Anmerkung: Nach
der Sendung über Hans Schlegel gestern imTV wurden wir auf dieses Interview
hingewiesen. Wir veröffentlichen es, da wir es - völlig wertfrei - für
interessant halten.
http://www.die-kampfansage.de/
Ungekürzte Version vom
Interview mit Hans Schlegel
Aargauer Zeitung
4. Juli 2000
HANS SCHLEGEL
Hans Schlegel (42) ist international bekannt als Polizeihundetrainer und
Fachmann für Problemhunde. Nach einer Lehre als Koch und Konditor ging der
Schwyzer als Skilehrer und Bergführer in die USA. Nachdem er auf einer Skitour
in Alaska einem Lawinenhundetrainer ein paar Tipps gegeben hatte, empfahl ihn
dieser der Polizei weiter. So spezialisierte er sich auf die Ausbildung von
Drogen- und Polizeischutzhunden sowie für verhaltensauffällige Hunde. 1989 kam
er in die Schweiz zurück, und gründete im gleichen Jahr das 6 Hektaren grosse
Ausbildungszentrum Wolfsprung-Kennel ob Gansingen bei Brugg, wo er auch sechs
Wölfe hält. Seit zwei Jahren arbeitet er an einer Verhaltensstudie im Angst-
und Aggressionsbereich. Vom Wolf zum Haushund überträgt er die typischen
Verhaltensmerkmale aus seiner Studie. Nach eigenen Angaben hat Schlegel bis
heute unzählige Hunde trainiert - vor allem für Polizeikorps in neun
US-Bundesstaaten, Südafrika und Saudi Arabien. 1998 gründete er den Verein
Wolf People, der misshandelten Hunden und ihren Besitzern Unterstützung
anbietet. Auskünfte: Verein Wolf People, Tel. 062/875 25 00.
Ein sechsjähriger Bub liegt in einem Schulhof, totgebissen
von einem Pitbull. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie solche Bilder sehen?
Hans Schlegel: Das ist absolut tragisch. Wobei es schwierig ist, den Hergang
genau und zuverlässig zu rekonstruieren wenn man nicht dabei war. Es gibt zwei
mögliche Erklärungen: Entweder hatte der Hund ein schlechtes Wesen oder er war
schlicht nicht erzogen.
Warum macht ein Hund so etwas?
Schlegel: Einerseits haben die "Molosser" die Eigenschaft, dass sie sich über
längere Zeit stauen und sich dann grundlos entladen können. Auf der anderen
hat zum Beispiel der Staffordshire einen sehr grossen Spieltrieb, der durch
diese «Stauphase» sehr rasch in Kampfbereitschaft übergeht. Es ist eine
Kombination des Jagdverhaltens und der Kampflust und das haben alle
Molosser-Hunde.
Dass dieser Pitbull ein Kind tötet, ist also sein natürliches Verhalten?
Schlegel: Nein! Nur: Wenn ein Hund Verhaltensstörungen zeigt, bleibt sein
natürlicher Jagdtrieb trotzdem erhalten, sein angeborener Spieltrieb ist aber
unterdrückt. Dadurch entwickelt sich im Alter von 18 Monate nach seiner Geburt
ein überspitztes Aggressionspotential.
Wenn der Spieltrieb vorhanden wäre, würde er die Kampfeslust im Gleichgewicht
halten?
Schlegel: Ja! Spielen ist die wichtigste Beschäftigungsart aller Hunde. Wenn
der Hund ein gutes Wesen hat und der Hundehalter ihn artgerecht erzieht,
passiert nichts. Ein Hund, der ein hervorragendes Wesen aber eine schlechte
Erziehung hat, kann jedoch ebenfalls aggressiv werden und genau so negativ
auffallen. Vor allem die Molosser-Hunde, die die Eigenschaft haben, sich zu
stauen, brauchen eine enorm gute Erziehung. Ein American Staffordshire, ein
sogenannter Kampfhund also, ist absolut ungefährlich, wenn er Charakterfest
ist. Gefährlich wird er erst, wenn sein Halter keine Ahnung hat von Erziehung.
Das Problem ist: 80 Prozent aller Halter erziehen ihre Hunde nicht richtig.
Die meisten Hundebesitzer sind auf lange Sicht in der Lage, sich selbst dazu
zu erziehen dem Hund zu gehorchen!
Sie sprechen von Stauungen. Was staut sich denn da?
Schlegel: Die natürlichen Bewegungstriebe des Hundes stauen sich durch
Ausseneinflüsse. Beispiel: Wenn ich mit einem Hund an spielenden Kindern
vorbei komme, schaut der Hund dem Ball nach, was bei ihm Spiellust auslöst.
Wenn der Hund gleichzeitig Angst hat, getraut er sich nicht mitzuspielen. Das
staut die unerwünschten Triebanlagen (unerwünschte Schärfe). Wenn nun
plötzlich ein Kind vorbeirennt, taxiert der Hund das als Angriff
(Notsituation) und dann kann schnell ein Unfall passieren. Aber noch einmal:
Man muss auseinander halten, was ausbildungsbedingt und was zuchtbedingt ist.
Ein schlechtes Wesen kann angeboren sein?
Schlegel: Die Meinungen der Experten gehen auseinander. Ich sage: Wenn ein
Welpe ängstlich ist, ist das genetisch bedingt, also klar durch falsche
Zuchtwahl angeboren. Durch Erziehung kann man kleinere Wesensschwächen
beheben, aber gravierende Mängel können nicht "austraniert" werden.
Spätestens nach 18 Lebensmonaten kommen sie wieder negativ und in verstärkter
Form zum Vorschein.
80 Prozent haben ihre Hunde nicht im Griff, sagen Sie. Dieses
Nicht-Im-Griff-Haben ist bei einem Dackel einfach weniger gefährlich als bei
einem Pitbull?
Schlegel: Genau. Ein kleiner Chihuahua entwickelt zwar das gleiche
Aggressionspotential wie ein grosser Hund, hat aber dessen physischen
Möglichkeiten nicht. Wenn dieser Hund bellt wie verrückt, sagen die Leute:
«Schau mal dieses herzige Hündchen, ist der aber frech und lachen!» Dabei
verhält er sich nicht anders als ein Pitbull.
Was machen die Halter denn falsch?
Schlegel: Der Hauptfehler liegt bei der Vermenschlichung. Es ist
problematisch, wenn Leute, die nichts von einem Hund verstehen, unvorbereitet
oder aus einer Laune heraus einen Hund kaufen. Kommt hinzu, dass sie in
Büchern lesen, ihr Hund sei umgänglich und kinderlieb. Dabei gibt es Hunde,
die sich einfach weniger für eine Familie eignen, weil sie dem grossen
Stresspotential unserer Umwelt weniger gewachsen sind als andere Rassen, zu
sensibel reagieren und deshalb das Restrisiko zu gross ist, zum Beispiel allg.
die Molosserarten.
Viele Neu-Hundehalter besuchen doch Kurse bei kynologischen Vereinen.
Schlegel: Die verschiedenen Ortsgruppen in der Schweiz betreiben ihre
Tätigkeit als Hobby. Das ist auch gut so. Sie fördern im Vordergrund die
Sporthundeausbildung. Im zielorientierten, methodisch, didaktischen Schulen
von Welpen und Junghunde sind sie nur bedingt eine Anlaufstelle. Für
Problemhunde sind die Lokalclubs nicht geeignet. Ich bin nicht gegen die
Schweizerische Kynologische Gesellschaft, die SKG, ich stehe ihr aber mit
kritischem Auge gegenüber. Nicht zuletzt, weil die SKG sich als absolute und
konkurrenzlose Hochburg betrachtet. Im Sporthundebereich und in Zuchtfragen
mag die SKG als Anlaufstelle gelten. Im Erziehungsbereich, wie Familie
Schweizer sich einen angenehmen Hund vorstellt und im Problemhundebereich ist
sie nicht kompetent und strukturiert genug. Es fehlen die Fachleute.
Die Qualität wie die SKG ihre Lokalsektionen ausbildet genügt nicht, das
bestätigen die schlechten Unterordnungen in allen Prüfungsklassen. Die
Kompetenz der Übungsleiter und die Qualität der Erziehungskurse lassen zu
wünschen übrig. Die meisten Übungsleiter bilden sich nicht weiter. Die Kurse
sind eher laienhaft geführt und die Instruktionen eher als haltlos zu
bezeichnen. Mit Problemhunden kennen sich die Übungsleiter nicht aus.
Hilfesuchende Hundehalter werden von Kursen ausgeschlossen, als dass sie
weiterempfohlen werden.
Wie bilden denn Sie einen Hund aus?
Schlegel: Wenn die Leute ihren Hund als Familienhund erziehen möchten, dann
arbeite ich mit ihm vor allem an Orten, wo die Hundehalter später auch
hingehen werden.
Also in Parks oder auf Bahnhöfe?
Schlegel: Genau. Ich propagiere Erziehung unter umweltbedingtem
Stresseinfluss, in Situationen, die Familie Schweizer jeden Tag erlebt. Auf
dem Übungsgelände kann der Hund «Sitz» und «Platz» möglicherweise tiptop. Doch
wenn plötzlich ein Reiter daher kommt, oder ein Reh über den Waldweg hüpft
gehorcht er nicht mehr und rennt dem Pferd hinterher.
Es braucht also nur bessere Ausbildung und nicht eine Art sechsten Hundesinn,
um ein guter Halter zu sein?
Schlegel: Es braucht nur gesunden Menschenverstand, den Willen, mit dem Hund
arbeiten zu wollen, sowie die Bereitschaft, alte Meinungen zu revidieren. Mit
Aussteigertypen, die sich dem Tier verschreiben, kommt es nicht gut.
Oft halten gerade solche Aussteigertypen, Kriminelle oder verwahrloste
Menschen sogenannte Kampfhunde.
Schlegel: Ich formuliere es so: Menschen, die Angst haben, halten solche
Hunde. Ob der Halter Minderwertigkeitskomplexe kompensiert oder ein Macho ist
- immer ist Angst dahinter. Das hat Folgen, denn Angst und Aggression sind
Bruder und Schwester.
Solche Leute sind also nicht in der Lage, einen solchen Hund zu halten?
Schlegel: Absolut nicht, das führt vielfach zur Entgleisung.
Demnach müsste man Ihnen diese Hunde verbieten.
Schlegel: Ich bezweifle, dass man das Problem mit einem Verbot löst. Zuerst
müsste der Mensch fachmännisch behandelt werden und dann können Probleme
gemeinsam gelöst werden.
Warum?
Schlegel: Man könnte alle Molosser und Molosser-Mischlinge verbieten, doch das
nützt nichts. Denn man könnte auch einen Pinscher, diesen kleinen herzigen
Hund, mit einem Jagdhund, dann mit einem Dobermann usw. kreuzen und bekäme
so wieder eine Kampfmaschine.
Verbote nützen also nichts.
Schlegel: Überhaupt nichts. Das Problem verlagert sich nur. Wer will, kann
immer aggressive Hunde züchten. Wenn Deutschland und Frankreich solche Hunde
verbieten, tun sie das nur, weil sie nicht in der Lage sind, die Hundehalter
an die Kandare zu nehmen.
In einer Umfrage des «Blick» haben sich 3500 von 4000 Anrufern für ein
Kampfhunde-Verbot ausgesprochen.
Schlegel: So wie die Medien berichtet haben, überrascht mich das nicht. Am
Ende gibt es sicher kein Verbot. Für wahrscheinlicher halte ich die
Maulkorbpflicht für gewisse Rassen und das macht mir Angst: Im Maulkorb staut
der Hund noch mehr Aggressionen; wenn ein solcher Hund Amok läuft, gibt es ein
Blutbad.
Was schlagen denn Sie vor?
Schlegel: Man sollte alle Hundehalter über die AHV-Nummer registrieren. Bei
Hunden ab 35 cm Risthöhe absoluten Leinenzwang einführen. Welpen grösserer
Rassen könnten sich trotzdem artgerecht entwickeln und Zwerghunde wären
ausgeschlossen, weil diesere eher von älteren Menschen betreut werden und im
allgemeinen nicht negativ auffallen. Der Halter von grösseren Rassen müsste
sich also von Beginn auf seriös auf die Halterprüfung vorbereiten. Die Prüfung
kann ab 9 Monate absolviert werden, müsste aber bei voller Altersreife von 2
Jahren wiederholt werden.
Das heisst?
Schlegel: In der Öffentlichkeit muss der Hund an die Leine. Sobald der Hund
ausgebildet ist, könnte sich der Halter einer Hundehalterprüfung stellen.
Wie die Führerprüfung für Autofahrer.
Schlegel: Genau. Es würde geprüft, ob er seinen Hund in Freifolge im Griff
hat. Zum Beispiel müsste er zeigen, dass er an spielenden Kindern vorbei
gehen, bei Schafen, Katzen, Enten usw, ohne dass der Hund reagiert. Nur wer
diese Prüfung besteht, bekommt einen Ausweis, mit dem er den Hund von der
Leine lassen darf.
Und wenn der Halter nicht besteht?
Schlegel: Dann läuft er weiter mit der Leine herum, bis er besteht. Wenn er
den Hund dennoch von der Leine lässt, muss es Bussen geben, saftige Bussen,
bis zu 2000 Franken.
Und dieses Modell löst alle Probleme?
Schlegel: Ja, denn jeder würde sich zweimal überlegen, bevor er einen
schwierigen Hund kauft. Es müsste vorrangig natürlich intensive Aufklärung
betrieben werden. Das "Alle Hunde eignen sich für die Familie mit Kinder
Image" müsste in den Büchern revidiert werden.
Das hätte auch zur Folge, dass die Hunde vorsichtiger ausgewählt würden: Ein
Husky würde kaum mehr als Familienhund gehalten, weil diese Rasse in der
Freifolge fast nicht zu kontrollieren ist, aber am Schlitten glücklich ist.
Tschechoslowakische Wolfshunde sind auch sehr schwierige Hunde und wären im
Ursprungsland mit grosser Sicherheit glücklicher. Die Züchter müssten endlich
seriöser züchten. Das heisst: Das Wesen steht vor der Schönheit!
Warum das?
Schlegel: Wenn ein Züchter schlechte Hunde züchtet, spricht sich das schnell
herum und die Hunde werden schlecht verkauft. Exotenrassen die sehr schwierig
zu führen sind, die Prüfung daher nur schwer bestehen, märzen sich langsam
aus. Zudem müsste man die Züchter haftbar machen für verborgene,
gesundheitliche und charakterliche Mängel bis ins Alter von 2 Jahren.
Sie sehen also auch Probleme bei den Züchtern?
Schlegel: Hören Sie es nicht? Nach diesem Vorfall in Hamburg rechtfertigen
sich die Züchter ja nur. Sie wollen Wesenstests im eigenen Club mit eigenen
Richter durchführen. Das kann doch keiner ernst nehmen. Einen Gehorsamstest,
wo die Hunde auf die Führbarkeit und die Appellbereitschaft geprüft werden
scheuen die Klubs wie der Teufel das heilige Wasser. Die Klubs kämpfen gegen
eine solche Halterprüfung - damit sie wie bisher weiterwursteln können.
Es wurde auch vorgeschlagen, alle Hunde mit einem Chip zu markieren.
Schlegel: Das ist lachhaft. Mit dem Chip kann man nur herauszufinden, wem ein
Hund gehört. Das löst unser Problem doch nicht. Dass die Rasseclubs jetzt die
Markierung ins Spiel bringen, zeigt, dass sie immer noch schlafen.
Inwiefern?
Schlegel: Sie haben nicht gemerkt, wie spät es ist, gerade der American
Staffordshire Club (er zeigt auf einen «Blick»-Artikel über den Vorschlag des
Clubs, das Kampfhunde-Problem mittels clubinternen Charaktertests zu lösen).
Aber viele zwielichtige Hundehalter sind nicht
Club-Mitglieder. Die Clubs können das Problem ja gar nicht lösen.
Schlegel: Man darf das Problem auch nicht über die Clubs lösen, weil sie alles
beschönigen und ist auch nicht glaubwürdig. Man muss eine solche Prüfung
unabhängig durchführen. Man darf es auch nicht über die SKG lösen, denn die
SKG döst seit Jahren vor sich hin und ist nur in Zusammenarbeit beizuziehen.
Generell müssten die Begutachter einheitlich für die Tests vorbereitet und
geschult werden. Ich könnte mir vorstellen, dass das Bundesamt für
Veterinärwesen die Halterprüfung an die Kantone delegiert. Der Kanton bildet
Fachleute aus und diese prüfen die Halter. Die Gemeinden bekommen eine Kopie
der Prüfung und kontrollieren die Halter. Dadurch könnte mit wenig Aufwand
effizient gehandelt werden. Vorrangig und möglichst schnell müssen sich die
Molosserhalter dieser Prüfung unterziehen. Das sind nicht viele. Ebenso
zukünftige negativ auffallende Hundehalter müssen in nützlicher Frist diese
Prüfung absolvieren. Die restlichen Halter stehen im Moment nicht zur
Diskussion, denn sie fallen ja nicht negativ auf. Dass auf einen Schlag
400'000 Hunde in der Schweiz plötzlich negativ auffallen ist mit Bestimmtheit
nicht zu erwarten. Also packen wir's an der Wurzel.
Die Tatsache ist einfach und kurz erklärt: Die Hunde gehorchen nur dürftig und
um das zu sehen braucht man nicht Fachmann zu sein und muss auch nicht darüber
diskutieren, ob eine Rasse lieb oder böser ist.
Sie behaupten also, nicht nur Asoziale haben ihre Kampfhunde nicht im Griff,
sondern auch seriöse Clubmitglieder?
Schlegel: Ich bezweifle, dass über die Hälfte der Mitglieder aller Rasseclubs
mit ihrem Hund eine simple Salonfähigkeitsprüfung in der Freifolge und unter
Ablenkung natürlicher, alltäglicher Stresssituationen erfolgreich bestehen
würden.
Ein hartes Urteil.
Schlegel: Ja und genau deshalb wollen die Clubs lieber intern etwas
mauscheln.
Dann müsste also der Staat aktiv werden. Sehen Sie Anzeichen dafür?
Schlegel: Für die Durchsetzung eines Haltergesetzes müsste sich der Bund
sicherlich einsetzen. Ich habe letzte Woche den EVP-Nationalrat Heiner Studer
kurz übers Telefon kennen gelernt, der ein Verbot gewisser Rassen fordert.
Herr Studer ist absolut nicht gegen Hunde, aber er ist gegen die aktuelle
Situation. Ein Verbot ist zwar nicht sinnvoll, aber dank Herrn Studer sind wir
Hündeler jetzt endlich gezwungen, bessere Vorschläge zu machen.
Eine gesetzliche Regelung kann immer umgangen werden. Ich denke an illegale
Importe aus Zuchten in Oststaaten.
Schlegel: Ich könnte nicht sagen, dass in der Schweiz gezüchtete Hunde
überzeugend besser sind als die Ostblock-Hunde. Sicherlich sind die Hunde in
der Schweiz besser sozialisiert, dafür sind die Osthunde gesünder und haben
weniger Erbfehler. Vor 10 Jahren haben die Züchter von Deutschen Schäferhunden
von Osthunden geschwärmt, weil unsere Hunde so überzüchtet waren. Die damals
geholten Blutlinien sind natürlich heute auch wieder versaut. Heute machen
genau diese Clubs ein riesen Tamtam. Aber auch hier geht's nur ums liebe Geld
und nicht um die Tiere!! Wir haben generell schlechtes Zuchtmaterial. Ich sehe
bei Golden Retrievers aus Schweizer Zuchten mehr Aggressionspotential als bei
Importen aus dem Osten.
Es gibt Leute, die halten einen Pitbull oder Rottweiler als Familienhund. Kann
das überhaupt gut gehen?
Schlegel: Absolut, wenn er gut erzogen ist. Aber noch einmal: Die beste
Erziehung nützt nichts, wenn das Wesen des Hundes nicht ausgeglichen ist.
Die hiesige Polizei nimmt Ihre Dienste kaum in Anspruch. Und in der
Hündeler-Szene haben Sie nicht nur Freunde.
Schlegel: Hätte ich nur Freunde, wäre ich nicht glaubwürdig. Ich glaube, mein
Fachwissen bezweifelt niemand. Aber ich sage den Menschen meine Meinung halt
gerade ins Gesicht. Das gefällt nicht allen. Hinzu kommt wohl Neid: Ich habe
in Gansingen eine wunderschöne Anlage und ich habe Erfolg. Eine professionelle
Polizeihundeausbildung kostet Geld und Zeit. Die meisten Kantone investieren
in ihre Polizeihundeausbildung im Monat ½ bis einen Tag. Da kann man in Gottes
Willen keine Spezialisten ausbilden, die meinem Qualitätsanspruch genügen. Es
ist auch hier so, dass der Kanton weniger in die Hundeführer investieren, aber
lieber neue Autos kaufen.
Die zwei Arbeitsgruppen, die sich mit dem Kampfhunde-Problem beschäftigen,
haben Sie nicht angefragt. Warum?
Schlegel: Die Initianten der beiden Arbeitsgruppen kenne ich nicht persönlich.
Ich habe mich vermehrt auf die Rassenclubs konzentriert, weil da mehr bewegt
werden kann - im positiven wie im negativen Sinne. Niemand verliert gerne sein
Gesicht. In den Gremien der Hundeclubs gibt es viele, die nicht kompetent
genug sind. Unser gemeinsames Ziel muss sein, dass die "angeschlagenen"
Hunderassen nicht verboten werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss in den
Hundeclubs noch mancher Kopf rollen. Dann müssen in Zusammenarbeit aller
Organisationen gemeinsame Wege gesucht und umgesetzt werden.
Sie therapieren Hunde mit Verhaltensstörungen. Können Sie jeden Hund auf den
guten Weg bringen?
Schlegel: Wenn die Entgleisung mit Schmerz herbeigeführt wurde, ja. Wenn vor
allem psychische Faktoren eine Rolle spielten - zum Beispiel wenn sein Halter
jähzornig war - wird der Hunde kaum je wieder zuverlässig. Genetische
Schwachstellen können auch nicht herbeigezaubert werden.
Wie therapieren Sie einen Problemhund?
Schlegel: Nur durch Bewegung. Ich longiere ihn an der langen Leine, ähnlich
wie ein Pferd. Über die Bewegung entspannt sich den Hund. Irgendwann kommt er
dann von selber zu mir und eine intensive Kommunikation zwischen mir und ihm
beginnt. Dann beginne ich ihn zu schulen, denn er hat zuvor ja noch nie eine
richtige Erziehung genossen.
Wie haben Sie den Umgang mit Hunden gelernt?
Schlegel: Ich habe Löwen, Tiger, Pumas und Panther für Filme ausgebildet und
habe dadurch die Ruhe gelernt. Bei Raubkatzen lassen Sie sich nur einmal aus
der Ruhe bringen und Sie sind in arger Bedrängnis oder sogar tot. Nachher
begann ich mit Sporthunden und Polizeihunden zu arbeiten. Besonders gefallen
hat mir schon immer die Arbeit mit Problemhunden, weil man dadurch dem
Menschen sehr nahe kommt.
Durch den Hund durchschauen Sie den Halter?
Schlegel: Wenn ein Hund Angst hat oder gestresst ist, ist er das Spiegelbild
der Seele des Halters. Die Probleme eines Menschen spiegeln sich nieder. Ich
will ja dem Menschen helfen, seinen Hund zu verstehen und so werden am Schluss
beide glücklicher. Das zentrale Menschenproblem sehe ich nicht gleich, aber
sein Hund zeigt sie mir sehr rasch. Deshalb muss ich als Hundetrainer gerne
mit Menschen arbeiten.
Vor 15 Jahren haben Sie Wölfe studiert. Wie ging das vor sich?
Schlegel: Ich habe im Yukon-Gebiet anderthalb Jahre in einer Blockhütte
gelebt. Dort hat es sehr viele Wölfe, mit denen ich in dieser Zeit
Freundschaft geschlossen habe.
Konnten Sie sie streicheln?
Schlegel: Die Jungtiere ja. Und ganze Rudelgemeinschaften scharten sich um
meine Blockhütte. Ich konnte so die Sozialstruktur der Wölfe studieren und
daraus vieles ableiten auf die Hunde.
Im Idealfall müsste also jeder Hundebesitzer die Wölfe studieren?
Schlegel: Nein, nein, das muss er nicht. Alle Erkenntnisse sind vorhanden. Die
Hundetrainer müssen einfach gut ausgebildet werden, damit diese die
Hundehalter seriös aufklären und schulen können.
Aktuelle Pressemitteilung - NRW Online
Pressemitteilungen
15.02.2002
Dokument drucken
Minister Behrens: Kriminalitaet in 2001 erstmals seit vier Jahren wieder
gestiegen - Mehr Diebstaehle und Sachbeschaedigungen - weniger
Mord und Totschlag
Das Innenministerium teilt mit:
Die Kriminalitaet in Nordrhein-Westfalen ist im Jahr 2001 erstmals seit
vier Jahren wieder gestiegen. Mit 1 376 286 Straftaten wurden 3,65
Prozent (48 431 Delikte) mehr gezaehlt als 2000. Damit liegt
Nordrhein-Westfalen im bundesweiten Trend. Insgesamt konnten 663 316
Straftaten aufgeklaert werden. Die Aufklaerungsquote liegt mit 48,2
Prozent auf hohem Niveau, obwohl sie leicht um 0,9 Prozent zurueckging.
Die Entwicklung der Kriminalitaet wurde im wesentlichen durch einen
Anstieg bei Diebstaehlen und Sachbeschaedigungen beeinflusst. Einen
deutlichen Rueckgang gab es dagegen bei Mord und Totschlag. Dies teilte
Innenminister Dr. Fritz Behrens heute in Duesseldorf mit und erklaerte,
dasss er nicht bereit sei, angesichts dieser Zahlen zur Tagesordnung
ueberzugehen. “Wir muessen die differenzierte Entwicklung der
Kriminalitaet genau analysieren und konsequent reagieren. Erfolgreiche
Konzepte der Polizei wie Programme zur Vorbeugung und zur Bekaempfung
von Diebstaehlen und Wo!
hnungseinbruechen muessen zuegig verstaerkt werden.“ Behrens
warnte davor, zu schnelle Ergebnisse zu erwarten, weil „die
Ursachen sehr komplex sind und die Polizei seit dem 11. September an
der Grenze ihrer Belastbarkeit arbeitet.“
Gewaltkriminalitaet
Schwerkriminelle und Gewalttaeter haben in Nordrhein-Westfalen kaum
eine Chance ungestraft davon zu kommen. Die Polizei war auch 2001 sehr
erfolgreich bei der Aufklaerung der Gewaltkriminalitaet: Mit 73,8
Prozent wurden fast drei Viertel der Taten geklaert. Die Gewaltdelikte
stiegen um 1,6 Prozent auf 43 770 Faelle.
Mit 123 Morden wurden 40 Faelle weniger registriert. Das ist ein
Rueckgang um 24,5 Prozent. Totschlagsdelikte gingenn um 8,7 Prozent (28
Faelle) auf insgesamt 293 Taten zurueck. Mit 12 935 Faellen (+ 0,7
Prozent) blieb die Zahl der Raubdelikte nahezu unveraendert. Die Zahl
der Koerperverletzungen nahm um 5,8 Prozent auf 80 085 Faelle zu.
Grosse Sorgen bereitet Behrens die Aggressivitaet der jungen Taeter:
Die Hemmschwelle, Gewalt bei Konflikten einzusetzen und Menschen zu
verletzen, ist gesunken. Gewalt und ihre Ursachen sind nicht allein
durch kurzfristig greifende Strafverfolgung von Polizei und Justiz
abzuustellen. Gewalttaetiges Verhalten hat viele individuelle und
soziale Ursachen. „Es gibt eindrucksvolle wissenschaftliche Belege
dafuer, dass Jugendliche besonders gewalttaetig werden, wenn sie selbst
Gewalt in der Familie erlebt haben. Auch die Auswirkungen der
zunehmenden  Brutalitaet in den Fernseh- und Kinofilmen darf nicht
unterschaetzt werden“, warnte Behrens. Deshalb sei die Bekaempfung
der Gewalt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
„Fuer eine erfolgreiche Bekaempfung der Gewaltkriminalitaet ist
die Praevention neben der konsequenten Strafverfolgung ausserordentlich
wichtig“, betonte der Minister. In ueber 350 Projekten bieten
deshalb Polizisten theoretische und praktische Hilfe im Umgang mit
Gewalt. Dazu zaehlen beispielsweise Streit-Schlichter-Programme fuer
Schuelerinnen und Schueler, Fortbildungen fuer Lehrer ueber Gewalt an
Schulen, spezielle Anti-Gewalt- und Deeskalationstrainings und 
Selbstbehauptungskurse. „Dieser Einsatz der Polizeii ist sinnvoll
und effektiv. Deshalb werden wir unsere Praeventionsmassnahmen weiter
verstaerken“, erklaerte der Minister.
Bei Sexualstraftaten gibt es fuer die Taeter ein hohes
Entdeckungsrisiko: In 78 Prozent aller Vergewaltigungen und sexuellen
Noetigungen haben die Ermittler die Taeter ueberfuehrt. Im Rahmen
intensiver Ermittlungen in einem Grossverfahren wegen Kinderpornografie
deckten die Fahnder ueber 900 Straftaten wegen Besitz und Beschaffung
von pornografischem Material auf. Dadurrch hat sich die Gesamtzahl auf
insgesamt 1 450 Faelle mehr als verdreifacht. Behrens: „Dies ist
ein besonderer Erfolg der hoch spezialisierten und professionell
arbeitenden Polizei.“
Diebstahlskriminalitaet
Erstmals seit 1993 nahmen die Diebstaehle wieder zu. Mit insgesamt 717
379 Diebstaehlen gab es einen Anstieg um drei Prozent (+20 968 Faelle).
Diebstaehle machen mit 52,1 Prozent mehr als die Haelfte aller
Straftaten aus. Steigende Zahlen gibt es bei folgenden Delikten:
Taschendiebstaehle (+6 104, 20,9%), Diebstaehle aus Fahrzeugen (+5 848,
4,9 %), Diebstahl von Fahrraedern (+4 123, 4,2 %), Diebstahl von
Kreditkarten, Schecks und anderen bargeldlosen Zahlungsmitteln (+3 734,
21,1%) sowie Wohnungseinbruechen (+1 969, 4,4%).
Sinkende Zahlen registrierte die Polizei erneut beim Ladendiebstahl mit
einem Rueckgang um 3,8 Prozent auf insgesamt 124 176 Faelle. „Hier
zeigt sich, dass Polizei und Einzelhandel mit ihren gemeinsamen
Ordnungspartnerschaften den  richtigenn Weg eingeschlagen haben.
Ausserdem wirken Massnahmen wie die elektronische Artikelsicherung und
Videoueberwachung“, betonte Behrens.
Rauschgiftkriminalitaet
Die Zahl der registrierten Rauschgiftfaelle sank um 0,3 Prozent auf 58
510 Taten. Faelle des illegalen Drogenhandels und -schmuggels erhoehten
sich um 3,7 Prozent auf 21 857. Die Aufklaerungsquote liegt bei 95,1
Prozent. Da die Rauschgiftkriminalitaet weitgehend durch
Polizeikontrollen entdeckt wird, zeigen diese Zahlen, dass die
Droogenfahnder verstaerkt gegen Haendler, Schmuggler und Nutzniesser
der Drogenkriminalitaet vorgehen. Die NRW-Polizei hat u.a. folgende
Mengen Rauschgift beschlagnahmt: 301 kg Heroin (Vorjahr:157 kg), 136 kg
Kokain (159 kg), 771 kg Haschisch (1 650 kg), 340 kg Marihuana (246
kg), 105 kg Amphetamin (61 kg). Bei einem in Koeln gefuehrten Verfahren
wurden allein 161 kg Heroin beschlagnahmt. Dies ist die drittgroesste
in der Bundesrepublik sichergestellte Menge an Heroin.
Angesichts von 498 Drogentoteen im Jahr 2001 (2000: 505) unterstrich
Behrens die Notwendigkeit von Drogenkonsumraeumen. Sie sind zentraler
Bestandteil des Konzepts in Nordrhein-Westfalen, das auf drei Saeulen
basiert: Vorbeugen, Verfolgen krimineller Dealer und Hilfe fuer
Suechtige.
Kinder- und Jugendkriminalitaet
Im Jahr 2001 ist die Zahl der tatverdaechtigen Kinder und Jugendlichen
(bis 21 Jahre) gegenueber dem Vorjahr um ein Prozent auf 145 293
gestiegen. Ihr Anteil an allen Tatverdaechtigen betrug 32 Prozent. Es
wurdenn 32 069 Kinder unter 14 Jahren
(-4,5 %) und 62 484 Jugendliche (+3,7 %) sowie 50 740 Heranwachsende bis
21 Jahren (+1,3 Prozent) ermittelt. „Rechtzeitiges Gegensteuern
ist wichtig, denn erwachsene Straftaeter mit einer kriminellen Karriere
haben fast immer auffallend frueh und intensiv mit Gesetzesverstoessen
begonnen. Dieses Problem koennen wir nur gemeinsam loesen - Schulen,
Jugendeinrichtungen, Eltern, Justiz und Politik“, stellte Behrens
fest. „Schwierige Familienverhaeltnisse, mangelnde soziale
Kontrolle, anonyme Wohnverhaeltnisse, fehlende Berufsperspektiven,
falsche oder fehlende Vorbilder sind wesendliche Ursachen der Kinder-
und Jugendstraffaelligkeit“, sagte Behrens.
Auslaenderkriminalitaet
Im Jahr 2001 sank die Zahl der auslaendischen Tatverdaechtigen um 5,3
Prozent auf insgesamt 113 899; das sind 25,1 Prozent aller
Tatverdaechtigen. In einigen Deliktsbereichen ist der Anteil
auslaendischer Tatverdaechtiger besonders hoch: beispielsweise beim
Taschenddiebstahl (67 %), beim Gluecksspiel (64 %), bei Zuhaelterei (45
%) und beim Raub (35 %). |