Text einer
Website vom 19.08.2000, gespiegelt an den letzten Wochen:
Die Hundeverordnungen sind Potemkinsche Dörfer...
Möllemanns Israelkritik ist ein
Potemkinsches Dorf...
aufgebaut von unseren Politikern, um uns Bürgern
Sicherheit vorzugaukeln und über eigenes Versagen und Vollzugsdefizite
hinweg zu täuschen.
aufgebaut von den Wahlkampfstrategen der FDP, um die
Partei im rechten Milieu zu profilieren.
Irgendwas muß schließlich auch derjenige bei der Bundestagswahl 2002 und
bei der NRW-Kommunalwahl 2004 wählen, dessen Lieblings-Partei
möglicherweise bald vom Verfassungsgericht verboten wird.
Das ist das Traurigste an der
ganzen Geschichte: Nicht ein Kind ist sicherer geworden durch die
Hundeverordnungen.
Das ist das Traurigste an der ganzen Geschichte: Die Situation im
nahen Osten hat sich durch diese unsägliche Diskussion nicht um ein Jota
geändert, sie hat nicht den Tod eines einzigen Kindes verhindert.
Statt die Ursachen zu bekämpfen, wird bzgl. der Thematik gefährlicher
Hunde wie auch bei allen anderen gesellschaftlichen Problemen lediglich
Kosmetik betrieben.
Dies im Stil eines unseriösen Gebrauchtwagenverkäufers: schon leichtes
Kratzen am Lack legt tiefgehenden gesellschaftlichen Rostfraß frei, um den
sich aber niemand kümmern möchte.
Solange weiterhin Hundekämpfe geduldet werden und
Privatmenschen ihre Hunde scharf machen dürfen, solange weiterhin bei
auffälligen Hunden nicht durchgegriffen wird, wird es auch weiterhin
Meldungen dieser Art geben:
19.08.00 "Schäferhund biss Kind".
Solange Politiker populistisch die
Konfliktgruppen weiter polarisieren, anstatt nach
Verständigungsmöglichkeiten und Problemlösungen zu suchen, wird es auch
weiterhin Meldungen wie diese geben:
27.05.2002: Blutbad in einem Einkaufszentrum in Petah Tikva.
Die deutsche Gesellschaft krankt an mangelnder Problemlösungskompetenz und
ungenügendem Differenzierungsvermögen.
Eine echte Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Mißständen
wird nicht gesucht. Experten werden weder im Vorfeld gehört, noch dann,
wenn die Probleme bereits eskaliert sind.
Statt dessen erfolgt ein kosmetisches Vorgehen nach immer demselben
Muster:
statt individueller und differenzierter Betrachtung des Problems erfolgt
Pauschalisierung ("Kampfhunde"),
"Staatsterrorismus", "Nazi-Methoden",
"zionistische Lobby"
statt einer Suche nach den Ursachen erfolgt
die Personifizierung des Problems und Aufstellung eines Feindbildes
("Kampfhunde" und Hundehalter),
"Friedman"
statt einer Bekämpfung der Ursachen und Identifikation der Schuldigen
erfolgt eine allgemeine Ausgrenzung (Diskriminierung),
"Israel", "Juden"
die erste Antwort auf
jedes Problem ist das generalisierte Verbot (Hundeverordnung).
...was wird folgen?
Insofern brauchen wir uns nicht zu wundern, daß wir gravierende
gesellschaftliche Probleme haben, da kein Interesse an Ursachenforschung,
wissenschaftlichen und soziologischen Forschungsergebnissen oder
sachlichen Lösungsansätzen besteht - mit den Wurzeln der Probleme möchte
sich niemand, erst recht nicht die Politik, auseinandersetzen.
Zudem sind von Sachkenntnis und Differenzierungsvermögen getragene
Lösungsansätze für den Staat in der Regel kurzfristig mit höheren Kosten
und höherem Aufwand verbunden (SOKO Hundekämpfe z.B.).
Zudem sind von Sachkenntnis und
Differenzierungsvermögen getragene Lösungsansätze wahlkampftaktisch
ungeeignet, da sie sowohl den Rahmen einer Bildzeitungsschlagzeile als
auch den eines 25-Sekunden-RTL-Spots sprengen.
Langfristig wird so aber versäumt, die gesellschaftlichen Probleme
anzugehen, bis diese dann eskalieren (Hamburg).
Langfristig werden so Menschengruppen gegeneinander
aufgehetzt, nur um kurzfristig die Wahlkampfhürde zu überspringen.
Da der Entscheidungshorizont eines Politikers gemäß soziologischen
Erkenntnissen nicht über eine Legislaturperiode bzw. die nächste Wahl
hinausreicht, werden durch Politiker tendenziell keine langfristig
tragenden Problemlösungen angestrebt, sondern nur kurzfristige
populistische Erfolge.
Dieses mangelnde Differenzierungsvermögen ist
dieser Gesellschaft bereits so immanent, daß es sowohl bei den
Entscheidungsträgern als auch den Medien, den einzelnen Bürgern und
bereits bei den Jugendlichen beobachtet werden kann.
...neu ist, das diese deutschen Mechanismen
von etablierten und angeblich bürgerlichen Parteien gezielt
wahlkampftaktisch und rechtspopulistisch zum Stimmenfang eingesetzt
werden.
Diese Innovation haben wir so nötig gebraucht wie eine
Rückenmarkspunktion.
|