Termin vor dem Bundesverwaltungsgerichts am 18.12.02 in Sachen
Hundeverordnungen der Länder Schleswig-Holstein und Mecklenburg - Vorpommern
Am 18.12.02 hat vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die mündliche
Verhandlung über die Normenkontrollanträge gegen die Länder Schleswig -
Holstein und Mecklenburg- Vorpommern betreffend die Hundeverordnungen
stattgefunden. Ich habe sechs Kläger aus Schleswig-Holstein und einen Kläger
aus Mecklenburg- Vorpommern in den Verfahren anwaltlich vertreten.
Drei Stunden dauerte die Verhandlung, das Urteil wurde erst am frühen Abend
verkündet. Wir waren ziemlich sicher, dass der Senat die Verordnung für
Mecklenburg-Vorpommern aufheben würde, war sie doch der niedersächsischen
Verordnung so ähnlich. Keiner wagte so recht vorauszusehen, wie das Ergebnis
für Schleswig-Holstein aussehen würde. Umso größer war die Überraschung, als
fest stand, dass die Rechtsprechung des OVG Schleswig in dem wesentlichen
Punkt vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde, das Verfahren
Mecklenburg-Vorpommern jedoch an das zuständige Oberverwaltungsgericht
zurückverwiesen wurde.
Im Mai letzten Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht in Schleswig die
Rasselisten der Verordnung für nichtig erklärt . Diese Rechtsprechung wurde
nunmehr in der Revisionsinstanz als nicht zu beanstanden bestätigt.
Damit gibt in Schleswig-Holstein im Bereich der Gefahrenabwehr keine
Regelung mehr, die es gestattet, einen Hund als gefährlich einzustufen, nur
weil er einer bestimmten Rasse angehört.
Die Richter ließen deutlich erkennen, dass auch sie immer auf das
individuelle Tier abstellen, was der einhelligen Forderung der
Wissenschaftler und der Verbände entspricht. So ist es auch in der am Abend
des 18.12.02 veröffentlichten Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts
ausdrücklich festgehalten worden. Soweit der Revision stattgegeben wurde,
dass auch rassespezifische Merkmale eine Gefahr auslösen könnten, brachte
der Senat klar zum Ausdruck, dass sich dies immer auf einen individuellen
Hund beziehen würde, letztlich sei es unwesentlich, warum ein konkret
gefährlicher Hund gefährlich sei, im Einzelfall bestände dann
Handlungsbedarf bzw. die Notwendigkeit, den individuellen Sachverhalt zu
überprüfen.
Auch dass das Verfahren Mecklenburg-Vorpommern zurückverwiesen wurde, sehe
ich nicht negativ. In der Revisionsinstanz darf sich das Gericht nur mit der
Frage befassen, ob die in der Vorinstanz festgestellten Tatsachen rechtlich
richtig bewertet worden sind. Es darf keine neuen Tatsachenfeststellungen
treffen. Offenbar ist das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass
die Tatsachenermittlungen, sprich die Auseinandersetzungen mit den
wissenschaftlichen Gutachten nicht ausgereicht haben.
Die Leipziger Entscheidungen sind nicht das Werk einzelner Personen. Viele
haben dazu beigetragen, Wissenschaftler, Anwälte, Hundehalter, Tierschützer,
Verbände, Vereine. Und wir freuen uns alle.
So zeigt sich denn zu Beginn des neuen Jahres wenigstens ein bisschen Licht
am Ende des Tunnels in Sachen Hund. Allerdings dürfen wir uns jetzt nicht
zur Ruhe setzen und glauben, der Spuk sei vorbei. Es bleibt abzuwarten, wie
die Landesregierungen nach Veröffentlichung der Urteilsgründe reagieren
werden und ob die vielzitierten Gesetze tatsächlich kommen.
Nach wie vor sehe ich es als unendlich wichtig an, auf der politischen Ebene
tätig zu werden.
Denn es ging in Leipzig keinesfalls nur um Hunde. Genauso viel wurde über
Grundrechte gesprochen und darüber, wie weit der Staat die Gewaltenteilung
außer Kraft setzen und ohne Zustimmung des Parlaments durch Rechtsverordnung
in Grundrechte eingreifen darf.
Und auch das gibt Anlass zur Hoffnung:
Auf die Frage des Prozessvertreters des Landes Schleswig-Holstein, ob die
Verordnung nicht sozusagen als Notverordnung bestehen bleiben könne, bis ein
Gesetz vorläge, kam von einem der Richter sofort von einem freundlichen
Lächeln begleitet die Antwort: "Notverordnungen haben Sie im Reichstag
bekommen, aber nicht bei uns."
Und so wünsche ich allen Hunden und ihren Menschen ein gutes Jahr 2003.
Rechtsanwältin Marion Oberender, Glückstadt
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