- Hamburg

Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 11. September 2002 (7 VG 3585/2002):


Das Verwaltungsgericht lehnt den Antrag des türkischen Staatsangehörigen, dessen Kampfhund vor gut zwei Jahren ein sechsjähriges Kind getötet hat und der deswegen wegen fahrlässiger Tötung zu 3 1/2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die von der Ausländerbehörde beabsichtigte sofortige Ausweisung ab

 

II.


Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.


Es besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des fristgerecht erhobenen Widerspruchs gegen die Ausweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 30. Mai 2002 wiederherzustellen und gegen die hiermit verbundene Androhung der Abschiebung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Haftentlassung anzuordnen.

Die angefochtene Verfügung erweist sich nämlich nach der in diesem Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Das – von der Antragsgegnerin den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in genügender Weise begründete – besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt dasjenige des Antragstellers an seinem einstweiligen Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar nach seiner Haftentlassung.

Die Ausweisungsverfügung (1.) und die Abschiebungsandrohung (2.) dürften rechtmäßig sein.


1. Die Antragsgegnerin dürfte die Ausweisung zu Recht auf §§ 45 Abs. 1, 46 Nr. 2 AuslG gestützt haben, die eine Ausweisung in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde stellen.

Hier stellt nämlich die Straftat , die Grundlage des Strafurteils vom 17. Januar 2001 ist, fraglos einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG dar. Dabei ist unerheblich, dass es sich nicht um eine vorsätzlich begangene Tat handelt, sondern um ein Fahrlässigkeitsdelikt. Dies folgt hier zum einen daraus, dass das hochrangige Rechtsgut "Leben" betroffen war. Zum anderen ergibt sich dies auch aus dem hohen Strafmaß des Urteils. Darüber hinaus hat der Antragsteller aber auch aufgrund der außerdem abgeurteilten Straftaten gegen das Waffengesetz und das Betäubungsmittelgesetz nicht nur vereinzelt gegen Rechtsvorschriften verstoßen.

Da der Antragsteller in der Bundesrepublik geboren ist und eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitzt, kann er sich aber auf den erhöhten Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Nr. 2 AuslG berufen, so dass er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann.

Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 48 Abs. 1 AuslG dürften hier aber vorliegen (a).

Europarechtliche Vorschriften stehen der Ausweisung des Antragstellers voraussichtlich nicht entgegen (b).

Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind auch nicht zu beanstanden (c).


a) Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 48 Abs. 1 AuslG dürften hier vorliegen.

Nach der genannten Vorschrift kann die Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgesprochen werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 11.6.1996, NVwZ 1997 S. 297 m.w.N.), dem die beschließende Kammer folgt, ist dies dann der Fall, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers ein deutliches Übergewicht hat. Ein schwerwiegender spezialpräventiver Ausweisungsgrund ist nur dann anzunehmen, wenn dem Ausweisungsanlass ein besonderes Gewicht zukommt, das sich bei Straftaten insbesondere aus deren Art, Schwere und Häufigkeit ergibt. Außerdem müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht. Ferner darf auch im Falle eines erhöhten Ausweisungsschutzes gemäß § 48 Abs. 1 AuslG die Ausweisung auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn die Straftat des Ausländers besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis daran besteht, über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus durch Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Dabei ist das Gewicht der Straftat nicht abstrakt, sondern konkret nach den Umständen der Tatbegehung zu bestimmen.

Nach diesen Maßstäben wird sich die Ausweisung des Antragstellers aller Voraussicht nach sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen als gerechtfertigt erweisen.

Die Gewichtigkeit des Ausweisungsanlasses ergibt sich hier aus der Schwere des Tötungsdelikts, das Grundlage für die Verurteilung vom 17. Januar 2001 ist. Der Straftatbestand "fahrlässige Tötung" stellt zwar kein Vorsatzdelikt dar und wird nach dem Strafgesetzbuch auch nicht als Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB eingestuft. Dennoch liegt hier ein Fall schwerer Kriminalität vor, der in der Regel einen schwerwiegenden Ausweisungsanlass darstellt (BVerwG, Urt. v. 11.6.1996, a.a.O.) Ob es sich bei einer Straftat um ein schwerwiegendes Delikt handelt, hängt nämlich vorrangig von der Schuld des Täters ab, die nach § 46 Abs. 1 StGB neben den Wirkungen, die von der Straftat für das zukünftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, Grundlage für die Strafzumessung ist und sich in der Höhe der verhängten Strafe niederschlägt. Das Landgericht Hamburg verurteilte hier den Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, einer Strafe also, die weit über dem Mindestmaß der für ein Verbrechen bedrohten Strafe von einem Jahr (vgl. § 12 Abs. 1 StGB) liegt. Die Gewichtigkeit der Straftat folgt hier aber auch daraus, dass der Antragsteller mit dem Delikt das besonders hochrangige Rechtsgut "Leben" verletzte.

Ein generalpräventiver Grund, das heißt das Bedürfnis, andere Ausländer durch die Ausweisung von ähnlicher Art und Schwere abzuhalten, liegt schon in der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe begründet. Im gegebenen Fall ist weiter von Bedeutung, dass die Straftat in der Öffentlichkeit in besonderem Maße Beachtung gefunden hat. Sie führte nicht nur zu heftigen Reaktionen in der Bevölkerung und den Medien, sondern war Anlass für eine Verschärfung der Hundeverordnungen im gesamten Bundesgebiet.

Die Ausweisung dürfte aber auch aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt sein. Denn im Falle des Antragstellers ist eine Wiederholungsgefahr, also eine Gefahr, dass er erneut straffällig wird, gegeben.

Diese Prognose folgt vor allem aus den Lebensumständen und der Verhaltensweise des Antragsstellers, die dem Tötungsdelikt vorangingen und die Ursache dieser Straftat waren. So lebte der Antragsteller schon seit Jahren in den Tag hinein. Er konsumierte regelmäßig Cannabis, hatte keine eigene Wohnung und ließ sich von Bekannten finanziell unterstützen. In dieser Zeit schaffte er sich seinen Kampfhund xx an und trainierte das Tier regelmäßig und scharf. Dahin stehen kann, ob dies allein zu seinem Schutz erfolgte, was er bestreitet. Dafür dass er den Hund zu seiner Verteidigung hielt, spricht sein übriges Verhalten. So legte er sich illegal eine Schusswaffe zu, offenbar um sich gegen vermeintliche Angreifer verteidigen zu können. Jedenfalls wurde das Tier offensichtlich durch das Training immer gefährlicher. Dies wurde auch dadurch deutlich, dass der Hund schon im April 1998 einen anderen Hund biss und dessen Halterin verletzte. Die diesem Vorfall nachfolgende strafrechtlich Verurteilung des Antragstellers wegen fahrlässiger Körperverletzung im Juni 1998 führte jedoch ebenso wenig zu einer Verhaltensänderung wie die im Januar 2000 erfolgte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen illegalen Waffenbesitzes. Der Antragsteller ignorierte die Gefahr, die von seiner Verhaltensweise ausging nicht nur, sondern verstärkte sie durch weiteres Training des Tieres und veränderte seine ungeordneten Lebensumstände nicht. Selbst als sein Hund und der Hund seiner unter den gleichen ungeordneten Umständen mit ihm zusammen lebenden Freundin wegen weiterer Bissvorfälle im April und Mai 2000 mit einem Maulkorb– und Leinenzwang belegt wurden, ließ er sich dies nicht zur Warnung dienen und führte die Tiere gegen die behördliche Weisung gleichzeitig unangeleint und ohne Maulkorb aus, was schließlich zu dem Tötungsdelikt führte.

Das teilweise positive Nachtatverhalten des Antragstellers ändert an der hierdurch bedingten eine Wiederholungsgefahr begründenden negativen Prognose nichts.

Der Antragsteller hat zwar - vergeblich – um das Leben des angegriffenen Kindes gekämpft und zeigte er sich entsetzt über das Geschehene, was im Strafurteil auch mildernd berücksichtigt wurde. Dieses Verhalten und auch seine durchaus positiven Versuche, durch Gespräche mit Anstaltspsychologen das Geschehene aufzuarbeiten und eine Therapie durchzuführen, die sicher auch unter dem Druck des Strafvollzugs und der angekündigten Ausweisung erfolgen, rechtfertigen aber noch keine positive Prognose. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass er weder absichtlich noch bedingt vorsätzlich den Tod des Kindes herbeiführte, sondern diesen insbesondere durch seine pflichtwidrige und die Gefährlichkeit seines Verhaltens ignorierende Einstellung verursachte, so dass Entsetzen und Trauer über die Folge seines Handelns noch keine Änderung seines Verhaltens darstellen. Im Übrigen ist nicht ausreichend erkennbar, dass sich auch die Lebensumstände des Antragstellers, die wie oben ausgeführt, ursächlich für die Straftaten waren, nachhaltig verändern werden. So bleibt nach wie vor zweifelhaft, ob es dem Antragsteller nach Jahren der nur durch Gelegenheitsarbeiten unterbrochenen Arbeitslosigkeit gelingen kann, eine Ausbildung zu absolvieren und längerfristig durch eigene Arbeit sein Einkommen zu erzielen. Auch rechtfertigt die Drogenfreiheit im Strafvollzug noch nicht die Annahme, er werde sich auch in unkontrollierten Verhältnissen in Freiheit drogenfrei führen. Die beabsichtigte Heirat mit seiner Freundin xxxxx gewährleistet selbst für den Fall, dass diese ihre Lebensverhältnisse geändert hat, auch keine Sicherheit dafür, dass er in sein früher geübtes Verhalten zurückfallen wird. In beiden Gutachten wird zudem davon gesprochen, dass das Verhältnis zu xxxxx Gefährdungsmomente in sich birgt. Dasselbe gilt für die Familie des Antragstellers, mit der er sich jetzt versöhnt haben will. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Berichten des Diplompsychologen xxxxx vom 2. April 2002 und der Diplompsychologin xxxxx vom 25. Juli 2002. Hieraus ergibt sich lediglich, dass der Antragsteller Ansätze zu einer positiven Veränderung zeigt, weil er nun die Verantwortung für den Tod des Jungen bei sich selbst sieht. Der Anstaltspsychologe xxxxx führt jedoch weiter aus, dass der Antragsteller seine gesamte Lebensplanung durchgreifend ändern müsse, weil sonst zu befürchten sei, dass er wieder in eine Scheinwelt flüchten werde. Eine derartige durchgreifende Änderung ist aber- wie oben ausgeführt – nicht naheliegend. Auch in dem lediglich die Therapiefähigkeit des Antragstellers beurteilenden Gutachten der Anstaltspsychologin xxxxx wird dem Antragsteller nur der Beginn einer Veränderung in seiner Einstellung und die Suche nach Verhaltensänderungen bescheinigt.

Ob der Umstand, dass die Familie des Opfers Blutrache ausüben will, wie die Antragsgegnerin meint, eine zusätzliches Wiederholungsrisiko in sich birgt, braucht nicht entschieden zu werden.

b) Europarechtliche Vorschriften dürften der Ausweisung des Antragstellers nicht entgegen stehen.


Auf einen erhöhten Ausweisungsschutz nach Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (ENA) kann er sich voraussichtlich nicht berufen (aa).

Ausweisungsschutz durch den Beschluss Nr. 1/80 des Assozisationsrats EWG (ARB Nr. 1/80) dürfte er ebenfalls nicht erlangen können (bb).

Art. 8 EMRK steht der Ausweisung des Antragstellers auch nicht entgegen (c).

aa) Nach Art. 3 Abs. 1 ENA dürfen die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates – zu denen auch die Türkei gehört (vgl. Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Europäischen Niederlassungsabkommens vom 21. Dezember 1990, BGBl. 1991 II S. 397) – nur ausgewiesen werden, wenn sie die Sicherheit des Staates gefährden oder gegen die öffentliche Ordnung verstoßen. Gemäß Art. 3 Abs. 3 ENA ist die Ausweisung von Staatsangehörigen eines Beitrittslandes nach einem ordnungsgemäßen Aufenthalt in einem anderen Vertragsstaat von mehr als zehn Jahren nur aus Gründen der Sicherheit des Staates möglich, oder wenn die in Absatz 1 genannten Gründe besonders schwer wiegen. Ein Ausweisungsgrund ist in den Fällen eines besonders langen Aufenthalts nur dann besonders schwerwiegend, wenn er so gewichtig ist, dass die Anwesenheit des Ausländers auch bei Anlegung strenger Maßstäbe nicht länger hingenommen werden kann, die Ausweisung sich also als ultima ratio ausländerrechtlichen Handelns darstellt (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 1977 – 1 C 31/74, veröffentlicht als: BVerwGE 55, 8). Allerdings besteht zwischen einem besonders schwerwiegenden Ausweisungsgrund i.S.d. Art. 3 Abs. 3 ENA und einem schwerwiegenden Ausweisungsgrund i.S.d. § 48 Abs. 1 AuslG kein qualitativer Unterschied (BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1996 – 1 C 26/94, abgedruckt in: InfAuslR 1997, 8 ff.). Wie oben ausgeführt, liegt im Falle des Antragstellers ein derart schwerwiegender Grund vor.

bb) Der Antragsteller kann sich voraussichtlich auch nicht auf Art. 14 ARB 1/80, nach dem eine Ausweisung nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit erfolgen kann, berufen.

Zweifelhaft erscheint bereits, ob er überhaupt zu dem hier allein in Betracht kommenden begünstigten Personenkreis nach Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 ARB 1/80 gehört. Er hat zwar nach dieser Norm zunächst ein Aufenthaltsrecht erworben. Nachdem er länger als fünf Jahre mit seinen Eltern und somit mit den stammberechtigten türkischen Arbeitnehmer zusammengelebt und dabei insbesondere ein "ordnungsgemäßer Wohnsitz" bestanden hatte, führte dies nämlich zu einem Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- und Gehaltsverhältnis. Allerdings dürften der Umstand der Verbüßung der Strafhaft hier zum Verlust des vor der Inhaftierung erworbenen assoziationsrechtlichen Aufenthaltsanspruches geführt haben (so die wohl überwiegende Meinung in Rspr. und Lit., vgl. etwa Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, Bd. 3, 50. Lfg. September 2001, Art. 6 ARB 1/80 Rn. 34 m. zahlr. Nachw.; a.A. GK-AuslR 64, Bd. 4, Art. 6 ARB 1/80 Rn. 183).

Dies kann hier jedoch dahin stehen. Die hier spezialpräventiv begründete Ausweisung des Antragstellers ist nämlich mit den Regeln des ARB 1/80 grundsätzlich vereinbar.

cc) Schließlich dürfte der Ausweisung auch nicht Art. 8 Abs. 1 EMRK entgegen stehen, wonach der Antragsteller Anspruch auf Achtung seines Familienlebens hat.

Dieser Anspruch ist nach Absatz 2 der genannten Vorschrift eingeschränkt. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in das Recht auf Achtung des Familienlebens ist, soweit der Eingriff wie hier gesetzlich vorgesehen ist, u.a. dann statthaft, wenn er eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Verteidigung der Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Es unterliegt nach dem oben Gesagten keinem Zweifel, dass die Ausweisung des Antragstellers eine derartige Maßnahme ist. Ferner muss die Maßnahme einem dringenden sozialen Bedürfnis entspringen und in einem vernünftigen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen (EGMR, Urt. v. 21.6.1988, InfAuslR 1994 S. 84, 86; Urt. v. 18.2.1991, EuGRZ 1993 S. 552,554; Urt. v. 26.3.1992, InfAuslR 1994 S. 86, 88). Dass die Ausweisung hier einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht, ergibt sich aus ihrem schwerwiegenden präventiven Zweck.

  1. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin halten einer Überprüfung stand.

Die Antragsgegnerin hat die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Antragstellers und die Dauer seines Aufenthalts sowie die Folgen einer Ausweisung für seine Angehörigen ausreichend gewürdigt. Zutreffend ist sie zu dem Schluss gekommen, dass die Ausweisung weder unverhältnismäßig ist noch eine unzumutbare Härte darstellt.

Zu Recht sieht die Antragsgegnerin den Umstand, dass der Antragsteller seit seiner Geburt in der Bundesrepublik lebt, als besonders zu beachtendes persönliches Interesse an seinem Verbleib an. Mit der Antragsgegnerin ist jedoch davon auszugehen, dass der Antragsteller, der neben dem regulären Unterricht die türkische Schule und die Koranschule besuchte und im Elternhaus streng muslimisch erzogen wurde, sich dem Land seiner Staatsangehörigkeit nicht vollständig entfremdet hat. Aufgrund seines familiären Zusammenhangs ist auch davon auszugehen, dass er die türkische Sprache beherrscht.

Auch den Umstand, dass Eltern und Geschwister des Antragstellers hier leben, und die Bindung zu seiner Verlobten hat die Antragsgegnerin ausreichend berücksichtigt. Da der Antragsteller erwachsen ist und seit Jahren nicht mehr mit Eltern und Geschwistern zusammen lebt, ist ihm ein Leben ohne räumliche Nähe zu seiner Herkunftsfamilie zuzumuten. Dasselbe gilt für die sicherlich subjektiv als hart empfundene Trennung von seiner Verlobten. Eine Besonderheit, wie etwa eine Krankheit oder eine Behinderung oder eine wirtschaftliche Abhängigkeit, die dazu führen könnte, dass man aufeinander angewiesen ist, besteht nicht. Auch wirtschaftlich ist der Antragsteller, der seit Jahren arbeitslos ist und über keine fertige Berufsausbildung verfügt, wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt, in der Bundesrepublik Deutschland nicht gebunden.

  1. Vorläufiger Rechtsschutz gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltene Androhung der Abschiebung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Haftentlassung kann dem Antragsteller ebenfalls nicht gewährt werden.

Auch insoweit wird sein Widerspruch voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die Voraussetzungen der §§ 49 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 50 Abs. 1 und Abs. 5 AuslG für den Erlass einer Abschiebungsandrohung liegen vor. Da sich der Antragsteller in Haft befindet, bedarf seine Ausreise einer Überwachung, aber keiner Fristsetzung. Der Antragsteller ist gemäß § 42 Abs. 1 AuslG ausreisepflichtig, weil er die erforderliche Aufenthaltserlaubnis, die nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG durch die Ausweisung erloschen ist, nicht mehr besitzt. Da die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet wurde, ist die Ausreisepflicht nach § 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG auch vollziehbar.

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