- Newsletter - Archiv


Newsletter von Maulkorbzwang und den Dogangels

* POLITISCH
 


* Nur drei Worte: "für die Tiere" - Zehntausende Bio-Hühner werden getötet
* Warum Ihr Portemonnaie so leer ist
* DGB-Chef Sommer gibt Rot-Grün keine Chance mehr
* Worte: Martin Walser
* das große jürgenwürgen

 

Nur drei Worte: "für die Tiere"

http://www.sueddeutsche.de/index.php?url=/wissenschaft/umwelt/44789&datei=index.php


30.05.2002    17:31  

Bioweizen-Gift
 

Zehntausende Bio-Hühner werden getötet

 

Das Pflanzengift Nitrofen ist erstmals außerhalb Niedersachsens entdeckt worden. Mindestens 60.000 Hennen müssen nun geschlachtet werden. Es gibt außerdem Spekulationen über Sabotageakte.

Von Arne Boecker und Andreas Hoffmann


(SZ vom 31.05.2002) - Betroffen sind in Mecklenburg-Vorpommern drei Öko-Eier-Betriebe, die insgesamt 98.000 Hennen halten. Bis Donnerstagabend waren alle 21 Proben ausgewertet, die am Mittwoch bei Öko-Betrieben genommen worden waren.

Nach Mitteilung von Backhaus stammen die Proben ausschließlich von Höfen und nicht von Waren, die bereits in den Handel gelangt sind. Der Schweriner Agrarminister geht aber davon aus, dass belastete Lebensmittel auch in die Geschäfte gelangt sein könnten.

In Mecklenburg-Vorpommern sind insgesamt fünf Geflügelzuchtbetriebe mit 180.000 Legehennen von der Handelsgenossenschaft GS Agri mit dem verseuchten Öko-Mischfutter beliefert worden. Der niedersächsische Futtermittel-Hersteller steht im Verdacht, Verursacher des Skandals zu sein.

Nach Recherchen des Schweriner Agrarministeriums ist die GS Agri der alleinige Futtermittel-Lieferant der Betriebe, in denen das Pflanzenschutzmittel gefunden wurde. „Wir haben jetzt den Beweis, dass es mit Nitrofen belastet war“, sagte Backhaus. Das Unternehmen selbst wies alle Vorwürfe zurück und betonte, es habe nie wissentlich belastetes Tierfutter ausgeliefert.

Konventioneller Anbau betroffen

Insgesamt soll die GS Agri 120 Öko-Höfe mit 550 Tonnen verseuchtem Getreide beliefert haben. Geliefert wurde nach Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.

Alle Öko-Betriebe wurden von den zuständigen Landkreisen gesperrt, bis zuverlässige Ergebnisse von Stichproben vorliegen. Am stärksten betroffen ist Niedersachsen. Hier wurden 59 Betriebe mit der giftigen Mischung beliefert. Am Donnerstag wurde das verbotene Pflanzengift in zwei Öko-Legehennen-Betrieben festgestellt.

Erstmals wurde auch in Eiern aus konventioneller Landwirtschaft das verbotene Herbizid festgestellt. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine Vorprobe, die Gegenprobe soll am Freitag vorliegen.

Wie das verbotene Nitrofen ins Futter kam, ist weiter unklar. Am Donnerstag wurde spekuliert, dass Sabotage im Spiel gewesen sein könnte. Der Staatssekretär im Verbraucherministerium, Matthias Berninger, sagte, die Lösung des Problems sei auf dem Firmengelände von GS Agri zu suchen.

Es verdichteten sich die Hinweise, dass das Unternehmen bereits seit November von den Verunreinigungen wusste. „Auch Sabotage ist eine Variante“, sagte Berninger der SZ. Darauf deuteten auch die punktuelle Verunreinigungen hin, die gefunden worden seien.

Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel sah Anhaltspunkte für „kriminelle Machenschaften“. Auch Backhaus geht davon aus, „dass wir es mit einer kriminellen Handlung zu tun haben“.

Bisher scheint festzustehen, dass die Öko-Bauern das Unkrautvernichtungsmittel nicht auf die Äcker streuten. Nach Angaben des Jenaer Lebensmittelchemikers Bernd Luckas hätte der Grad der Verseuchung selbst bei Überdosierung nicht erreicht werden können.

Die Werte, die dem Bundesverbraucherministerium vorlägen, seien erschreckend hoch. Der Weizen sei zwar nicht durchgängig verseucht worden, Nitrofen sei aber konzentriert in einzelnen Stellen gefunden worden. In diesen „Nestern“ aber wurden laut Verbraucherministerium Mengen des Giftes nachgewiesen, die fast 300 Mal so hoch waren wie frühere Rekordfunde von Nitrofen-Rückständen in Stroh.

„Kabarettistische Einlagen“

Unterdessen streiten Koalition und Opposition darüber, wann Künast von dem Skandal wusste. Der CDU-Agrarexperte Heinrich-Wilhelm Ronsöhr berichtete, dass es bereits Ende März im Ministerium Gespräche über Nitrofen-verseuchten Futterweizen gegeben habe und forderte erneut Künasts Rücktritt.

Die Ministerin wies das zurück und warf Ronsöhr eine „kabarettistischen Einlage“ vor. Dagegen sprach sie von einem diffusen Hinweis, der am Rande einer Veranstaltung von Vertretern der Kulmbacher Bundesanstalt für Fleischforschung geäußert worden sei.

Offen blieb auch, warum die Kulmbacher Behörde ihre brisanten Information nicht weiter geleitet habe. In einem der SZ vorliegen Schreiben des Ministeriums hatte Künast die Behörden angewiesen, „Schreiben von besonderer Bedeutung und Warnmeldungen“ sofort weiter zu leiten. Künast bekräftige erneut ihre Absicht nach einer Reform der Landwirtschaft: „Wir haben den Stein ins Rollen gebracht.“

 

Warum Ihr Portemonnaie so leer ist...

DIE TEURO-LISTE

Was wie viel teurer geworden ist

Nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist die gefühlte Inflation kein Hirngespinst. Die folgende Tabelle zeigt den Anstieg des Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im ersten Quartal 2002 gegenüber dem Vorjahrszeitraum in Prozent.

 
Gefühlte Inflation
 
Warengruppe Anstieg in Prozent
Gemüse 14,3
Flugreisen 11,4
Glücksspiele 8,8
Molkereiprodukte, Bier 7,0
Fische 6,7
Tabakwaren 6,3
Obst 6,2
Schuhreparatur 5,8
Finanzdienste 5,1
Busreisen 4,9
Zeitungen, Zeitschriften 4,8
Friseurdienste 4,7
Sport-, Kulturdienstleistungen 4,1
Brot 4,1
Fleisch 4,1
Reparaturen von IuK-Gütern 4,1
Versicherungsdienste 4,0
Reparaturen von Haushaltsgeräten 3,9
Sonstige Personenbeförderung 3,8
Reinigung 3,8
Hotel, Gaststätten 3,6
Bildungsdienste 3,4
Teppiche 3,3
Bücher 3,1
Musikinstrumente 3,1
Glaswaren, Tafelgeschirr 2,9
Autoreparatur 2,8
Körperpflegeartikel 2,5
Gefühlte Inflation 4,8
Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft (iw)
 


 

TEURO

Das Geheimnis der gefühlten Inflation

Verbraucher, die in Supermärkten oder Restaurants häufig das Teuro-Gefühl beschleicht, leiden nicht unter Halluzinationen. Eine Untersuchung von Wirtschaftsforschern erklärt, warum der tägliche Einkauf deutlich teurer geworden ist - obwohl die Lebenshaltungskosten kaum gestiegen sind.
weiter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,198476,00.html

Wie Sie Sich am 22. September immerhin 4,- DM wiederholen können, haben wir schon erwähnt, nicht wahr?

 



http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,198508,00.html


GEWERKSCHAFTEN

DGB-Chef Sommer gibt Rot-Grün keine Chance mehr

Von Christoph Schult

Der neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Michael Sommer glaubt nicht an einen Wahlsieg von SPD und Grünen bei der Bundestagswahl. Bisher hatte er stets für eine Fortsetzung der rot-grünen Bundesregierung plädiert.

 

DGB-Chef Sommer: Angewidert von der FDP
REUTERS
GroßbildansichtDGB-Chef Sommer: Angewidert von der FDP

Berlin - "Ich glaube persönlich nicht daran, dass es für Rot-Grün reicht", sagte der frisch gewählte DGB-Chef am Mittwochabend vor etwa 200 unionsnahen Gewerkschaftern. Auch deshalb halte er Kontakt zur Arbeitnehmer-Vereinigung der CDU. Über den Ausgang der Bundestagswahl habe er vor kurzem auch mit dem Kanzlerkandidaten der Union, Edmund Stoiber, ein Gespräch geführt.

 

Wenn es für Rot-Grün nicht reiche, stelle sich die Frage, ob man die FDP an einer Bundesregierung beteiligen solle. Sommer sprach sich wegen der umstrittenen Äußerungen von FDP-Vize Jürgen Möllemann gegen jedwede Beteiligung "der Möllemänner" an einer Bundesregierung aus. "Ich bin angewidert davon, dass wir in Deutschland wieder Politiker haben, die mit Antisemitismus auf Wählerfang gehen", sagte Sommer. Eine Große Koalition von CDU und SPD dagegen wäre "vielleicht die große Chance, das machen zu müssen, was uns nach vorne bringt, ohne dass gebremst wird".

Intern trafen Sommers freimütige Aussagen aber offenbar auf Widerspruch. DGB-Pressesprecher Hans-Jürgen Arlt behauptete kurzerhand, Sommer habe sich zur Wahlaussicht von Rot-Grün gar nicht geäußert, sondern nur gesagt, niemand wisse, "wie die Wahl ausgeht, auch ich nicht". Auch habe Sommer nicht für eine große Koalition plädiert. Eine solche Interpretation stehe "völlig im Widerspruch zu den bisherigen Aussagen Michael Sommers vor und auf dem DGB-Bundeskongress".

Doch das Dementi ist unglaubwürdig. Der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmerorganisation CDA, Hermann-Josef Arentz, der ebenfalls an dem Parteiabend teilnahm, bestätigte gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) die von SPIEGEL ONLINE zitierten Aussagen Sommers. Arentz sagte, Sommer habe "mit einem frappierenden Realismus und ohne jede Verzierung hart und brutal" gesagt, er glaube nicht, dass Rot-Grün eine Mehrheit erringe. Laut Arentz gab Sommer auch zu erkennen, dass er auf eine große Koalition setze.

 



Worte

 

Martin Walser in einem Taz-Interview:

Ich bin kein Möllemann, ich bin Schriftsteller.

 


 

http://www.taz.de/pt/2002/05/31/a0151.nf/text.name,askHcqSl5.n,2
das große jürgenwürgen von WIGLAF DROSTE

Für was steht eigentlich das W. in Jürgen W. Möllemann? Für Windhund? Wanderpokal? Wandalismus? Wrisör? Wirtschaftsminister a. D.? Oder doch für Walser?

Vor knapp zehn Jahren hatte der ehemalige Hauptschullehrer Möllemann einen Skandal, der ihm gut zu Schnauzgesicht stand: Vetternwirtschaft lautete der Anwurf.
Möllemann hatte einen veritablen Vetter begünstigt, der noch dazu - Spitzenwort - angeheiratet war. Dessen Erfindung, einen Markstückersatzchip aus Plastik für Einkaufswagen, hatte Möllemann als "pfiffig" gepriesen, und dann ließ er sich noch einen Karibikurlaub spendieren, auch das ein großes Wort, Karibikurlaub: Man sieht die fröhlich depperte Bacardi-Clique duhn und butt den Strand entlangwanken, sinnlos in Bambusstöcke hineinpustend, Luftgitarre und Luftperkussion spielend, und Jürgen Würgen Möllemann latscht vorneweg. Angemessen schäbig war das, eine abgeschmackte Affäre um Kleingeld und Kleinbürgerabgreifträume. Ganz authentisch erschien Möllemann da, und als er aus dem Amt stolperte, da tat er sich sehr Leid und fühlte sich als verfolgte Unschuld.

Anmerkung: Das war ja damals noch billiger als der Hühnerdiebstahl von Grüll und das anschließende Gegreine.

Diese kerndeutsche Lieblingsrolle hat er erneut besetzt. "Ich bin auch nur ein Mensch", jammerte Möllemann, er sei "aus der Haut gefahren", das sei seine "Ehre" ihm "wert" und so weiter.
Möllemann bleibt im Stereotyp: Ein Deutscher ist von einem Juden provoziert worden und muss sich wehren, wegen seiner "Ehre" - Soldatenehre wäre noch ein bisschen schöner gewesen.

Anmerkung: 670 Fallschirmabsprünge - und immer auf dem Kopf gelandet?

Möllemanns Selbstinszenierung als mutiger Mann, der endlich einmal öffentlich ausspricht, was viele nur privat grummeln, wird ihm keinen nachhaltigen Schaden zufügen. Im Gegenteil: Es gehört zum Wesen des Populismus, dass er jede Kritik, und sei sie noch so glasklar und berechtigt, zur Bestätigung der eigenen Position hernimmt und zum tragenden Pfeiler des fest geschlossenen Weltbildes macht. Alle grünen Wahlkämpfer, die sich mit Gratis-Anti-Antisemitismus in die Brust warfen, werden sich als Möllemanns billige Helfer erweisen.

Einer allerdings kann Möllemann die Tour noch vermasseln und ihn rechts überholen: Martin Walser. Einer der überschätztesten deutschen Schriftsteller hat in einem Roman mit einem der überschätztesten deutschen Literaturkritiker abgerechnet. Walser versus Reich-Ranicki: Zwei Dauerlautsprecher drehen alle Regler nach rechts. Das ist so langweilig wie der deutsche Literaturbetrieb, der auch deshalb ist, wie er ist, weil diese beiden alten Ranzlappen darin herumwurschteln. Den FAZ-Strippenzieher Frank Schirrmacher haben Walsers deutschnationale Volksreden bislang ebenso wenig gestört wie sein wirrsinghafter Stil. Nun aber malt Schirrmacher sich selbst als Bollwerk gegen was auch immer in seine Zeitung hinein, der Suhrkamp Verlag ist kritisch entzückt über die PR und schlägt den neuen Walser zwei Monate früher los. Das Weihnachtsgeschäft beginnt in diesem Jahr besonders früh; heuer spielen mutige Antisemiten und ihre mindestens ebenso mutigen Gegner einander den Ball zu. Der Kulturbetrieb sollte Jürgen heißen.

taz Nr. 6762 vom 31.5.2002, Seite 20, 105 Zeilen (Kommentar), WIGLAF DROSTE
 

 

Zurück

kamp Verlag ist kritisch entzückt über die PR und schlägt den neuen Walser zwei Monate früher los. Das Weihnachtsgeschäft beginnt in diesem Jahr besonders früh; heuer spielen mutige Antisemiten und ihre mindestens ebenso mutigen Gegner einander den Ball zu. Der Kulturbetrieb sollte Jürgen heißen.

taz Nr. 6762 vom 31.5.2002, Seite 20, 105 Zeilen (Kommentar), WIGLAF DROSTE
 

 

Zurück