Tierschutzverein ? - Hamburg und Poggendorf

Offener Brief



An den Ersten Bürgermeister der
Freien und Hansestadt Hamburg
Herrn Ole von Beust



                                                                                                        Hamburg, im Dezember 2006






Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Meldungen der MOPO, die wir im November gelesen haben, veranlassen uns zu diesem offenen Brief. Mit der eindringlichen Bitte um Ihre Stellungnahme und in der Hoffnung auf Ihre Unterstützung wenden wir uns heute nicht nur als einfache Bürger und Steuerzahler an Sie, sondern auch als Tierschützer. Nehmen Sie unsere Bedenken und Sorgen bitte ernst, wir äußern Sie heute stellvertretend für viele Bürgerinnen und Bürger unserer stolzen Stadt. Gemeinsam können wir ein besseres Hamburg für alle seine Einwohner schaffen, zu denen nach unserem Verständnis auch die Tiere gehören.

Konkreter Anlass dieses Briefes sind die in der MOPO vom 31.10. und 9.11.2006 veröffentlichten Äußerungen von HTV-Chef Wolfgang Poggendorf und die an selber Stelle veröffentlichten Informationen.



Zum Sachverhalt:


W. Poggendorf gibt gegenüber der MOPO an, 80 Kategoriehunde im Tierheim Süderstraße zu halten. Davon seien 22 problemlos durch den Wesenstest gekommen, sehr liebe Tiere, und könnten reinen Gewissens sofort vermittelt werden. Innerhalb Hamburgs bestünde jedoch keine Vermittlungschance, weshalb die Hunde in Tierheime anderer Bundesländer abgegeben werden würden. Solch eine Weitervermittlung koste pro Hund zur Zeit 460 Euro "Pfotengeld“, müsse aber auf 700 Euro aufgestockt werden. Desweiteren berichtete die MOPO, dass W. Poggendorf für 6.900 Euro 23 sog. Kampfhunde in einen Privaten Deutschen Wach- und Schutzhundservice (http://www.wachschutzhunde.de) verschoben habe.


Grundsätzlich bezweifeln wir die fehlenden Vermittlungschancen. Sachkundige, enorm verantwortungsbewusste Halter, die bereit sind, sich den verhältnismäßig hohen Kosten, dem negativen Image und den damit einhergehenden Diskriminierungen der Öffentlichkeit gegenüber Haltern von Kategoriehunde zu stellen, gibt es sicher überall.


Beleg: Herr A. bemühte sich um Kategoriehund Nugget, der nach Aussage von W. Poggendorf ein ganz lieber Familienhund ist. Als jahrelanger Zuchtwart, Tierschutzinspektor und ehemaliger Tierheimleiter konnte Herr A. den strengen Anforderungen von W. Poggendorf nicht genügen und somit Nugget, trotz mehrerer tausend Quadratmeter Auslauffläche, kein Zuhause bieten. Aufgrund fehlender gegenteiliger Angaben gehen wir davon aus, dass Nugget noch immer im Tierheim auf Kosten des Steuerzahlers sein Dasein fristet.


Wir fordern deshalb eine Anweisung des Senats gegenüber W. Poggendorf zur Offenlegung seiner konkreten Kriterien über Eignung und Nichteignung zukünftiger ,,Kampfhundhalter“. Wir wünschen uns zusätzlich die anschließende Überprüfung seiner Kriterien durch ein geeignetes Gremium. Uns erscheint eine Veröffentlichung seiner Kriterien besonders wichtig und sinnvoll, da wir, wie auch viele andere Organisationen, Vereine und Privatpersonen durchaus bereit sind, die Suche nach geeigneten Haltern zu unterstützen.


Besonders außerhalb von Hamburg gibt es geeignete Privatpersonen, die an der Haltung eines Kategoriehundes interessiert sind. Eine Vermittlung scheitert nicht an der Eignung zukünftiger Halter, sondern an der mangelnden Unterstützung und Kooperationsbereitschaft des HTV. Diese "Negativ- Haltung“ kostet unnötigerweise Steuergelder und muss zukünftig vermieden werden.



Beleg:
Herr K. aus Niedersachsen bemühte sich um den Staffordshire Terrierwelpen Chico. Nachdem Herr K. sich vom 17. Oktober an kooperativ und enorm geduldig zeigte, teilte man ihm am 30. Oktober mit, dass bei ihm noch an diesem Tag am Nachmittag eine Vorkontrolle seiner Hunde von Vertretern des Tierheims Buchholz gemacht werden würde und er dann Chico am anderen Morgen um 8:00 Uhr abholen könne. Wegen eines unaufschiebbaren Behördentermins konnte Herr K. diesen Abholungstermin so kurzfristig nicht wahrnehmen und bat darum den Hund am Nachmittag abholen zu dürfen. Barsch wurde ihm vom Tierheim Süderstraße gesagt, er könne den Hund entweder morgens um 8:00 Uhr abholen oder er bekäme ihn gar nicht. Jemand anders würde von weit her kommen, um den Hund zu holen. Tatsächlich wurde Chico neben 22 anderen Hunden in den oben aufgeführten privaten Deutschen Wach- und Schutzhundservice verbracht. Das Hamburger Tierheim zahlte sogar für diese "Vermittlung“ das in der MOPO aufgeführte "Pfotengeld“. Eine Vermittlung an Herrn K. aus Niedersachen hätte den Steuerzahlern das "Pfotengeld“ erspart und dem Tierheim eine Schutzgebühr des neuen Halters gebracht, so dass Herr Poggendorf die Stadt nicht immer um weitere Kostenzuschläge bitten müsste.



Wir bezweifeln damit zu Recht, dass Hunde nur in Tierheime vermittelt werden können. Eine Abgabe in die private Hand einer Familie ist gegenüber einer Weitervermittlung an Tierheime und sonstiger Vereine nicht nur artgerechter, sondern erspart dem Steuerzahler Hamburgs das "Pfotengeld“ und ggf. anfallende Transportkosten.



Wir fordern deshalb eine schriftliche Klarstellung des Senats gegenüber W. Poggendorf, dass eine Weitervermittlung an Privatpersonen einer Abschiebung in andere Tierheime vorzuziehen ist! Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass nicht allein die Überprüfung der Haltereignung, sondern auch eine Unterstützung und kooperative Haltung gegenüber möglichen sachkundigen, verantwortungsbewußten Haltern durch das Tierheim Süderstraße zu leisten ist. Die Verantwortung W. Poggendorfs geht dabei über das Anweisen von Tierheimmitarbeitern hinaus. Als Tierheimleiter muss er persönlich für die Einhaltung dieses Grundsatzes einstehen. Weitere Geldforderungen an die Stadt dürfen nicht ohne den von ihm erbrachten Beweis über eine gewissenhaften Ausgabe bisheriger Steuergelder erfüllt werden. Auch sollte der Tierheimleiter dafür Sorge tragen, dass das Tierheim, aufgrund der genannten Vorteile selbst aktiv die Suche nach geeigneten Haltern mitgestaltet und dabei die Zusammenarbeit und Unterstützung anderer Tierschutzorganisationen sucht.



W. Poggendorfs Bestreben, Kategoriehunde in andere Bundesländer abzuschieben, begründet er mit der Erhöhung der Vermittlungschancen. Seine tatsächlich stattfindende Verschiebepraxis steht jedoch nicht im Einklang mit seinem erklärten Ziel.



Beleg: Nach Angaben der MOPO wurden Ende Oktober 18, Anfang November weitere 5 so genannte Kampfhunde von W. Poggendorf an besagte private Brandenburger Firma verschoben. In Brandenburg herrscht jedoch ein gesetzliches Weitervermittlungsverbot, erst recht durch private Hand.



Wie werden die Vermittlungschancen von Tierheimhunden durch eine Abschiebung in ein Bundesland erhöht, das in seinen Gesetzen ein Vermittlungsverbot normiert? Diese Diskrepanz bedarf dringend einer Erklärung und darf nicht weiter sorglos durch Steuergelder in Form von "Pfotengeld“ gefördert werden. Uns erscheint die Verschiebepraxis von W. Poggendorf undurchsichtig und seine Begründung zweifelhaft. Auch eine Verbesserung der Haltungsbedingungen kann nicht Intention gewesen sein, wie Nachforschungen bewiesen haben. Zur umfassenden Aufklärung verlangen wir deshalb eine Aufforderung des Senats an W. Poggendorf zur Offenlegung des Verbleibs aller bisher deportierten Kategoriehunde der letzten fünf Jahre und eine Aufforderung zur Stellungnahme von W. Poggendorf zu der widersprüchlichen Verschiebepraxis.



Sehr geehrter Herr von Beust, wiederholt sind wir wie auch andere Tierschützer im Dialog mit Herrn Poggendorf gescheitert. Eine Aufklärung der angegebenen Missstände ist ohne Ihre Unterstützung nicht mehr möglich. Ob Ihre Intention nun der gewissenhafte, kontrollierte Umgang mit Steuergeldern oder die Einhaltung des Tierschutzgedankens sein mag, wir würden uns sehr über jede Form Ihrer Unterstützung freuen. Beweisen Sie mit einer Antwort, dass die Sorgen Hamburger Bürger nicht nur zu Wahlzeiten für Sie von Interesse sind. Beweisen Sie, dass Sie unser Vertrauen als gewählter Politiker zu Recht genießen, indem Sie uns bei der Aufklärung des geschilderten Sachverhalts helfen und sich für eine Beseitigung solcher Missstände einsetzen. Lassen Sie uns gemeinsam beweisen, dass eine vernünftige, sachliche und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Senat und Tierschützern möglich ist. Sie sind am Zug!



Mit freundlichen Grüßen


Hunde-Lobby e.V.

Angela Wierig

1. Vorsitzende


Pressekontakt:

J. Thumser
Nienkamp 34
D 22453 Hamburg
www.hundelobby.de

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