Bremische Bürgerschaft Drucksache 16/782
Landtag 18.10.05
16. Wahlperiode
Mitteilung des Senats vom 18. Oktober 2005
Entwurf eines Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden
Der Senat überreicht der Bürgerschaft (Landtag) den Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden mit der Bitte um
Beschlussfassung.
Das Gesetz über das Halten von Hunden besteht seit dem Jahr 2001 weitgehend
unverändert. Die rechtliche Entwicklung einerseits, insbesondere die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 143 des Strafgesetzbuchs sowie
die Erfahrungen der Praxis andererseits lassen es angezeigt sein, das Gesetz zu
überarbeiten und fortzuentwickeln.
Die Fortentwicklung des Gesetzes soll im Wesentlichen unter drei
Gesichtspunkten erfolgen:
Erstens soll die Befreiung vom Maulkorbzwang, die für gefährliche Hunde mit
Vollendung des 8. Lebensjahres nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über das
Halten von Hunden vorgesehen ist, wenn der Hund im übrigen nicht auffällig war,
aufgehoben werden.
Zweitens soll der Ortspolizeibehörde durch die Einführung eines
Sachkundenachweises bei Haltern, deren Hund auffällig gewordenen ist oder die
wiederholt gegen Haltungsvorschriften verstoßen haben, ein zusätzliches
Instrument zur Verhinderung von Gefahren für andere und die Betroffenen selbst
an die Hand gegeben werden. Für den Sachkundenachweis ist eine Prüfung
erforderlich, die einen Lehrgang oder eine Ausbildung voraussetzt.
Drittens soll die Ortspolizeibehörde auch die Zuverlässigkeit von Haltern
prüfen, deren Hund auffällig geworden ist oder die wiederholt gegen
Haltungsvorschriften verstoßen haben, auch wenn der Hund selbst nicht auffällig
geworden ist. Bei mangelnder Zuverlässigkeit kann die Hundehaltung untersagt
werden.
Daneben ist eine Präzisierung verschiedener Regelungen aufgrund Erfahrungen aus
der Praxis, die Angleichung der Bußgeldvorschriften sowie die Einführung einer
Strafvorschrift aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu §
143 StGB (Entscheidung vom 16. März 2004 (1 BvR 1778/01)) zweckmäßig.
Die staatliche Deputation für Inneres hat dem Entwurf auf ihrer Sitzung am 6.
Oktober 2005 zugestimmt.
Der Entwurf hat keine finanziellen Auswirkungen.
Entwurf
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden
Vom ...
Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft (Landtag)
beschlossene Gesetz:
Artikel 1
Das Gesetz über das Halten von Hunden vom 2. Oktober 2001 (Brem.GBl. S. 331 -
2190-b-1), geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 2. Oktober 2001 (Brem GBl. S.
331), wird wie folgt geändert:
1. § 1 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 4 Satz 1 erhält folgende Fassung:
"Die in Absatz 3 genannten Hunde dürfen nicht gezüchtet oder sonst vermehrt
werden."
b) Absatz 6 erhält folgende Fassung:
"(6) Gefährliche Hunde sind vom Halter auf seine Kosten durch einen Tierarzt
mittels eines Mikrochips dauerhaft und unverwechselbar markieren zu lassen.
Ferner ist für Hunde nach Absatz 3 eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.
Die Tatsache der Markierung sowie die Markierungsnummer und der Abschluss der
Haftpflichtversicherung sind der Ortspolizeibehörde nachzuweisen."
2. § 2 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
"(2) Einen beißsicheren Maulkorb müssen außerhalb des befriedeten Besitztums,
in Mehrfamilienhäusern außerhalb der Wohnung tragen
1. gefährliche Hunde nach § 1 Abs. 3,
2. gefährliche Hunde, die gebissen haben, obwohl sie nach Absatz 1 angeleint
waren oder hätten angeleint sein müssen,
3. gefährliche Hunde, die Menschen oder Tiere in erheblichem Maße verletzt
haben.
§ 4 Abs. 4 bis 6 bleibt unberührt."
3. § 3 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
aa) Der Nummer 2 wird folgender Satz angefügt:
"§ 2 Abs. 1 und 2 und § 5 bleiben unberührt."
bb) In Satz 4 (neu) wird die Zahl "2" durch die Zahl "1" ersetzt.
b) In Absatz 5 Satz 1 wird nach dem Wort "Tiere" ein Komma gesetzt und die
Wörter "um von der Ortspolizeibehörde sichergestellte Hunde" eingefügt.
4. § 4 wird wie folgt geändert:
a) Die Absätze 1 bis 3 werden wie folgt gefasst:
"(1) Bei gefährlichen Hunden, die sich nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 als
bissig erwiesen haben, soll die Ortspolizeibehörde anordnen, dass der Halter
einen Sachkundenachweis inner-halb einer bestimmten Frist zu führen hat. Ferner
prüft die Ortspolizeibehörde, ob der Halter über die erforderliche
Zuverlässigkeit verfügt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend ohne dass sich
der Hund als bissig erwiesen hat, sofern der Halter wiederholt entgegen § 2
Abs. 1 oder 2 einen gefährlichen Hund ohne Leine oder ohne Maulkorb geführt
hat, entgegen § 3 Abs. 7 einen gefährlichen Hund trotz Aufforderung der
Ortspolizeibehörde nicht ausbruchsicher untergebracht oder den Eingang zum
Besitztum trotz Aufforderung der Ortspolizeibehörde nicht mit einem
Hinweisschild gekennzeichnet oder wiederholt entgegen § 5 Abs. 1 einen Hund in
der Öffentlichkeit durch ungeeignete Personen hat führen lassen.
(2) Der Sachkundenachweis nach Absatz 1 ist durch Vorlage einer
Sachkundebescheinigung einer sachverständigen Person zu führen. Die
Bescheinigung wird nach bestandener Sachkundeprüfung erteilt. Für die Zulassung
zur Sachkundeprüfung ist der Nachweis einer Ausbildung erforderlich.
Sachverständige Personen, die in der Ausbildung tätig sind, dürfen keine
Sachkundeprüfungen bei Personen oder bei Hunden abnehmen, die sie ausgebildet
haben. Die Sachkunde umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten zur Haltung und zum
Umgang mit Hunden. Hierzu gehören insbesondere Kenntnisse über das Wesen, das
Verhalten und die natürlichen Bedürfnisse von Hunden sowie deren Erziehung und
sachgerechte Beeinflussung sowie ferner Grundkenntnisse der für die
Hundehaltung geltenden Rechtsvorschriften. Die Ortspolizeibehörde benennt dem
Hundehalter Personen oder Einrichtungen, die vom Senator für Arbeit, Frauen
Gesundheit, Jugend und Soziales oder der von ihm bestimmten Stelle als zur
Ausbildung geeignet anerkannt worden sind. Der Senator für Arbeit, Frauen,
Gesundheit, Jugend und Soziales ist ferner für die Anerkennung von
sachverständigen Personen zuständig. Das Nähere zur Durchführung des Verfahrens
zum Sachkundenachweis und der Anerkennung von zur Ausbildung geeigneten
Personen oder Einrichtungen sowie von sachverständigen Personen regelt der
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales durch
Verwaltungsvorschrift. § 2 Abs. 3 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. Die Kosten
für den Sachkundenachweis trägt der Halter.
(3) Für die Prüfung der Zuverlässigkeit nach Absatz 1 gilt § 3 Abs. 3
entsprechend. Der Betroffene hat ein Führungszeugnis vorzulegen. Die
Ortspolizeibehörde darf ferner Auskünfte der Behörden des
Polizeivollzugsdienstes einholen, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen
die Zuverlässigkeit begründen."
b) Der bisherige Absatz 1 wird Absatz 4 und wie folgt gefasst:
"(4) Die Ortspolizeibehörde kann das Halten eines gefährlichen Hundes durch
Auflagen beschränken, wenn Maßnahmen nach Absatz 1 nicht ausreichen oder
untunlich sind. Sie soll ferner das Halten eines gefährlichen Hundes
untersagen, wenn durch einen schwerwiegenden Verstoß oder wiederholte Verstöße
gegen die Vorschriften dieses Gesetzes das Leben oder die Gesundheit von
Menschen oder Tieren gefährdet worden ist, wenn der Halter auch nach einer
wiederholten Aufforderung keinen Sachkundenachweis vorlegt oder wenn er nicht
die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt."
c) Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden Absätze 5 und 6; der neue Absatz 6
wird wie folgt gefasst:
"(6) Die Ortspolizeibehörde soll ein befristetes oder unbefristetes Verbot der
Haltung von Hunden anordnen, wenn nur auf diese Weise Gefahren für Leben oder
Gesundheit von Menschen oder Tieren abgewehrt werden können oder wenn der
Betroffene unzuverlässig zum Halten von Hunden ist."
5. Dem § 5 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
"Gefährliche Hunde dürfen nur von Personen geführt werden, die das 18.
Lebensjahr vollendet haben."
6. § 6 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 wird Nummer 3 gestrichen. Die bisherige Nummer 4 wird Nummer 3.
b) In Satz 3 wird die Zahl "4" durch die Zahl "3" ersetzt.
7. § 7 Abs. 1wird wie folgt geändert:
a) Es wird folgende Nummer 1 eingefügt:
"1. entgegen § 1 Abs. 4 Hunde vermehrt,"
b) Die bisherigen Nummern 1 bis 15 werden neue Nummern 2 bis 16.
c) In Nummer 12 wird die Angabe "§ 4 Abs. 1" durch die Angabe "§ 4 Abs. 4" und
die Angabe "§ 4 Abs. 2" durch die Angabe "§ 4 Abs.5" ersetzt.
d) In Nummer 13 wird das Komma nach dem Wort "wird" gestrichen und die Wörter
"oder einen gefährlichen Hund von einer Person führen lässt, die das 18.
Lebensjahr nicht vollendet hat," angefügt.
8. Nach § 7 wird folgender § 7 a eingefügt:
"§ 7a
Strafvorschriften
(1) Wer entgegen § 1 Abs. 4 Hunde züchtet oder mit ihnen Handel treibt, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. §
74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden."
9. § 8 wird wie folgt geändert:
a) Der bisherige Text wird Absatz 1.
b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt:
"Befreiungen von der Verpflichtung zum Tragen eines Maulkorbs, die auf § 6 Abs.
2 Satz 1 Nr. 3 in der bis zum [einsetzen: Datum des Tages vor der Verkündung]
geltenden Fassung beruhen, bleiben unberührt."
10. Nach § 8 wird folgender § 9 eingefügt:
"§ 9
Befristung
Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 31.Dezember 2009 außer Kraft."
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Bremen, den ...
Begründung
Gefährliche Hunde, darunter insbesondere die Gruppe der sog. Kampfhunde
(Pit-Bull-Terrier, Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Stafforshire
Bullterrier) können bei unsachgemäßem Umgang oder in besonderen, vor allem bei
unvorhersehbaren Situationen unkontrolliert aggressiv reagieren und erhebliche
Gefahren für andere, aber auch für den Halter selbst verursachen. Aufgrund der
Tatsache, dass das Gesetz über das Halten von Hunden inzwischen 4 Jahre in
Kraft ist sowie ferner ein Kampfhundevorfall mit tödlichem Ausgang für die
Halterin ist es angezeigt, die Rechtsvorschriften für den Umgang mit diesen
Hunden weiter zu entwickeln.
Die Fortentwicklung soll im Wesentlichen unter drei Gesichtspunkten erfolgen:
Erstens soll die Befreiung vom Maulkorbzwang, die für gefährliche Hunde mit
Vollendung des 8. Lebensjahres nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über das
Halten von Hunden vorgesehen ist, wenn der Hund im übrigen nicht auffällig war,
aufgehoben werden.
Zweitens soll der Ortspolizeibehörde durch die Einführung eines
Sachkundenachweises bei Haltern, deren Hund auffällig gewordenen ist oder die
wiederholt gegen Haltungsvorschriften verstoßen haben, ein zusätzliches
Instrument zur Verhinderung von Gefahren für andere und die Betroffenen selbst
an die Hand gegeben werden.
Drittens soll die Ortspolizeibehörde auch die Zuverlässigkeit von Haltern
prüfen, deren Hund auffällig geworden ist oder die wiederholt gegen
Haltungsvorschriften verstoßen haben, auch wenn der Hund selbst nicht auffällig
geworden ist. Bei mangelnder Zuverlässigkeit kann die Hundehaltung untersagt
werden.
Daneben ist eine Präzisierung verschiedener Regelungen aufgrund Erfahrungen aus
der Praxis, die Angleichung der Bußgeldvorschriften sowie die Einführung einer
Strafvorschrift aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu §
143 StGB (Entscheidung vom 16. März 2004 (1 BvR 1778/01)) zweckmäßig.
Im Einzelnen
Zu Nr. 1 (§ 1 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6)
Zu a)
Im Hinblick auf in der Praxis aufgetretene Auslegungsfragen wird durch die
Änderung klar-gestellt, dass sowohl die Zucht als planvolle Paarung zur
Erzielung bestimmter Merkmale und Eigenschaften als auch jede andere Art der
Vermehrung von Hunden unter das Verbot fällt.
Zu b)
Durch die Neufassung des Absatzes 6 wird festgelegt, dass sowohl die Tatsache
der Markierung nebst Markierungsnummer als auch der Abschluss einer
Haftpflichtversicherung der Ortspolizeibehörde nachzuweisen sind. Bisher
bestanden hinsichtlich des Nachweises der Markierung in der Praxis
Unsicherheiten.
Zu Nr. 2 (§ 2 Abs. 2)
Die Regelungen des Absatzes 2 sollen aufgrund der Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichts Bremen (z.B. Urteil vom 23.12.1997 - 2 A 176/96) und
Erfahrungen aus der Rechtsanwendung präzisiert werden. Bislang war nicht
zweifelsfrei geklärt, wann ein gefährlicher Hund sich als bissig mit der
zusätzlichen Folge eines Maulkorbzwanges erwiesen hat. Dies wird durch die
Neufassung des Absatzes 2 deutlicher als bisher geregelt. Danach müssen
zunächst wie bisher alle gefährlichen Hunde, die einer der in § 1 Abs. 3 des
Gesetzes genannten Rassen angehören, einen Maulkorb tragen. Ferner müssen einen
Maulkorb tragen auch alle anderen gefährlichen Hunde, die gebissen haben,
sofern bereits nach Absatz 1 aufgrund eines Vorfalls die Verpflichtung bestand,
sie nur angeleint führen zu dürfen. Dabei ist es unerheblich, ob der
Beißvorfall stattgefunden hat, obwohl der Hund an der Leine geführt worden ist
oder ob der Hund unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 ohne Leine geführt wurde und
gebissen hat. Ferner müssen einen Maulkorb tragen gefährliche Hunde, die
bereits bei einem ersten Beißvorfall Menschen oder Tiere in erheblichem Maße
verletzt haben. In jedem Fall zeigt sich, dass auch unter Abwägung der
Belastung für die Hunde allein der Leinenzwang in diesen Fällen nicht mehr
ausreicht, um Gefahren für Menschen oder andere Tiere sicher zu verhindern. Es
ist daher erforderlich, auch für diese Hunde eine Verpflichtung zum Tragen
eines Maulkorbs außerhalb des befriedeten Besitztums vorzusehen.
Durch den neu aufgenommenen Verweis auf § 4 Abs. 4 - 6 wird verdeutlicht, dass
die Ortspolizeibehörde neben diesen Maßnahmen auch weitergehende Beschränkungen
oder Auflagen der Hundehaltung vorsehen kann.
Zu Nr. 3 (§ 3 Abs. 2 und 5)
Zu Buchstabe a
aa) Durch die Ergänzung der Nummer 2 wird klargestellt, dass auch bei einem
vorübergehenden Aufenthalt in Bremen die hiesigen Vorschriften über das Halten
und Führen gefährlicher Hunde, so u.a. der Leinen- und Maulkorbzwang für Hunde
nach § 1 Abs. 3, beachtet werden müssen.
bb) Mit der Änderung soll eine fehlerhafte Verweisung in § 3 Abs. 2 korrigiert
werden. Eine Registrierung bei der Ortspolizeibehörde soll nur erfolgen, wenn
der Betroffene in Bremen einen Wohnsitz begründet, nicht aber im Falle eines
vorübergehenden Aufenthalts.
Zu Buchstabe b
Durch die Einfügung wird einem Bedürfnis der Praxis folgend klargestellt, dass
auch sicher-gestellte Hunde an andere Halter vermittelt werden dürfen.
Zu Nr. 4 (§ 4)
Zu Buchstabe a (Absätze 1 bis 3)
Absatz 1
Durch die Regelung in Absatz 1 wird ein Sachkundenachweis für die Halter von
solchen gefährlichen Hunden eingeführt, die sich als bissig erwiesen haben.
Ferner prüft die Ortspolizeibehörde in diesem Fall auch die Zuverlässigkeit des
Halters. Die Regelung umfasst durch den Verweis auf § 2 Abs. 2 Nrn. 2 und 3
sowohl Hunde, die nach § 1 Abs. 3 aufgrund der Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Rasse als gefährlich gelten als auch individuell gefährliche Hunde
nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes. Als bissig erwiesen im Sinne der Regelung haben
sich danach gefährliche Hunde, bei denen es zu einem Beißvorfall gekommen ist,
in folgenden Fällen:
· Hunde, die bereits aufgrund vorheriger Vorkommnisse an der Leine zu führen
sind,
· Hunde, die aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit stets an der Leine zu führen
sind,
· Hunde, bei denen es bereits bei einem ersten Vorfall zu ernsthaften
Verletzungen von Menschen oder Tieren gekommen ist.
Die Prüfung der Zuverlässigkeit durch die Behörde und das Erfordernis eines
Sachkundenachweises für den Halter gilt nach Satz 3 entsprechend, wenn der
Halter - teilweise wiederholt - gegen bestimmte Haltungsvorschriften verstoßen
hat, auch wenn es (noch) nicht zu einem Beißvorfall gekommen ist.
Es erscheint sachgerecht, neben den Maßnahmen gegenüber den Hunden
(Leinenzwang, Maulkorb) auch den Halter in die Pflicht zu nehmen. Er soll
Kenntnisse über den Umgang mit Hunden und deren artspezifische Verhaltensweisen
nachweisen. Vielfach ist bei Zwischenfällen mit Hunden festzustellen, dass der
Halter rechtliche Vorgaben nicht gekannt hat oder überfordert damit war, auf
seinen Hund rechtzeitig einzuwirken bzw. Vorkehrungen zu treffen, um derartige
Vorfälle im Vorwege zu vermeiden.
Anknüpfungspunkt für den Sachkundenachweis ist die erwiesene Bissigkeit eines
Hundes oder der wiederholte Verstoß gegen grundlegende Haltungsvorschriften,
die dem Schutz der Allgemeinheit dienen. Bei Hunden, die keine Zwischenfälle
verursachen und bei denen es auch von Halterseite keine Verstöße gibt, ist
davon auszugehen, dass sie nicht aggressiv reagieren oder von ihren Haltern
sachkundig gehalten werden. Eine Sachkundeanforderung für diesen Personenkreis
wäre daher nicht zweckmäßig und unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht
gerechtfertigt.
Absatz 2
Die Regelung legt fest, dass durch die Vorlage einer Sachkundebescheinigung
einer sachverständigen Person der Sachkundenachweis geführt werden soll.
Voraussetzung für die Erteilung ist das erfolgreiche Bestehen einer
Sachkundeprüfung. An einer Sachkundeprüfung darf nur teilnehmen, wer zuvor an
einer Ausbildung teilgenommen hat. Dazu legt die Regelung Anforderungen fest,
die Grundlage für die Durchführung von Schulungen oder Lehrgängen sein werden.
Die Ortspolizeibehörde benennt dem Betroffenen auch, welche Personen oder
Einrichtungen für die Durchführung der Sachkundeschulung in Frage kommen.
Näheres regeln Verwaltungsvorschriften, in denen die Anforderungen an die
entsprechenden Personen oder Einrichtungen sowie die Einzelheiten hinsichtlich
der Ausbildungsinhalte bestimmt werden Durch die entsprechende Geltung der
Vorschriften des § 2 Abs. 3 Sätze 5 und 6 wird festgelegt, dass die zuständige
Behörde sich von der korrekten Durchführung der Schulungen und Lehrgänge sowie
der Sachkundeprüfung überzeugen kann.
Absatz 3
Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit wird Bezug genommen auf die schon jetzt
im Gesetz enthaltenen Bestimmung des § 3 Abs. 3. Der Betroffene muss zum
Nachweis seiner Zuverlässigkeit ein Führungszeugnis bei der Ortspolizeibehörde
vorlegen. Ferner erhält die Ortspolizeibehörde die Befugnis, die Behörden des
Polizeivollzugsdienstes zu Erkenntnissen über die Zuverlässigkeit des Halters
zu befragen.
Zu den Buchstabe b und c (Absätze 4-6 (neu))
Folgeänderung; die bisherigen Absätze 1-3 werden als neue Absätze 4-6
beibehalten.
Zu Buchstabe b (Absatz 4 (neu))
Durch die Ergänzung des neuen Absatzes 4 (vorher Absatz 1) wird festgelegt,
dass die Ortspolizeibehörde die Haltung eines gefährlichen Hundes auch dann
untersagen soll, wenn der Halter trotz wiederholter Aufforderung keinen
Sachkundenachweis vorlegt oder wenn er sich als nicht zuverlässig erweist. Dies
erscheint sachgerecht, weil andernfalls weitere Gefährdungen durch das von ihm
gehaltene Tier nicht ausgeschlossen werden können.
Zu Buchstabe c (Absätze 5 und 6 (neu))
Die Regelung enthält das generelle Haltungsverbot für Hunde; sie entspricht
weitgehend der bisherigen Regelung des Absatzes 1. Neu ist als weitere
Alternative für die generelle Untersagung der Hundehaltung auch die mangelnde
Zuverlässigkeit des Betroffenen. Damit kann in Fällen gravierender
Unzuverlässigkeit nicht nur die Haltung eines bestimmten Hundes, sondern die
Hundehaltung insgesamt untersagt werden. Die Einwirkungsmöglichkeiten der
Ortspolizeibehörde werden damit erweitert.
Zu Nr. 5 (§ 5 Abs. 1)
Durch die Ergänzung des Absatzes 1 wird festgelegt, dass gefährliche Hunde nur
von volljährigen Personen geführt werden dürfen. Diese Einschränkung gegenüber
der allgemeinen Regelung ist im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit
dieser Hunde gerechtfertigt.
Zu Nr. 6 (§ 6 Abs. 2)
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 in der geltenden Fassung sind Hunde, die einen
Maulkorb tragen müssen, von dieser Verpflichtung befreit, wenn sie nachweislich
das achte Lebensjahr vollendet haben und nicht aufgefallen sind. Die Regelung
ist in das Gesetz unter dem Aspekt eingestellt worden, dass die Lebenserwartung
der meisten größeren Hunde bei etwa 10 Jahren liegt und in der Regel in den
letzten Lebensjahren keine aggressiven Akte mehr auftreten werden, wenn sie
bislang nicht aufgetreten sind. Ein Vorfall in der Bremer Neustadt, der von
einem Hund in einem solchen Alter verursacht worden ist zeigt, dass diese
Einschätzung offensichtlich zu korrigieren ist. Obwohl sich die aggressiven
Akte in dem betreffenden Fall in einer Wohnung ereignet hatten, in der ohnehin
keine Pflicht zum Tragen eines Maulkorbs besteht, hätte der Hund aber auch im
öffentlichen Raum unkontrolliert aggressiv reagieren können. Daher soll die
Regelung als Konsequenz aus dem Vorfall gestrichen werden.
Zu den Nummern 7 und 8 (§§ 7, 7a)
Durch die Änderung in § 7 Abs. 1 Nummer 1 werden die notwendigen Anpassungen
der Ordnungswidrigkeiten an die Änderungen des Gesetzes vorgenommen. Die
Vermehrung (zur Abgrenzung zum Begriff "Zucht" s. Begründung zu Nr. 1) von
Hunden entgegen § 1 Abs. 4 soll künftig als Ordnungswidrigkeit eingestuft
werden.
Hinsichtlich der Zucht gilt Folgendes:
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 16. März 2004 (1
BvR 1778/01) festgestellt, dass die Strafbestimmung des § 143 Abs.1 des
Strafgesetzbuchs mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Diese Bestimmung
regelte die Strafbarkeit der Zucht oder des Handelns mit einem gefährlichen
Hund entgegen einem landesrechtlichen Verbot.
Da diese Bestimmung nicht mehr anwendbar ist, ist eine landesrechtliche
Regelung erforderlich, um das Zucht- und Handelsverbot nach § 1 Abs. 4 des
Gesetzes über das Halten von Hunden für Hunde der Rassen Pit-Bull-Terrier,
Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier sowie
deren Kreuzungen untereinander und mit anderen Hunden auch künftig
sanktionieren zu können. Wegen der bundesrechtlichen Strafvorschrift war eine
Sanktionierung im Landesrecht bisher nicht erforderlich.
Mit der Regelung in § 7 a soll der Verstoß gegen das Zucht- und Handelsverbot
nach § 1 Abs. 4 wieder unter Strafe gestellt werden, nachdem die
bundesgesetzliche Rechtsgrundlage nicht mehr anwendbar ist. Damit ist die Zucht
und der Handel von Hunden, die in § 1 Abs. 3 genannt sind, unter Androhung
einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe verboten. Die
Strafbewehrung ist erforderlich, weil von Hunden der genannten Rassen eine
besondere Gefährlichkeit ausgeht. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner
Entscheidung bestätigt, dass bei diesen Rassen eine genetische Disposition zu
besonderer Aggressivität nicht ausgeschlossen werden kann, die in Verbindung
mit anderen Faktoren, insbesondere individuellen Merkmalen zu besonderer
Gefährlichkeit dieser Hunde führen kann. Der Gesetzgeber kann nach Auffassung
des Bundesverfassungsgerichts in dieser Entscheidung vom Vorhandensein
derartiger Anhaltspunkte bei diesen Rassen ausgehen.
Eine Ausgestaltung der Regelung als Ordnungswidrigkeit würde der besonderen
Gefahrenlage, die von diesen Hunderassen potentiell ausgeht, nicht gerecht
werden. Zum Schutz vor Gefahren für Gesundheit und Leben von Menschen, also
besonders hochwertiger Rechtsgüter, ist es erforderlich, Zucht und Handel
dieser Hunde weiter unter Strafe zu stellen. Die unerlaubte Haltung von Hunden
dieser Rassen ist nach der noch geltenden Regelung in § 143 Abs. 2 des
Strafgesetzbuchs strafbewehrt und kann daher durch den Landesgesetzgeber zur
Zeit weder als Ordnungswidrigkeit noch als Straftat geregelt werden.
Zu Nr. 9 (§ 8)
Die bisherige Regelung bleibt in Absatz 1 unverändert erhalten. Mit dem neuen
Absatz 2 soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in einer Reihe von
Fällen über 8 Jahre alte gefährliche Hunde bereits von dem Tragen eines
Maulkorbs nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 befreit worden sind. Die in diesem Entwurf
vorgeschlagene Streichung von § 6 Abs. 2 Nr. 3 soll bereits erteilte
Befreiungen nicht ungültig machen, sondern erst für künftige Fälle angewendet
werden. Dies wird durch die Regelung erreicht.
__________________
FDP:
Innendeputation versäumt Streichung der Rasselisten
BREMEN. "Es ist unlogisch, dass Hunde aufgrund der Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Rasse per Gesetz als gefährlich eingestuft werden. Die
Innendeputation hat es in der Sitzung am letzten Donnerstag versäumt die
Rasselisten aus dem Gesetz zu streichen", meint der FDP-Landesvorsitzende
Peter Bollhagen. "Die Gefährlichkeit von Hunden lässt sich nur individuell und
nicht an Hand einer Rasse bestimmen".
Im Allgemeinen sieht die FDP die gestrige Entscheidung der Innendeputation
das "Kampfhundesgesetz" zu verschärfen und einen Sachkundenachweis einzuführen
als Schritt in die richtige Richtung. Die FDP fordert seit langem, dass
Halter verhaltensauffälliger gewordener Hunde einen
Sachkundenachweis über die Befähigung zum artgerechten Halten und Führen von
Hunden zu erbringen haben. Darüber hinaus sieht es die FDP als sinnvoll an,
verhaltensauffällige und gefährlicher Hunde selbst einem Wesenstest zu
unterziehen.
"Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass durch das derzeitige Gesetz ganze
Hunderassen vorsätzlich als gefährlich eingestuft werden und einen Maulkorb
tragen müssen. Die Aggressivität von Hunden hängt nicht von der Rasse ab,
sondern liegt in der Verantwortung des Halters. Zum Beispiel hat es in den
vergangenen Jahren nicht einen einzigen Vorfall mit Bullterriern gegeben.
Pausschale Listen taugen also nicht", so der FDP-Chef weiter. Die Rasselisten
sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich und verstoßen von
daher schon gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. "Es ist für den Bürger nicht
verständlich, dass Hunde bestimmter Rassen in Bremen gefährlicher sein sollen,
als im Bremer Umland", meint Bollhagen abschließend. Rasselisten sind
pauschalisierend und ungerecht und daher aus dem Gesetz zu streichen.
Kontakt:
stellv. Landesvorsitzender
Dr. Magnus Buhlert
0175 - 186 9804
buhlert@fdp-bremen.de