Verwaltungsvorschriften
zum Landeshundegesetz (VV LHundG NRW)
RdErl. des Ministeriums für Umwelt und
Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - VI-7 - 78.01.52 - vom
02.05.2003
Zum Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeshundegesetz - LHundG NRW) vom 18. Dezember 2002 (GV. NRW. S. 656) ergehen
folgende Verwaltungsvorschriften, zugleich als allgemeine Weisung nach § 9 Abs.
2 Buchstabe a OBG:
I.
Allgemeiner Teil
1
Die in der Vergangenheit aufgetretenen und immer wieder auftretenden, zum Teil
schwerwiegenden Vorfälle, bei denen Personen, insbesondere Kinder und ältere
Menschen von Hun-den angegriffen, schwer verletzt oder getötet wurden, machten
es erforderlich, zum Schutz der Bevölkerung und zur Vorsorge gegen mögliche
Gefährdungen das Landeshundegesetz (LHundG) zu erlassen. Damit werden in
Nordrhein-Westfalen für die Haltung gefährlicher, näher bestimmter und größerer
Hunde besondere Pflichten und für den Umgang mit diesen Hunden
Verhaltensanforderungen festgelegt. Das LHundG soll zu einem Rückgang der
Beiß-vorfälle und bei den Hundehaltern zu einem verantwortungsvolleren Umgang
mit Hunden führen.
Nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse
ist davon auszugehen, dass für gefährliches Verhalten von Hunden die
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse insbesondere aber die mangelnde
Sachkunde und Eignung des Halters oder die falsche Erziehung und Ausbildung des
Hundes sowie situative Einflüsse unterschiedlichster Art ursächlich sein können.
Die nach der Gefährlichkeit und dem Gefährdungspotenzial von
Hunden abgestuften ordnungsrechtlichen Regelungsinstrumente des LHundG NRW
entsprechen weitgehend den Empfehlungen der Ständigen Konferenz der
Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 07./08. November 2001.
2
In dem Gesetz wird entsprechend den Empfehlungen der IMK teilweise an die
Zugehörigkeit eines Hundes zu einer Rasse angeknüpft. Danach gelten aufgrund der
Rassezugehörigkeit als gefährlich Hunde der Rassen Pitbull Terrier, American
Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier und deren
Kreuzungen. Für diese Hunde hat der Bundesgesetzgeber bereits ein Einfuhr-,
Verbringungs- und Zuchtverbot erlassen. Bei Hunden der aufgeführten Rassen ist
zuchtbedingt und durch rassespezifische Merkmale (wie z.B. die körperliche
Konstitution, Größe, Gewicht, Beißkraft, Muskelkraft, Sprungkraft) oder wegen
des Auffälligwerdens durch Beißvorfälle und vorhandener Aggressionsmerkmale
(niedrige Beißhemmung, Beschädigungswille, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen
Angriffe) ein höheres Gefahrenpotenzial zu vermuten. Eine Aussage über die
individuelle Gefährlichkeit eines jeden Tieres dieser Rassen wird damit nicht
getroffen.
Darüber hinaus sind auch solche Hunde - unabhängig von ihrer
Rasse - gefährliche Hunde im Sinne des LHundG, die aggressionssteigernd
gezüchtet oder ausgebildet wurden oder durch Fehlverhalten ihre Gefährlichkeit
unter Beweis gestellt haben und dies nach einer amtstierärztlichen Begutachtung
durch die zuständige Ordnungsbehörde verbindlich festgestellt wurde.
Für den Umgang mit gefährlichen Hunden stellt das Gesetz
folgende strenge Anforderungen auf:
Erlaubnispflicht für die Haltung:
Neue Haltungen dürfen nur bei Vorliegen eines besonderen
privaten oder öffentlichen Interesses erlaubt werden. Voraussetzungen für die
Erteilung der Erlaubnis sind
- Volljährigkeit von Halterin oder Halter,
- Sachkundebescheinigung der amtlichen Tierärztin/des
amtlichen Tierarztes,
- Zuverlässigkeitsnachweis durch Führungszeugnis,
- Nachweis zur ausbruchsicheren Unterbringung,
- Haftpflichtversicherung mit Mindestdeckungssumme,
- Kennzeichnung des Hundes mit einem Mikrochip.
Verhaltenspflichten:
- Anleinpflicht außerhalb des befriedeten Besitztums (mit
Ausnahme von Hundeauslaufbereichen) mit Befreiungsmöglichkeit nach amtlicher
Verhaltensprüfung,
- Maulkorbpflicht mit Befreiungsmöglichkeit nach amtlicher
Verhaltensprüfung,
- "feste Hand" von Halter und Aufsichtsperson,
- Sachkunde, Zuverlässigkeit und Volljährigkeit auch für
Aufsichtspersonen,
- Verbot, mehrere gefährliche Hunde gleichzeitig zu führen,
- Mitteilungspflichten.
Verstöße können überwiegend als Ordnungswidrigkeiten mit einer
Geldbuße bis zu 100.000 Euro geahndet werden. Die Haltung eines gefährlichen
Hundes ohne Erlaubnis verwirklicht den Straftatbestand des § 143 Abs. 2 StGB.
3
Das Gesetz sieht - den Empfehlungen der IMK folgend - für 10 weitere Hunderassen
besondere Regelungen vor. Auch Hunde dieser Rassen und deren Kreuzungen weisen
rassespezifische Merkmale (beispielsweise niedrige Beißhemmung, herabgesetzte
Empfindlichkeit ge-gen Angriffe, Kampfinstinkt oder ein genetisch bedingter
Schutztrieb) auf, die ein besonderes Gefährdungspotenzial begründen und unter
präventiven Gesichtspunkten besondere Anforderungen an den Umgang erfordern.
Durch die Regelungen soll auch ein Ausweichen von
Hundebesitzern aus "einschlägigen Kreisen" auf Hunde dieser Rassen erschwert
werden. Auf Empfehlung der IMK neu aufgenommen wurden die Rassen Alano und
American Bulldog.
Für Hunde der bestimmten 10 Rassen und deren Kreuzungen gelten
Anforderungen wie für gefährliche Hunde mit folgenden Modifikationen:
- Kein Zuchtverbot,
- kein besonderes Interesse für eine neue Haltung
erforderlich,
- Sachkundeprüfung für die Erlaubnis und Verhaltensprüfung
zur Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht nicht unbedingt durch
amtliche Tierärztin/amtlichen Tierarzt, sondern auch durch anerkannte Stellen.
Durch eine Übergangsvorschrift ist sichergestellt, dass
Erlaubnisse und Entscheidungen über die Befreiung von der Anlein- und
Maulkorbpflicht, die auf der Grundlage der Vorläuferregelung, der
Landeshundeverordnung (LHV NRW), ergangen sind, fortgelten.
4
Unter präventiven Gesichtspunkten und zur Erhaltung des Schutzniveaus erschien
dem Gesetzgeber die Regelung zu großen Hunden, wie sie im Wesentlichen bereits
in der LHV NRW enthalten war, unverzichtbar. Große Hunde können objektiv allein
wegen ihrer Größe oder ihres Gewichtes in Folge äußerer Überraschungsmomente
erhöhte Gefahren für Menschen und Tiere hervorrufen und erheblichen Schaden
verursachen. Zur Kategorie der großen Hun-de gehören beispielsweise Hunde der
Rassen Dobermann und Schäferhund, die in Beißstatistiken vordere Ränge
einnehmen.
Der Umgang mit großen Hunden erfordert eine durch sachkundige
Haltung geprägte frühe Sozialisation, konsequente Erziehung und eine feste Hand.
Das LHundG knüpft an die ordnungsrechtlichen Regelungen der LHV NRW an,
vereinfacht und erleichert aber den Vollzug für Halterinnen oder Halter und
zuständige Behörden.
Anforderungen an den Umgang mit großen Hunden sind:
- Pflicht zur Anzeige der Haltung,
- Sachkundenachweis, soweit nicht dreijährige unbeanstandete
Haltung oder Zugehörigkeit zu sachkundigen Personenkreisen oder Berufsgruppen,
- Sachkundebescheinigung durch anerkannte Stellen (z.B.
Hundesportvereine) oder benannte Tierärztinnen/Tierärzte,
- Zuverlässigkeit; Vorlage eines Führungszeugnisses nur bei
Anhaltspunkten für Unzuverlässigkeit,
- Haftpflichtversicherung für den Hund,
- Kennzeichnung des Hundes mit Mikrochip,
- Anleinpflicht innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile
im öffentlichen Verkehrsraum.
Durch eine Übergangsvorschrift wird sichergestellt, dass unter
Geltung der LHV NRW erfolgte Anzeigen, vorgelegte Bescheinigungen und Ähnliches
fortgelten bzw. beim Vollzug des Gesetzes von den zuständigen Behörden anerkannt
werden.
5
Über die Regelungen zu gefährlichen und großen Hunden hinaus wurden in das
Gesetz für den Umgang mit allen Hunden allgemeine Grundpflichten aufgenommen.
Für alle Hunde gelten:
- Grundpflicht zu gefahrvermeidendem Umgang,
- Anleinpflicht in Örtlichkeiten und Situationen mit
typischerweise erhöhtem Publikumsverkehr,
- Verbot von Agressionsausbildung, -zucht und -kreuzung.
Dadurch wird der Unberechenbarkeit des Verhaltens eines Tieres
und der dadurch möglichen Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter
(Grund für die zivilrechtliche Tierhalterhaftung) Rechnung getragen und das
Risiko einer Gefährdung oder eines Schadenseintritts deutlich reduziert.
II.
Besonderer Teil
1
Zu § 1 (Zweck des Gesetzes)
Die Zweckbestimmung verdeutlicht den Charakter des Gesetzes
als spezielles Gefahrenvorsorge- und -abwehrgesetz in Bezug auf Hunde. Den durch
unsachgemäßen Umgang des Men-schen mit Hunden drohenden Gefahren soll begegnet
werden.
2
Zu § 2 (Allgemeine Pflichten)
2.1
§ 2 Abs. 1 normiert eine allgemeine Verhaltenspflicht, die für alle Personen
gilt, die mit Hun-den umgehen. Durch verantwortungsvolles Verhalten ist zu
gewährleisten, dass die Hunde nicht gefährlich werden. Beim Führen können
Gefahren beispielsweise entstehen, wenn Hun-de von nicht geeigneten Personen
geführt werden, sich losreißen können und durch ihr Weglaufen den Straßenverkehr
gefährden oder ältere Menschen und Kinder im öffentlichen Ver-kehrsraum durch
Anrennen zu Fall bringen. Gefahren können auch eintreten, wenn Hunde nicht
ordnungsgemäß gehalten werden, sei es, dass sie nicht ausreichend beaufsichtigt
werden oder dass sie von Grundstücken oder aus Wohnungen entweichen oder
weglaufen können, weil diese nicht genügend gesichert sind. Zur Vermeidung von
Verstößen gegen § 2 Abs. 1 kann die zuständige Ordnungsbehörde im Einzelfall
Anordnungen nach § 12 Abs. 1 erlassen und begangene Verstöße nach § 20 Abs. 1
Nr. 1 als Ordnungswidrigkeit ahnden.
Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften (z.B. die
Tierschutz-Hundeverordnung) sind auf der Grundlage der insofern
spezialgesetzlicheren Regelungen des Tierschutzrechtes durch die für den Vollzug
des Tierschutzrechts zuständige Behörde abzustellen.
2.2
Gemäß § 2 Abs. 2 sind alle Hunde in den unter Nummern 1 bis 4 aufgeführten
Bereichen und bei den dort genannten Veranstaltungen mit typischerweise erhöhtem
Publikumsverkehr angeleint zu führen. Erfahrungsgemäß sind Hunde hier besonders
vielfältigen und starken Au-ßenreizen ausgesetzt, wodurch gehäuft
unvorhersehbare, gefahrverursachende Reaktionen ausgelöst werden. Durch die
Anleinpflicht wird das Gefährdungspotenzial deutlich gesenkt.
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 begründet eine Anleinpflicht für alle Hunde
in öffentlichen Park-, Garten- und Grünanlagen. Dem liegt die gesetzgeberische
Zielsetzung zugrunde, in für die Allgemeinheit eingerichteten und unterhaltenen
Anlagen, in denen regelmäßig unterschiedliche Nutzungen und Nutzungsinteressen
auf begrenztem Raum aufeinander treffen, durch eine Anleinpflicht potentiellen
Gefährdungen durch Hunde vorzubeugen.
Eine "umfriedete" Park-, Garten- oder Grünanlage im Sinne von
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 liegt vor, wenn die Anlage vom sonstigen öffentlichen
Verkehrsraum oder anderweitig genutzten Flä-chen erkennbar abgegrenzt ist. Dabei
ist unerheblich, ob sich die Anlage innerhalb oder au-ßerhalb einer
geschlossenen Bebauung befindet. Die Anleinpflicht gilt beispielsweise auch in
für jedermann zugänglichen Grünanlagen, die in sog. Innenhöfen liegen.
Die Abgrenzung wird in der Regel durch eine Umfriedung mit
Mauer, Zaun, Hecke, Bepflanzung oder Ähnlichem deutlich. Einzelne Lücken sind
unerheblich. Eine Begrenzung ausschließlich durch natürliche Gegebenheiten (z.B.
Bach, Fluss) reicht nicht aus.
Soweit die Erkennbarkeit der Abgrenzung nicht zweifelsfrei
ist, wird den Kommunen empfohlen, die Fläche unter Hinweis auf die Anleinpflicht
als Park-, Garten- oder Grünanlage kenntlich zu machen.
Auch Halter und Aufsichtspersonen, die sich nur vorübergehend
in NRW aufhalten (z.B. Ur-lauber, Gäste) haben die Anleinpflicht zu beachten.
Eine Befreiung von der Anleinpflicht nach § 2 Abs. 2 sieht das LHundG NRW nicht
vor.
Im Einzelfall können zur Abwehr konkreter Gefahren weiter
gehende Anleingebote durch Ordnungsverfügungen nach § 12 Abs. 1 nach
pflichtgemäßem Ermessen in dem dafür erforderlichen Umfang erlassen werden.
Zum Verhältnis von § 2 Abs. 2 zu Anleinpflichten in kommunalen
Regelungen vgl. Nr. 15.2.
Die Anleinpflicht für gefährliche Hunde nach § 3, für Hunde
der in § 10 Abs. 1 bestimmten Rassen sowie deren Kreuzungen ist in § 5 Abs. 2
Sätze 1 und 2 geregelt.
2.3.1
§ 2 Abs. 3 verbietet die Zucht, Ausbildung oder Kreuzung von Hunden mit dem Ziel
einer gesteigerten Aggressivität. Ein Verstoß gegen das Verbot des Absatz 3 ist
beispielsweise das Abrichten von Hunden für sog. Hundekämpfe. Nr. 3.3.1.2 gilt
entsprechend. Ein Verstoß ge-gen das Verbot des aggressionsfördernden Ausbildens
erfüllt den Straftatbestand des § 19 Abs. 1 Nr. 2.
2.3.2
Ein berechtigtes Interesse an einer Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken hat
das Wach- und Sicherheitsgewerbe. Insofern gilt das Verbot nicht für Inhaber
einer Erlaubnis nach § 34 a der Gewerbeordnung im Rahmen eines zugelassenen
Bewachungsgewerbes.
3
Zu § 3 (Gefährliche Hunde)
3.1
Als gefährliche Hunde im Sinne des Gesetzes gelten nach § 3 Abs. 1 Hunde, die
den in Abs. 2 Satz 1 aufgeführten Rassen angehören einschließlich Kreuzungen.
Andere Hunde sind nur dann gefährliche Hunde, wenn sie einer der in Absatz 3
aufgeführten Fallgruppen zuzuordnen sind und dies verbindlich festgestellt wurde
(vgl. Nr. 3.3.2).
3.2.1
Bei den aufgeführten vier Rassen wird vermutet, dass die diesen angehörenden
Hunde bereits eine durch Zuchtauswahl bedingte gesteigerte Aggressivität
aufweisen. Hinzu kommen die rassespezifischen Merkmale wie Beißkraft, reißendes
Beißverhalten und Kampfinstinkt, die eine Zuordnung von Hunden der aufgeführten
Rassen sowie deren Kreuzungen zu den gefährlichen Hunden rechtfertigen. Für die
genannten Rassen und deren Kreuzungen hat der Bundesgesetzgeber in § 2 Abs. 1
Satz 1 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz vom 12. April 2001
(BGBl. I S. 530) bereits ein Einfuhr- und Verbringungsverbot und über § 11 b
Abs. 2 Buchst. a TSchG in Verbindung mit § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung vom
02.05.2001 (BGBl. I S. 838) ein Zuchtverbot erlassen.
3.2.2
Die Regelungen zu gefährlichen Hunden gelten auch für deren Kreuzungen
untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden.
Von einer Kreuzung ist auszugehen, wenn ein Hund nach seiner
äußeren Erscheinung (Phänotyp) trotz der erkennbaren Einkreuzung anderer Rassen
in markanter und signifikanter Weise die Merkmale einer oder mehrerer der
genannten oder bestimmten Rassen zeigt.
In der Praxis ist das Vorliegen einer Kreuzung häufig schwer
eindeutig festzustellen, da selten Abstammungsnachweise vorliegen. Tierärztliche
Bescheinigungen oder eine Rassebestimmung im Impfpass können bei der Beurteilung
als Indizien mit berücksichtigt werden. Die in § 3 Abs. 2 Satz 2 vorgesehene
Beurteilung nach dem Phänotyp erfolgt durch die zuständige Ordnungsbehörde. In
Zweifelsfällen und gegebenenfalls in einem Widerspruchsverfahren sollen
Zuchtwarte oder die amtliche Tierärztin/der amtliche Tierarzt hinzugezogen
werden. Die Kosten, die durch die Hinzuziehung sachverständiger Dritter
entstehen (vgl. § 26 Abs. 3 Satz 2 VwVfG NRW) sind Auslagen im Sinne des
Gebührengesetzes.
3.2.3
Soweit die zuständige Ordnungsbehörde nach Nr. 3.2.2 zu einer Einstufung des
Hundes als Kreuzung im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 gelangt und dies von der
Halterin oder dem Halter angezweifelt wird, überträgt § 3 Abs. 2 Satz 3 die
Beweislast für das Nichtvorliegen einer solchen Kreuzung aus Gründen der
Gefahrenvorsorge auf die Halterin oder den Halter. Damit wird verhindert, dass
die Erlaubnispflicht und sonstige Halterpflichten durch Schutzbehauptungen
umgangen werden.
§ 3 Abs. 2 Satz 2 gilt mangels Verweis nicht für Hunde im
Sinne von § 10 Abs. 1.
3.3.1
Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 handelt es sich im Einzelfall um einen gefährlichen Hund,
wenn das Vorliegen einer der in den Nrn. 1 bis 6 abschließend aufgeführten
Tatbestände festgestellt ist. Die eine Gefährlichkeit im Einzelfall begründenden
Umstände können in einer falschen Ausbildung, Zucht oder Kreuzung (Nrn. 1 und 2)
liegen oder sich durch tatsächliches, gefahrverursachendes Fehlverhalten des
Hundes (Nrn. 3 bis 6) gezeigt haben.
3.3.1.1
Aggressionssteigernde Handlungen
Von Hunden, die mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität
gezüchtet, ausgebildet oder gekreuzt werden oder wurden, geht im Allgemeinen
eine erhöhte Gefahr für Menschen, Hun-de und andere Tiere aus.
Zucht ist das zielgerichtete Verpaaren von einer Hündin mit
einem Rüden oder die absichtli-che Inkaufnahme des Verpaarens eines dieser
Tiere. § 9 Satz 2 gilt entsprechend.
3.3.1.2
Gefahrbegründende Ausbildungen
Die Ausbildung zum Nachteil des Menschen oder zum Schutzhund
obliegt generell behördlichen Einrichtungen (diensthundehaltenden Verwaltungen),
die über die erforderliche kynologische Sachkunde verfügen (vgl. § 17 Satz 1).
Die Ausbildung zum Schutzhund bzw. die Ausbildung zum Nachteil
des Menschen ist nicht mit der Schutzdienst- oder Sporthundausbildung des Hundes
zu verwechseln. Bei der Schutzdienst- oder Sporthundausbildung wird lediglich
der Beutetrieb des Hundes gereizt und seine bereits erlernte Unterordnung
(Gehorsam) auch und gerade in Trieb- und unter Stresssituationen überprüft.
Dieser Schutzdienst- oder Sporthundausbildung muss in jedem Fall die sog.
Begleithundeausbildung vorausgehen, in der der Hund lernt, den Hör- und
Sichtzeichen seines Halters umfassend zu folgen und auf Umweltreize sicher und
ruhig zu reagieren. Hunde, die eine ordnungsgemäße Schutzdienst- oder
Sporthundeausbildung begonnen oder erfolgreich abgeschlossen haben, fallen
insofern nicht unter § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2.
Missbräuchliche Abweichungen von der Schutzdienst- oder
Sporthundausbildung, die eine Konditionierung zum Nachteil des Menschen zur
Folge haben können, werden dagegen von der Regelung erfasst. Insoweit sollen
auch mögliche Fehlentwicklungen innerhalb der Schutzdienst- oder
Sporthundeausbildung verhindert werden.
Das Abrichten auf Zivilschärfe ist eine den Hund nicht in
seiner Wesensgesamtheit erfassende Beeinflussung mit dem Ziel, dass der Hund
lernt, auf vom Abrichter gegebene Hör- oder Sichtzeichen Menschen oder Tiere
anzugreifen.
Hunde im Einsatz von Wachdiensten können eine Abrichtung für
den zivilen Personen- und Objektschutz absolviert haben. Bei dieser Abrichtung
wird die Zivilschärfe des Hundes erzeugt. Derartige Hunde erfüllen das
Tatbestandsmerkmal des Ausgebildetseins auf Zivilschärfe im Sinne von § 3 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2.
Die für die Nachsuche von Wild (§ 30 Landesjagdgesetz)
erforderliche Wildschärfe der Jagdhunde ist keine Schärfe im Sinne von § 3 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2.
3.3.1.3
Zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 5 (Hunde, die sich als bissig erwiesen haben)
Als bissig gilt ein Hund, der einen Menschen durch einen Biss
verletzt oder geschädigt hat, ohne dass er dazu provoziert worden ist (Nr. 3)
oder der einen anderen Hund gebissen hat, ohne von diesem angegriffen worden zu
sein, oder sich über eine Unterwerfungsgeste hinweggesetzt hat (Nr. 5).
Ein Hund gilt nicht bereits als bissig, wenn er allein zur
Verteidigung einer Aufsichtsperson oder zur eigenen Verteidigung gebissen hat.
Ebensowenig rechtfertigt ein arttypisches "Schnappen" als Schreck- oder
Abwehrreaktion die Feststellung der Bissigkeit, soweit dadurch keine
Verletzungen verursacht wurden.
Ob sich ein Hund als bissig im Sinne von Nr. 3 oder 5 erwiesen
hat, wird von der örtlichen Ordnungsbehörde auf der Grundlage eines Gutachtens
(fachliche Stellungnahme) der amtli-chen Tierärztin/des amtlichen Tierarztes
festgestellt. Da das Beißen Bestandteil des artgemäßen typischen
Verhaltensrepertoires des Hundes ist, kann ein Beißvorfall nur unter Würdigung
aller Umstände eine Bissigkeit im Sinne von Nr. 3 oder 5 begründen. Eine
Ermittlung des Geschehensablaufes, der zu dem Beißvorfall geführt hat, ist
erforderlich und erfolgt durch die örtliche Ordnungsbehörde. Dies gilt auch für
die Frage, ob das Beißen zur Verteidigung anlässlich einer strafbaren Handlung
geschah (§ 24 VwVfG.NRW.). Zu ermitteln ist auch, ob und inwiefern der Hund in
der Vergangenheit bereits in Vorfälle verwickelt war, die Tatbe-stände der Nrn.
3 bis 6 betreffen.
Die Vorführung des zu beurteilenden Hundes bei der amtlichen
Tierärztin/beim amtlichen Tierarzt ist zu veranlassen oder nach § 12 Abs. 1
anzuordnen.
Der Hund kann sich bereits durch einen Beißvorfall als bissig
im Sinne von Nr. 3 oder 5 erweisen. Bissigkeit liegt in jedem Fall vor, wenn
festgestellt wurde, dass der Hund mehr als einen Beißvorfall verursacht hat,
ohne dazu provoziert worden zu sein.
Sofern ein Beißvorfall zwischen Hunden vorliegt, begründen
Spielen, Raufen und andere artgemäße Verhaltensweisen von Hunden allein nicht
die Feststellung der Bissigkeit im Sinne von Nr. 5. Hinzu kommen müssen hier
weitere Umstände, z.B. eine erhebliche Verletzung eines Tieres oder Beißen trotz
erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik.
Soweit eine Hundehalterin oder ein Hundehalter bei einer
Beißerei unter Hunden gebissen wurde oder Umstände vorliegen, bei denen der Biss
auf einer reflexhaften Abwehrreaktion des Hundes beruhte (z.B. wenn eine Person
versehentlicht auf die Rute tritt) soll die amtliche Tierärztin/der amtliche
Tierarzt den Hund begutachten. Ziel der Begutachtung ist herauszu-finden, ob die
Einstufung als gefährlicher Hund nach § 3 Abs. 3 gerechtfertigt ist. Die
örtliche Ordnungsbehörde soll das Ergebnis der Begutachtung bei ihrer
Entscheidung beachten.
3.3.1.4
Zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 (gefahrdrohendes Anspringen von Menschen)
Ein Anspringen in gefahrdrohender Weise liegt vor, wenn durch
das Anspringen bei verständiger Betrachtung und Würdigung aller
Einzelfallumstände die Gefährdung eines Men-schen zu befürchten war. Davon ist
insbesondere auszugehen, wenn Hunde Kinder oder ältere Menschen unkontrolliert
derart anspringen, dass diese umfallen oder umzufallen drohen. Der Tatbestand
ist nicht erfüllt, wenn Hunde z.B. auf Menschen zulaufen, um diese erkennbar
harmlos zu begrüßen oder zu beschnuppern. Verantwortungsbewusste Hundehalter
sollten derartige Verhaltensweisen ihres Hundes unterbinden, wenn betroffene
Menschen, z.B. aus Angst, damit ersichtlich nicht einverstanden sind.
3.3.1.6
Zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 (unkontrolliert hetzende, beißende oder reißende
Hunde)
"Hetzen" im Sinne dieser Bestimmung ist gegeben, wenn ein Hund
darin genannte Tiere nachhaltig, d.h. intensiv, zielstrebig und andauernd
verfolgt. Ein Indiz dafür ist das Ausstoßen von Hetzlauten.
Arteigenes Nachlaufen von Hunden ist kein Hetzen in diesem
Sinne.
"Unkontrolliert" bezieht sich sowohl auf "Hetzen" als auch auf
"Reißen". Unkontrolliertes Verhalten eines Hundes liegt vor, wenn die Halterin
oder der Halter oder die Aufsichtsperson nicht in der Lage war, den Hund am
Hetzen oder Reißen zu hindern.
Das Verhalten von Jagdhunden während des jagdlichen Einsatzes
erfüllt nicht die Tatbestandsmerkmale von Nr. 6. Das Vorliegen des jagdlichen
Einsatzes ist von der den Hund führenden Person nachzuweisen.
Auch das bestimmungsgemäße Verhalten von Hütehunden, die vom
Schäfer für das Hüten der Herdentiere eingesetzt werden, erfüllt nicht den
Tatbestand von Nr. 6.
Wer vorsätzlich Hunde auf Menschen oder Tiere hetzt,
verwirklicht den Straftatbestand des § 19 Abs. 1 Nr. 1.
3.3.2
Die Aufklärung der für eine Zuordnung unter die in Nrn. 1 bis 6 genannten
Fallgruppen maßgeblichen Sachverhaltsumstände und die verbindliche Feststellung
erfolgt durch die zuständige Ordnungsbehörde. Dies setzt eine gründliche
Ermittlung des Sachverhaltes oder Geschehensablaufes und eine fachkundige
Begutachtung des Hundes voraus. Insofern bestimmt § 3 Abs. 3 Satz 2, dass der
verbindlichen Feststellung eine Begutachtung aus fachlicher Sicht durch die
amtliche Tierärztin/den amtlichen Tierarzt vorauszugehen hat. Die Vorführung des
zu beurteilenden Hundes bei der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt ist
zu veranlassen oder nach § 12 Abs. 1 anzuordnen.
Bis zur endgültigen Feststellung der Gefährlichkeit im Sinne
des § 3 Abs. 3 sollten sichernde Anordnungen (z.B. Anlein- und Maulkorbpflicht,
ggf. ausbruchsichere Unterbringung) nach § 12 Abs. 1 getroffen werden.
4
Zu § 4 (Erlaubnis)
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist die Haltung eines gefährlichen
Hundes nur zulässig, wenn eine ordnungsbehördliche Erlaubnis dafür erteilt wurde
(Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Satz 2 und Absatz 2 bestimmen, welche
Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sein müssen, um die Erlaubnis zu erhalten.
Die Erlaubnispflicht des § 4 Abs. 1 Satz 1 gilt nach der
Legaldefinition in § 3 Abs. 2 Satz 1 auch für entsprechende Kreuzungen mit
gefährlichen Hunden. Für Hunde bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 gilt §
4 mit Ausnahme von Abs. 2 entsprechend. Die Haltung großer Hunde nach § 11 Abs.
1 bedarf keiner Erlaubnis.
4.1.1
Erlaubnisinhaber
Erlaubnispflichtig sind natürliche Personen, die den Hund
halten. Hundehalterin oder Hundehalter im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ist, wer
nicht nur vorübergehend die tatsächliche Be-stimmungsmacht über den Hund hat.
Hundehalterinnen oder Hundehalter sind Personen, die den Hund
regelmäßig betreuen, erziehen oder auf Probe zum Anlernen halten. Dazu zählen
auch Leiterinnen oder Leiter von Tier-heimen, in denen Hunde gehalten werden.
Hundehalter ist nicht, wer einen Hund nur für einen kurzen Zeitraum von bis zu 6
Wochen in Pflege oder Verwahrung genommen hat. Derjenige, dem ein Hund
zugelaufen ist, gilt als Hundehalter, wenn er den Hund nicht innerhalb von zwei
Wochen bei der örtlichen Ordnungsbehörde ("Fundbüro") gemeldet oder bei einer
von der örtlichen Ordnungsbehörde bestimmten Stelle abgegeben hat. Keiner
Erlaubnis bedarf eine Aufsichtsperson, der vom Erlaubnisinhaber die Aufsicht
über einen Hund nur für kurze Zeit übertragen wurde. Diese Aufsichtsperson muss
allerdings die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 (Sachkunde,
Zuverlässigkeit, Volljährigkeit und Fähigkeit zu sicherem Halten und Führen des
Hundes) erfüllen (vgl. Nr. 5.4).
Bei Eheleuten ist in der Regel ein Ehepartner Halter des
Hundes. Auf die Angaben der Antragsteller zur tatsächlichen Bestimmungsmacht
über den Hund ist abzustellen.
Bei besonderen Fallgestaltungen können auch zwei oder mehrere
Personen gleichzeitig Halter eines Hundes sein, z.B. wenn der Hund regelmäßig
wechselnde Betreuung erfährt. In diesen Fällen muss jede Halterin oder jeder
Halter die persönlichen Erlaubnisvoraussetzungen vollständig erbringen.
Die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist personenbezogen und
erstreckt sich in der Regel auf einen oder mehrere bestimmte Hunde. Gibt eine
Halterin oder ein Halter den Hund ab, hat die neue Halterin oder der neue Halter
für diesen eine Erlaubnis zu beantragen. In Fällen, in de-nen eine Halterin oder
ein Halter bereits über eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 für einen anderen
Hund verfügt, soll die Prüfung der Erlaubnisbehörde möglichst auf die Umstände
beschränkt werden, die in dem neuen Tier begründet liegen.
Leiterinnen oder Leitern von Tierheimen oder vergleichbaren
Einrichtungen kann eine gene-relle Erlaubnis zum Halten von Hunden erteilt
werden; in diesen Fällen liegt in der Regel ein öffentliches Interesse im Sinne
des § 4 Abs. 2 Satz 1 vor (vgl. Nr. 4.2). Bei der Beurteilung der Sachkunde ist
das Vorliegen einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 TSchG zu berücksich-tigen.
Berufs- oder gewerbsmäßigen Halterinnen oder Haltern von
Hunden kann eine Erlaubnis zum Halten von Hunden bestimmter Kategorien oder
Rassen erteilt werden. Gleiches gilt für Aus-bilderinnen/Ausbilder und
Abrichterinnen/Abrichter von Hunden, soweit die Tätigkeit berufs- oder
gewerbsmäßig ausgeübt wird oder ehrenamtlich in Hundevereinen erfolgt, sowie für
Halterinnen und Halter, die im Auftrag von Tierheimen oder Kommunen die Pflege
von Hun-den bis zu deren Weitervermittlung übernehmen ("Pflegehalter").
Personen, die ihren Wohnsitz nicht in NRW haben und sich nur
vorübergehend im Geltungsbereich des LHundG NRW aufhalten, bedürfen keiner
Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1. Die Pflichten des § 5 Abs. 1 bis 4 gelten auch
für diese Personen. Ausnahmen nach § 5 Abs. 3 können auch von diesen Personen
beantragt werden.
Stellt die zuständige Ordnungsbehörde fest, dass die
erforderliche Erlaubnis nicht beantragt oder erteilt worden ist, soll von der
Halterin oder dem Halter unter Fristsetzung verlangt wer-den, einen Antrag auf
Erteilung einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 zu stellen. Das Verlangen soll einen
Hinweis auf die Mitwirkungspflicht der Antragstellerin/des Antragstellers (§ 26
Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW) und dazu enthalten, welche Angaben und Unterlagen
erforderlich sind und welche Folgen bei Nichtbeachtung eintreten können (vgl. §
12 Abs. 2 Satz 1).
Wird der Antrag innerhalb der gesetzten Frist nicht gestellt
oder werden erforderliche Unter-lagen nicht vorgelegt, soll die Haltung des
gefährlichen Hundes nach § 12 Abs. 2 Satz 1 un-tersagt werden.
Die Haltung eines gefährlichen Hundes ohne Erlaubnis
verwirklicht den Straftatbestand des § 143 Abs. 2 StGB. Die zuständige Behörde
gibt die Sache zur Ahndung gemäß § 41 Abs. 1 OWiG an die Staatsanwaltschaft ab.
4.1.2
Erlaubnisvoraussetzungen
Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines
gefährlichen Hundes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist schriftlich bei der zuständigen
Ordnungsbehörde zu stellen.
Der Antrag muss enthalten:
- die Angabe des Namens und der Adresse der Halterin oder des
Halters,
- Angaben zur Identifizierung des Hundes (Rasse, Gewicht,
Größe, Alter, Fellfarbe, Geschlecht, Chipnummer und Name).
Dem Antrag sind Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der
Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und Abs. 7 Satz 1
erforderlich sind. Dazu zählen:
- der Nachweis, dass die Antragstellerin/der Antragsteller
das 18. Lebensjahr vollendet hat (z.B. durch Vorlage des Personalausweises,
Reisepasses oder der Geburtsurkunde),
- der Sachkundenachweis (§ 6),
- zur Prüfung der Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 ein
Führungszeugnis, das von der An-tragstellerin/vom Antragsteller bei der
Meldebehörde zu beantragen ist,
- der Nachweis über den Abschluss einer
Haftpflichtversicherung (§ 5 Abs. 5) für den Hund durch Vorlage eines
Versicherungsscheines; dabei ist glaubhaft zu machen, dass sich die
abgeschlossene Haftpflichtversicherung auf die Rasse des Hundes erstreckt, für
den die Erlaubnis beantragt wird und die Mindestdeckungssumme besteht,
- der Nachweis über die Identitätskennzeichnung des Hundes
durch einen Mikrochip (Vorlage einer tierärztlichen Bescheinigung oder
vergleichbar geeigneter Unterlagen),
- Angaben und Unterlagen, aus denen hervorgeht, welche
Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen dem Hund zur Verfügung stehen,
um eine ausbruchssichere und verhaltensgerechte Unterbringung sicherzustellen
(z.B. Grundrissskizze, Lageplan, Foto).
Die zuständigen Ordnungsbehörden sollen bei gefährlichen
Hunden und Hunden bestimmter Rassen im Sinne des § 10 Abs. 1 vor Erteilung der
Erlaubnis vor Ort überprüfen, ob die Halterin oder der Halter § 4 Abs. 1 Satz 2
Nr. 4 erfüllt. In Zweifelsfällen kann eine amtliche Tier-ärztin/ein amtlicher
Tierarzt zur Überprüfung hinzugezogen werden (§ 26 VwVfG NRW). Soweit dabei
Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften zur verhaltensgerechten
Un-terbringung festgestellt werden, soll die für den Tierschutz zuständige
Behörde darüber unterrichtet werden.
Vom Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz
2 Nr. 3 ist in der Regel ohne weiteres auszugehen. Zweifel an der erforderlichen
körperlichen Konstitution zum sicheren Halten und Führen des Hundes sind im
Einzelfall nur begründet bei einem erkennbar besonderen Missverhältnis zwischen
der körperlichen Konstitution der Halterin/des Halters und der Größe und dem
Temperament des Hundes.
Beim Vorliegen von körperlichen oder geistigen Behinderungen,
die Zweifel an der Voraus-setzung des § 4 Abs. 1 Nr. 3 begründen, soll gemeinsam
mit der Antragstellerin/dem An-tragsteller nach Wegen gesucht werden, um die
Erlaubnisfähigkeit herbeizuführen und durch entsprechende Auflagen im
Erlaubnisbescheid sicherzustellen. Im Einzelfall kann ein amts- oder
fachärztliches Gutachten verlangt werden.
Wird die Erlaubnis für einen gefährlichen Hund im Sinne des §
3 Abs. 2 oder des § 3 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 beantragt, ist unter Beachtung der
Übergangsvorschriften des § 21 Abs. 4 zudem das besondere private oder
öffentliche Interesse an der Haltung nachzuweisen (vgl. Nr. 4.2).
Soweit die Antragstellerin oder der Antragsteller bereits über
eine Erlaubnis für einen anderen Hund verfügt oder eine vergleichbare Erlaubnis
einer Behörde eines anderen Landes besitzt, kann die Erlaubnisbehörde im
Einzelfall ganz oder teilweise von der Pflicht zur Vorlage von Unterlagen
absehen, wenn erforderliche Unterlagen bereits vorliegen oder eine vergleichbare
Prüfung stattgefunden hat (vgl. § 14).
Reichen die vorgelegten Unterlagen für die Prüfung nicht aus,
so können sie von der Antrag-stellerin oder vom Antragsteller innerhalb einer
angemessenen Frist nachgefordert werden. Das Verlangen sollte einen Hinweis auf
die Mitwirkungspflicht der Antragstellerin/des An-tragstellers (§ 26 Abs. 2 Satz
1 VwVfG NRW) und auf die nachfolgend beschriebenen Aus-wirkungen, die ein
Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach sich ziehen kann, enthalten.
Weigert sich die Antragstellerin oder der Antragsteller trotz
Aufforderungen die erforderli-chen Unterlagen innerhalb einer ihr oder ihm
gesetzten Frist, die auch im Falle ihrer Verlängerung sechs Wochen nicht
überschreiten darf, vorzulegen, soll der Antrag abgelehnt werden und die Haltung
nach § 12 Abs. 2 untersagt werden.
4.2
Besonderes Interesse
Zum Halten von gefährlichen Hunden nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3
Nrn. 1 und 2 kann die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn ein besonderes privates
Interesse an der Haltung nachgewiesen wird oder ein öffentliches Interesse an
der Haltung besteht. Dem Wort "weiteren" in Satz 1 kommt keine eigenständige
Bedeutung zu. Für gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 3 Nrn. 3 bis 6 gilt § 4 Abs. 2
nicht. Bei diesen Hunden ist durch Auflagen (z.B. Anlein- und Maul-korbpflicht)
sicherzustellen, dass durch die Haltung keine Gefahren entstehen.
Besonderes privates Interesse
An das Vorliegen eines besonderen privaten Interesses sind
strenge Anforderungen zu stellen. Es ist nur in Ausnahmefällen anzuerkennen. Ein
solcher Ausnahmefall liegt z.B. vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner
Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfüllt, die ohne
unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig
durch andere Hunde erfüllt werden kann.
Bei dem in § 4 Abs. 2 Satz 2 beispielhaft genannten Fall
(Bewachung eines gefährdeten Besitztums) hat die Erlaubnisbehörde vor ihrer
Entscheidung (Ermessensentscheidung) im Ein-zelfall zu prüfen, ob eine besondere
Gefährdungslage für das Besitztum vorliegt. Das allgemein vorhandene
Einbruchsrisiko reicht dafür in aller Regel nicht aus. Zudem ist zu prüfen, ob
dem besonderen Schutzbedürfnis des Besitztums durch den Einsatz anderer
Sicherungsmaßnahmen (Alarmanlagen; technische Überwachungseinrichtungen;
Wachdienste; Wachhunde anderer Rassen) entsprochen werden kann.
Der Nachweis eines besonderen privaten Interesses ist nicht
erforderlich, wenn der Hund vom Antragsteller vor Inkrafttreten des LHundG
bereits ordnungsgemäß gehalten wurde (vgl. § 21 Abs. 1).
Öffentliches Interesse
Ein öffentliches Interesse an der Haltung aus Gründen des
Tierschutzes liegt in der Regel vor, wenn ein Hund aus einem Tierheim oder einer
vergleichbaren Einrichtung an eine Privatperson vermittelt werden soll. In
derartigen Fällen hat die Erlaubnisbehörde durch entsprechende Nebenbestimmungen
sicherzustellen, dass die Vorschriften des LHundG NRW eingehalten werden (vgl.
Nr. 4.4).
Ein öffentliches Interesse liegt in der Regel auch vor, wenn
ausgemusterte Diensthunde der in § 17 Satz 1 genannten Stellen von
Diensthundeführern oder ehemaligen Diensthundeführern oder von den in § 17 Satz
1 genannten Stellen benannten Personen gehalten werden sollen.
4.3
§ 4 Abs. 3 verpflichtet die den Erlaubnisantrag stellende Person, eine
behördliche Vor-Ort-Überprüfung der ausbruchsicheren und verhaltensgerechten
Unterbringung zu gestatten und erforderliche Feststellungen zu dulden. Darin
liegt eine formal gesetzliche Einschränkung des Grundrechts auf
Unverletzlichkeit der Wohnung (vgl. § 18 Nr. 2).
4.4
Nebenbestimmungen
4.4.1
Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 1. Alternative kann die Erlaubnis befristet werden. Die
Befristung ist nur dann erforderlich, wenn zu gewährleisten ist, dass das
Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen in gewissen Abständen erneut geprüft
wird, weil Anhaltspunkte für eine künftige Änderung der für die
Erlaubniserteilung maßgeblichen Verhältnisse bestehen. Die Dauer der Befristung
sollte in Abhängigkeit von den zu erwartenden Änderungen festgelegt werden.
Die Erlaubnis kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden
werden, wenn dies im Einzelfall aus Gründen der Gefahrenvorsorge oder -abwehr
erforderlich ist. Beispiele:
- Wenn der Halter den Hund einer anderen Person länger als
vier Wochen zur Obhut überlässt, hat er unter Angabe des Namens und der
Anschrift dieser Person den dortigen Verbleib des Hundes unverzüglich
anzuzeigen.
- er Hund darf außer von dem Erlaubnisinhaber nur von
bestimmten (namentlich zu benennenden) Personen (ggf. die im Besitz einer
Erlaubnis sind) geführt werden.
Die Erlaubnis soll nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs
erteilt werden. Widerrufsgründe sind beispielsweise der nachträgliche Wegfall
einer der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 oder die Nichterfüllung
oder Nichteinhaltung von Nebenbestimmungen zur Erlaubnis. Rechtsgrundlage für
den Widerruf der Erlaubnis ist § 49 VwVfG NRW.
4.4.2
Gestützt auf § 4 Abs. 4 Satz 2 können der Erlaubnis auch nachträglich Auflagen
beigefügt und bestehende Auflagen geändert oder ergänzt werden. Diese
Verfahrensweise ermöglicht der Erlaubnisbehörde vor dem Widerruf oder der
Rücknahme einer Erlaubnis im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu reagieren.
4.5
§ 4 Abs. 5 Satz 1 bestimmt, dass die durch die örtlich zuständige
Erlaubnisbehörde erteilte Erlaubnis im gesamten Gebiet des Landes NRW gilt. Über
den Verweis in § 5 Abs. 3 Satz 4 gilt dies auch für die Entscheidung über die
Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht.
4.6
Die Kennzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 7 Satz 1 gilt ohne Ausnahme. Eine
vorhandene Tä-towierung des Hundes begründet keine Befreiung von der
Kennzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 7 Satz 1. Ebensowenig können tierärztliche
Bescheinigungen eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht rechtfertigen.
5
Zu § 5 (Pflichten)
§ 5 legt für Halter und Aufsichtspersonen Pflichten für den
Umgang mit gefährlichen Hunden und mit Hunden bestimmter Rassen nach § 10 Abs. 1
fest. Verstöße gegen diese Pflichten können überwiegend als Ordnungswidrigkeit
nach § 20 Nrn. 4 bis 12 geahndet werden.
Zur Durchsetzung der Pflichten kann die zuständige
Ordnungsbehörde (wiederholende) Anordnungen nach § 12 Abs. 1 treffen. Bei
wiederholten Verstößen ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Hundehalterin
oder der Hundehalter nicht mehr über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügt
(vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2). Die Erlaubnis soll dann nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG
NRW widerrufen und das Halten des Hundes untersagt werden (vgl. § 12 Abs. 2 Satz
1).
5.1
Zu § 5 Abs. 1 (Haltung innerhalb eines befriedeten Besitztums)
Der Begriff "befriedetes Besitztum" ist ein hinlänglich
bestimmter Rechtsbegriff. Gemeint ist damit ein durch Zäune, Absperrungen, Wände
etc. gegenüber öffentlichen oder anderen priva-ten Bereichen abgetrennter
räumlicher Bereich. Dazu zählen beispielsweise Privatgärten, Werksgelände,
Hundezwinger, Wohnungen, Balkone und Terrassen.
Gefährliche Hunde und Hunde bestimmter Rassen im Sinne des §
10 Abs. 1 dürfen sich mit Zustimmung des Grundstückseigentümers frei innerhalb
befriedeter Besitztümer bewegen. Dies gilt nicht für die in § 5 Abs. 2 Satz 1
genannten Bereiche (Flure, Aufzüge, Treppenhäuser und Zuwege bei
Mehrfamilienhäusern).
Die Hundehalterin/den Hundehalter oder die Aufsichtsperson
trifft die Pflicht, das befriedete Besitztum, auf dem sich der Hund frei bewegt,
so zu sichern, dass ein Entweichen des Hundes nach allgemeiner Lebenserfahrung
ausgeschlossen ist. Art, Umfang und Maß der erforderli-chen Schutzvorrichtungen
richten sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Rasse
und Sprungkraft des Hundes. Bei der Öffnung von Türen, Toren etc. hat die
Halterin/der Halter oder die Aufsichtsperson den Hund so zu beaufsichtigen, dass
dieser nicht frei nach außen laufen kann (ggf. Auflage zur Erlaubnis nach § 4
Abs. 4).
Durch eine Anbindehaltung im Sinne von § 7 der
Tierschutz-Hundeverordnung ist die Einhaltung der Sicherungspflicht des § 5 Abs.
1 in der Regel gewährleistet.
5.2
Zu § 5 Abs. 2 (Anlein- und Maulkorbpflicht)
5.2.1
Gefährliche Hunde und Hunde bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 müssen -
soweit keine Befreiung nach § 5 Abs. 3 erteilt wurde - außerhalb befriedeter
Besitztümer (vgl. Nr. 5.1) sowie in Fluren, Aufzügen, Treppenhäusern und auf
Zuwegen von Mehrfamilienhäusern an der Leine geführt werden und einen das Beißen
verhindernden Maulkorb tragen.
Die Beschaffenheit und Länge der Leine muss sicherstellen,
dass der Hund weder Menschen, noch andere Tiere, noch Sachen gefährden kann. Um
dies zu gewährleisten, müssen Hunde im innerörtlichen und innerstädtischen
Bereich an einer reißfesten Leine geführt werden, die nicht länger als 1,5 m
sein sollte.
Die Anlein- und Maulkorbpflicht gilt für gefährliche Hunde und
über den Verweis in § 10 Abs. 1 auch für die dort bestimmten Hunde in der
Öffentlichkeit grundsätzlich, also auch im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.
Für andere Hunde gilt diese generelle Anleinpflicht nicht. Große Hunde sind aber
nach § 11 Abs. 6 innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortstei-le auf öffentlichen
Straßen, Wegen und Plätzen und die übrigen Hunde nach Maßgabe des § 2 Abs. 2
angeleint zu führen.
Aus § 2 Abs. 3 Satz 1 Landesforstgesetz (LFoG) ergibt sich die
Befugnis, Hunde auf Waldwegen unangeleint laufen zu lassen, soweit sich aus
anderen Rechtsvorschriften keine Abweichungen ergeben. Für gefährliche Hunde und
Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 stellt § 5 Abs. 2 Satz 1 eine solche abweichende
Regelung dar. Für diese Hunde gilt danach die Anleinpflicht auch auf allen
Waldwegen ebenso wie die Maulkorbpflicht, soweit nicht eine Befreiung nach § 5
Abs. 3 erteilt wurde.
5.2.2
Die artgerechte Haltung von - auch gefährlichen - Hunden verlangt, dass diese
sich hin und wieder ohne Leine auslaufen können. Die Hundehalterin/der
Hundehalter hat dies sicherzu-stellen. Soweit Kommunen sog. Hundeauslaufgebiete
oder Hundeauslauffächen für gefährliche Hunde ausgewiesen haben, gilt die
Anleinpflicht dort nicht.
5.2.3
Der Begriff "Maulkorb" wird untechnisch verwendet. Anstelle eines "echten"
Maulkorbes kann auch eine andere, in der das Beißen verhindernden Wirkung
gleichstehende Vorrichtung, z.B. ein Kopfhalfter, verwendet werden. Die
Überwachungsbehörden prüfen, ob der verwendete Maulkorb oder eine gleichwertige
Vorrichtung auch tatsächlich das Beißen verhindert. Sollte dies nicht der Fall
sein, z.B. weil ein zu großer Maulkorb verwendet wird oder gleichwertige
Vorrichtungen unsachgemäß angewendet werden, liegt ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2
Satz 3 vor, der nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 als Ordnungswidrigkeit geahndet werden
kann.
5.2.4
Von Jungtieren bis zum sechsten Lebensmonat geht eine deutlich geringere
Gefährlichkeit als von ausgewachsenen Hunden aus. Deshalb besteht für diese
keine Maulkorbpflicht (§ 5 Abs. 2 Satz 4).
5.3
Zu § 5 Abs. 3 (Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht)
5.3.1
§ 5 Abs. 3 Satz 1 eröffnet der Halterin oder dem Halter eines gefährlichen
Hundes nach § 3 Abs. 2 die Möglichkeit, eine Befreiung von der Anlein- und
Maulkorbpflicht zu beantragen. Aufsichtspersonen, die den Hund ebenfalls ohne
Leine oder Maulkorb ausführen wollen, müssen mit dem Hund ebenfalls eine
Verhaltensprüfung erfolgreich absolvieren oder in die Verhaltensprüfung des
Hundes mit der Halterin oder dem Halter einbezogen werden. Für Hunde der in § 10
Abs. 1 bestimmten Rassen und deren Kreuzungen kann ebenfalls eine Befreiung von
der Anlein- und Maulkorbpflicht erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 1). Für
gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 3 besteht diese Befreiungsmöglichkeit nicht.
5.3.2
Die behördliche Befreiungsmöglichkeit findet ihre Grenze in § 11 Abs. 6 und § 2
Abs. 2. In diesen Bereichen gilt die Anleinpflicht auch für Hunde, die im
Übrigen von der Anleinpflicht des § 5 Abs. 2 Satz 1 befreit wurden. Zum
Verhältnis zu kommunalen Anleingeboten vgl. Nr. 15.2.
Im Wald dürfen Hunde außerhalb von Wegen nur angeleint
mitgeführt werden; dies gilt nicht für Jagdhunde im Rahmen jagdlicher Einsätze
sowie für Polizeihunde (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Landesforstgesetz - LFoG). Auch von
diesem Anleingebot kann nicht befreit werden.
Eine Befreiung von der Maulkorbpflicht nur für
Hundeauslaufflächen sollte im Interesse der anderen Hundehalterinnen und
Hundehalter und anderer Hunde, die Hundeauslaufflächen nutzen, nicht erteilt
werden.
5.3.3
Die Befreiung kann erteilt werden, wenn die Halterin oder der Halter dies
beantragt und gegenüber der zuständigen Behörde nachweist, dass von dem Hund
ohne Leine und/oder Maul-korb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht
zu befürchten ist. Dieser Nachweis ist durch eine erfolgreich durchgeführte
Verhaltensprüfung bei einer für den Vollzug des Tier-schutzgesetzes zuständigen
Behörde zu erbringen. Für Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 kann die
Verhaltensprüfung auch von anerkannten Sachverständigen oder von anerkannten
sachverständigen Stellen (z.B. anerkannte private Hundevereine) durchgeführt
werden (vgl. § 10 Abs. 2).
Ziel der Verhaltensprüfung ist nicht die Überprüfung des
Wesens des Hundes in seiner Gesamtheit, sondern das Erkennen übersteigerter,
nicht vertretbarer Aggressionen, die sich in gefährlicher Weise unmittelbar auf
Menschen oder mittelbar auf mitgeführte Hunde auswirken können. Es soll
nachgewiesen werden, dass ein Hund aufgrund seines individuellen
Aggressionsverhaltens keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt,
wenn er von einer bestimmten Person ohne Leine und/oder Maulkorb geführt wird.
In der Prüfung wird ein Hund deshalb im Wesentlichen solchen Reizen und
Situationen ausgesetzt, die in der Vergan-genheit als Auslöser für Beißunfälle
ermittelt wurden.
Nähere Bestimmungen zur Verhaltensprüfung können durch
ordnungsbehördliche Verordnung des für das Veterinärwesen zuständigen
Ministeriums erlassen werden (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1).
5.3.4
Auf der Grundlage des Ergebnisses der Verhaltensprüfung trifft die zuständige
Ordnungsbehörde eine Entscheidung über die Befreiung durch Verwaltungsakt (vgl.
§ 23 Satz 2 OBG). Die Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht kann
ganz, teilweise oder beschränkt auf bestimmte Gebiete oder Tageszeiten erfolgen.
Soweit neben der Halterin oder dem Halter weitere Aufsichtspersonen berechtigt
sein sollen, den Hund ohne Leine/Maulkorb zu führen (vgl. Nr. 5.3.1 Satz 2),
sind diese ausdrücklich in der Entscheidung über die Befrei-ung zu benennen.
Aufsichtspersonen, die über diese Berechtigung nicht verfügen, dürfen Hunde, die
von der Anlein- und Maulkorbpflicht befreit sind, grundsätzlich nur angeleint
ausführen.
Der Bescheid über die Befreiung kann befristet sowie mit
Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Er soll unter dem Vorbehalt des
Widerrufs erteilt werden. Nummern 4.4 und 4.5 gelten entsprechend. Um eine
befristet erteilte Befreiung aufrecht zu erhalten, muss die Halterin oder der
Halter bei der zuständigen Ordnungsbehörde vor Ablauf der Frist eine
Verlängerung beantragen. Soweit Anhaltspunkte vorliegen, die zwischenzeitlich
eine andere Beurteilung des Verhaltens des Hundes nahelegen, hat die Halterin
oder der Halter auf Verlangen der zuständigen Ordnungsbehörde die erfolgreiche
Wiederholung der Verhaltensprüfung nachzuweisen.
5.4
Zu § 5 Abs. 4 (Umgangsvoraussetzungen)
§ 5 Abs. 4 verpflichtet alle Personen, die mit einem
gefährlichen Hund umgehen, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen und
Verhaltensanforderungen zu beachten. Absatz 4 gilt auch für Personen, denen ein
Hund zur Anbahnung einer Vermittlung im Sinne von § 5 Abs. 6 Satz 2 überlassen
worden ist. Über den Verweis in § 10 Abs. 1 gelten diese Pflichten auch für
Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1.
Verstöße gegen die festgelegten Pflichten verwirklichen die
Bußgeldtatbestände des § 20 Abs. 1 Nrn. 7 bis 10.
5.4.1
Satz 1 knüpft an die Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 an und soll
gewährleisten, dass ein Erlaubnisinhaber den gefährlichen Hund nicht ausführt,
wenn er z.B. wegen erhöhten Alkoholkonsums oder Krankheit körperlich nicht mehr
in der Lage ist, den gefährlichen Hund sicher an der Leine zu führen.
5.4.2
Satz 2 bestimmt, dass nur Aufsichtspersonen in der Öffentlichkeit einen
gefährlichen Hund führen dürfen, die sachkundig, zuverlässig, volljährig und in
der Lage sind, den Hund sicher zu halten und zu führen. Die geforderte Sachkunde
stellt sicher, dass auch die Aufsichtsperson über Kenntnisse und Fähigkeiten
verfügt, einen gefährlichen Hund so zu führen, dass von diesem keine Gefahr für
Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Wenn die Aufsichtsperson
die genannten Anforderungen erfüllt, darf sie einen gefährlichen Hund führen.
Einer Anzeige bei oder Erlaubnis durch die zuständige Ordnungsbehörde bedarf es
nicht. Ebensowenig ist erforderlich, dass die Aufsichtsperson in der Erlaubnis
nach § 4 Abs. 1 aufgeführt ist. Die Aufsichtsperson ist verpflichtet, die
Anforderungen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 in eigener Verantwortung zu erfüllen. Der
Sachkundenachweis ist gegenüber der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt
zu erbringen, bevor die Aufsicht über den Hund ausgeübt wird. Die
Aufsichtsperson für einen Hund im Sinne von § 10 Abs. 1 kann den Nachweis in
entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 3 erbringen. Der im Rahmen einer
Erlaubniserteilung erbrachte Sachkundenachweis gilt auch als Nachweis im Sinne
von § 5 Abs. 4 Satz 2. Die Aufsichtsperson hat auf Verlangen der zuständigen
Ordnungsbehörde den Nachweis der Sachkunde durch die Vorlage der
Sachkundebescheinigung zu erbringen.
Die geforderte Zuverlässigkeit soll es der zuständigen Behörde
ermöglichen, einer Aufsichtsperson, der mangels Zuverlässigkeit eine Erlaubnis
nach § 4 nicht erteilt werden könnte, das Führen eines gefährlichen Hundes zu
untersagen und so den in der Praxis häufigen Scheinhaltungen begegnen zu können.
Ein Nachweis der Zuverlässigkeit gegenüber der zuständigen Behörde ist nicht
vorgesehen. Soweit der zuständigen Ordnungsbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür
vorliegen, dass eine Aufsichtsperson nicht die erforderliche Zuverlässigkeit
be-sitzt, kann entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 2 verfahren werden.
Liegen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 nicht vor,
kann die zuständige Ordnungsbehörde der Aufsichtsperson den Umgang mit dem Hund
und anderer gefährlicher Hunde und Hunde bestimmter Rassen nach § 10 Abs. 1
untersagen (vgl. § 12 Abs. 1).
5.4.3
Satz 3 verpflichtet die Halterin, den Halter oder eine Aufsichtsperson, den
gefährlichen Hund außerhalb des befriedeten Besitztums keiner Person zu
überlassen, die die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 nicht erfüllt. Damit
wird die Halterin oder der Halter verpflichtet, einer Aufsichtsperson den Hund
nur zu überlassen, wenn sie sich vom Vorliegen der Voraussetzun-gen nach § 5
Abs. 4 Satz 2 überzeugt hat. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist
bußgeld-bewehrt. (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 9).
5.4.4
Das gleichzeitige Führen von mehreren gefährlichen Hunden oder Hunden im Sinne
von § 10 Abs. 1 durch eine Person begründet wegen der schwierigen
Beherrschbarkeit ein stark erhöhtes Gefahrenpotenzial und wird deshalb durch
Satz 4 generell verboten. Nach Sinn und Zweck der Regelung ist auch das
gleichzeitige Führen eines gefährlichen Hundes und eines Hundes im Sinne von §
10 Abs. 1 durch eine Person verboten. Dies gilt auch, wenn Hunde von der Anlein-
und Maulkorbpflicht befreit sind.
5.5
§ 5 Abs. 5 verpflichtet die Hundehalterin oder den Hundehalter zum Abschluss und
zur Aufrechterhaltung einer Haftpflichtversicherung für den Hund.
Haftpflichtversicherungen, die von Dritten für den Hund abgeschlossen werden,
sind in der Regel nicht anzuerkennen. Anerkannt werden können solche
Haftpflichtversicherungsnachweise von Ehepartnern oder Familienangehörigen, aus
denen sich zweifelsfrei ergibt, dass sie sich auch auf die Person der Hal-terin
oder des Halters erstrecken und dieser "mitversichert" ist.
Personen- und Sachschäden im Sinne von Absatz 5 umfassen auch
Vermögensschäden infol-ge von Personen- und Sachschäden und decken den ganz
überwiegenden Teil denkbarer Schadensereignisse mit Hunden ab. Sonstige Schäden
sind Vermögensschäden, denen kein Personen- oder Sachschaden vorausging. Ihnen
kommt in der Praxis bei Schadensgeschehen mit Hunden eine zu vernachlässigende
Bedeutung zu.
Soweit die Haftpflichtversicherung der Hundehalterin oder des
Hundehalters über eine, den Betrag von fünfhunderttausend Euro überschreitende,
pauschale Versicherungssumme alle versicherbaren Gefahren im Zusammenhang mit
der Hundehaltung abdeckt, gilt der Nachweis der Mindestversicherungssumme als
erbracht. Soweit sonstige Schäden erkennbar lediglich mit einer, die
vorgeschriebene Mindestdeckungssumme unterschreitenden Mindestdeckung abesichert
sind, soll dies akzeptiert werden, bis der jeweilige Haftpflichtversicherer
seine Ver-sicherungsbedingungen entsprechend angepasst hat. Ein Wechsel der
Hundehalterin oder des Hundehalters zu einer anderen Versicherung soll in diesen
Fällen nicht verlangt werden.
Liegen der zuständigen Behörde Anhaltspunkte dafür vor, dass
eine Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes im Haltungszeitraum nicht
gewährleistet ist, kann der Erlaubnis eine Auflage zur jährlichen Vorlage des
Versicherungsnachweises beigefügt werden. Der Nachweis des Versicherungsschutzes
und der Mindestdeckungssummen wird in der Regel durch die Vorlage des
Versicherungsscheines erbracht.
Erlischt der Versicherungsschutz z.B. durch Nichtleistung der
Versicherungsbeiträge, liegen die Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz
2 Nr. 5 nicht mehr vor. Die zuständige Ordnungsbehörde soll in diesen Fällen ein
Verfahren zum Widerruf der Erlaubnis (§ 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW) und zur
Untersagung der Haltung (§ 12 Abs. 2) sowie ein Buß-geldverfahren (§ 20 Abs. 1
Nr. 11) einleiten, wenn eine entsprechende Haftpflichtversicherung nicht
innerhalb von zwei Wochen nachgewiesen wird.
Für die Haltung von Hunden, für die eine wirksame Erlaubnis
nach § 4 Abs. 1 der LHV NRW erteilt wurde, gilt der Nachweis als erbracht (vgl.
§ 21 Abs. 3). Die in § 5 Abs. 5 vorgesehenen Mindestdeckungssummen müssen von
den Erlaubnisinhabern nicht nachträglich nachgewiesen werden.
5.6
Zu § 5 Abs. 6 (Abgabe oder Veräußerung eines gefährlichen Hundes)
5.6.1
§ 5 Abs. 6 Satz 1 verpflichtet Besitzerinnen oder Besitzer von gefährlichen
Hunden, diese nur an solche Personen abzugeben oder zu veräußern, die im Besitz
einer Erlaubnis nach § 4 sind. Abgabe im Sinne der Vorschrift ist eine auf Dauer
angelegte Weggabe des Hundes an eine andere Person unter Aufgabe des Besitzes
oder Eigentums an dem Hund. Dadurch soll ver-hindert werden, dass gefährliche
Hunde in die Verfügungsgewalt von Personen gelangen, die die hierzu
erforderlichen Voraussetzungen nicht oder noch nicht erfüllen. Die Vorschrift
er-fasst nicht die kurzfristige Überlassung an eine Aufsichtsperson (vgl. § 5
Abs. 4 Satz 2 und 3). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Absatz 6 ist
bußgeldbewehrt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 12).
5.6.2
§ 5 Abs. 6 Satz 2 stellt Tierheime von dem Erfordernis nach Satz 1 frei, wenn
diese einen gefährlichen Hund vermitteln wollen. Die Befreiung setzt voraus,
dass zwischen dem Tierheim und dem künftigen Halter oder der künftigen Halterin
ein Pflegevertrag besteht, das Pflegeverhältnis zur Anbahnung einer Vermittlung
nicht länger als sechs Monate dauert und der zuständigen Behörde vom Tierheim
zuvor angezeigt wurde. Satz 3 stellt klar, dass die generellen
Anordnungsbefugnisse der zuständigen Behörde gegenüber der Leiterin oder dem
Leiter eines Tierheimes oder den Pflegehaltern auch durch ein solches
Pflegeverhältnis nicht eingeschränkt werden.
6
Zu § 6 (Sachkunde)
6.1
§ 6 Abs. 1 definiert die erforderliche Sachkunde, die für die Haltung eines
gefährlichen Hundes und bei Aufsichtspersonen (§ 5 Abs. 4 Satz 2) zwingend
notwendig ist. Sachkunde wird ebenso verlangt für das Halten von Hunden und die
Aufsicht über Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 und für das Halten von großen
Hunden.
Näheres über Anforderungen, Inhalt und Verfahren der
Sachkundeprüfung werden durch ordnungsbehördliche Verordnung (vgl. § 16 Abs. 1
Nrn. 2 und 4) geregelt.
6.2
Die Überprüfung der erforderlichen Sachkunde zum beabsichtigten Umgang mit dem
gefährlichen Hund ist der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt
vorbehalten. Ergibt die Prüfung, dass die erforderliche Sachkunde vorliegt, wird
der Halterin oder dem Halter eine Sachkundebescheinigung erteilt, die im
Erlaubnisverfahren bei der zuständigen Ordnungsbehörde zum Nachweis der
Sachkunde vorzulegen ist.
Für den Umgang mit Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 und großen
Hunden kann die Sachkundebescheinigung auch von einer oder einem anerkannten
Sachverständigen oder einer anerkannten sachverständigen Stelle erteilt werden
(§ 10 Abs. 3). Bei großen Hunden können darüber hinaus auch von den
Tierärztekammern benannte Tierärztinnen und Tierärzte die Sachkundebescheinigung
erteilen (§ 11 Abs. 3).
Die Sachkundebescheinigung ist personenbezogen. Der
Sachkundenachweis für eine bestimmte Kategorie (§ 3 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 11
Abs. 1) kann für die Haltung eines neuen Hundes derselben Kategorie oder eine
Kategorie mit geringerem Gefahrenpotential anerkannt werden. Umgekehrt gilt dies
nicht.
6.3
Für die in § 6 Abs. 3 abschließend aufgeführten Personen oder Berufsgruppen
besteht eine gesetzliche Sachkundevermutung. Die Vermutung gilt nach dem
Wortlaut nicht für Tierarzthelferinnen oder Tierarzthelfer.
Für Halterinnen oder Halter großer Hunde besteht darüber
hinaus noch eine Sachkundevermu-tung, sofern diese mehr als drei Jahre vor dem
01.01.2003 große Hunde unbeanstandet gehal-ten haben und dies schriftlich
versichert haben (vgl. § 11 Abs. 4).
7
Zu § 7 (Zuverlässigkeit)
§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 gilt für das Halten von Hunden der in §§
3 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 genannten Art und stellt eine mit der Folge
der Beweiserleichterung verbundene Kon-kretisierung des Begriffs der
Unzuverlässigkeit dar. Soweit einer der aufgeführten Tatbestände vorliegt, ist
in der Regel davon auszugehen, dass die erforderliche Zuverlässigkeit einer
Person nicht vorliegt.
In seltenen Ausnahmefällen kann die Regelvermutung aufgrund
besonderer, aktenkundig zu machender Umstände des Einzelfalles durchbrochen
werden (z.B. bei Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr
bei ansonsten makellosem Lebenslauf).
Das Wort "insbesondere" ermöglicht nicht die weitere Bildung
von nicht aufgeführten Regel-beispielen. Die Regelvermutung der
Unzuverlässigkeit führt zu einer die Betroffenen belas-tenden
Beweiserleichterung und beruht bei den aufgeführten Tatbeständen auf einer
Wertung des Gesetzgebers. Eine Auslegung der Vorschrift, welche die Bildung
weiterer, vom Gesetz-geber nicht vorgesehener Regelbeispiele ermöglicht, würde
zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Unbestimmtheit der Norm führen.
Zur Konkretisierung von § 7 Abs. 2 Nr. 2 gilt Nr. 12.2.1 Satz
2 und 3 entsprechend.
Eine Unzuverlässigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
kann sich im Einzelfall aber auch aus anderen Gesichtspunkten als den in den
Regelbeispielen erfassten ergeben. So können auch rechtskräftige Verurteilungen
wegen Straftaten mit vergleichbarer Schwere, z.B. wegen schwerer Verstöße gegen
das Betäubungsmittelgesetz das Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit nach
§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Frage stellen. In diesen Fällen ist der Nachweis der
Unzuverlässigkeit durch die zuständige Behörde im Einzelfall zu führen.
Die Halterin oder der Halter eines gefährlichen Hundes oder
eines Hundes im Sinne von § 10 Abs. 1 hat zum Nachweis der Zuverlässigkeit bei
der zuständigen Meldebehörde ein Führungszeugnis zur Vorlage bei der für die
Erlaubniserteilung zuständigen Ordnungsbehörde nach § 30 Abs. 5 des
Bundeszentralregistergesetzes zu beantragen. Davon unabhängig kann die
zuständige Ordnungsbehörde erforderlichenfalls nach Satz 2 die zuständige
Registerbehörde um Erteilung eines Führungszeugnisses auch der Belegart R (sog.
Vollauskunft, incl. Jugendstrafen) ersuchen.
Bei dem Verdacht auf Vorliegen einer psychischen Krankheit,
geistigen oder seelischen Behinderung, Alkohol- oder Rauschmittelsucht wird die
Behörde in der Regel nicht in der Lage sein, den Nachweis für deren Vorliegen zu
führen. Die zuständige Ordnungsbehörde wird daher in Satz 3 ermächtigt, ein
amts- oder fachärztliches Gutachten von der Halterin oder dem Halter zu
verlangen.
8
Zu § 8 (Anzeige- und Mitteilungspflichten)
§ 8 regelt Auskunfts- und Mitteilungspflichten von Halterinnen
oder Haltern gefährlicher Hunde und Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 gegenüber der
zuständigen Ordnungsbehörde (Abs. 1), gegenüber Erwerberinnen oder Erwerbern
(Abs. 2) sowie beim Wechsel des Haltungsortes der zuständigen Behörden
untereinander (Abs. 3). Für die Haltung großer Hunde gelten die Pflichten des §
8 Abs. 1 bis 3 nicht.
Verstöße gegen die Pflichten nach § 8 Abs. 1 und Abs. 2
verwirklichen den Bußgeldtatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 13.
8.1
§ 8 Abs. 1 normiert Anzeigepflichten gegenüber den zuständigen Ordnungsbehörden,
insbesondere bei Halter- und Wohnungswechsel. Die Überwachungsbehörde soll über
die im Zuständigkeitsbereich gehaltenen gefährlichen Hunde und Hunde im Sinne
von § 10 umfassend informiert werden. Die zuständigen Behörden sollen über den
Verbleib dieser Hunde von der Geburt bis zu deren Tod unterrichtet werden. Dies
ist erforderlich, um das Gefahrenpotential besser einschätzen zu können und um
frühere Vorkommnisse zu ermitteln oder bereits erfolgte Begutachtungen oder
Vorfälle nach § 3 Abs. 3 zu erfahren. Insofern besteht für die Halterin oder den
Halter eine umfassende Anzeigepflicht. Anzeigepflichtig sind nicht kurzfristige
Abgaben eines Tieres an Aufsichtspersonen, z.B. zur Betreuung in Urlaubszeiten.
8.2
§ 8 Abs. 2 verpflichtet die Halterin oder den Halter eines gefährlichen Hundes
und eines Hundes im Sinne von § 10 Abs. 1, im Falle der Veräußerung oder
sonstigen Abgabe darauf hinzuweisen, dass es sich um einen solchen Hund handelt.
Dadurch soll verhindert werden, dass Dritte einen Hund erwerben oder übernehmen,
ohne dessen ordnungsrechtliche Einstufung, insbesondere die Erlaubnispflicht, zu
kennen. Die Vorschrift ist Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuches und ermöglicht privatrechtliche
Schadensersatzansprüche bei Verstößen.
8.3
§ 8 Abs. 3 regelt den behördeninternen Informationsaustausch in Fällen, bei
denen durch einen Wechsel eines Haltungsortes auch die örtlich zuständige
Behörde wechselt. Die Vorschrift ermöglicht es der neu zuständigen Behörde, auf
Informationen zurückzugreifen, die bei der vorher zuständigen Behörde vorliegen.
8.4
Um künftig eine möglichst vollständige behördliche Erfassung gefährlicher Hunde
im Sinne von § 3 Abs. 2, von Hunden bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1
und großer Hunde im Sinne von § 11 Abs. 1 und damit eine effektive Überwachung
sicherzustellen, ermächtigt § 8 Abs. 4 die für die Erhebung der Hundesteuer
zuständige Stelle innerhalb der Gemeinde, Daten an die zuständige
Ordnungsbehörde zu übermitteln.
9
Zu § 9 (Verbote; Unfruchtbarmachung)
9.1
§ 9 Satz 1 normiert lediglich für im Einzelfall gefährliche Hunde im Sinne von §
3 Abs. 3 ein Zucht-, Kreuzungs- und Handelsverbot. Für gefährliche Hunde im
Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 besteht ein im Bereich des Tierschutzrechts
bundesrechtlich geregeltes Zuchtverbot (§ 11 b Abs. 2 Buchst. a TierSchG in
Verbindung mit § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung). Für Hunde bestimmter Rassen
im Sinne von § 10 Abs. 1 gilt kein Zuchtverbot.
Ein Verstoß gegen das Zucht- oder Handelsverbot des § 9 Satz 1
verwirklicht den Straftatbestand des § 143 Abs. 1 StGB.
9.2
Zucht und Kreuzung sind das zielgerichtete Verpaaren einer Hündin mit einem
Rüden oder die absichtliche Inkaufnahme des Verpaarens. In der Praxis ist es
häufig schwierig, den han-delnden Personen Absicht oder Vorsatz nachzuweisen. Es
muss deshalb sichergestellt werden, dass auch ein "unabsichtliches" Verpaaren
nicht mehr stattfindet. Insofern bestimmt Satz 2 eine generelle Halterpflicht,
Verpaarungen mit gefährlichen Hunden zu verhindern.
Die Halterpflicht nach § 9 Satz 2 erstreckt sich - anders als
die in Satz 1 aufgeführten Verbote - auf alle in § 3 aufgeführten gefährlichen
Hunde. Insofern dient die Vorschrift auch der Durchsetzung des für die in § 3
Abs. 2 Satz 1 aufgeführten gefährlichen Hunde bestehenden bundesrechtlichen
Zuchtverbots.
Ein Verstoß gegen § 9 Satz 2 ist bußgeldbewehrt (vgl. § 20
Abs. 1 Nr. 14).
9.3
§ 9 Satz 3 ermächtigt die zuständige Ordnungsbehörde, die Unfruchtbarmachung
eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 anzuordnen, wenn gegen § 9 Satz 1
oder 2 verstoßen wird und im Einzelfall die Gefahr der Heranbildung gefährlicher
Nachkommen besteht. Bei festgestellten Verstößen gegen § 9 Satz 1 oder 2 soll
geprüft werden, ob die Erlaubnisvoraussetzungen noch vorliegen.
10
Zu § 10 (Hunde bestimmter Rassen)
§ 10 Abs. 1 stellt an den Umgang mit Hunden der dort
aufgeführten Rassen und Kreuzungen aus Gründen der Gefahrenprävention bestimmte
Anforderungen.
Für diese Hunde gelten die Vorschriften des
- § 4 zur Erlaubnispflicht, ohne dass ein besonderes
Haltungsinteresse (§ 4 Abs. 2) vorliegen muss,
- § 5 zu Umgangspflichten, insbesondere Anlein- und
Maulkorbpflicht,
- § 6 und § 7 zu Sachkunde und Zuverlässigkeit und zu den in
- § 8 festgelegten Mitteilungspflichten
entsprechend.
Ein Zuchtverbot gilt für Hunde nach § 10 Abs. 1 nicht. Eine
Verhaltensprüfung zur Befreiung von der Anlein- oder Maulkorbpflicht muss nicht
durch eine Behörde erfolgen, sondern kann nach Absatz 2 auch von anerkannten
Sachverständigen oder von anerkannten sachverständigen Stellen durchgeführt
werden.
Gleiches gilt nach Absatz 3 auch für die Erteilung einer
Sachkundebescheinigung.
11
Zu § 11 (Große Hunde)
11.1
Als großer Hund im Sinne des § 11 Abs. 1 gilt ein Hund, der ausgewachsen eine
Widerristhöhe von mindestens 40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg
erreicht. Die Widerristhöhe (Schulterhöhe) des Hundes bemisst sich als Abstand
vom Boden zur vorderen höchsten Stelle des Rückens, gemessen mit einem Stockmaß
(Zollstock oder ähnliches).
Auch Hunde, die die genannten Maße z.B. aufgrund ihres Alters
(noch) nicht erreicht haben, unterfallen dem § 11 Abs. 1. Maßgeblich ist, dass
die Maße in ausgewachsenem Zustand erreicht werden. Die für diese Feststellung
erforderlichen Angaben können der Fachliteratur entnommen werden.
Die Halterin oder der Halter (vgl. Nr. 4.1.1) ist
verpflichtet, die Haltung eines großen Hundes bei der zuständigen Behörde
anzuzeigen. Durch die Anzeige wird die zuständige Behörde über Hundehaltungen
informiert und in die Lage versetzt, das Vorliegen der Haltungsvoraussetzungen
zu prüfen und die Beachtung weiterer Anforderungen an den Umgang mit großen
Hunden sicherzustellen. Die Anzeige soll Angaben enthalten zur Rasse, Fellfarbe,
Größe sowie zum Geschlecht, Gewicht und Alter des Hundes.
Für bestehende, bereits unter Geltung der LHV NRW angezeigte
Haltungen ist eine neue Anzeige nicht erforderlich (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 1).
Die zuständige Ordnungsbehörde hat aufgrund der Anzeige und
der vorgelegten Unterlagen zu prüfen, ob das Halten des Hundes einer Erlaubnis
nach § 4 bedarf. Ist die Haltung erlaub-nispflichtig, teilt sie dies der
Halterin oder dem Halter mit und fordert unter Fristsetzung auf, einen
Erlaubnisantrag zu stellen und das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen
nachzuweisen. Ist die Haltung nicht erlaubnispflichtig, prüft die zuständige
Ordnungsbehörde auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen, ob die
Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 vorliegen. Nummer 4.1.2 vorletzter
Absatz gilt entsprechend.
Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht erfüllt den Tatbestand
des § 20 Abs. 1 Nr. 16.
11.2.1
Haltungsvoraussetzungen
§ 11 Abs. 2 Satz 1 bestimmt, dass große Hunde nur gehalten
werden dürfen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind und von der Halterin
oder dem Halter gegenüber der zuständigen Ordnungsbehörde nachgewiesen werden.
11.2.1.1
Erforderliche Sachkunde
Die erforderliche Sachkunde besitzt, wer über die Kenntnisse
und Fähigkeiten verfügt, einen großen Hund so zu halten und zu führen, dass von
diesem keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht.
Näheres über die Anforderungen an die Sachkunde und das Verfahren der
Sachkundeprüfung wird in einer ordnungsbehördlichen Verord-nung nach § 16 Abs. 1
Nrn. 2 und 4 geregelt.
Eine gesetzliche Sachkundevermutung gilt (über den Verweis in
§ 11 Abs. 2 Satz 3) für die in § 6 Abs. 3 aufgeführten Personen und Personen,
die eine dreijährige unbeanstandete Haltung versichert haben (§ 11 Abs. 4; vgl.
Nr. 11.4).
Soweit dies nicht zutrifft gilt Nr. 11.3.
11.2.1.2
Erforderliche Zuverlässigkeit
Mit dem Begriff der erforderlichen Zuverlässigkeit knüpft der
Gesetzgeber an die Terminologie des § 7 an. Wenngleich eine ausdrückliche
Verweisung im Gesetzestext fehlt, ist § 7 Abs. 1 und 2 als Orientierungsmaßstab
für die Beurteilung der Zuverlässigkeit heranzuziehen. Deshalb ist, soweit einer
der dort genannten Tatbestände verwirklicht ist, in der Regel vom Fehlen der
erforderlichen Zuverlässigkeit auszugehen.
§ 11 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass die Art und Weise der
Überprüfung der Zuverlässigkeit der zuständigen Ordnungsbehörde obliegt. Diese
soll einen Nachweis der Zuverlässigkeit von der Halterin oder dem Halter im
Einzelfall nur dann fordern, wenn Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit
vorliegen (vgl. Nr. 11.5).
11.2.1.3
Mikrochipkennzeichnung
Der Nachweis einer Identitätskennzeichnung des Hundes durch
einen Mikrochip (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 7) kann
durch die Vorlage einer tierärztlichen Bescheinigung oder vergleichbarer
Unterlagen erfolgen. Aus den Unterlagen muss sich die Chipnummer und der
Nachweis der Kennzeichnung ergeben. Die Kennzeichnung eines großen Hundes durch
eine Tätowierung kann eine Mikrochipkennzeichnung nicht ersetzen.
11.3
Für die Haltung von großen Hunden kann der Sachkundenachweis gemäß § 11 Abs. 3
gegenüber einem anerkannten Sachverständigen, einer anerkannten sachverständigen
Stelle oder durch die Tierärztekammer ermächtigten Tierärztinnen oder Tierärzten
erbracht werden. Über den erfolgreichen Nachweis der Sachkunde wird eine
Bescheinigung ausgestellt (Sachkunde-bescheinigung). Der Nachweis der Sachkunde
wird durch die Vorlage der Sachkundebescheinigung bei der zuständigen
Ordnungsbehörde erbracht.
11.4
Sachkundevermutung
Die Sachkundevermutung des § 11 Abs. 4 gilt für Personen, die
vor dem 01.01.2003 große Hunde seit mehr als drei Jahren unbeanstandet gehalten
haben.
§ 11 Abs. 4 ist auch erfüllt, wenn jemand seit mehr als drei
Jahren große Hunde unterschiedlicher Rassen bzw. Kreuzungen gehalten hat.
Zeiten, in denen Hunde der in § 3 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 aufgeführten Rassen
gehalten wurden, können angerechnet werden, nicht jedoch Zeiten, in denen Hunde
gehalten wurden, die keiner dieser Kategorien zugeordnet werden können.
Die Feststellung der dreijährigen Hundehaltung setzt in der
Regel eine ununterbrochene Haltung voraus. Soweit zwischen den einzelnen
Hundehaltungen bis zu zwei, einen Zeitraum von jeweils drei Monaten nicht
überschreitende, hundehaltungsfreie Abschnitte liegen, sind diese wie Zeiten der
Hundehaltung zu behandeln. In diesen Fällen sollte von dem Erklärenden
ge-fordert werden, die einzelnen Haltungszeiträume durch Bescheinigungen (z.B.
Steuerbelege, Bescheinigungen der Tierärztin/des Tierarztes) zu belegen.
Die Halterinnen oder Halter sollen darauf hingewiesen werden,
dass im Falle einer wahr-heitswidrigen Erklärung von ihrer Unzuverlässigkeit
auszugehen ist und deshalb die Haltung des Hundes nach § 12 Abs. 2 Satz 2
untersagt werden kann.
11.5
Wenn der zuständigen Ordnungsbehörde im Hinblick auf die Halterin oder den
Halter An-haltspunkte für eine Unzuverlässigkeit vorliegen, kann nach § 11 Abs.
5 die Beantragung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der zuständigen
Behörde nach § 30 Abs. 5 des Bun-deszentralregistergesetzes angeordnet werden.
11.6
Zu § 11 Abs. 6 (Anleinpflicht für große Hunde)
11.6.1.1
§ 11 Abs. 6 Satz 1 verpflichtet Halter und Aufsichtspersonen von großen Hunden,
diese auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen innerhalb im Zusammenhang
bebauter Ortsteile nur angeleint zu führen.
Die Anleinpflicht gilt auch für Halter und Aufsichtspersonen,
die sich nur vorübergehend in NRW aufhalten (z.B. Urlauber, Gäste). Eine
Befreiung von der Anleinpflicht des § 11 Abs. 6 sieht das LHundG NRW nicht vor.
Zum Verhältnis von § 11 Abs. 6 zu Anleingeboten in kommunalen
Verordnungen vgl. Nr. 15.2.
Die weitergehende Anleinpflicht für gefährliche Hunde und für
Hunde der in § 10 Abs. 1 aufgeführten Rassen sowie deren Kreuzungen bestimmt
sich nach § 5 Abs. 2 Satz 1.
11.6.1.2
Der Begriff "im Zusammenhang bebauter Ortsteile" wurde in Anlehnung an § 34 des
Baugesetzbuches in das LHundG NRW aufgenommen, da insoweit eine durch die
Rechtsprechung hinreichend konkretisierte Definition besteht. Er geht aber
entsprechend dem Schutzzweck des LHundG NRW weiter als die bauplanungsrechtliche
Begriffsbestimmung. Die Anleinpflicht besteht auch in zusammenhängend bebauten
Gebieten, für die ein Bebau-ungsplan im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB (z.B.
Ausweisung als reines Wohngebiet) besteht.
Bei der Beurteilung des tatsächlichen Bebauungszusammenhangs
ist maßgebend, inwieweit eine aufeinanderfolgende Bebauung auch unter
Berücksichtigung von Baulücken und Freiflächen den Eindruck der Geschlossenheit
vermittelt. Letztlich kommt es dabei auf die allgemeine Verkehrsauffassung an.
In der Regel kann auch der Laie bei verständiger Betrachtung ein Gebiet als "im
Zusammenhang bebaut" erkennen.
Bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen § 11 Abs. 6 vorliegt,
sollte zur Vermeidung von Konflikten im Zweifel eine Auslegung gewählt werden,
die in vertretbarem Umfang auf die Interessen der Hundehalter Rücksicht nimmt.
Dies gilt insbesondere, wenn Hunde in Randbereichen bebauter Ortsteile
angetroffen werden.
Außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, nach
Verkehrsauffassung im Außenbereich, besteht die Anleinpflicht nach § 11 Abs. 6
nicht. Im Außenbereich kann allerdings eine Anleinpflicht aus
kommunalrechtlichen Vorschriften (Nr. 15.2) und im Wald aus § 2 Abs. 3 Satz 2
LFoG (vgl. Nr. 5.3.2 Absatz 2) folgen.
11.6.1.3
Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gilt die Anleinpflicht für
große Hunde nur auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Öffentlich sind
diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die straßenrechtlich dem öffentlichen
Verkehr gewidmet und damit für die Allgemeinheit zugänglich sind (vgl. § 2 des
Straßen- und Wegegesetzes NRW). Zu öffentlichen Straßen zählen beispielsweise
Bürgersteige oder Bahnhofsvorplätze, Eigentümerstraßen und -wege sowie
Privatgrundstücke, die beschränkt öffentlich genutzt werden (z.B. Parkplatz für
Supermarkt).
Demgegenüber zählen reine Privatgrundstücke nicht zum
öffentlichen Straßenraum. Auf ei-nem Privatgrundstück (z.B. Trainingsplatz eines
Hundevereins, Firmengelände, Privatgarten) gilt die Anleinpflicht des § 11 Abs.
6 nicht. Hier kann eine Anleinpflicht jedoch aus privat-rechtlichen Regelungen
des Eigentümers folgen (z.B. Haus- oder Benutzungsordnung).
11.6.2
Auf abgetrennten räumlichen Arealen, die speziell für die Nutzung durch Hunde
ausgewiesen wurden (sog. Hundeauslaufbereiche) gilt die Anleinpflicht nicht
(vgl. Nr. 5.2.2).
11.6.3
Gegen eine Person, die einen großen Hund entgegen § 11 Abs. 6 unangeleint führt,
soll je nach den Umständen des Einzelfalles, soweit nicht bereits ein
Verwarnungsgeld Abhilfe verspricht, ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden (§
20 Abs. 1 Nr. 18). Bei wiederholten Verstößen ist ein Bußgeldverfahren
einzuleiten. Zudem hat die Überwachungsbehörde im Wiederholungsfall zu prüfen,
ob beim Halter noch die erforderliche Zuverlässigkeit oder Sachkunde für das
Halten vorliegt und ggf. das Halten großer Hunde nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3
zu untersagen ist.
12
Zu § 12 (Anordnungsbefugnisse)
§ 12 ermächtigt zum Erlass von Gefahrenabwehranordnungen (Abs.
1), zur Untersagung der Haltung eines Hundes (Abs. 2) und zur Anordnung der
Einschläferung eines Hundes (Abs. 3).
12.1
§ 12 Abs. 1 ermächtigt die zuständige Behörde zum Erlass von notwendigen
Einzelanordnungen zur Abwehr von konkreten Gefahren für die öffentliche
Sicherheit durch Hunde. Die Ermächtigungsgrundlage des Absatz 1 ist eine
spezialgesetzliche Generalklausel zur Abwehr von Gefahren durch Hunde (vgl. § 14
Abs. 2 Satz 1 OBG). Ein Rückgriff auf die ordnungsbehördliche Generalklausel des
§ 14 Abs. 1 OBG ist nicht mehr möglich. Gestützt auf Absatz 1 kann zur
Gefahrenerforschung beispielsweise auch angeordnet werden, dass die Halterin
oder der Halter den Hund der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt zur
Begutach-tung vorführt, um dessen Gefährlichkeit zu beurteilen.
Eine mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene
und erforderlichenfalls mit sofortiger Ersatzvornahme durchgesetzte
Ordnungsverfügung, mit der dem Halter oder einer anderen den Hund führenden
Person die Herausgabe des Hundes zum Zwecke der Überprüfung der Gefährlichkeit
auferlegt wird, kann als Maßnahme der Gefahrerforschung auf § 12 Abs. 1 gestützt
werden. Die Verfügung ist in derartigen Fällen zumindest solange
aufrechtzuerhalten, bis die amtliche Tierärztin/der amtliche Tierarzt eine
fachliche Stellungnahme zur Gefährlichkeit des Hundes abgegeben hat. Bei
gefährlich erscheinenden Hunden, die ohne Aufsicht angetroffen werden, kann der
Verwaltungszwang ohne vorausgehende Ordnungsverfügung im Wege des sofortigen
Vollzuges angewendet werden (vgl. §§ 55 Abs. 2, 63 Abs. 1 Satz 3, 64 Satz 2 VwVG
NRW).
Zur Abwehr konkreter Gefahren kann gestützt auf Absatz 1 auch
die Haltung eines Hundes untersagt werden und seine Unterbringung in einem
Tierheim angeordnet werden, der nicht von § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1 oder § 11 Abs.
1 erfasst ist.
Zur Abwehr der von Hunden ausgehenden konkreten Gefahren
können beispielsweise auch Anordnungen zur Verhaltenstherapierung oder
Unfruchtbarmachung (vgl. auch § 9 Satz 2) auf Absatz 1 gestützt werden.
Erforderliche Anordnungen gegen Aufsichtspersonen können
ebenfalls auf Absatz 1 gestützt werden.
Die Anordnungen sind unter Würdigung aller relevanten Umstände
des jeweiligen Einzelfalles nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Bei den Anordnungen handelt es
sich um Ordnungsverfügungen; die §§ 15 ff. OBG sind zu beachten (vgl. § 15 Abs.
1).
12.2.1
§ 12 Abs. 2 Satz 1 ermächtigt ("soll") unter den bestimmten Voraussetzungen, das
Halten von gefährlichen Hunden und Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 zu
untersagen. Ein die Untersagungsanordnung rechtfertigender schwerwiegender
Verstoß gegen Vorschriften des Gesetzes besteht beispielsweise, wenn ein solcher
Hund entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 wiederholt un-angeleint oder entgegen § 5 Abs. 2
Satz 3 wiederholt ohne Maulkorb ausgeführt wird. Zudem rechtfertigt die
Nichterfüllung oder der Wegfall von Erlaubnisvoraussetzungen oder die
Nichtbeantragung der Erlaubnis trotz behördlicher Fristsetzung eine
Untersagungsverfügung. Letztlich ist bei einer Versagung der Erlaubnis die
Haltung zu untersagen.
12.2.2
§ 12 Abs. 2 Satz 2 ermächtigt die zuständige Ordnungsbehörde nach pflichtgemäßem
Ermessen ("kann") unter den dort genannten Voraussetzungen das Halten eines
großen Hundes nach § 11 Abs. 1 zu untersagen. Der Tatbestand der
Ermächtigungsnorm ist erfüllt, wenn ein schwerwiegender Verstoß oder wiederholte
Verstöße gegen Vorschriften des LHundG oder aufgrund des LHundG getroffene
Anordnungen vorliegt. Daneben kann eine Untersagungs-verfügung erlassen werden,
wenn die Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 (Sachkunde, Zuverlässigkeit,
Haftpflichtversicherung, Kennzeichnungspflicht) nicht erfüllt sind oder die
Haltungsvoraussetzungen nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist der
zuständigen Behörde nachgewiesen wurden.
12.2.3
In Ergänzung zu den "konkreten" Untersagungsverfügungen nach § 12 Abs. 2 Satz 1
und 2 ermächtigt Satz 3 die zuständige Behörde auch generell die Haltung anderer
gefährlicher Hunde, Hunde im Sinne des § 10 Abs. 1 und großer Hunde zu
untersagen. Eine solche Untersagungsanordnung wird regelmäßig in Betracht
kommen, wenn die Halterin oder der Halter bestimmte Haltungsanforderungen, z.B.
Sachkunde, Zuverlässigkeit oder Haftpflichtversicherung, nicht erfüllt und
absehbar ist, dass diese auch nicht erfüllt werden können.
12.2.4
§ 12 Abs. 2 Satz 4 ermächtigt die zuständige Behörde im Falle der Untersagung
nach pflichtgemessem Ermessen anzuordnen, dass der Hund der Halterin oder dem
Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist.
Diese sog. "Wegnahme" des Hundes ist in der Regel erforderlich um
sicherzustellen, dass Personen, denen die Haltung ihres Hun-des untersagt wurde
und die nicht mehr über eine entsprechende Erlaubnis zum Halten des Hundes
verfügen oder die Haltungsvoraussetzungen nicht erfüllen, mit dem Hund nicht
mehr umgehen.
12.3
§ 12 Abs. 3 ermächtigt die zuständige Behörde, die Einschläferung eines Hundes
anzuordnen, der zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leben oder Gesundheit
sichergestellt wurde.
Besteht die gegenwärtige Gefahr weiterer Beißvorfälle, soll
der Hund unverzüglich nach § 24 Nr. 13 OBG in Verbindung mit §§ 43 ff. PolG NRW
sichergestellt und in Verwahrung genommen werden.
Die Verwahrung (§ 44 PolG) eines sichergestellten Hundes bei
der Polizei oder der zuständigen Ordnungsbehörde ist in der Regel unzweckmäßig.
Die Verwahrung soll nach entsprechender Beauftragung in einem Tierheim oder
einer vergleichbaren Einrichtung erfolgen. Erforderlichenfalls kommt eine
Inanspruchnahme als Nichtstörer (§ 19 OBG) durch Ord-nungsverfügung in Betracht.
Eine Einschläferung des sichergestellten und verwahrten Hundes
ist als "ultima ratio" nur zulässig, wenn durch andere Maßnahmen die von dem
Hund ausgehende Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren
nicht wirksam abgewendet werden kann.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen, insbesondere die
Gefährlichkeit des Hundes, ist auf der Grundlage einer Stellungnahme der
amtlichen Tierärztin/des amtlichen Tierarztes zu beur-teilen. Die fehlende
Erlaubnisfähigkeit oder die Unvermittelbarkeit des Hundes allein rechtfertigen
eine Einschläferung nicht. In Fällen, in denen auch durch Haltung und Betreuung
in Tierheimen oder vergleichbaren Einrichtungen eine Gefahr nicht oder nur mit
unverhältnismäßig hohem Aufwand ausgeschlossen werden kann, wird allerdings in
der Regel die Vor-aussetzung für die Anordnung einer Einschläferung vorliegen.
13
Zu § 13 (Zuständige Behörden)
Nach § 13 Satz 1 sind für die Durchführung dieses Gesetzes die
örtlichen Ordnungsbehörden sachlich zuständig. Satz 1 erklärt darüber hinaus die
Ordnungsbehörde für örtlich zuständig, in deren Bezirk der Hund gehalten wird.
Dies ist nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 5 der Hauptwohnsitz der Halterin
oder des Halters. Damit wird hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit für
Aufgaben der Gefahrenabwehr an § 5 Abs. 1 Satz 1 OBG angeknüpft und gegenüber §
4 OBG eine spezialgesetzliche Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit
getroffen.
Im Rahmen der Überwachung stellt die zuständige Behörde
sicher, dass die Ge- und Verbote des Gesetzes befolgt werden, um präventiv
Beißvorfälle möglichst zu verhindern. Bei der Planung und Organisation eines
Überwachungskonzeptes sollen Risikogesichtspunkte berücksichtigt werden.
Überwachungsmaßnahmen sollen sich zuerst auf Sachverhalte erstrecken, bei denen
erfahrungsgemäß das Gefahrenpotenzial für Beißvorfälle besonders hoch ist.
Bei gefährlichen Hunden nach § 3 und bei Hunden im Sinne von §
10 Abs. 1 sowie deren Kreuzungen ist im Allgemeinen von einem hohen
Gefahrenpotenzial auszugehen. Hier sollen die Regelungen des Gesetzes
unverzüglich und konsequent mit dem ordnungsrechtlichen In-strumentarium
durchgesetzt und Verstöße durch die Einleitung von Bußgeldverfahren geahndet
werden.
Bei großen Hunden wird das Gefahrenpotenzial maßgeblich von
der Person der Halterin oder des Halters und den Umständen, unter denen das Tier
gehalten wird, mitbestimmt. Soweit von diesen Hunden ein geringeres
Gefährdungspotenzial ausgeht, sollen Halterin oder Halter und Aufsichtspersonen
dieser Hunde bei festgestellten Verstößen in der Regel zunächst auf ihre
Verpflichtungen hingewiesen und über mögliche Folgen bei erneuten Verstößen
aufgeklärt werden. Soweit allerdings wiederholt Verstöße festgestellt werden,
sind diese zu ahnden und die Regelungen des Gesetzes mit dem ordnungsrechtlichen
Instrumentarium durchzusetzen.
14
Zu § 14 (Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder)
§ 14 regelt, dass bei dem Vollzug des Gesetzes von den
zuständigen Behörden Erlaubnisse, Befreiungen und Sachkundebescheinigungen, die
von zuständigen Stellen anderer Länder erteilt wurden, anerkannt werden sollen.
Damit wird sichergestellt, dass behördliche Entscheidungen über und zur
Beurteilung der Gefährlichkeit eines Hundes und erforderliche Nachweise der
Halterin oder des Halters in NRW anerkannt und nicht noch einmal erbracht werden
müssen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Bescheinigungen den in dem
Gesetz gestellten Anforderungen im Wesentlichen entsprechen, was im Einzelfall
von der zuständigen Behörde zu entscheiden ist. In Zweifelsfällen ist eine
Entscheidung des für das Veterinärwesen zuständigen Ministeriums herbeizuführen.
Die Anerkennung einer behördlichen Entscheidung (Erlaubnis,
Befreiung von Anlein- oder Maulkorbpflicht) erfolgt, indem die zuständige
Behörde ohne weitere Prüfung entsprechende Verwaltungsakte erlässt.
Erforderlichenfalls kann von der zuständigen Behörde eines anderen Landes im
Wege der Amtshilfe die Verfahrensakte angefordert werden.
15
Zu § 15 (Geltung des Ordnungsbehördengesetzes und kommunaler Vorschriften)
15.1
§ 15 Abs. 1 stellt klar, dass die Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes
(z.B. §§ 2, 6, 8 bis 11, 13, 15 bis 24) ergänzend gelten, soweit
spezialgesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist.
15.2
§ 15 Abs. 2 regelt das Verhältnis kommunaler Vorschriften zum LHundG und zu den
aufgrund des LHundG erlassenen Verordnungen. In zahlreichen
nordrhein-westfälischen Kommunen gelten örtliche ordnungsbehördliche
Verordnungen oder Satzungen, die Regelungen zum Halten von Hunden aller Art im
Gemeindegebiet enthalten. Die kommunalen ordnungsbehördlichen Rechtsvorschriften
sollen ihre Geltung auch nach Inkrafttreten des Gesetzes behalten soweit sie
nicht im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen stehen.
Es bleibt den Kommunen unbenommen, auch künftig generelle
Regelungen über das Halten von Hunden zu treffen, die den örtlichen und
regionalen Gegebenheiten angepasst sind und beispielsweise die jeweilige
Bevölkerungszahl, die Bevölkerungsdichte sowie die Gesamtzahl von Hunden und den
verfügbaren Freiraum berücksichtigen. Mit den Anleingeboten des § 2 Abs. 2 und §
11 Abs. 6 führt das LHundG NRW insoweit lediglich eine landesweite, in allen
Städten und Gemeinden geltende Mindestpflicht ein.
Eine behördliche Entscheidung nach § 5 Abs. 3 über die
Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht des § 5 Abs. 2 befreit nicht
von bestehenden Anlein- und Maulkorbpflichten in kommunalen Vorschriften. Darauf
ist in der Entscheidung über die Befreiung hinzuweisen.
16
Zu § 16 (Ordnungsbehördliche Verordnungen)
Die Regelungen über die Durchführung und die Anforderungen an
die Sachkunde- und Ver-haltensprüfung sowie die zentrale Erfassung von nach dem
LHundG registrierten Hunden erfolgen durch Rechtsverordnung des für das
Veterinärwesen zuständigen Ministeriums.
17
Zu § 17 (Ausnahmen vom Anwendungsbereich)
17.1
§ 17 Satz 1 regelt, dass Hunde mit einer bestimmten Ausbildung und definierten
Funktion den Vorschriften dieses Gesetzes nicht unterfallen. Die Pflicht zum
allgemeinen gefahrvermeidenden Umgang nach § 2 Abs. 1 gilt auch für die Haltung
dieser Hunde.
17.2
§ 17 Satz 2 bestimmt für die dort aufgeführten Hunde eine Befreiung von den im
LHundG bestimmten Anleinpflichten soweit sich diese im bestimmungsgemäßen
Einsatz befinden. Im übrigen sind in Bezug auf diese Hunde die Vorschriften des
LHundG zu beachten.
18
Zu § 18 (Einschränkungen von Grundrechten)
§ 18 trägt dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des
Grundgesetzes Rechnung.
19
Zu § 19 (Strafvorschrift)
Für strafrechtliche Regelungen steht dem Bund nach Art. 74
Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit zu.
Durch Art. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001
(BGBl. I S. 530 (532)) hat der Bundesgesetzgeber den neuen Tatbestand des § 143
"Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Hunden" in das Strafgesetzbuch eingefügt.
Danach wird bestraft, wer einem durch landesrechtliche Vorschrift erlassenen
Verbot, einen gefährlichen Hund zu züchten oder Handel mit ihm zu treiben,
zuwider handelt oder, wer ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einer
vollziehbaren Untersagung einen gefährlichen Hund hält. Diese Regelung
beschränkt sich ausschließlich auf die Sanktionierung eines unerlaubten Umgangs
mit gefährlichen Hunden. Darüber hinaus hat das LHundG in § 19 weitere
Strafvorschriften geschaffen. In § 19 Abs. 1 sind zwei Straftatbestände
aufgeführt. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft, wer einen Hund auf Menschen oder Tiere hetzt (Nr. 1) oder
entgegen § 2 Abs. 3 einen Hund mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität
ausbildet (Nr. 2).
Absatz 2 ermöglicht die Einziehung des Hundes, auf den sich
die Straftat bezieht, nach Satz 2 auch unter den erweiterten Voraussetzungen des
§ 74 a StGB.
20
Zu § 20 (Ordnungswidrigkeiten)
§ 20 legt Ordnungswidrigkeitentatbestände für Verstöße gegen
alle wesentlichen Pflichten des LHundG NRW (Absatz 1 und 2) fest und bestimmt
zur wirksamen Abschreckung einen Bußgeldrahmen von bis zu 100.000 Euro (Absatz
3).
Nach § 22 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten dürfen
als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit Gegenstände nur eingezogen werden,
soweit das Gesetz dies ausdrücklich zulässt. Da insbesondere nach wiederholten
Ordnungswidrigkeiten von Halterinnen und Haltern die Allgemeinheit durch den
weiteren Besitz der Tiere gefährdet wird, ist die Möglichkeit der Einziehung
nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes neben der Sicherstellung
ein weiteres und endgültiges Mittel der Gefahrenabwehr (Absatz 4).
Absatz 5 bestimmt, dass die nach § 13 zuständige Behörde auch
Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des
Ordnungswidrigkeitengesetzes ist und damit präventive und repressive Maßnahmen
in einer Hand liegen.
21
Zu § 21 (Übergangsvorschriften)
Um eine weitgehende Kontinuität des Vollzugs im Hinblick auf
die bisherigen Regelungen der LHV NRW zu gewährleisten und um Hundehalterinnen
oder Hundehalter und zuständige Behörden nicht mit wiederholendem
Verwaltungsaufwand zu belasten, bestimmt § 21 weitge-hende
Übergangsvorschriften.
Verwaltungsbehördliche Entscheidungen über die Anerkennung zur
Durchführung von Ver-haltensprüfungen, die unter der Geltung der LHV NRW erteilt
wurden, gelten fort, soweit sich ihr Regelungsinhalt nicht erledigt hat. Näheres
regelt eine Verordnung nach § 16 Abs. 1.
Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 gelten Entscheidungen nach § 6 Abs. 4
LHV NRW zur Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht als Befreiung
nach § 5 Abs. 3 Satz 1 fort, soweit Befristungen nicht abgelaufen sind oder sich
ihr Regelungsinhalt erledigt hat. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der
Vorschrift und der Intention des Gesetzgebers, eine weitgehende Kontinuität im
Vollzug zu schaffen. Zu Verfahren zur Befreiung von der Anlein- und/oder
Maulkorbpflicht nach Inkrafttreten des LHundG vgl. Nr. 5.3.
22
Zu § 22 (Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes)
Als Grundlage für die Beurteilung der Auswirkungen des
Gesetzes werden die zuständigen Ordnungsbehörden und Veterinärämter gebeten,
kalenderjährlich folgende Informationen zu erfassen und den Bezirksregierungen
jeweils bis zum 15. Januar eines Jahres auf dem Dienstweg zu berichten:
- Zahl der gehaltenen erlaubnispflichtigen Hunde,
differenziert nach den in § 3 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 bestimmten Rassen und
deren Kreuzungen,
- Zahl, Ergebnis und Umfang der Entscheidungen nach § 5 Abs.
3 Satz 1 und Zuordnung zu den Rassen,
- Entscheidungen nach § 3 Abs. 3 Satz 2,
- Zahl der nicht bestandenen Verhaltensprüfungen,
- Zahl der angezeigten großen Hunde differenziert nach
Rassen,
- Zahl der eingeleiteten und abgeschlossenen
Ordnungswidrigkeitenverfahren jeweils in Zuordnung zu der Hundekategorie und
Bezeichnung des Verstoßes (Nr. von § 20 Abs. 1),
- Abgaben an StA,
- Beißvorfälle, differenziert nach Rassen,
- sonstige Vorfälle.
Die vom MUNLV entwickelten Berichtsformulare sind zu
verwenden.
Die Bezirksregierungen fassen die Berichte der zuständigen Ordnungsbehörden und
Veterinärämter zusammen und berichten dem MUNLV bis zum 01. Februar eines
Jahres.
23
Zu § 23 (In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten)
Das LHundG NRW ist am 01.01.2003 in Kraft getreten.
Gleichzeitig ist die LHV NRW außer Kraft getreten.
Absatz 2 verschiebt für die Hunde der Rassen Alano und
American Bulldog sowie deren Kreuzungen das In-Kraft-Treten des § 4 um 6 Monate,
da die Hunde der genannten Rassen einer Erlaubnispflicht bisher nicht
unterlagen.
Mit In-Kraft-Treten dieses Erlasses treten die
Verwaltungsvorschriften zur Landeshundeverordnung (RdErl. des Ministeriums für
Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - II C 3 -
4200-5018 -) vom 13.10.2000 (MBl. NRW. S. 1558, 1569) außer Kraft.
Dieser RdErl. ergeht im Benehmen mit dem Innenministerium.
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