- Newsletter - Archiv


Newsletter von Maulkorbzwang und den Dogangels

* Rindfleisch wird zurückgerufen

* Teure Kampfhunde-Unterbringung sorgt für Zündstoff


Rindfleisch wird zurückgerufen

BERLIN/MAINZ taz/ap  Nach fehlerhaften BSE-Tests hat Bayern das
Fleisch von mehr als 26.000 Rindern für nicht genusstauglich erklärt und zurückgerufen.
Wie das Bundesverbraucherschutzministerium am Montag in Berlin
mitteilte, handelt es sich dabei um rund zwei Drittel des Fleisches von etwa 39.500 Rindern, das in einem nicht zugelassenen Labor der Firma Milan getestet worden war.
Eine direkte Gefährdung der Verbraucher liege nicht vor. Unterdessen wurden auch in Rheinland-Pfalz Mängel bei BSE-Tests bekannt. Allen privaten Labors in  dem Bundesland wurden am Montag vorsorglich die Zulassungen für die Tierseuchentests
entzogen. Das Umweltministerium in Mainz hat inzwischen die
Staatsanwaltschaft eingeschaltet. BPO

wirtschaft und umwelt SEITE 8

taz Nr. 6668 vom 5.2.2002, Seite 1, 27 TAZ-Bericht BPO

pfusch bei bse-tests

Kontrolle statt Profit

Vor einem Jahr wäre dafür jeder Minister oder Firmenchef öffentlich geschlachtet worden. Die Spezialisten in den BSE-Labors hantieren mit den Tests wie unbedarfte Hausmänner mit der Kuchenmischung. Rezept? Egal. Wir  experimentieren hier frei nach Schnauze: Ein bisschen weniger Tests hier, ein wenig kürzere Probenzeit da, und die Dokumente lassen wir doch am besten ganz weg.

                                                          Kommentar
                                von BERNHARD PÖTTER

Wieder einmal wird enttäuscht, wer auf die Verantwortung von Experten gesetzt hat, die in privaten Labors öffentliche Kontrollfunktionen wahrnehmen.
Offensichtlich war der Druck der Fleischlobby auf die Privaten so stark, dass diese willfährig möglichst viel Fleisch möglichst schnell  und möglichst billig negativ
getestet haben.

Aber der Skandal hat sein Gutes, lässt sich doch etwas Schlichtes aus ihm lernen: Man sollte öffentliche Aufgaben nicht privat vergeben, wenn Profitinteressen dahinter stehen. Der Preis für effektive öffentliche Prüflabors ist
hoch. Aber die Ausgaben für öffentliche Kontrolleure der privaten Kontrolleure und für das Aufräumen nach solchen Skandalen etwa durch Stützungskäufe am Rindfleischmarkt sind weitaus höher.

Der Pfusch im Labor zeigt aber auch: Mit dem Verbraucherschutz ist es auch ein Jahr nach Ende der BSE-Krise noch nicht weit her. Und die aufgedeckten Fälle in Bayern und Rheinland-Pfalz sind möglicherweise erst der Anfang. Sobald alle Länder beim Bund ihren Bericht abgeliefert haben, wie es um die
Kontrolle der Lebensmittelkontrolle bei ihnen steht, werden wir von weiteren Verstößen hören. Ein Vorgeschmack war bereits der Bericht der EU-Kommission im Sommer, der in Deutschland massive Verstöße gegen die Vorschriften der Lebensmitttelkontrolle monierte.

Aber der Skandal hat auch eine politische Dimension. So wie die
BSE-Krise vor einem Jahr das Thema Ernährung auf die Speisekarte und  Renate Künast in den Ministersessel brachte, zeigt dieser Vorfall, dass die Agrarwende erst ganz am Anfang steht. Der agroindustrielle Komplex schert sich weiterhin einen Kuhdreck um die gesunde Ernährung der Menschen. Und der Skandal beweist, dass im Wahljahr nicht "Brioni oder Lederhose" zur Wahl steht, sondern zum Beispiel die Zukunft der Ernährung in Deutschland und Europa. Es braucht eine entschlossene Ministerin, um diesen Stall auszumisten, den ihre Vorgänger - aus einer großen Rindviecherkoalition von SPD, FDP, CDU und CSU - haben verkommen lassen.

taz Nr. 6668 vom 5.2.2002, Seite 1, 85 Kommentar BERNHARD PÖTTER,


Leitartikel

Wahnsinn bei Mainzer BSE-Tests

Zwei private Institute in Rheinland-Pfalz werden unzureichender
BSE-Tests beschuldigt. Das Rindfleisch wird sichergestellt, doch der größte Teil davon ist inzwischen gegessen. Importstopp für deutsches Rindfleisch nicht mehr ausgeschlossen
 

                                         von BERNHARD PÖTTER

Das "vorläufige Fazit" des Skandals klingt in der Behördensprache so:
"Vor dem Hintergrund der oben angeführten Mängel bei der
Testdurchführung ist letztendliche Sicherheit über die Aussagekraft der Tests derzeit nicht gegeben." Auf Deutsch bedeutet diese Passage aus der Tischvorlage der Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, Margit Conrad, dass sich niemand auf die tausenden von BSE-Tests verlassen kann, die von zwei privaten Instituten im letzten Jahr durchgeführt
wurden. Die beiden Labors, das Institut Kuhlmann in Ludwigshafen und IFKE in Mainz, seien bei Routineuntersuchungen auffällig geworden, hieß es gestern.

Die Schlampereien führte die Umweltbehörde detailliert auf: Bei
Kuhlmann wurden "in der überwiegenden Zahl der Testdurchläufe
Abweichungen von den Durchführungsbestimmungen des Testherstellers festgestellt" und weniger Negativ- und Positiv-Kontrollen gemacht als vorgesehen. Für 21 Fälle "liegt uns bis heute keine ausreichende Dokumentation vor", heißt es. Beim Mainzer Institut IFKE wiederum wurde "ein Schritt des Probenablaufs abweichend von den Vorgaben des Herstellers von 1 Stunde auf 45 Minuten verkürzt." Seit März sind in Ludwigshafen 7.700 Rinder, in Mainz rund 5.000 Rinder auf die Rinderseuche BSE getestet worden. Insgesamt gebe es keinen Hinweis, dass ein positiver Test als negativ herausgegeben wurde, erklärte die Ministerin. Dennoch habe sie veranlasst, "im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes" das Fleisch aus den Labors
sicherzustellen. Doch die Wirkung dieser Maßnahme ist gering: Das Fleisch sei "mit hoher Wahrscheinlichkeit" bereits gegessen, erklärte das Umweltministerium.

Bereits vor wenigen Wochen hatte die bayerische Firma Milan
Schlagzeilen gemacht. Ihr Labor in Westheim, das Rindfleisch für die  Firma Südfleisch testete, hatte BSE-Tests durchgeführt, ohne die dafür erforderliche Lizenz zu haben.
Mindestens 270, vielleicht bis zu 39.000 Rinder wurden daher nicht vorschriftsmäßig auf Rinderwahn getestet. Weil Teile des Fleisches ins Ausland verkauft wurden, fürchten Bauern und Verbraucherministerium jetzt einen Importstopp für deutsches
Rindfleisch und die Rückzahlung von EU-Exportbeihilfen.

Die Meldungen über Schlampereien bei den BSE-Tests könnten sich in den nächsten Tagen häufen. Denn für morgen hat das Bundesverbraucherministerium die Länder gebeten, einen Überblick über die Kontrolle der BSE-Kontrolleure zu erstellen. Eine Antwort gibt es laut dem Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Alexander Müller, erst von einem Land:
Rheinland-Pfalz. Er habe "keine Hinweise darauf, dass sich ähnliche Fälle auch in anderen Ländern ereignet haben", sagte Müller auf Anfrage der taz. Er könne das aber nicht ausschließen. Bereits vor einigen Wochen hatte ein EU-Bericht festgestellt, in Deutschland fehle es an der Kontrolle der Kontrolleure im Lebensmittelbereich.

Die Überprüfung der etwa 100 deutschen BSE-Labors ist Ländersache. Vor einem Jahr sind die Kapazitäten sehr schnell aufgebaut worden. Je nach Land sind sie an private oder staatliche Labors vergeben worden. Es könne nicht sein, dass die Regeln für die BSE-Tests "von der Preisseite her ausgehebelt würden", sagte Müller. Auch Umweltministerin Conrad stellte die Frage, ob BSE-Tests in Zukunft nur noch in staatlichen Labors oder streng überwachten privaten Instituten
durchgeführt werden sollten. Offenbar gebe es einen "starken
ökonomischen Druck" seitens der Landwirtschaft und der
Fleischindustrie, möglichst schnell und preiswert zu testen.

taz Nr. 6668 vom 5.2.2002, Seite 8, 121 TAZ-Bericht BERNHARD PÖTTER


Teure Kampfhunde-Unterbringung sorgt für Zündstoff
 
Bad Dürkheim will nicht auf Kosten für beschlagnahmte Tiere sitzen bleiben - Tierschutzverein: 300 Euro pro Monat noch niedrig
 
Die so genannten Kampfhunde stehen einmal mehr in der Diskussion. Dem Bad Dürkheimer Stadtrat sind die Kosten für die Unterbringung beschlagnahmter Hunde im Neustadter Tierheim zu hoch. Der Neustadter Tierschutzverein, Träger der Einrichtung, warnt: Die Diskussion sei "gefährlich" und mit den geltenden Gesetzen nicht vereinbar, sagt Werner Bösel, Vorsitzender der Tierschützer.
 
Wie die RHEINPFALZ am Freitag auf der Seite "Region" berichtete, hat die Bad Dürkheimer Stadtverwaltung die Kosten für die Unterbringung von Tieren im Neustadter Tierheim ganz allgemein als eine der "unnötigen Vorgaben im Landesrecht" kritisiert, die den Kommunen Kosten aufbürde. Der Hintergrund: Es gibt einen Neun-Punkte-Plan des Gemeinde- und Städtebundes, der die Gemeinden von aus ihrer Sicht unnötigen Kosten befreien soll. Diesen Plan wollen die Bad Dürkheimer Räte nun einstimmig um das Thema Unterbringung für Hunde erweitert wissen. Auch diese Kosten seien eine unnötige Belastung, die ein Gesetz vorgebe.
 

Dabei rechnen die Bad Dürkheimer beeindruckende Zahlen vor: Demnach zahlt die Stadt jährlich 10 000 Euro Pauschale für die Unterbringung gefundener Hunde. Darüber hinaus seien 2001 weitere 10 400 Euro für die Verwahrung von so genannten gefährlichen Hunden angefallen, die die Stadt sichergestellt hatte. Dies ist nach der neuen Kampfhundeverordnung aus dem Jahr 2000 möglich, wenn zum Beispiel die Hundehalter den erforderlichen Sachkundenachweis nicht vorlegen.
Inzwischen haben die Bad Dürkheimer fünf Hunde in Neustadt einquartiert, was in diesem Jahr bereits 18 000 Euro kosten wird. Bei 17 weiteren "Kandidaten" unter Dürkheims Vierbeinern könne so rasch ein Fass ohne Boden entstehen, argumentiert der Rat. 300 Euro Kost und Logis pro Monat und Hund entspreche dem Sozialhilfesatz, der einem Familienvorstand zustehe.
"Kommunen in der Pflicht"
Tierschützer Bösel warnt vor voreiligen Schritten. Die Unterbringung der beschlagnahmten Kampfhunde sei in den Verträgen zwischen dem Tierheim und der Stadt Neustadt sowie dem Landkreis Bad Dürkheim über die Unterbringung von Fundtieren nicht explizit geregelt. Die Kommunen seien jedoch zur ordnungsgemäßen Unterbringung auch der beschlagnahmten Kampfhunde verpflichtet.
 

Laut Bösel sind im Neustadter Tierheim zurzeit neun Hunde, die in die Kategorie Kampfhunde fallen. Davon sind fünf aus der Stadt Bad Dürkheim und vier aus Neustadt. Mit 300 Euro Unterbringungskosten pro Monat liege das Tierheim unter den tatsächlichen Aufwändungen, sagt Bösel. Für die Kampfhunde seien eigens die Freiläufe zusätzlich gesichert worden. Auch müssten diese Tiere einzeln gehalten werden. Ihre Versorgung sei mit höherem Personalaufwand verbunden. So sei es zum Beispiel nicht möglich, diese Tiere mit ehrenamtlichen Helfern zum Spaziergang zu schicken. Zudem drohe den Tieren der "Zwingerkoller".
Nicht zuletzt verweist Bösel auf den Einnahmeausfall, der für das Tierheim mit der Beherbergung der Kampfhunde verbunden ist. Diese Tiere seien derzeit praktisch nicht an neue Besitzer vermittelbar, wofür das Tierheim ja Geld bekäme. Ein Zwingerplatz werde im Jahr durchschnittlich von zehn Hunden genutzt, durch einen Kampfhund sei der Platz das ganze Jahr über besetzt.
Das Tierheim sei nicht verpflichtet die Kampfhunde anzunehmen, warnt Bösel vor möglichen weitergehenden Gedankenspielen der Politik und vor Druck auf die Preise. Als "gefährlich" wertet der Tierschützer die im Bad Dürkheimer Stadtrat formulierte Forderung, über eine Einschläferung der Tiere nachzudenken. Das Tierschutzgesetz lasse dies nur in wenigen Ausnahmefällen zu.
"Hundehaltern entgegenkommen"
Der Tierschützer fordert, den betroffenen Hundehaltern entgegen zu kommen: Manche Halter seien finanziell nicht in der Lage, die Kosten von rund 210 Euro für den geforderten Sachkundenachweis und die erhöhte Steuer für Kampfhunde von mehreren hundert Euro pro Jahr aufzubringen. "Es ist absolut unsinnig, diese Tiere ihren Besitzern wegzunehmen und dann die Kosten für die Unterbringung aufbringen zu müssen", so Bösel. Sinnvoller und kostengünstiger sei es den Besitzern entgegen zu kommen.
 

In Neustadt gebe es keinerlei Überlegungen, die Kosten für die Unterbringung von Kampfhunden abzuschütteln, versicherte der Beigeordnete Georg Krist auf Anfrage. Bei Vier Tieren hinter Gitter fallen dafür zurzeit 1200 Euro pro Monat an. (ann)

RON - RHEINPFALZ ONLINE, Dienstag, 5. Feb , 03:45 Uhr
 

    Zurück

d>

    Zurück

rück