

x

3

 

2

 

Scottish Deerhound

 

 

x

1

 

 

 

Shar Pei

 

 

x

1

 

1

 

Slovensky Cuvac

 

x

 

 

 

1

 

Spitz

x

 

 

6

 

4

 

Staffordshire Bullterrier

x

 

 

4

 

8

5

Südrussischer Owtscharka

 

 

x

 

 

 

 

Tibetanischer Mastiff

 

x

 

 

 

 

 

Toganischer Windhund

 

 

x

 

 

1

 

Tosa Inu

x

 

 

 

 

 

 

Vizsla

 

 

x

1

 

3

 

Weimaraner

 

 

x

 

 

2

 

Welsh Terrier

 

 

x

1

 

1

 

West Highland White Terrier

 

 

x

 

 

1

 

Yorkshire Terrier

 

 

x

2

 

 

 

Sonstige Mischlinge

 

 

x

123

 

139

1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gesamt

 

 

841

 

1.146

58

Die fettgedruckten Rassen entsprechen denen der §§ 3 Abs. 2 und 10 Abs. 1 LHundG NRW