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Newsletter von Maulkorbzwang und den Dogangels

 Politisch und Nitrofen


* "Es fehlt in diesem Land mal wieder das couragierte Beispringen..." (Walter Jens)

* Für Deutschland Peinlich
* 18 % mit Trauerschleife
* Notwendige Nachhilfe in Sachen Semantik
* Gifthuhn viel älter
* Link zur Liste wegen Nitrofen-Verdachts zurückgerufener Produkte
 

 

Berlin (dpa) - Der Literaturwissenschaftler Walter Jens hat sich dafür ausgesprochen, den stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Jürgen Möllemann gelassen zu belehren und deutlich zu machen, dass er sich gegenüber jüdischen Mitbürgern im Ton vergriffen habe. «Das muss man ihm aber ohne Schaum vor dem Mund und ganz souverän nachweisen und sagen: "Das ist des Landes hier nicht Brauch"», sagte Jens in einem dpa-Gespräch. Das einzige, was Möllemann jetzt tun könne, sei, öffentlich zu erklären: «Buß' und Reu' knirscht das Sünderherz entzwei».

Jens beklagte, dass es an Menschen fehle, «die mit Zivilcourage und Geduld und an die deutsche Geschichte denkend Möllemann in seine Schranken verweisen». Es fehle wieder einmal in diesem Land «das couragierte Beispringen, um deutlich zu machen: "So redet man hier nicht über Menschen anderer Auffassung oder Glaubens, wer es auch immer ist." Das kann man ohne Hektik tun, in der Rolle eines Lehrers, der einen Schüler, der sich verbal und eventuell mental vergangen hat, Mores lehrt.»

Angesprochen auf die Klage des inzwischen verstorbenen Präsidenten des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, der Antisemitismus in Deutschland sei wieder «hoffähiger» geworden, meinte Jens, er hätte nachträglich Recht, wenn Möllemann nicht ein Einzelfall wäre. «Daran glaube ich nach wie vor.» Möllemann müsse erkennen, dass er den Rückzug anzutreten habe, oder er werde gesellschaftlich isoliert. «Vielleicht gewinnt er einige rechte Wähler für seine Partei hinzu, aber die liberalen Stammwähler sind verschreckt und die wird er verlieren. Es ist auch unter diesem Aspekt eine Torheit ohnegleichen, was er getan hat, ein absurder Fallschirmsprung.»
05.06.2002 13:34 MEZ
 



http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,199510,00.html
 

DEMO GEGEN MÖLLEMANN

"Für Deutschland Peinlich"

Von Holger Kulick

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik demonstrierte eine Jüdische Gemeinde vor dem Sitz einer im Bundestag vertretenen Partei. "Gegen den Versuch der FDP, mit antisemitischen Parolen Wahlpropaganda zu machen" protestierten etwa 2500 jüdische und nichtjüdische Bundesbürger in Berlin. Dabei kam es auch zu einem spektakulären Parteiaustritt aus der FDP.

 
Protest vor der FDP-Zentrale in Berlin
DDP
GroßbildansichtProtest vor der FDP-Zentrale in Berlin
Berlin - Ex-Außenminister Kinkel war aufgebracht. Nicht nur weil er auf dieser Kundgebung doch nicht reden durfte, wie (von ihm) eigentlich geplant. Oder weil auch ihn die Arroganz Jürgen Möllemanns allmählich nervt. "Aber was sollen wir tun? Wir können ihn doch nicht mit dem Maschinengewehr zur Entschuldigung zwingen", meinte der FDP-Politiker am Rande zu einem Reporter. Mehr schien ihn aber noch zu stören, dass seine Partei "wegen einiger weniger unglückseligen Äußerungen" so in Misskredit gerate, wie er wiederholt von sich gab. Deshalb weigerte er sich auch strikt, ausländischen Journalisten Interviews zu geben. So gab er erst einem amerikanischen Hörfunkreporter und dann einem BBC-Interviewer einen Korb. "Sorry", das sei jetzt keinesfalls ausländerunfreundlich gemeint, aber "dies ist ein rein innenpolitisches Problem", bürstete er beide ab. Den Flurschaden für die FDP wollte er als ehemaliger Außenpolitiker nicht über Deutschlands Grenzen tragen.

Aber da ist die Botschaft längst. Am Rande beobachteten zwei Mitarbeiter des US-Kongresses das Treiben und schüttelten den Kopf. Celinda Franco vom Congressional Research Service und Martin Gelfand, ein Mitarbeiter des demokratischen Senators Kucinich, berichteten, wie ihnen gegenüber FDP-Politiker versucht hätten, die Affaire klein zu reden. Dabei sei doch "höchst beunruhigend, wie europaweit wieder etwas in der Luft liegt, was wir hier für überwunden glaubten", meinte Gelfand. Er und seine Kollegin hatten sich extra von ihrer Besuchsdelegation im Bundestag gelöst, um Augenzeuge dieser Demonstration zu werden, wie es sie in Deutschland noch nie gab.

 

"Für Deutschland Peinlich"

Rund 2500 Demonstranten waren am späten Mittwochnachmittag dem Aufruf von Berlins jüdischer Gemeinde und einer Reihe jüdischer Verbänden Berlins vor die FDP-Bundeszentrale gefolgt, "weil wir handeln wollten um nicht länger auf nichtjüdische Anständige zu warten", sagte auf Nachfrage die Moderatorin der Veranstaltung, Lala Süsskind. "Denn ich denke, das Fass ist voll", rief die Vorsitzende des jüdischen Frauenverbands WIZO zum Auftakt in die Menge. Noch sei diese Partei nicht verloren und ihr Ansehen wieder herzustellen. Aber die ständigen "stereotypen antisemitischen Äußerungen" Möllemanns hätten dazu geführt, dass FDP derzeit nur noch mit "Für Deutschland Peinlich!" oder "Für Demokraten Peinlich" übersetzt werden könne, verlas sie einen Aufruf.

 

GroßbildansichtDPA

Besonders viele junge Leute waren zu der Demonstration gekommen, darunter Anhänger der verschiedensten Religionen. Auch Berlins "Türkischer Bund" schickte solidarisch ein Grusswort, weil er es "unerträglich" finde, "wie die FDP versucht im braunen Sumpf zu fischen". Viele mitgeführte Transparente sprachen deutlich für sich: "Blau + gelb = Braun", "Kein Wahlkampf für 18 % Antisemiten", "Rote Karte für Möllemann", "Wählt Jürgen W. Haiders FDP" oder "Liberal - Euch egal - für 18 Prozent rülpst ihr rechtsradikal".

Doch dies sei"keine Demonstration gegen die FDP", die aus vielen klugen Köpfen bestehe, stellte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Alexander Brenner, schon im Vorfeld klar. So lobte er Graf Lambsdorff, Hildegard Hamm-Brücher oder den ehemaligen liberalen Innenminister Baum. Jetzt aber sei die Frage, "Wer führt heute die Partei mit welchem Denken?".

"Wollen wir hoffen, dass deren zynische Rechnung nicht aufgeht!", sagte Brenner und klagte eine "eindeutige, klare und nicht verklausulierte Distanzierung ohne Wenn und Aber" von Jürgen W. Möllemann ein. Dann ergriff die Ortsvorsitzende der FDP Berlin -Dahlem, Susanne Thaler das Wort und in der FDP-Zentrale schlossen sich allmählich die wenigen noch geöffneten Fenster.

Steht die 18 für Adolf Hitler?

Nie habe sie in den letzten 20 Jahren "auch nur schattenhaft den Anlass zu Zweifeln an der FDP gehabt", wie sie jetzt durch Jürgen Möllemann losgetreten worden seien. Dessen Worte wären nicht nur verletzend, "sondern sie machen mir Angst", schilderte sie. Möllemann habe aus ihrer Sicht seine "Signale nicht zufällig geäußert", warf sie dem nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzenden vor: "Er hat das bedingungslose Erreichen der 18 Prozent im Kopf", dafür würden von ihm "und leider auch Guido Westerwelle" Tabus gebrochen.

So "zu zündeln", wie Möllemann, sei "unappetitlich und gefährlich", sagte Thaler und warf ihrem Parteifreund einen "tief verinnerlichten Nazirassismus" vor. Es klinge weit hergeholt, aber ihr würden mittlerweile auch Zweifel wachsen, ob das Ziel "18 Prozent" nicht mit tieferem Sinn gewählt worden sei, denn unter den Neonazis stehe die 18 nach der Numerierung des Alphabets für die Abkürzung AH - Adolf Hitler.

Dann erklärte die resolute Politikerin demonstrativ ihren Austritt aus der FDP - unter anhaltendem Applaus der Anwesenden. Nur Klaus Kinkel habe sie gestern noch versucht, von diesem Schritt abzubringen, von der eigentlichen Parteiführung habe sie aber seit November letzten Jahres, als sie erstmals an Guido Westerwelle geschrieben habe, nichts gehört, berichtete sie.

Danach klopften ihr vor allem Parteifreundinnen auf die Schulter und lobten sie, auf diese Weise vielleicht mehr für die FDP getan zu haben, als derzeit jeder andere Vertreter der Partei.

 
 

 
Mittwoch 5. Juni 2002, 18:02 Uhr
FDP-Chef Westerwelle erklärt Möllemann den Krieg

Berlin/Düsseldorf (AP) FDP-Chef Guido Westerwelle hat im Antisemitismus-Streit seinem Stellvertreter Jürgen Möllemann den Krieg erklärt. In der neusten Wendung im Machtkampf an der Parteispitze konfrontierte Westerwelle ihn am Mittwoch überraschend mit dem Ultimatum, bis kommenden Montag für die Entfernung des Ex-Grünen Jamal Karsli aus der Düsseldorfer Landtagsfraktion zu sorgen. Möllemann antwortete hinhaltend, er wisse leider nicht, was Karsli Schlimmes getan haben soll.

Dann sagte Möllemann, er habe Westerwelle erst mal einen Brief geschrieben und um Aufklärung über Karslis angebliche Verfehlungen gebeten. Der Düsseldorfer Parteivorsitzende tat gerade so, als wisse er nicht, dass momentan die Post streikt.

Dabei sind die Pfeile, die Westerwelle im Köcher hat, nicht gerade stumpf: Aus dem Hauptquartier wurde bekannt, dass auf der Bundesvorstandssitzung am kommenden Montag ein Antrag eingebracht werden könne, in dem Möllemann zum Rücktritt von seinem Vizeposten aufgefordert wird, wenn Karsli bis dahin nicht samt Stuhl aus der Fraktion entfernt ist. Der Antrag könnte von Westerwelle selbst formuliert und eingebracht werden, hieß es.

Sollte Möllemann zögern, sei ein Sonderparteitag möglich. Der könne laut Satzung in dringenden Fällen innerhalb von drei Tagen einberufen werden.

Mit stahlhartem Gesicht

Anmerkung: etwa wie Kruppstahl...

gab Westerwelle seine Entscheidung bekannt. Der Druck unter dem er stand, war auch enorm: Vor der Parteizentrale in der Reinhardtstraße hatte die Jüdische Gemeinde zu Berlin zu einer Demonstration gegen Antisemitismus aufgerufen, der sich der Türkische Bund und SPD-Abgeordnete anschlossen. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt hatte zuvor schon zugegeben, dass diese Demonstration gegen eine demokratische Partei der Mitte eine schmerzliche Erfahrung sei.

Anmerkung:
Nachdem die FDP Dutzende von Demos als Wählerfang-Foren benutzt hat (insbesondere Grüll, der schon automatisch zu reden anfängt, wenn er drei Personen nah beieinander stehen sieht, ähnlich auch Kubicki, beide schwadronieren von Bürgerrechten, kennen aber anscheinend Artikel 3 (3) unseres Grundgesetzes nicht), ist es doch sicher interessant, auch mal die andere Perspektive einer Demo kennen zu lernen, oder?

Westerwelle stand zu diesem Zeitpunkt auch unmittelbar vor einem kritischen Rednereinsatz im Bundestag, bei dem er sich gegen den Vorwurf von SPD und Grünen verteidigten sollte, mit einem rechtspolitischen Kurs auf Stimmenfang zu gehen.

Zuvor hatte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, die Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Gesprächskontakte mit der FDP verschärft. Nicht nur, dass sich Möllemann für seine Antisemitismus-Vorwürfe gegen Michel Friedman und Ariel Scharon öffentlich entschuldigen sollte, sondern es müsse auch Karsli aus der Fraktion entfernt werden.

Anmerkung: Und was ist mit Westerwelle und Fritz Goergen???

Jüdische Künstler begannen zudem, sich von der FDP zu distanzieren. Der Schauspieler Michael Degen, bekannt aus «Derrick» und «Tatort» sprach in der Hamburger Illustrierten «Max» vom Kofferpacken, weil der Antisemitismus in Deutschland nie ausgeräumt worden sei und wieder unter der Oberfläche hervorkomme. Der Leinwandmogul der 50er Jahre, Atze Brauner, sagte, eigentlich sei er über diese Debatte froh: «Das Geschwür bricht auf. Man sieht, wie es in Deutschland wirklich steht.»

Anmerkung: Genauso ist es. Leider. Und es wird sehr viel traurige Dummheit sichtbar, bei denen, die nicht verstehen wollen oder können, worum es hier geht.

Nach Bundeskanzler Gerhard Schröder trat auch Verteidigungsminister Rudolf Scharping mit der Warnung an die Öffentlichkeit, dass die Antisemitismus-Debatte beginne, das Ansehen Deutschlands in der Welt zu beschädigen. Der parteilose Bundeswirtschaftsminister Werner Müller sagte in Nachrichtensender n-tv, wenn Deutschland in eine Antisemitismus-Debatte großen Ausmaßes hineinschlittere, «bin ich absolut sicher, wird das Ausland diesen Investitionsstandort, aber auch deutsche Produkte zunehmend kritisch begutachten».

Unter diesem Druck fiel es Westerwelle offenbar gar nicht auf, dass er die Journalisten zu seiner Erklärung mitten in der zweiten Halbzeit des WM-Spiels gegen Irland zusammengerufen hatte. Es fiel ihm auch nicht auf, dass jemand über die Zahl 18, die vorn an seinem Rednerpult als Symbol für den angestrebten Stimmanteil bei der Bundestagswahl angebracht hatte, ein schwarzes Kreppband geklebt hatte.

Uups - die Heinzelmännchen?


Offene Empörung brach unter den Pressevertretern aus, als Westerwelle nach seiner Erklärung nicht einmal mehr Fragen zu ließ, sondern wie auf der Flucht den Raum verließ: Es knisterte im FDP-Hauptquartier förmlich vor Spannung.

O-Ton Journalisten: "Das hat sich noch nicht mal Kohl erlaubt..."

 


 

Notwendige Nachhilfe in Sachen Semantik

TABU

Definition: Ursprüngliche Bezeichnung für ein vor allem bei den Naturvölkern allgemein respektiertes Verbot, bestimmte Handlungen zu begehen. Beispiele: Heilige Räume (Stätten) dürfen nicht betreten werden; Namen von Göttern dürfen nicht ausgesprochen werden; Könige oder Herrscher dürfen nicht berührt werden; sexuelle Handlungen (s. Sexualität) dürfen mit bestimmten Personen nicht vollzogen werden usw.

Den T.s liegt der Glaube zugrunde, daß eine Übertretung derselben der Gemeinschaft (dem Volk, einer Personengruppe (s. Gruppe) usw.) Schaden zufügen könne. Zuwiderhandlungen gegen Tabuvorschriften sind meist mit schweren Strafen (z.B. Verbannung, Tod usw.) belegt. Leichte Verstöße können durch komplizierte Reinigungszeremonien gesühnt werden.

T.s beziehen sich immer auf die zentralen Werte einer Gesellschaft. Mit der Zeit werden sie meist zu Selbstverständlichkeiten. Als soziale T.s bezeichnet man von Sanktionen bedrohte Handlungen, Gedanken oder Wünsche, die gegen die Gruppennorm (bzw. kulturelle (s. Kultur) Norm) verstoßen.

S. FREUD erweiterte den Begriff und bezeichnet mit T. das Verbot von Handlungen, welche den moralischen Standards (s. Moral) widersprechen. Beispiele: sexuelle Tabus, Inzest usw.

Heute wird der Begriff allgemein für alle jene verbotenen Themen, Bereiche oder Dinge benutzt, über die man nicht spricht bzw. die man nicht tut, deren Verbot allerdings im allgemeinen weder rational legitimiert noch begründbar ist. Beispiel: Über Masturbation (Onanie) spricht man nicht in der Öffentlichkeit, weil es sich nicht gehört.
Quelle:

http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/Projekte/plex/PLex/Lemmata/T-Lemma/Tabu.htm

Ein Tabubruch ist also nicht automatisch mit positiver Bedeutung belegt, im Gegenteil.

Ein Tabubruch an sich hat auch keinesfalls einen Eigenwert, nur weil es eben ein Tabubruch ist.

Außerdem ist das Verfallen in antisemitische Diffamierungsmuster und das populistische Ausnutzen von Ressentiments nicht der Bruch eines Tabus, sondern der Verstoß gegen einen gesellschaftlichen Grundkonsens, welcher - im Gegensatz zum Tabu - durchaus rational legitimiert und begründet, und außerdem auch noch in Artikel 3 unserer Verfassung fixiert ist.

Das sollten sich insbesondere unsere Talkmaster und sonstigen Medienfuzzis hinter die Ohren schreiben.

Wenn aber Tabubrüche - wie von der FDP ja mehrfach erklärt - Mittel, Methodik und Ziel des FDP-Wahlkampfes sind, dann hätten wir gern gewußt, welches Tabu Möllemann denn nun als nächstes zu brechen gedenkt?

Das Inzesttabu?

Nekrophilie?

Möchte er gerne als nächstes eine Pressemitteilung über das Onanieren herausgeben?

Oder doch der Königsmord? ("Auch Du, mein Sohn Jürgen...") ;-)

 




http://www.taz.de/pt/2002/06/06/a0077.nf/text

 

 

Gifthuhn viel älter

Niedersächsisches Agrarministerium: Nitrofen schon seit einem Jahr in der Nahrungskette. Bund gewährt Sonderkredite für betroffene Bauern

BERLIN taz/dpa Wahrscheinlich schon vor einem Jahr ist nach Angaben des niedersächsischen Agrarministeriums Nitrofen in der Nahrungskette. "Jetzt sind Nitrofen-Rückstände in Geflügelfleischprodukten vom September 2001 bekannt geworden", erklärte der Staatssekretär Dietmar Schulz. Da die Mastzeit vier Monate beträgt, sei davon auszugehen, dass der niedersächsische Futtermittelhersteller GS agri bereits im Frühsommer 2001 belastetes Biofutter ausgeliefert habe. Schulz benannte auch die Zahl des möglicherweise belasteten Federviehs: 250.000 Stück.

In Mecklenburg-Vorpommern konzentrieren sich die Fahnder gestern auf neun so genannte materiell-technische Versorgungslager, in denen zu DDR-Zeiten Pflanzenschutzmittel deponiert waren. Landwirtschaftsminister Till Backhaus hatte erklärt, die Halle in Malchin sei möglicherweise nicht die einzige Verseuchungsquelle. Allerdings, so Ministeriumssprecherin Marion Zinke gestern: "Es gibt keine neuen Erkenntnisse." Neben der Malchiner Halle dient lediglich noch eine in Güstrow als landwirtschaftlich genutztes Lager: für Pflanzenschutzmittel. Die anderen seien entweder Baumärkte, Maschinenhallen oder abgerissen.

Die nordrhein-westfälische FDP versucht sich diesmal mit scharfen Angriffen auf die grüne Verbraucherministerin zu profilieren. Deren Agrarsprecher Felix Becker warf Renate Künast vor, sie stehe einer sachgerechten und ideologiefreien Landwirtschaftspolitik im Wege. Sichtlich gereizt reagierte die Verbraucherministerin in Berlin. "Keine Fragen zu Nitrofen", erklärte Künast auf einer Pressekonferenz. Für heute hat sie eine Regierungserklärung im Bundestag angekündigt.

Der Bund will über die Landwirtschaftliche Rentenbank den geschädigten Ökobauern mit Krediten helfen. Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums wird es Liquiditätshilfen wie bei der BSE-Krise geben. Wer allerdings Informationen verschwiegen habe, müsse sich auf saftige Schadensersatzforderungen einstellen. NICK REIMER

Liste mit wegen Nitrofen-Verdachts zurückgerufenen Produkten:
 www.vzhh.de

taz Nr. 6767 vom 6.6.2002, Seite 2, 72 Zeilen (TAZ-Bericht), NICK REIMER,  veränderter

 

 

 

 

 

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taz Nr. 6767 vom 6.6.2002, Seite 2, 72 Zeilen (TAZ-Bericht), NICK REIMER,  veränderter

 

 

 

 

 

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