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Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom
02.01.2002 (3 VG 3708/2001): Erlaubnisse zum Halten von gefährlichen Hunden, die aufgrund der Hundeverordnung aus dem Jahre 1991 erteilt wurden, haben spätestens mit Geltung der Hundeverordnung aus dem Jahre 2000 ihre Wirksamkeit verloren.
Tatbestand Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem ihr die Haltung ihres Pit-Bullterriers verboten wird. Die Klägerin ist Halterin eines Pit-Bullterriers. Mit Bescheid der Beklagten vom 20. September 1991 wurde ihr unter Zugrundelegung des § 2 der Verordnung über die Zucht von Kampfhunden und das Halten von Hunden vom 4. Juni 1991 (HundeVO 1991 - GVBl. S. 235 - ) die Haltung dieses Hundes gestattet. Gleichzeitig wurde ihr nach § 3 Abs. 2 HundeVO 1991 einer Ausnahme von der Anleinpflicht mit der Begründung gewährt, dass nach dem Gutachten des Amtstierarztes keine Verhaltensstörungen gegenüber Mensch und Tier bei ihrem Kampfhund zu erkennen seien. Mit Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 2000 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Haltung des Hundes zu untersagen. Es handele sich um einen gefährlichen Hund i. S. v. § 1 Abs. 1 der Verordnung vom 18. Juli 2000 (GVBl. S. 152 – HundeVO -) . Die Klägerin habe entgegen § 11 Abs. 2 HundeVO von der Notwendigkeit, bis zum 28. November 2001 eine Erlaubnis zur Haltung zu beantragen keinen Gebrauch gemacht und sei der Möglichkeit, die Voraussetzungen für die Erteilung dieser Erlaubnis nachzuweisen, nicht nachgekommen. Die Klägerin wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 4. Januar 2001 an der Beklagte und teilte mit, dass sie im Besitz einer Erlaubnis zur Haltung des Hundes aus dem Jahre 1991 sei. Mit Verfügung vom 26. Juni 2001 untersagte die Beklagte der Klägerin die Hundehaltung. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, binnen zehn Tagen nachzuweisen, dass sie nicht mehr Halterin des Hundes sei. Für den Fall, dass sie diesen Nachweis nicht führe, wurde die Einziehung des Hundes angeordnet und ihr angedroht, dass auch Zwangsmittel angewendet werden könnten. Begründet wurde dieser Bescheid wie folgt: Sie halte einen gefährlichen Hund im Sinne § 1 Abs. HundeVO . Nach § 11 Abs. 2 HundeVO habe derjenige, der einen solchen gefährlichen Hund halte, einer Erlaubnis nach § 2 HundeVO bis zum 28. November 2000 zu beantragen gehabt. Dies habe die Klägerin unterlassen. Dabei komme es nicht darauf an, dass sie aufgrund der älteren, nicht mehr geltenden HundeVO 1991 im Besitz einer Erlaubnis zum Halten des Hundes gewesen sei. Hiergegen legte die Klägerin am 8. Juli 2001 Widerspruch ein, mit der Begründung, die am 20. September 1991 erteilte Genehmigung gelte unverändert fort. Der Widerspruch wurde mit Bescheid der Beklagten vom 20. August 2001 zurückgewiesen. Dieses wird wie folgt begründet: Der Umstand, dass der Klägerin bereits im September 1991 auf der Grundlage der seinerzeit geltenden HundeVO 1991 eine Erlaubnis zum Halten ihres gefährlichen Hundes erteilt worden sei, könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Denn es sei davon auszugehen, dass diese Erlaubnis sich gem. § 43 Abs. 2 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 9. November 1977 (GVBl. S. 333,402 -HmbVwVfG-) auf andere Weise erledigt habe. Die Erlaubnispflicht für das Halten gefährlicher Hunde, die in der HundeVO 1991 vorgesehen gewesen sei, sei nachträglich weggefallen, nämlich durch das Inkrafttreten der Hundeverordnung vom 14. Dezember 1993 (GVBl. S. 379 - HundeVO 1993 - ). Denn die HundeVO 1993 habe mit ihrem § 9 die HundeVO 1991 außer Kraft gesetzt. Selbst wenn man von einer Wirksamkeit der alten Erlaubnis ausginge, entbinde dies die Klägerin nicht von ihrer Verpflichtung, nach der neuen HundeVO, die erheblich verschärfte Bedingungen an die Erteilung eine Erlaubnis stelle, einen Antrag zu stellen. Denn Hintergrund der neuen Hundeverordnung seien eine Vielzahl von Vorfällen, die sich im Zusammenhang mit Kampfhunden ereignet hätten. Ergänzend wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Gegen den ihr am 27. August 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 27. September 2001 Klage erhoben. Diese wird wie folgt begründet: Bei der Genehmigung vom 20. September 1991 handele es sich um einen begünstigenden, rechtmäßigen Verwaltungsakt. Ein Widerruf sei zu keiner Zeit erfolgt. In der HundeVO vom 20. Juli 2000 sei keine Regelung enthalten, die die Bestandskraft des Verwaltungsaktes hinfällig werden ließe. Zutreffend habe die Beklagte daraufhingewiesen, dass gem. § 43 Abs. 2 VwVfG eine erteilte Erlaubnis erlöschen könne, wenn die Erlaubnispflicht wegfalle. Richtig sei, das nach der HundeVO 1993 die Erlaubnispflicht für die Haltung von sogenannten Kampfhunden entfallen sei. Nicht entfallen sei jedoch die Anleinpflicht außerhalb eingefriedeten Besitztum nach § 6 Abs. 2 HundeVO 1993 bzw. § 3 Abs. 2 HundeVO 1991. Genau von dieser Pflicht sei die Klägerin 1991 befreit worden, die Befreiung gelte weiter, so dass demzufolge auch die Erlaubnis zum Halten des Hundes weitergelten müsse. Die Klägerin beantragt, die Bescheide vom 26. Juni 2001 und vom 20. August 2001 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung bezieht sie sich vollen Umfangs auf den Widerspruchsbescheid vom 20. August 2001. Die Sachakte der Beklagten ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe
I. .....
II. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Denn der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2001 i. d. F. des Widerspruchsbescheides und 20. August 2001 ist rechtmäßig und verletzt daher die Klägerin nicht in deren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Zu Recht hat die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden der Klägerin die Haltung ihres Pit-Bullterriers untersagt. Nach § 11 Abs. 2 HundeVO hatte derjenige, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens diese Verordnung im Juni 2000 einen gefährlichen Hund im Sinne des § 1 HundeVO hielt, bis zum 28. November 2001 Erlaubnis nach § 2 HundeVO zu beantragen und die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nachzuweisen. Dieses hat die Klägerin nicht getan, obwohl sie Halterin eines Hundes nach § 1 Abs. 1 Nr. 1HundeVO – nämlich eines Pit-Bullterriers - ist. Entgegen ihrer Auffassung war die Klägerin auch nicht deswegen von dem Erfordernis der Einholung einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 2 HundeVO befreit, weil ihr unter Zugrundelegung der HundeVO 1991 mit Bescheid vom 29.September 1991 die Erlaubnis zum Halten Ihres Hundes erteilt worden war. Denn diese Erlaubnis war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der geltenden HundeVO nicht mehr wirksam, ohne dass es einer Rücknahme des Verwaltungsaktes nach § 49 VwVfG bedurft hätte. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung des § 43 Abs. 2 HmbVwVfG. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder andere Weise erledigt ist. Vorliegend hat sich nämlich die der Klägerin im Jahre 1991 erteilte Erlaubnis zum Halten ihres Hundes zwischenzeitlich anderweitig erledigt. Die Erlaubnis hatte ihre Rechtsgrundlage in §§ 1, 2 Abs. 1 der HundeVO 1991, wonach u.a. das Halten von Bullterriern einer behördlichen Erlaubnis bedurfte. Nachdem das Verwaltungsgericht Hamburg durch Urteil vom 24. November 1992 (17 VG 2854/92) festgestellt hatte, dass die Auswahl der als Kampfhunde geltenden Hunderassen in § 1 HundeVO 1991 verfassungswidrig sei, erließ der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg die HundeVO 1993 und hob damit gleichsam als Reaktion auf das genannte Urteil die als verfassungswidrig eingestufte Erlaubnispflicht für das Halten von Kampfhunden auf. Es wurde mithin nicht nur die als verfassungswidrig eingestufte Norm, die Grundlage für die seinerzeit erteilten Haltererlaubnisse war, aufgehoben, sondern vom Verordnungsgeber bewusst eine Neuregelung erlassen, nach der Hunde, gleich welcher Rasse, erlaubnisfrei gehalten werden konnten. Alleine hieraus ist der Wille des Verordnungsgebers zu erkennen, dass die aufgrund der HundeVO 1991 erteilten Erlaubnisse obsolet und mithin erledigt i.S. des § 43 Abs. 2 HmbVwVfG sein sollen. Diese Entscheidung über die Erlaubnisfreiheit von Kampfhunden galt dann nahezu sieben Jahre bis aus gegebenem Anlass die geltende HundeVO in Kraft trat und für alle "gefährlichen Hunde" wiederum in ihren §§ 2, 1 eine Haltererlaubnis vorschreibt. Gegenteiliges kann die Klägerin auch nicht daraus ableiten, dass ihr neben der Erlaubnis zum Halten ihres Pitt-Bullterriers im Jahre 1991 eine Ausnahme von der Anleinpflicht erteilt worden war. Hierbei handelt es sich um einen als "Ausnahme" bezeichneten unselbständigen Annex zur Haltererlaubnis, der deren rechtliches Schicksal teilt. Selbst wenn man im übrigen – wie die Klägerin – nicht davon ausginge, dass sich die aufgrund der HundeVO 1991 erteilten Erlaubnisse nach Einführung der HundeVO 1993 erledigten, so ergibt sich doch aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der geltenden HundeVO eine entsprechende Verpflichtung, dass Halter sog. gefährlicher Hunde sich eine Erlaubnis nach der nunmehr geltenden HundeVO verschaffen müssen. Zum einen wendet sich § 11 Abs. 2 HundeVO ausnahmslos an alle Halter gefährlicher Hunde. Zum anderen stellt § 3 HundeVO Zuverlässigkeitskriterien auf, die im Hinblick auf die Ereignisse des Sommers 2000 bedeutend schwieriger zu erfüllen sind als die Zuverlässigkeitskriterien des § 2 der HundeVO 1991. Selbst wenn man mithin – wie die Klägerin – die Haltererlaubnis aus dem Jahre 1991 für fortbestehend hielte, kann das Sicherheitsbedürfnis, das dem Schaffen der geltenden HundeVO zugrunde lag, nur dann ausreichend erfüllt werden, wenn Halter entsprechender Hunde sich auch eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 HundeVO verschaffen müssen. Eine solche Haltererlaubnis besitzt die Klägerin für ihren Bullterrier nicht. Da sie diese Erlaubnis weder beantragt hat noch gewillt ist, sie zu beantragen und die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen, war – wie geschehen – ihr das Halten des Hundes zu untersagen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 9.2.2001 – 2 Bs 304/00-). Die Anordnung der Sicherstellung des Hundes (Ziffer 2 der Verfügung vom 26.6.2001) findet ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vom 14 März 1966 (GVBl. S. 77), die Einziehungsanordnung beruht auf § 7 Abs. 3 HundeVO, die Androhung der Zwangsmittel auf §§ 18 Abs. 2, 14 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (GVBl. 1961 S. 79, 136). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die ungeklärte Rechtfrage wegen bei der Beklagten anhängigen Parallelverfahren grundsätzliche Bedeutung hat.
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