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Der Tagesspiegel
vom 10. März 2000


Neue Mitglieder für das Verfassungsgericht

Mit der Wahl ging ein ewiger Parteienstreit zu Ende

Gutes Ergebnis für alle Kandidaten, die für die einmalige Amtszeit von sieben Jahren bestellt wurden

Brgitte Grunert

Der Staatsrechtler Helge Sodan (CDU) ist neuer Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshofes. Das Abgeordnetenhaus wählte ihn gestern zum Nachfolger Klaus Finkelnburgs (CDU) und vier weitere Juristen zu Verfassungsrichtern. Alle wurden für die einmalige Amtszeit von sieben Jahren bestellt. Sie traten sofort ihre Ehrenämter an.

Die fünf erhielten in geheimer Wahl deutlich mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit von 113 Stimmen der 169 Abgeordneten. Sodann bekam 150 Ja-Stimmen bei sechs Nein und sechs Enthaltungen. Eine der 163 abgegebenen Stimmen war ungültig. Die neuen Richter sind: Dietrich Mahlo (CDU, 130 Ja, 11 Nein, 19 Enthaltungen, 4 Ungültig); Andreas Knuth (SPD, 151 Ja, 5 Nein, 6 Enthaltungen, 2 Ungültig); Martina Zünkler (Parteilos für die PDS, 143 Ja, 13 Nein, 7 Enthaltungen, 1 Ungültig). Und Klaus-Martin Groth (Grüne, 141 Ja, 10 Nein, 10 Enthaltungen, 2 Ungültig).

Die siebenjährige Amtszeit von Finkelnburg, Hans-Joachim Diehsaus (CDU), Klaus Eschen (SPD), Veronika Arendt-Rojahn (Grüne) und Philipp Kunig (FDP) war am 26. März 1999 abgelaufen. Die Fraktionen blockierten die Wahl der Nachfolger jedoch ein Jahr lang mit ihrem erbitterten Proporzstreit. Im Amt bleiben, bis 2004/2005 gewählt, Vizepräsident Ulrich Storost (SPD), Renate Möcke (SPD), Albrecht Randelszhofer (CDU) und Angelika Bellinger (CDU).

Helge Sodan (41, CDU), Präsident des Verfassungsgerichtshofes, ist in Berlin geboren und hat an der Freien Universität Jura studiert. Der bisherige Verfassungsgerichtspräsident Klaus Finkelnburg (CDU) war 1987 sein Doktorvater. Professor Sodan ist ein ausgewiesener Staats- und Verfassungsrechtler, Mitautor einschlägiger Kommentare. Seine wissenschaftliche Karriere führte ihn von der FU über die Universitäten Hannover, Erlangen-Nürnberg und Regensburg zurück nach Berlin, wo er seit 1997 Professor an der FU ist. Er ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Staatslehre, Staats- und Verwaltungsrecht, ferner Vorsitzender der Gemeinsamen Kommission der Rechts- und Wirtschaftswissenschaft der FU. In der CDU war er bis vor kurzem Vorsitzender des Landesparteigerichts.

Martina Zünkler (45, parteilos) wurde auf Vorschlag der PDS als Beisitzerin in den Verfassungsgerichtshof gewählt. Sie stammt aus Rheda/Westfalen und studierte ebenfalls an der Freien Universität. Zunächst machte sie dort ihr Staatsexamen in Politologie und Germanistik. Danach studierte sie Rechtswissenschaften an der FU. 1991 ließ sich Frau Zünkler als Rechtsanwältin in Friedenau nieder. Seit 1998 ist sie Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Prenzlauer Berg. Ihr gesellschaftliches Engagement gilt der "Internationalen Liga für Menschenrechte im Geiste von Carl von Ossietzky", deren Vizepräsidentin sie ist.

Klaus-Martin Groth (52, Grüne) ist als früherer Staatssekretär in der Berliner Politik ein bekanntes Gesicht. Er studierte Rechts-, Wirtschafts- und Politikwissenschaften an der Freien Universität und promovierte dort mit "summa cum laude" zum Dr. rer. pol. 1977 bis 1987 war er Richter am Berliner Verwaltungsgericht. Dann ging er ins Hessische Umweltministerium. 1988 wurde er Umweltdezernent in Hannover. Dem rot-grünen Senat diente er 1989/90 als Staatssekretärin der Umweltsenatorin Michaele Schreyer. Seit 1991 ist Groth Rechtsanwalt in Berlin. Auch er machte sich mit juristischen Publikationen einen Namen.

Andreas Knuth (SPD), der vor seinem 44. Geburtstag steht, ist seit Februar 1999 Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder). Der gebürtige Berliner studierte an der FU, machte als Verwaltungsrichter Karriere und kennt sich besonders im Asyl-, Bau-, Umwelt- und Rundfunkrecht aus. Er war seit 1987 Richter am Berliner Verwaltungsgericht, wechselte 1995 als wissenschaftlicher Mitarbeiter zum Bundesverwaltungsgericht und wurde ein Jahr später Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Potsdam. 1999 ging er nach Frankfurt (Oder). Mit juristischen Veröffentlichungen trat er im Bau- und Planungsrecht hervor. Knuth war in der SPD Neukölln engagiert.

Dietrich Mahlo (65, CDU) ist ebenfalls Berliner und in der Stadtpolitik gut bekannt. Mahlo ging nach dem Jurastudium in Bonn, Berlin, Lausanne und Hamburg und der Promotion im Völkerrecht 1964 zunächst in den Diplomatischen Dienst, ließ sich aber 1972 als Rechtsanwalt in Berlin nieder. Seither spielte er eine Rolle in der CDU, zunächst in Wilmersdorf. Er gehörte von 1979 bis 1987 dem Abgeordnetenhaus an. Dann wechselte er in den Bundestag, für den er zur Wahl 1998 nicht mehr kandidierte. Mahlo zählt zum Freundeskreis der CDU-Politiker Uwe Lehmann-Brauns und Volker Hassemer.

 

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