Wesenstest und
Sachkundenachweis für Eltern?
Kinder, nicht Hunde töteten 8 Lämmer
Flemlingen/R.-P., 4.2.02
Nicht Hunde, wie zuerst vermutet, sondern Kinder haben wiederholt eine
Schafherde bei Flemlingen (Südliche Weinstraße) derart in Panik versetzt,
dass acht Lämmer totgetrampelt wurden. Wie die Polizei gestern
informierte, hatte ein Schafhalter in den vergangenen Tagen mehrfach
festgestellt, dass der Elektrozaun seines Pferchs umgeknickt war und sich
Schafe außerhalb aufhielten. Er vermutete zuerst, die Herde sei durch
Hunde in Panik versetzt worden und ausgebrochen. Am Sonntag aber traf der
Mann vier Kinder an, die die Herde scheuchten. Sie räumten ein, das schon
öfter getan zu haben. Dem Schäfer zufolge beträgt der Schaden insgesamt
rund 1000 Euro.
http://www.ron.de/osform/cms_osmm?articleName=HERMES:20020205:2
634157&template=templates/cms_osmm/recherche/lokal/meldung.oft
und weiter geht es politisch:
TV TIPP
Panorama ARD
Donnerstag, 7. Februar 2002, 20:15 Uhr
u.a.:
- Kiez, Koks, Kungeleien - Der Abstieg des Ronald Schill
- Posten, Pfründe, Privilegien - Politiker auf Beutezug
NPD-Verbotsantrag:
V-Männer gegen "Auskunftspersonen:
5 : 9
...warum der Umweg
über den Verbotsantrag?
Lassen wir doch
einfach die NPD durch Mehrheitsentscheidung der
Verfassungsschutzspitzel ordentlich und satzungsgemäß auflösen.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,180940,00.html
NPD-AFFÄRE
Erst zwei, dann
drei, dann vier, dann fünf
Immer neue V-Leute: In den NPD-Anträgen ist ein
fünfter Verbindungsmann aufgetaucht. Die Opposition ist verärgert. Und auch
einigen Grünen reißt langsam der Geduldsfaden. Hans-Christian Ströbele
knöpft sich nun Innenminister Otto Schily vor.
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Bundesinnnenminister
Schily unter Druck: "Alles muss auf den Tisch" |
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Berlin - Das baden-württembergische Innenministerium bestätigte am Dienstag
der Nachrichtenagentur Reuters, dass es sich bei dem fünften V-Mann um Mike
Layer handelt, der vom Landesamt für Verfassungsschutz zwischen Mitte
November 1996 und Mitte März 1997 als Quelle geführt worden sei.
Ein Zitat Layers aus dem NPD-Organ "Südwest-Stimme" komme in dem
Verbotsantrag des Bundesrates vor. Die Publikation sei aber erschienen,
nachdem Meyer als Informant ausgeschieden sei.
Die Sprecherin des Landesinnenministeriums sagte, Meyer habe sich selbst in
einem Zeitungsinterview als V-Mann offenbart. Das Landesamt für
Verfassungsschutz habe unter anderem das Bundesamt für Verfassungsschutz in
Köln schon im Juli 2001 darüber informiert, dass Layer als Quelle geführt
worden sei.
Bislang waren vier V-Leute bekannt, deren Aussagen in den Verbotsanträgen
die Verfassungsfeindlichkeit der NPD belegen sollen.
Alles auf den Tisch
Ströbele kritisierte die unzureichende Informationspolitik Schilys: "Jetzt
muss alles auf den Tisch, das geht so nicht weiter", sagte der Rechtspolitiker
am Dienstag dem ZDF-Magazin "Frontal" zu den Enthüllungen über die Rolle von
V-Leuten in dem Verbotsverfahren. "Das ganze Theater muss ein Ende haben",
forderte er.
Der frühere NPD-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Udo Holtmann,
hätte nach Auffassung Ströbeles nie vom Verfassungsschutz angeworben werden
dürfen. In seiner herausgehobenen Position habe er wesentlich an der
Willensbildung der NPD mitgewirkt. Dies widerspreche eindeutig der Rechtslage
und den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts. Holtmann wird in den
Verbotsanträgen von Bundestag und Bundesrat zitiert.
Sowohl das Parlament als auch die Ländervertretung wollen vorerst wie die
Bundesregierung trotz der V-Mann-Affäre ihre in Karlsruhe eingereichten
Anträge für ein NPD-Verbot nicht ändern. "Die Antragsschrift bleibt erhalten",
sagte der Hauptberichterstatter des Bundestages, Michael Bürsch (SPD).
Ähnlich äußerte sich ein Vertreter des Bundesrates. Die drei Antragsteller
müssen nach einer Aufforderung durch das Bundesverfassungsgericht bis zum 11.
Februar eine Stellungnahme zu der Problematik der V-Leute abgeben.
Am Montag war in den NPD-Verbotsanträgen ein vierter Parteifunktionär
aufgetaucht, der als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet hat -
allerdings nicht in der für den Antrag maßgeblichen Zeit. Der Sprecher des
Bundesinnenministeriums, Rainer Lingenthal, sagte am Montagabend, die
Aussagen, mit denen der Mann zitiert werde, stammten aus der Zeit, bevor er
für den Verfassungsschutz tätig geworden sei. Der Fall sei deshalb
unproblematisch und auch schon altbekannt.
Westerwelle will die Notbremse ziehen
Die Opposition sprach sich unterdessen dafür aus, das gesamte Verfahren zu
stoppen. "Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", sagte
FDP-Chef Guido Westerwelle am Dienstag in Berlin.
Westerwelle forderte Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf, die
Anträge zurückzunehmen, völlig zu überarbeiten und dann darüber zu
entscheiden, ob sie mit Aussicht auf Erfolg nochmals beim Verfassungsgericht
in Karlsruhe eingereicht werden könnten. Im laufenden Verfahren stecke "zu
viel Politik und zu wenig Jura", bemängelte er. Es habe die Einigung der
rechtsradikalen Szene bewirkt, das Gegenteil dessen, was es erreichen sollte.
Der FDP-Chef schloss nicht aus, dass seine Partei je nach Stand der Dinge
im Bundestagsinnenausschuss den Rücktritt von Bundesinnenminister Otto Schily
fordern werde. Schily könne sich der Affäre nicht entziehen, indem er ihr den
Geheimnisstempel aufdrücke. Zu dem vierten NPD-Funktionär sagte Westerwelle:
"Ich fürchte, da kommt noch mehr."
Auch die Union rechnet damit, dass noch weitere Informanten des
Verfassungsschutzes in den Verbotsanträgen aufgeführt sind. Der
stellvertretende Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) sagte, er habe
Hinweise darauf, dass der vom Innenministerium eingeräumte Fall des ehemaligen
V-Mannes Matthias Meier nicht der letzte sei. Die Union behalte sich vor,
Schily in einer Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses zu erneut zu
befragen.
Staat im Staat
Die PDS-Innenexpertin Ulla Jelpke forderte, das V-Leute-Netz in der NPD vor
dem Verfassungsgericht und den Klägern "restlos offen zu legen". Die
Klageschrift des Bundestages sei grundlegend zu überarbeiten, alle Zitate und
Bezüge zu V-Leuten müssten entfernt werden. "Der Skandal um die V-Leute zeigt
einmal mehr: Die Verfassungsschutzämter lassen sich von niemandem
kontrollieren und in ihre Karten gucken. Sie sind ein Staat im Staat, ein
Fremdkörper in der demokratischen Gesellschaft", meinte Jelpke.
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(SZ vom 06.02.2002) - Der Unstern über dem
NPD-Verbotsantrag leuchtet immer greller - und das ist, wie sich nun
herausstellt, nicht nur die Schuld der V-Leute und der
Geheimdienstbürokratie in den Innenministerien. Auch das
Bundesverfassungsgericht in Gestalt seines Richters Hans-Joachim Jentsch
agiert recht unglücklich.
Jentsch, früherer CDU-Justizminister von Thüringen, ist Berichterstatter
des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts für das
NPD-Verbotsverfahren. Zwei der drei Gutachter, die
er für dieses Verbotsverfahren bestellt hat, sind politisch äußerst
umstritten.
Es handelt sich um Professor Eckhard Jesse, Politikwissenschaftler an
der Technischen Universität Chemnitz, und Uwe Backes, stellvertretender
Direktor des Hannah-Arendt-Instituts in Dresden. Ihnen wird ein ziemlich
unkritisches Verhältnis zur rechten politischen Szene nachgesagt. Sie
sind nach Paragraf 27 a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes als
sachkundige Dritte geladen worden. Der einschlägige juritische
Großkommentar definiert das so: Sachkunde ist objektiver Sachverstand.
Der objektive Sachverstand der vom Gericht bestellten Gutachter sieht im
vorliegenden Fall wie folgt aus. Eckhard Jesse ist
durch Verharmlosung rechtsextremer Umtriebe aufgefallen. 1990
schoss er sich in einem Aufsatz auf Heinz Galinski, den früheren
Vorsitzenden des Zentralrates der Juden ein und meinte: Auf Dauer
dürfte Judenfeindlichkeit nicht zuletzt gerade wegen mancher
Verhaltensweisen von Repräsentanten des Judentums an Bedeutung
gewinnen.
Kritik an groben Antismetismen beklagte ere als hysterische Reaktion.
Der genannte Aufsatz Jesses erschien in dem von ihm gemeinsam mit Uwe
Backes und Rainer Zitelmann herausgegebenen Sammelband Die Schatten der
Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus, das
als Standardwerk des gemäßigten Geschichtsrevisionismus gilt.
In diesem Buch werden moralisiernde Gesinnungsstatements der
Historiker ebenso gegeißelt wie deren Pose des Anklägers gegenüber den
Akteuren des Dritten Reiches. In einem Artikel, den Jesse am Montag auf
Seite 3 der Welt publiziert hat, behauptet er, das die Gefahr von
rechts hochgespielt, die von links verharmlost würde: Die Erosion der
Abgrenzung zwischen demokratisch und extremistisch geschieht am linken,
nicht am rechten Rand.
Uwe Backes ist dadurch bekannt geworden, dass er
sich vehement für die Veröffentlichung eines äußerst sonderbaren Textes
über den Hitler-Attentäter Johann Georg Elser eingesetzt hat. Am
8. November 2000 druckte die Frankfurter Rundsschau diesen Aufsatz des
am Hannah-Arendt-Instituts lehrenden Privatdozenten Lothar Fritze, in
dem dieser die moralische Legitimität des gescheiterten Attentats von
Elser auf Hitler am 8. November 1939 in Frage stellte.
Der Streit über diesen Aufsatz eskalierte zu einem Eklat in der Führung
des Hannah-Arendt-Instituts: Der damalige Direktor Klaus-Dietmar Henke
distanzierte sich, sein Stellvertreter Backes dagegen fühlte sich als
Anwalt Fritzes. Der angesehene US-Holocaust-Forscher Saul Friedländer
forderte die Entlassung von Backe.
Das sächsische Kultusministerium reagierte trotzig - und ließ
stattdessen den Vertrag von Henke auslaufen. Es galt als offenes
Geheimnis, dass man der Meinung war, das Institut habe sich unter Henkes
Leutung zu viel mit dem Nationalsozialismus und zu wenig mit der
SED-Diktatur beschäftigt. Jüngst hat Backes vergangenheitsfixierte
Warner vor neuem Nationalismus angeprangert, die vollmundige
Bekundungen vom rechten Rand nicht selten für bare Münze nähmen und
einen Alarmismus gegenüber rechtsextremistischem Gedankengut beklagt.
Wie aus dem Bundesverfassungsgericht verlautet, bleibt die Benennung der
beiden Gutachter auch nach Aufhebung des Termins zur mündlichen
Verhandlung erst einmal bestehen. In Karlsruher Kreisen hieß es
sarkastisch: Es handele sich ohne Zweifel um Sachverständige.
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http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,180847,00.html
REAKTIONEN IN BERLIN
"Ein
richtiger Skandal"
Von
Markus
Deggerich
Die beispiellose
Behörden-Schlamperei der Arbeitsämter kommt für die Regierung Schröder zum
denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Arbeitsminister Walter Riester
versucht es noch mit Schadensbegrenzung, doch Politiker aus Opposition und
Koalition haben schon die Größe des Problems erkannt.
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Leistung
soll kritisch überprüft werden: Arbeitsamt |
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Nürnberg - Die Rüge des Rechnungshofes sorgt für viel Wirbel
im Hause Riester. Der Ressortchef hat nach Angaben seines Sprechers
"überrascht und verärgert" auf den Prüfbericht reagiert. "Der Minister hat
aber großes Interesse daran, dass mögliche Fehler ausgeräumt werden", so
Vater.
Das ist noch milde ausgedrückt. Denn der Erfolg des zu
Jahresbeginn gestarteten Job-Aqtiv-Programms, das die Vermittlung von
Arbeitssuchenden erleichtern soll, kann nur auf Basis verlässlicher Daten
funktionieren. Sind die Statistiken falsch, ist das Vermittlungsprogramm, mit
dem Kanzler Schröder die Arbeitsmarktmisere bekämpfen will, Makulatur.
Wahlkampfmunition für den K-Kandidaten
Das liefert dem Schröder-Konkurrenten Edmund Stoiber neue
Wahlkampfmunition. Zumal am Mittwoch die jüngste Arbeitslosenstatistik
veröffentlicht wird, mit über vier Millionen Erwerbslosen. Am selben Tag
startet Stoiber medienträchtig eine Erkundungstour in Ostdeutschland und
besucht Neubrandenburg, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist. Stoiber
wird versuchen, den Skandal in den Ämtern politisch auszuschlachten.
Auch der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl-Josef Laumann, erklärte: "Das Ergebnis
überrascht mich nicht." Als Ursache für die falschen Daten nennt er die
Struktur der Bundesanstalt. "Wir brauchen dringend eine Reform", sagte
Laumann. Die Arbeitsämter vor Ort müssten mit mehr Kompetenzen ausgestattet
werden. "Es ist ein Unterschied, ob ein Arbeitsamt in einer Region mit vier
oder vierzig Prozent Arbeitslosigkeit zuständig ist", erklärte Laumann. Dem
Unions-Experten zufolge sind nur zehn Prozent der 80.000 Beschäftigten bei der
Bundesanstalt mit der eigentlichen Vermittlung beschäftigt.
Die grüne Bundestagsabgeordnete Thea Dückert erklärte: "Wenn
sich diese Ergebnisse bewahrheiten, ist das ein richtiger Skandal." Sie
forderte, neben den Arbeitsämtern auch verstärkt private Arbeitsvermittler
einzuschalten.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,180934,00.html
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LUFTNUMMER IM ARBEITSAMT
Der Jagoda-Skandal
Der Skandal um die Luftbuchungen in den Arbeitsämtern bringt vor
allem den Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, in
Bedrängnis. Er muss erklären, warum er nichts unternommen hat, obwohl
er seit 1998 von den Missständen hätte wissen müssen.
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Gerät
in Erklärungsnot: BA-Chef Bernhard Jagoda |
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Berlin - In diesem Jahr hatte das ARD-Politmagazin "Panorama" das
Thema wenige Wochen vor der Bundestagswahl aufgegritffen. Ein
Arbeitsvermittler aus Westdeutschland war zu Wort gekommen, der aus
Angst vor Repressalien anonym bleiben wollte:
"Unsere Software lässt uns wirklich alle Möglichkeiten, die
Vermittlungszahlen zu beschönigen beziehungsweise die Zahlen
auszuweiten, so wie wir es möchten", sagte der Mann.
Und dann fasste der Anonymus unmissverständlich zusammen: "Pauschal
kann ich sagen: Wenn wir die Hälfte von dem, was in der Statistik
erscheint, wirklich gemacht haben, können wir auf unsere Arbeit sehr
stolz sein." Der Bericht stieß damals auf wenig Resonanz, öffentliche
Reaktionen gab es nicht.
Kurz zuvor, im August 1998, hatte BA-Chef und CDU-Mitglied Jagoda
stolz verkündet: "Die Arbeitsämter haben 1,8 Millionen
Arbeitssuchenden einen Job vermittelt, das sind elf Prozent mehr als
im gleichen Zeitraum des Vorjahres". Jetzt aber gerät er in ernste
Erklärungsnot. Denn er muss der Öffentlichkeit erklären, warum er
zugelassen hat, dass die Luftnummern in der Statistik seit langem
Methode haben. Es gilt, massivsten Zweifeln an seiner Behörde
auszuräumen, der er seit knapp neun Jahren vorsteht.
Der Prüfungsbericht des Bundesrechnungshofs scheint den
"Panorama"-Bericht jetzt sogar in mancher Hinsicht zu übertreffen.
Rund 70 Prozent der bei Stichproben in fünf Arbeitsämtern überprüften
Vermittlungen im Oktober 2000 seien fehlerhaft, fanden die Prüfer
heraus. "Die BA errechnet für das Jahr 2000 eine Vermittlungsquote von
51 Prozent." Nach unseren Feststellungen, schreiben dagegen die Prüfer
im schönsten Behördendeutsch, errechnet sich "eine Vermittlungsquote
von rd. 18 v.H.". Eine eklatante Differenz, die durchaus das Zeug zu
einem veritablen Skandal hat, wie nicht nur die Arbeitsmarkt-Expertin
der Grünen, Thea Dückert, meint. Auch Arbeitsminister Walter Riester
(SPD) zeigte sich überrascht und verärgert.
Mit der Rechnungshof-Kritik wird die Effizienz der gesamten, 20
Milliarden Euro teuren Arbeitsvermittlung in Frage gestellt, die nach
eigenen Angaben immerhin 3,9 Millionen Stellensuchende im Jahr 2000
vermittelt haben will. Sollte das alles nicht mehr stimmen, wäre das
nach Ansicht von Experten eine Katastrophe, auch und gerade im
Wahljahr. Denn Jagodas Mammut-Behörde soll das neue Job-Aqtiv-Gesetz
umsetzen, das Arbeitslosen schneller als bisher wieder zu einer Stelle
verhelfen soll und damit hohe Effizienz der staatlichen Vermittler
geradezu voraussetzt.
Im Licht der neuen Erkenntnisse sind wohl auch die Zahlen jener
Jahre in Zweifel zu ziehen. Im Bundesarbeitsministerium heißt es: "Wir
sind an einer peniblen Aufklärung interessiert. Das sind wir
Beitragszahlern und Arbeitslosen schuldig." Verantwortung weist man im
Hause Riester aber von sich, verweist auf die Selbstverwaltung der
Bundesanstalt und die Zuständigkeit des BA-Vorstands. Dort regieren
die Arbeitgeber und Gewerkschaften gleichberechtigt mit den Vertretern
von Bund, Ländern und Gemeinden.
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K U L T U R P O L I T I K
Die Autogrammjägerin
Nach quälender Suche hat Hamburg
endlich eine Kultursenatorin: Die BILD-Autorin Dana Horáková. Ein
Lehrstück über den Triumph des Populismus
Von
Christof Siemes
Schriebe sie über sich selbst, klänge das wohl so: Sie
kennt sie alle. Die Superstars der Kultur. Pavarotti. Die Streisand.
Hundertwasser. Justus Frantz. Sie hat mit ihnen geredet. Ganz offen.
Ganz intim. Über Träume. Glauben. Das Glück. Die Liebe. Den Sex und die
Arbeit. Davon hat sie erzählt wie kein anderer. In "Bunte", in "Bild".
Sie zeigt, was für Menschen die Genies sind. Nimmt die Angst vor der
Kunst. Kann sie erklären, ganz einfach. Ihre Leser lieben sie dafür.
Danke, Dana.
Jetzt wird Dana Horáková, die Kunsterzieherin des Boulevards,
Kultursenatorin in Hamburg. Das ist die letzte
Pointe einer 84 Tage währenden Posse, die mit der Absage Nike Wagners im
Oktober begann. Seitdem suchte der neue Bürgermeister Ole von Beust,
CDU, eine parteilose Dame zur Verwaltung des Schönen, Wahren, Guten.
Sogar alte Schlagerhitparaden wurden erfolglos nach Kandidatinnen
durchforstet.
Anmerkung: Vicky Leandros
lehnte den Posten als Kultursenatorin Hamburgs übrigens ab.
War ihr wohl zu niveaulos.
http://www.vickyleandros.com/home2.htm
Schließlich erinnerte sich von Beust daran, dass er als Erneuerer der
Hamburger Politik angetreten war, und dachte sich etwas in der Tat
Innovatives aus: Die Suche wurde outgesourct, wie man so sagt;
fortan prüfte ein PR-Profi, der schon für Gerhard Stoltenberg Wahlkampf
machte, rund 400 Bewerbungen. Seit November waberte der Name Horáková
durch die Gerüchteküche (ZEIT Nr. 47/01), erst jetzt war die
Journalistin weich gekocht. Nun will sie "Kultur vermitteln für
Menschen, die das Licht der Welt nicht in einer Wiege mit Goethe unterm
Ärmchen erblickten".
Doktor Dana Horáková, 54, geboren in Deutschland, Mutter Deutsche,
Vater Tscheche. Aufgewachsen in Prag. Studiert Philosophie, Doktorarbeit
über Meister Eckart, den Mystik-Guru, und Martin Heidegger, das
Denkgenie. Dissidenten-Girlie. Heiratet einen Filmregisseur, kennt
Václav Havel, den Dichterrebellen, heute Präsident. 1979 muss sie das
Land verlassen. Schlägt und schreibt sich durch in München. Hibbelig,
charmant, sagen Kollegen von damals. Kulturflipperin. Sternschnuppe.
Dann: Schreiben lernen bei der "Bunten". Den genialen
Hackfleisch-Satzbau von Franz Josef Wagner, dem Gossen-Goethe. Stationen
der Karriere: Kulturchefin bei "Bild", stellvertretende Chefin der
"WamS". Zuletzt Autorin für die "rote", die "Bild"-Gruppe. Ein Traumjob:
fest angestellt, frei bei den Themen. "Danas Kulturstück", erste Sahne
jeden zweiten Tag.
Ein schwerer Fall von Superlativitis
Von denen, die in Hamburg Kultur machen, kennt sie so gut wie niemand
oder will sie nicht kennen. John Neumeier, der Ballettdirektor, sagt:
"Ich kenne Frau Horáková noch nicht, wünsche ihr aber alles Gute." Die
Bunte-Homestory über seine "malvenfarbenen Seidenvorhänge" aus
dem Februar 1991 hat der "Magier des Tanzes" wohl verdrängt. "Er sieht
aus wie ein Prinz", schreibt seine künftige Vorgesetzte. "Sogar noch im
verschwitzten Trikot." Niemand äußert bislang eine dezidierte Meinung
zur neuen Senatorin; die nächsten Etatkürzungen kommen bestimmt,
vorschnelle Urteile schwächen die Verhandlungsposition.
Frau Horákovás Arbeit aus den letzten 15 Jahren ist - Fluch und Segen
eines Journalistenlebens - in den Archiven lückenlos dokumentiert. Mögen
auch die Trümmer ihrer Ehe, die sie in der Bunten öffentlich
zusammenfegte ("Es war dieses Lachen, das die junge Frau zu meiner
Rivalin gemacht hat. Es schmerzte mehr als Sex"), für den neuen Job ohne
Belang sein - ihre Kunststücke sind es nicht. Da die Journalistin
keinerlei politische Erfahrung und nie im Kulturbetrieb gearbeitet hat,
können nur ihre Artikel als Bewerbungsunterlagen gedient haben.
Das Akzeptierte, Durchgesetzte, Etablierte, gefahrlos Glamouröse ist
ihre Welt. "Der Mann, der seit mindestens 20 Jahren meine Seele baumeln
lässt", heißt Pavarotti. "Das schönste Märchen, seit es Kino gibt", ist
Der Herr der Ringe. Und sie liebt die Frauenfiguren des
Bestsellerautors Ken Follett. "Ja, manchmal wünsche ich, ich wär wie
sie: engagiert, zärtlich, kein bisschen konfliktscheu und begehrt bis
ins höchste Alter." Täglich elf Millionen potenzielle Leser hinter sich
wissend, bekommt sie jedes Prachtexemplar des Betriebs zum Gespräch aufs
Hotelzimmer. Doch irgendwann hat sie sich eine unheilbare
Superlativitis-Infektion eingefangen: Der verrückteste Geiger der Welt!
Nominiert für den Nobelpreis und im Guinness Buch der Rekorde!
Der berühmteste Künstler des Jahrhunderts! Schneller als Paganini! Das
harmonischste Klassik-Trio der Musikszene! Deutschlands erfolgreichster
Maler - sechsmal documenta, Weltrekord!
Aber auch der gefragteste Autolackierer des Universums verdient ihre
Aufmerksamkeit. Ohne Nebenwirkungen arbeitet niemand so lange lustvoll
auf dem Boulevard. Kritik findet in Horákovás publizierter Kunstwelt
nicht statt, hier zählt alles gleich viel - wenn es nur prominent ist
oder für die Masse taugt. Lotti und Pavarotti, Riefenstahl und
Müller-Stahl ("Mister Knister"), Jenny Holzer und Rosina Wachtmeister,
deren Bilder "das Herz erquicken: rein wie die Sehnsucht nach einer
gerechten Welt, romantisch wie der Traum von ewiger Liebe". Die Bild-typische
Melange aus nackten Tatsachen und christlichen Werten hat sie für das
Feuilleton fruchtbar gemacht. Über die Bibelillustrationen von Ernst
Fuchs schreibt sie: "80 Bilder. Aus allen Lebens- und Schaffensphasen.
Sinnlich. Keine Totenerweckung, keine Blindenheilung. Erotisch. Dalila,
Judith, Salome - nackt im Schweiß der ,Sünde', strahlend im Licht der
Liebe. Berauschend. Herrlich." Getauft ist sie nicht, aber Jesus für
Atheisten, das Buch ihres akademischen Lehrers Milan Machovec, hat
sie geprägt; stets sucht sie in der Kunst nicht nur das Erotische,
sondern auch das Metaphysische. Wie klingt die Stimme Gottes? Wie sieht
er aus? Zu Pfingsten und Ostern erklärt sie die christliche Ikonografie,
und wenn Justus Frantz mit seinem Gefuchtel den Papst heilt, ist sie
live dabei: "Wird die Melodie zart, voll Sehnsucht nach Höhe und Licht,
richtet er sich in seinem gelben Sessel auf, als wäre sein Rücken von
keinen Schmerzen mehr gekrümmt." Darin sieht Dana Horáková das "Wesen
der Kunst": ihr "Anspruch auf die Ewigkeit". Wenn der - wie von ihr auf
der letzten documenta beobachtet - fehlt, ist die künftige
Kultursenatorin "verwirrt": "Die Heutigen wollen JETZT provozieren, nur
HEUTE unterhalten. Keine Moralwerte bzw. Ideen vermitteln."
Nun ist ihr Versuch, dem Volk Habermas auf anderthalb Zeilen zu
erklären ("Gut, dass wir drüber geredet haben"), aller Ehren wert. Aber
prädestiniert das irrwitzige Talent zur Vereinfachung jemanden schon zur
Kultursenatorin? Das Stückchen Ohnsorg-Theater ist nur ein Vorspiel zur
Tragödie der Kulturpolitik, ja der Politik überhaupt, die man demnächst
auf noch ganz anderen Bühnen zu sehen bekommen wird. Je geringer die
Etats und Gestaltungsmöglichkeiten werden, desto schamloser setzen die
regierenden Darsteller auf oberflächliches Spektakel, das die Wähler bei
Laune und sie selbst an der Macht halten soll. Dana Horákovás erste
Äußerungen zeigen, dass sie das Gesetz der Straße auch im neuen Job
achten und ehren will: Fußballfans möchte sie in den Faust
locken, Christo und Jeanne-Claude sollen die neue Hafencity einpacken,
Hollywoodstars für Premierenfeiern einfliegen. Die Wände ihres Büros im
Springer Verlag hängen voll mit ihr gewidmeten Werken, for Dana,
Frank Stella, dazu Botero, Christo, Wunderlich. Sie ist die
Autogrammjägerin des Betriebs. Dass Teilhabe am internationalen
Starzirkus gerade nicht das unverwechselbare Profil bringt, von dem im
Wettstreit mit dem nahen Berlin doch alle träumen, wird man der
Senatorin mit der Senator-Card für Vielflieger hoffentlich noch sagen.
Perfekt passt Frau Horákovás kritikfreie Emphase zu den
Law-and-order-Fantasien des neuen Senats, die ja auch nicht von allzu
weitreichender Reflexion angekränkelt sind. Konsequent setzen die
Regierenden ihr liebstes Missverständnis fort: dass Populismus schon
Politik sei. Als erste nennenswerte Amtshandlung verhängte der
Innensenator Ronald Schill unter beifälligem Gehupe seiner Wähler eine
Blitzanlage mit einer Weihnachtsmannmütze. Sein Parteikollege Mettbach,
Senator für Bau und Verkehr, installierte die Poller-Hotline, bei der
man Betonblöcke und Eisenstangen anzeigen kann, die einem das Leben als
freier Verkehrsteilnehmer schwer machen. Gern zieht der Senator gleich
selbst die Handschuhe an und macht Schluss mit den Blockaden aus der Ära
Rot-Grün. Völlig ungebremst taumelt er nun von einer Affäre zur
nächsten, hat seine Geliebte als persönliche Referentin engagiert und
mag sich auch nicht mehr an seine Mitarbeit im Rechtsaußenblatt Junge
Freiheit erinnern. Derweil geistert Schill, der einst gefürchtete
Richter Gnadenlos, unrasiert als Party-Senator durch die Klatschspalten.
Da sollte die Berufung der Kultursenatorin endlich eine gute Nachricht
sein. Doch kann sie den Absturz auffangen? Die letzte Publikation ihrer
Vorgängerin Christina Weiss hieß Stadt als Bühne. Kulturpolitik
heute. Dana Horákovás jüngstes Stück trug den Titel Luder-Alarm
im Museum.
Viel Erfahrung als Lückenbüßerin
Solche Tonartwechsel wiegen schwer bei einem Amt, das außer Symbolik
nicht viel zu bieten hat. Über gerade einmal zwei Prozent des
Gesamthaushaltes verfügt die Kultursenatorin. Anders als andere
Kandidaten hat Horáková in der leidigen Geldfrage von vornherein
aufgesteckt. "Wenn ich eine Erhöhung des Kulturetats für richtig halten
sollte, werde ich sie durchsetzen. Aber vielleicht kann man ja Geld
durch Fantasie ersetzen", sagte sie der Welt. Bleiben ihr Name
und sein Ruf, um gute Leute in einer Stadt mit rapide schwindender
Selbstachtung zu halten oder neue hierher zu locken. Wie sie ohne
politische Erfahrung die Mehrheiten für ihre Entscheidungen in der
wackligen Koalition aus CDU, FDP und Schill-Partei bekommen will, wissen
die drei Tenöre. Immerhin hatte sie 15 Jahre lang Zeit, in der
kulturfeindlichen Welt gernegroßer Männer Erfahrungen als Lückenbüßerin
zu sammeln.
Vielleicht steht ihr ja auch der jetzige Arbeitgeber bei. Springers
Lokalblätter beherrschen den Hamburger Markt, handzahme Interviews hat
sie bislang nur dort gegeben, alle anderen müssen bis nach der
Vereidigung am 6. Februar warten. Die Schonfrist, die die alten Kollegen
der neuen Senatorin gewähren werden, ist wohl ein wesentlicher
Bestandteil ihrer Qualifikation für den Job.
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