Von Wolfgang Heck und Jutta Vossieg
Einer der ersten schönen Sonntage im Frühling. Ein
vollbesetztes Ausflugslokal. Unter den Gästen auch sieben Familien mit
Hund. Hund eins ist am Zaun angebunden und kläfft ununterbrochen.
Hund zwei wuselt rastlos um seine Leute herum, bettelt und springt
an ihnen hoch, bis die Getränke verschüttet sind und Herrchen und
Frauchen in Streit geraten. Hund drei pinkelt zwei Meter vom
nächsten Tisch entfernt gegen einen Stein, während Frauchen die Leine
hält und sich amüsiert über sein unmögliches Benehmen auslässt.
Hund vier läuft frei zwischen den Tischen herum und interessiert
sich ausschließlich für Hund fünf, der im Kommando "bleib Platz"
als einziger artig unter dem Tisch liegt und die Annäherungsversuche
deutlich leid ist. Als sein Herrchen Hund vier fortschickt, handelt er
sich den geballten Zorn von dessen Haltern ein: "Geh doch nach Hause mit
deinem Hund, wenn der nicht spielen will!" Hund sechs sitzt auf
Frauchens Schoß und frisst mit herablassendem Gesichtsausdruck deren
Sahnekuchen - vom Löffelchen, versteht sich. Und Hund sieben
saust, das Geschrei seiner Leute ignorierend, hinter einem Jogger her,
der den guten Ratschlag "Bleiben Sie einfach stehen, dann passiert
nichts!" erhält.
Was ist eigentlich los mit Deutschlands Hunden und ihren Menschen?
Alltagsärger und Verdruss über ungezogene und verhaltensgestörte Hunde,
über inkompetente und rücksichtslose Halter haben den Nährboden bereitet
für Kampfhund-Hysterie, drastische und unsinnige Hundeverordnungen und
offenen Hundehass. Doch wie konnte es passieren, dass die
jahrtausendealte Symbiose zwischen Mensch und Hund in einen solchen
Aufruhr geraten ist?
Mit den rapiden Veränderungen in der Gesellschaft hat sich in
vielfältiger Weise auch das Verhältnis zwischen Mensch und Hund
gewandelt.
Einerseits wird es enger in Deutschland - wo vor 30 Jahren noch ein
einsamer Ausflug möglich war, muss sich der Erholungssuchende heute
seinen Weg zwischen Scharen von keineswegs Gleichgesinnten bahnen.
Jogger, Skater, Radfahrer, Spaziergänger, Familien mit Kleinkindern,
Reiter und eben Hundehalter müssen sich die raren Grünflächen in den
Ballungsgebieten teilen - die Stimmung ist vielfach gereizt, Ärger
zwischen allen Interessengruppen ist programmiert, zumal Intoleranz und
Berührungsängste, Rücksichtslosigkeit und Rechthaberei generell zunehmen.
Mancher fühlt sich durch die pure Präsenz eines
Hundes belästigt und gefährdet.
Viel gravierender aber ist, dass sich Hund und Halter einander bedenklich
entfremdet haben. Der Hund hat seinen Job als Wächter des Hofs, Hüter des
Viehs, Jäger oder auch nur als Begleiter durch den Alltag verloren, sein
Bewegungsspielraum wird immer weiter eingeengt.
Nur wenige glückliche leben heute bei den Menschen, die den Hund als Hund
behandeln, weil sie wirklich Bescheid wissen über Rudelverhalten und
Triebe, über artgerechte Haltung und Beschäftigung. Die
weitaus meisten dienen als Kinderspielzeug, Partner- oder Kinderersatz,
als Statussymbol, modisches Accessoire oder Sportgerät, oder sind aus
einer Laune heraus angeschafft und längst lästig geworden.
Unsachliche Affenliebe und eine gefährliche Laisser-faire-Mentalität hat
Fachkunde und konsequente Erziehung abgelöst. Selbstgebastelte
Verhaltenstheorien werden bei jeder Gassi-Begegnung weitergereicht und
erhalten dadurch irgendwann den Status unumstößlicher Weisheiten, etwa
die Mär vom Welpenschutz (der viele Hundekinder böse Erfahrungen
verdanken), der Grundsatz "das machen die unter sich aus" (ein
todsicherer Weg, sich einen Problemhund heranzuziehen) oder die Regel
"Rüden/Hündinnen untereinander vertragen sich eben nicht" (eine bequeme
Ausrede für ein Aggressionsproblem).
Hunde werden mal vermenschlicht und verhätschelt, mal sträflich
vernachlässigt oder dumm und roh behandelt. Eine Industrie, die
lächerliches und überflüssiges Zubehör wie Regenmäntelchen und Videos für
den Hund als Zeitvertreib bei Frauchens Abwesenheit verkauft, macht
Rekordumsätze. Gleichzeitig verstaubt das durchaus vorhandene, fundierte
Wissen über den Hund, sein Wesen und den Umgang mit ihm in den
Bücherregalen. Jeder glaubt, nur er allein versteht seinen Liebling und
weiß, was gut für ihn ist.
Ein übergroßer Teil der Halter ist aber weder bereit noch in der Lage,
seine Hunde sachgerecht und erfolgreich zu erziehen. Kaum ein Hund
beherrscht heute die einfachsten Gehorsamsübungen wie "Bei Fuß", kaum ein
Halter hat sein Tier auch in Reizsituationen sicher im Griff. Gerichte
beschäftigen sich regelmäßig mit Belästigungen und Gefährdungen, denen
Menschen durch Hunde ausgesetzt sind. Manche Nachbarschaft wird durch
dauerkläffende Hunde zermürbt, Radfahrer und Skater kommen durch
unkontrolliert herumspringende Hunde zu Fall. Dabei sehen es viele
Hundebesitzer noch als gutes Recht ihrer Tiere an, sich so zu verhalten.
Die meisten Halter erkennen noch nicht einmal, wenn ein anderer -
erzogener - Hund gerade ein Kommando befolgt und jetzt nicht von
spielwütigen Artgenossen überfallen werden möchte. Verbreitet herrscht
regelrecht Mitleid mit Hunden, die nicht rund um die Uhr machen dürfen
was sie wollen. Dass ein wohlerzogener Hund letztendlich mehr
Freiheiten und ein erfüllteres Leben hat, als der, der zweimal am Tag für
eine halbe Stunde auf der Hundewiese losgelassen wird und ansonsten
zuhause bleiben muss, weil er überall unangenehm auffällt, sehen die
wenigsten.
Mit diesen Auflösungserscheinungen hat das Hundewesen in Deutschland
nicht Schritt gehalten. Wer seinen Hund nicht zur Jagd, im Hundesport
oder Schutzdienst ausbilden, sondern nur einen ganz normalen,
alltagstauglichen Familienhund will, ist einer unkontrollierten und
weithin unprofessionellen Szene ausgeliefert. Hundehaltung und -erziehung
gelten nach wie vor als Hobby, Scharlatanerie und Stümperei sind an der
Tagesordnung. Der Besuch einer Hundeschule gehört zwar heute für viele
dazu, doch eine solche darf jeder eröffnen, der über ein eingezäuntes
Grundstück verfügt. Es wimmelt in der Szene von wohlmeinenden, aber
konzeptlosen Autodidakten, selbsternannten Gurus und "Hundeflüsterern",
die sich am liebsten mit dem Etikett "gewaltfrei" schmücken. Sie
versprechen grenzenlose Harmonie in der "Partnerschaft von Mensch und
Tier", rasche Wunderheilungen von Verhaltensstörungen und verteufeln jede
Strafeinwirkung als Tierquälerei.
Damit haben sie natürlich mehr Glanz und Zulauf als bodenständige
Ausbilder, die ganz herkömmlich mit Lob und Strafe arbeiten, auf
konsequenter Unterordnung bestehen und den Haltern einen langen,
steinigen Weg und einen lebenslangen Lernprozess prophezeien.
Mancher gut gemeinte Erziehungsversuch, mancher teure Kurs endet für Hund
und Halter in einem Desaster, wenn die beiden an dilettantische Ausbilder
geraten sind und aus Unwissenheit falschen Theorien folgen. Ungehorsam
und Fehlverhalten sind nach dem Kurs oft schlimmer als vorher. Durch
diese verbreitete Erfahrung setzt sich nicht nur in Hundehalter-Kreisen
die Meinung durch, es sei normal, dass Hunde nicht gehorchen und, einmal
losgelassen, in ihrem Verhalten nicht kontrollierbar sind. Entsprechend
sind auch die Hundeverordnungen formuliert - Leinenzwang für alle. Dass
ein Hund korrekt im Gehorsam stehen und sich tadellos benehmen kann,
scheint gar nicht mehr denkbar. Viele Züchter nähren Inkompetenz und
mangelndes Engagement in der Ausbildung noch damit, dass sie ihre "leicht
erziehbaren" und "kinderlieben" Rassen, den wartungsfreien Vollkasko-Hund
sozusagen, anpreisen.
Jeder Hund, vom Pudel bis zum Pitbull, ist jedoch mit drei Merkmalen
ausgestattet:
Er ist ein Rudel- und damit Rangordnungstier. Er ist
triebgesteuert. Und er ist lernfähig. Das heißt:
Entweder führt der Mensch ihn oder er den Menschen. Gleichberechtigte
Partnerschaft kommt in seinem Weltbild nicht vor. Wie alle sozialen
Lebewesen verfügt er nicht nur über liebenswerte Eigenschaften, sondern
auch über ein beachtliches Aggressionspotential. Er folgt seinen
angeborenen Impulsen (Hetz-, Beute-, Sexualtrieb), wenn sie nicht von
Anfang an schon in kleinsten Ansätzen konsequent gebremst werden - das
lässt sich nicht ausschließlich mit Lob und Leckerchen erreichen. Er
lernt entweder, sinnvolle Kommandos zu befolgen, oder er lernt, dass er
machen kann was er will.
Jedem Hundebesitzer sollte klar sein, dass auch der niedlichste und
friedlichste Hund erzogen werden muss, will der Mensch mit ihm ohne
ständige Zwischenfälle und Ärger über Unarten zusammenleben. Die
landläufige Ansicht, dass aus einem Hund, der einfach nur liebevoll
behandelt wird, zwangsläufig ein "lieber Hund" wird, entbehrt jeder
sachlichen Grundlage.
Zudem gibt es dramatische Fehleinschätzungen des Verhaltens des eigenen
Hundes: Zerren an der Leine, Aggression gegen Artgenossen, Dauerkläffen,
Trennungsängste, Belästigen fremder Leute und Aggression gegen Menschen
etwa in Form von Futter- oder Revierverteidigung oder knurrende
Behauptung auf dem Sofa gegen die eigene Familie werden als "Hundeart",
als "liebenswerte Macken" belächelt und
hingenommen - solange es gut geht. Sie sind aber der Anfang
einer Karriere als Problemhund.
Denn diese lästigen oder gar gefährlichen Unarten sind immer Ausdruck
einer gestörten Rangordnung im "gemischten Mensch-Hund-Rudel". Und ist
die Rangfolge falsch, wird sich der Hund immer weiter zum Chef
aufschwingen und seine Triebe ungehemmt ausleben. Bei weitem nicht immer,
aber auch nicht selten wird ein solcher Hund schließlich bissig. Das
bedeutet natürlich nicht, dass er ständig und jeden attackiert. Er ist
die meiste Zeit weiterhin fröhlich und liebenswert. Gefährlich wird er
jedoch in Situationen, die in seinen Augen einen Rangordnungskonflikt
darstellen - etwa, wenn sich ein Kind unwissentlich der Futterschüssel
nähert, wenn er vom Sofa vertrieben werden soll oder wenn ein Fremder ins
Haus kommt. Dabei kann schon das zwischen Hunden übliche, eigentlich
harmlose "Abschnappen" Richtung Gesicht beim Menschen zu schweren
Verletzungen führen - deshalb werden Kinder tragischerweise so oft
dauerhaft entstellt.
Das Medienmonster, das auf der Straße unmotiviert fremde Menschen
anfällt, ist also die absolute Ausnahme - wenn überhaupt, handelt es
sich hier um missbräuchlich scharf gemachte Hunde. Das Risiko, auf
dem Spaziergang von einem entgegenkommenden Hund ernsthaft attackiert zu
werden, ist kaum größer als das, von dessen Herrchen erschossen zu
werden. Beißunfälle passieren hingegen in aller Regel innerhalb der
Familie oder des häuslichen Bereichs. Diese Vorfälle werden vielfach
totgeschwiegen, die Hunde werden eingeschläfert oder ins Tierheim
entsorgt - beim neuen Besitzer sind sie womöglich dank kompetenter
Führung völlig problemlos. Erstaunlich viele Menschen leben aber mit dem
Problem weiter, es gibt durchaus Fälle, in denen Menschen mehrfach vom
eigenen Hund arztreif gebissen worden sind.
Überproportional beteiligt an solchen Zwischenfällen sind den
Erfahrungen zufolge Kleinhunde sowie Modehunde wie Golden Retriever,
Bobtail oder Berner Sennenhund. Grund in 99 von 100 Fällen: mangelnde
Erziehung, fehlende Unterordnung, Verhätscheln, Vermenschlichung. Der
Hund war einfach zu niedlich, um ihn wie einen Hund zu behandeln. Er
schlief auf dem Sofa, bekam stets seinen Willen, stand immer im
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit - kurz, die Familie ordnete sich ihm als
Rudelführer freiwillig unter.
Auch der Großteil der spektakulären Attacken der Vergangenheit hat im
privaten Bereich stattgefunden, oder aber in Situationen, in denen sich
die Hunde gegen den Willen ihrer Besitzer selbstständig gemacht hatten.
Es muss also einleuchten, dass mit Hundeverordnungen, die auf Rasselisten
und bürokratischen Vorschriften beruhen, nicht viel gewonnen ist. Sie
haben auch nicht zu einem nennenswerten Rückgang der Beißvorfälle
geführt, auch wenn die Politik dies gern anders verkauft.
Das Kind, das auf der Suche nach seinem Ball
über den Zaun eines fremden Grundstücks klettert, oder das Tag für Tag
mit einem unzuverlässigen Hund zusammenlebt, die alte Dame, die einem
ausgebüchsten Rottweiler in die Quere kommt, werden nicht dadurch
geschützt, dass Leinenzwang und hohe Bußgelder auf dem Papier stehen.
Schluss mit den Horrormeldungen - und ganz nebenbei auch mit dem
Alltagsärger - wird erst dann sein, wenn Hundehalter zwingend dazu
verpflichtet werden, ihre Hunde zu Zuverlässigkeit, Gehorsam und
unbedingtem Respekt vor allen Menschen zu erziehen, und wenn diese
Vorschrift auch kontrolliert wird. Ein solches Ziel ist völlig unabhängig
von Rasse und Größe des Hundes.
Leider ist es bisher nicht gelungen, das Thema in sachlicher Weise auf
die politische Tagesordnung zu setzen. In Politik und Medien gibt es eine
schwer erklärbare Verweigerung, sich mit dem Thema Hundehaltung und
Schutz der Bevölkerung vernünftig inhaltlich auseinander zu setzen.
Grundsätzlich wird ein Gegensatz zwischen Eltern und Hundebesitzern
konstruiert, obwohl Hunde ganz überwiegend in Familien gehalten werden.
Professionelle Hundeausbilder, deren Beruf es ist, Hunde alltagstauglich
und menschen-kompatibel zu erziehen, werden als verantwortungslose
"Köter-vor-Kinder"-Aktivisten abgetan, wenn sie bestehende Regelungen als
unsinnig kritisieren. Argumente verhallen ungehört. Dabei reden seriöse
Hundefachleute keineswegs jenen nach dem Mund, die meinen, dass in der
Hundeszene bis auf ein paar schwarze Schafe alles in bester Ordnung sei.
Obligatorische Erziehung, deren Erfolg regelmäßig und ein Hundeleben lang
kontrolliert wird, ist eine viel unbequemere Sache, als einem ungezogenen
Hund einfach Leine und Maulkorb umzuhängen. Schließlich haben frühere
Generationen ja auch nicht auf die steigende Verkehrsdichte damit
reagiert, dass Autos nicht schneller als 20 fahren durften, sondern
Fahrschule, Führerschein und Tüv eingeführt.
Ähnliches ist im Hundewesen denkbar: Haltungsgenehmigung vor Anschaffung
des Hundes, zwingender Besuch eines Grundausbildungskurses, Ablegen einer
Prüfung und regelmäßige Vorstellung des erwachsenen Hundes zu
Wesenstests. Begleitend müssen "Verkehrsregeln" aufgestellt werden, damit
auch dem letzten klar wird, dass Hunde sich nicht überall lösen dürfen,
dass es selbstverständlich ist, den Hund bei Annäherung anderer Menschen
bei Fuß zu rufen, dass Hunde nicht an fremden Kinderwagen zu schnüffeln
und Nachbars Katze zu jagen haben, und dass es auch im Umgang fremder
Hunde untereinander Regeln zu beachten gibt.
Das Ausbildungsziel - wie immer es erreicht wird - ist einfach zu
definieren: Der alltagstaugliche, problemlose, aber natürlich auch
freudige Familienhund. Er befolgt prompt und unter allen Umständen die
Basis-Kommandos "bei Fuß", "sitz", "platz", "bleib", "hierhin" und
"pfui". Er ist verträglich mit allen Artgenossen, und lässt andere Tiere
in Haushalt, Wald und Feld in Ruhe. Er zeigt unter gar keinen
Umständen Aggression gegen Menschen, also auch nicht in Form von
Revierverteidigung oder Beschützergehabe. Dies alles muss auch dann
zuverlässig funktionieren, wenn der Besitzer nicht dabei ist.
Das Ziel ist von fast allen Hunden zu erreichen, unabhängig von Rasse,
Alter und Biografie. Klar muss jedoch auch sein, dass besonders
triebstarke Hunde oder Hunde mit gravierenden Verhaltensproblemen und
-störungen nur in sehr erfahrenen und konsequenten Händen erfolgreich
erzogen werden können.
Wichtig ist die regelmäßige Nachkontrolle, weil sich auch bestens
ausgebildete Hunde durch nachlässige Führung im Laufe der Jahre negativ
entwickeln können. Der heute übliche "Wesenstest" ist daher
irreführend, weil ein Hund nicht seinem Wesen nach ein für allemal "gut"
oder "schlecht" ist, sondern immer ein Spiegel seiner Handhabung durch
den Besitzer.
Diese strengen Vorschriften können dazu beitragen, dass sich potenzielle
Hundehalter von vornherein besser überlegen, welcher Hund zu ihnen passt,
oder ob sie überhaupt bereit sind, diesen Aufwand zu treiben. Für die
ungezählten Hunde, die nur gezüchtet werden, um ein trostloses und nicht
artgerechtes Leben bei desinteressierten und unfähigen Besitzern fristen,
und für die vielen engagierten Hundehalter, die unter den Dummheiten der
Verantwortungslosen leiden, wäre eine solche Selektion im Vorfeld ein
echter Fortschritt. Lernwilligen, die bisher keine wirksame Unterstützung
gefunden haben, wäre endlich geholfen. Dazu müssen jedoch erst einmal
Strukturen geschaffen werden. Es fehlt aber schon an wirklich
sachkundigem Personal im Begleithunde-Wesen. Es gibt keine
geregelte Ausbildung der Ausbilder, wie sie etwa in der Reiterei seit
Generationen üblich ist. Maßstab der Fachkunde kann aber nur sein, ob
jemand Hunde im Sinne des oben skizzierten Zieles erfolgreich ausbildet.
Die bisher geltenden Hundeverordnungen haben
Tierärzte oder Beamte zu Wesenstestern und Sachkunde-Prüfern erhoben -
sie alle sind aber keine Verhaltensexperten.
So mancher hochaggressive Hund läuft deshalb in
diesem Land mit offizieller Leinen- und Maulkorbbefreiung herum, während
die Politik ihre bürokratischen und sachfremden Vorschriften als Rettung
der Kinder feiert. Es ist also an der Zeit, dass echte
Experten und Praktiker sich zusammensetzen und neue Spielregeln und feste
Standards für das Zusammenleben des Menschen und seines besten Freundes
festlegen - damit irgendwann der Ausflug ins Grüne nicht mehr zur
Nervenprobe wird.
Quelle: Kölner Stadtanzeiger vom 6.4.2002 |