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Newsletter von Maulkorbzwang und den Dogangels

* Politisch - die 2.


Waterloo im NPD-Verbotsverfahren
Deutscher Polit-Slapstick:
Schily und die IM sind mal wieder über die eigenen Füße gestolpert und lang hingeschlagen


http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,196477,00.html
 
Operation Hose runter

Das Verfassungsgericht bringt die Politik in Bedrängnis: Erst wenn die Dienste ihre V-Männer offenbaren, kann die NPD verboten werden.

Zu den notwendigen Eigenschaften des Politikers gehört die Kunst der Verstellung. Und die, Haltung zu wahren, wenn man am liebsten laut losschreien würde - vor allem im Wahljahr.

 

Anmerkung:
Wie wahr, wie wahr.
Dieses Schauspiel haben wir in den letzten Wochen bereits mehrmals genießen dürfen, allerdings inklusive fauler Ausreden, Lügen, gespielter Entrüstung, Abwälzen der Schuld auf andere, weinerlicher Befindlichkeitsstörungen und bettnässerhaftem Gegreine.
Es ist ein trauriges Bild, wenn ein mit den Fingern im Marmeladenglas ertappter Politiker reagiert wie ein Baby, dem man gerade den Schnuller weggenommen hat.
Hoffentlich fängt Schily nicht auch noch an zu heulen.
Oder greift dann § 17 TierschG?

Wie sehr er diese Kunstfertigkeit beherrscht, hat Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am vergangenen Dienstag demonstriert. Da erreichte ihn eine dürre, gerade mal 39 Zeilen lange Erklärung des Bundesverfassungsgerichts zum laufenden Verbotsverfahren gegen die rechtsradikale NPD.

Er "begrüße" die Entscheidung der Richter, ließ Schily daraufhin verlauten. "Damit hat das NPD-Verfahren wieder eine klare Perspektive."

Dabei ist das Papier des Gerichtsvizepräsidenten Winfried Hassemer nicht weniger als ein Misstrauensvotum eines Verfassungsorgans gegenüber den anderen. Die Richter zweifeln daran, dass ihnen Bundesrat und Bundesregierung im NPD-Verbotsverfahren die ganze Wahrheit gesagt haben. Und sie verlangen, was ihnen der Staat nicht wird liefern können: die weitgehende Offenbarung all jener NPD-Mitglieder, die den Geheimdiensten als V-Männer Informationen über die braune Truppe geliefert haben - darunter die aller Quellen in der Bundesspitze und den Landesvorständen.

"Das ist die Operation Hose runter", stöhnt ein Verfassungsschützer. Und der Bremer Innensenator Kuno Böse (CDU) sagt: "Wir haben ein richtiges Problem am Hals." Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU), der mit Schily am Dienstag zunächst die erste Jubelmeldung verfasst hatte, schränkt inzwischen ein: "Es kann natürlich nicht Sinn der Sache sein, dass man der NPD sagt, wer die Leute waren, die bereit waren, dem Staat Informationen zu geben." Sein niedersächsischer Kollege Heiner Bartling (SPD) sekundiert: "Wir wollen nichts verschleiern, aber wir werden nicht jede Quelle offen legen können."

Selbst in der FDP, die schon immer gegen das Verbotsverfahren war, macht sich angesichts dieser Situation fast schon Mitleid breit: "Es gibt wenige Gelegenheiten, wo man so ungern Recht behält wie in dieser", sagt FDP-Rechtsexperte Jörg van Essen. Auch Hans-Christian Ströbele, Innenexperte der Grünen, ist ratlos: "Ich weiß nicht, wie man diese Dinge jetzt noch reparieren will."

In den Verfassungsschutzämtern herrscht Panik. Die ersten Spitzel haben bereits bei ihren V-Mann-Führern angefragt, ob die Politik sie wirklich auffliegen lassen wolle. "Wenn das geschieht", mahnt ein Beamter, "dann können wir den Laden dichtmachen."

Anmerkung:
Ende der Verfassungschutzbehörde? Ein kleiner Schritt für den Staat, ein großer Schritt für die Bürger...
Fakt ist, dass der Verfassungsschutz seinen Blickwinkel ändern sollte.
Nicht primitive alkoholkranke Randalierer, die sich kaum artikulieren können, gefährden die Verfassung.
Die Verfassung muß primär vor den Politikern geschützt werden, die sich tagtäglich an ihr vergreifen.
Also spitzelt die doch aus, nicht die paar doofen Glatzen.
Ihr werdet Euch wundern, was man bei den großen und kleinen Hühnerdieben findet, wenn man erst mal anfängt zu suchen.
Können wir Euch aus eigener Erfahrung sagen...
 

Tatsächlich hätte es aus Karlsruhe kaum schlimmer kommen können. Denn nachdem im Januar aufgeflogen war, dass einige der übelsten rechten Krakeeler in den Verbotsanträgen in Wahrheit auch für den Staat arbeiten, formulierten die Richter umfassende Fragen.

"Das Verfassungsgericht will wissen", so der ehemalige Verfassungsrichter Hans Hugo Klein, "ob die NPD ein Geschöpf des Verfassungsschutzes ist, welchen Umfang das mögliche ,Unternehmen Unterwanderung' hatte." Durch "die Ungeschicklichkeit der Antragsteller ist der Verdacht entstanden, dass die NPD vom Verfassungsschutz gesteuert wird", so Klein. "Dieser Verdacht muss wirklich ausgeräumt werden."

Anmerkung:
Liebes BverfG,
und wenn der Verdacht NICHT ausgeräumt werden kann?
Wenn die NPD ein Geschöpf des Verfassungsschutzes ist?
Wenn die NPD von der Regierung selbst gesteuert wurde?
Gilt das Verbot dann nicht nur für die NPD, sondern auch für den Verfassungsschutz?
Gilt das Verbot dann auch für die Regierung und den Staat?
Erwartungsvolle Grüße in aufkeimender anarchistischer Hoffnung...


Der Staat, das macht das Schreiben vom vorigen Dienstag deutlich, muss darum ringen, dass das Verfahren überhaupt weiter- betrieben werden kann. Nachdem die ersten V-Leute in Top-Positionen der NPD enttarnt worden waren, hatten die Regierungsjuristen den Einsatz der Spitzel noch heruntergespielt. Sie seien nicht entscheidend für das Verhalten der Partei, außerdem hätten die V-Mann-Führer eher mäßigend auf die Radikalen eingewirkt.

Jetzt aber sieht es so aus, als hätte die 37-seitige Stellungnahme vom Februar beim Gericht praktisch keine Wirkung gezeigt. Und was eine große rechtsstaatliche Offensive gegen den braunen Rand des Parteienstaats werden sollte, wird so zum prozessualen Stellungskrieg. Anders als es sich die Regierung gewünscht hat, hat das Gericht keinerlei "Wege der Offenbarung" aufgezeigt, sondern die angeschlagenen Antragsteller im Schlamassel sitzen lassen.

Anmerkung:
Das kommt davon, wenn man seine Arbeit (Gesetzgebung und Politik i.a.) so HUNDSmiserabel macht, dass Karlsruhe jedesmal nachbessern muß.
Und wenn man dann noch, wie Schily und die IM, bei jeder Gelegenheit einen riesengroßen frechen Rand riskiert.
Nicht wahr, Herr Beckstein? Stichwort Volltrottel?

Bisher dachten manche Regierungsvertreter, sie könnten mit Angaben zur Zahl der V-Leute in den Anträgen davonkommen. Jetzt fragt das Gericht aber erstmals gezielt nicht nur nach V-Leuten der Geheimdienste, sondern auch nach Informanten der Polizei - ein lange ignoriertes Gebiet: Ein ostdeutsches Amt etwa schleuste einen ehemaligen Polizisten in die NPD. "Es wird deutlich mehr offenbart werden müssen als bisher", meint Ex-Verfassungsrichter Klein. "Die Namen wird man wohl nennen müssen."

Die Richter, so Klein, würden sich kaum "mit dem allgemeinen Verweis auf Geheimhaltungsinteressen zufrieden geben. Zu jedem Punkt, der verschwiegen wird, muss prinzipiell der genaue Grund des Geheimhaltungsbedürfnisses offen gelegt werden - und die Gegenseite muss auch von diesen Gründen Kenntnis bekommen, weil sie das Recht hat, Gegenargumente vorzutragen".

Doch auf eine Quelle hinzuweisen und belegen zu müssen, warum man sie nicht enttarnen kann, kann ihrer Enttarnung gleichkommen: "Je konkreter das wird, desto mehr läuft es auf Enttarnung hinaus", fürchtet ein am Verfahren beteiligter Jurist.

Der wehrhafte Staat stecke in einem "rechtsstaatlichen Dilemma", so der Düsseldorfer Parteienrechtsexperte Martin Morlok, "und das Verfassungsgericht lässt derzeit keinen Weg erkennen, der aus diesem Dilemma führt". Letztlich, klagt ein Insider, "stehen wir vor der Alternative ,Beobachten' oder ,Verbieten': Wollen wir die NPD ausforschen, können wir sie nicht verbieten, wollen wir sie verbieten, dürfen wir sie vorher nicht ausspionieren".

Selbst das von den Prozessbevollmächtigten bisher erwogene "In-camera-Verfahren" - man legt heikle Informationen nur dem Gericht, nicht aber der NPD oder deren Anwälten vor - hat kaum noch eine Chance. "Auch der Partei, deren Existenz auf dem Spiel steht, gebühren alle rechtsstaatlichen Verteidigungsmittel", meint der ehemalige Verfassungsrichter Di eter Grimm. "Zweifel über die Tragfähigkeit des Beweismaterials wirken zu Gunsten der Partei."

So ist nur die NPD mit der Karlsruher Entscheidung zufrieden: "Wir haben das mit großer Freude aufgenommen", sagt Parteichef Udo Voigt, dessen radikale Truppe nun zur Bundestagswahl antreten kann. "Wir machen jetzt mit vollem Schwung Wahlkampf."

Genau diese Aussicht wird zumindest verhindern, dass sich die anderen Parteien bis zum 22. September über das vergurkte NPD-Verbotsverfahren streiten. Diesen letzten Triumph gönnt den Rechten als Wahlkampf-Gag niemand.

Anmerkung:
Jaja.
Als ob die NPD der Grund zur Wahlkampfsorge wäre, die wählt sowieso keiner.
Aber die anderen Parteien vielleicht auch nicht.
Es soll inzwischen Bürger geben, die extra Briefwahl beantragen, damit sie auch im Urlaub ja ihren Stimmzettel ungültig machen können.
So weit sind wir schon.
 

DIETMAR HIPP, GEORG MASCOLO

 

 

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