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Newsletter von Maulkorbzwang und den Dogangels

* Studie soll Kampfhundeverordnung kippen

* Halter wollen Kampfhunde-Verordnung kippen

* Wie Martin Pietralla Kampfhunden die Aggressivität nimmt


 
Niedersachsen - Nachrichten
Studie soll Kampfhundeverordnung kippen

 

   
Hannover. Mit einer neuen Studie über die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen hoffen Tierhalter, die Kampfhundeverordnung gerichtlich zu Fall zu bringen. Die Kläger wollen sich an diesem Mittwoch in einem Musterprozess vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin auf die Ergebnisse der für einige Rassen amtlich vorgeschriebenen „Wesenstests“ berufen.

 

Bundesgerichtshof verhandelt / Tierhalter berufen sich auf Verhaltensforscherin / Maulkorb auch für Schäferhunde?

 

Das Gericht befasst sich in einem Normenkontrollverfahren mit der Verordnung des Landes.

Vor rund einem Jahr hatte das Lüneburger Oberverwaltungsgericht Teile der Gefahrtierverordnung des Landes gekippt. Einige Regelungen seien unverhältnismäßig, dadurch werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt, entschieden die Lüneburger Richter. Das Gericht rügte unter anderem die vorgesehene Tötung von Hunden. Gefährliche Rassen, wie Bullterrier, American Staffordshire-Terrier, Pittbull-Terrier und Kreuzungen dieser Hunde, die den Wesenstest nicht bestehen, mussten laut Verordnung getötet werden. Unverhältnismäßig sei auch, dass Kampfhunde, die den Wesenstest bestanden haben, unfruchtbar gemacht werden sollten. Die Ausrottung ganzer Hunderrassen ging den Richtern zu weit. Gegen die niedersächsische Verordnung hatten ein Hundehalter, zwei Betreiber von Tierheimen und vier Rottweiler-Züchter geklagt.

Die Kläger wollen in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Studie vorlegen, nach der bei Tests von als gefährlich eingestuften Rassen und von deren Kreuzungen von 219 Hunden lediglich ein verhaltensauffälliger Hund festgestellt wurde. Der Charakter fast aller anderen untersuchten Tiere sei dagegen mit „mit exzellent bis gut“ bewertet worden. Die Studie wurde von der Kieler Verhaltensforscherin Dorit Feddersen-Petersen vorgelegt. Diese gehörte vor zwei Jahren zum Expertenteam, das die niedersächsische Kampfhundeverordnung ausgearbeitet hatte.

Die Wissenschaftlerin erhält Unterstützung aus Hannover: Auch an der Tierärztlichen Hochschule durchgeführte Prüfungen zeigten „eindeutig“, dass diese Rassen „nicht das große Gefahrenpotenzial darstellen“. Das sagte der Leiter des Instituts für Tierschutz und Verhalten, Hansjoachim Hackbarth. Deutlich größere Probleme würden Tiere bereiten, die nicht in der gefährlichsten Kategorie geführt werden, wie Dobermann und Rottweiler. Wirksamer als pauschale Verbotslisten aufzustellen, sei es allemal, „genetisch zu selektieren“: Hunde, die in die Zucht gehen, sollten grundsätzlich auf ihre Aggressivität getestet werden, forderte Hackbarth.

Gegen das Lüneburger Urteil hatten sowohl Hundehalter als auch das Landwirtschaftsministerium in Hannover Einspruch eingelegt. Das Gericht soll nach Angaben des Sprechers des Landwirtschaftsministeriums in Hannover, Hanns-Dieter Rosinke, auch klären, ob außer Dobermann und Rottweiler weitere Rassen in der Kategorie zwei aufgeführt werden. Die Lüneburger Richter mahnten einen Maulkorbzwang für Schäferhunde, Doggen und Boxer an.

 
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Halter wollen Kampfhunde-Verordnung kippen

Musterprozess vor dem Bundesverwaltungsgericht. Kieler Verhaltensforscherin: Tiere haben guten Charakter

Von Ira von Mellenthin

Kiel/Hamburg - Mit neuen Untersuchungsergebnissen über die Gefährlichkeit bestimmter Rassen wollen Hundehalter-Organisationen am Mittwoch in Berlin im Rahmen eines Musterprozesses die bundesweit eingeführten Kampfhunde-Verordnungen zu Fall bringen. Wie der "Spiegel" in seiner neuen Ausgabe berichtet, berufen sich die Halter dabei auf die Ergebnisse der für Kampfhunde amtlich vorgeschriebenen Aggressions- und Wesenstests, denen sich Rassen wie etwa American Staffordshire und Pitbull Terrier sowie Kreuzungen daraus stellen müssen.

Als Beleg für die Ungefährlichkeit dieser Rassen führen die Hundehalter dem "Spiegel" zufolge auch Untersuchungen der Kieler Verhaltensforscherin Dorit Feddersen-Petersen an, die die maßgeblich von ihr entwickelten Wesenstest an 219 gefährlichen Hunden der Kategorie 1 durchführte. Danach sei bei fast allen der untersuchten Tiere der Charakter mit "exzellent bis gut" bewertet worden. Lediglich ein Hund wurde als "verhaltensauffällig" eingestuft.

Ebenfalls als Beispiel gegen die Gefährlichkeit von so genannten Kampfhunden wollten die Prozessführer das Ergebnis der Untersuchung mehrerer hundert als gefährlich geltender Hunde an der Tierärztlichen Hochschule Hannover nennen. Aus diesen Prüfungen geht nach Angaben des Leiters des Instituts für Tierschutz und Verhalten, Hansjoachim Hackbarth, hervor, dass die Kampfhunderassen "eindeutig nicht das große Gefahrenpotenzial darstellen". So bereiteten Tiere, die nicht als so genannte Kampfhunde geführt würden, etwa Rottweiler und Dobermänner, deutlich größere Probleme.

Dies bestätigt auch Wolfgang Poggendorf, Geschäftsführer des Hamburger Tierheims in der Süderstraße. Schäferhunde, Rottweiler, Dobermänner wie auch Riesenschnauzer und Kreuzungen aus diesen Rassen müssten künftig wie die Kampfhunde Wesenstests unterzogen werden, forderte er am Sonntag gegenüber der WELT. Weiter sollten auch Halter dieser Rassen wegen der potenziellen Gefährlichkeit und massiven Folgen von Beißunfällen Sachkundenachweise erbringen sowie eine Zwangshaftpflicht ablegen müssen.

Eine Katalogisierung zusätzlicher Rassen lehnt Poggendorf jedoch ab. "Ich bin überzeugt, dass sich Rasselisten auf Dauer nicht halten lassen und vor Gericht keinen Bestand haben werden", sagte er. Dennoch hätten die nach der tödlichen Kampfhundattacke auf den damals siebenjährigen türkischen Volkan im Sommer 2000 eingeführten Hundeverordnungen ihren Sinn gehabt. So hätten sich auf Grund der Verordnung in Hamburg rund 600 Kampfhunde dem Wesenstest stellen müssen. 90 davon hätten die Tests nicht bestanden. "Das hat die Sicherheit auf Hamburgs Straßen und Plätzen in jedem Fall verbessert", so der Tierheim-Chef. Umso erforderlicher seien jedoch neue Vorschriften, die die potenzielle Gefahr, die von Rottweilern, Schäferhunden, Dobermännern und Riesenschnauzern ausgehe, zu minimieren.

Nach der Auflösung der Harburger Hundehalle warten unterdessen im Tierheim Süderstraße und einer Pension vor den Toren der Stadt 57 Kategorie-I-Kampfhunde auf eine Entscheidung über ihre Zukunft. Diese Tiere seien ihren Haltern entzogen worden, so Poggendorf. Einem Wesenstest sollten diese Tiere jedoch erst unterzogen werden, wenn die Rechtsverfahren abgeschlossen seien.

Die Hamburger Regierungskoalition hat derweil ihren Streit um den künftigen Umgang mit Kampfhunden auf den Spätsommer vertagt. Die Kampfhundeexperten von CDU, Partei Rechtsstaatlicher Offensive und FDP hätten sich jetzt auf ein erneutes Treffen des überfraktionellen Arbeitskreises Tierschutz Mitte August geeinigt. Dann solle erneut versucht werden, eine einheitliche Linie zu finden, erklärte der CDU-Abgeordnete Jürgen Klimke am Sonntag gegenüber der WELT.

Wie berichtet erwägen CDU und Schill-Partei derzeit mehrheitlich, die Hamburger Kampfhundeverordnung zu erweitern und auf potenziell gefährliche Rassen wie etwa Rottweiler, Dobermänner, Schäferhunde und Kreuzungen aus diesen Rassen unter Einstufung nach Größe, Gewicht und Auswirkung von Bissen zu erweitern. Die FDP und einzelne Mitglieder der Schill-Fraktion fordern dagegen die Abschaffung der Rasselisten zu Gunsten einer Einstufung nach individueller Gefährlichkeit.

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Wie Martin Pietralla Kampfhunden die Aggressivität nimmt
 

Ulm/B.-W., 1.7.02

Das mittägliche Waldidyll am Ulmer Stadtrand wirkt mit einem Schlag bedrohlich. Ängstlich blicken die beiden jungen Frauen hoch zu Pferde auf Bruno, das Muskelpaket, hinab: Vor ihnen steht ein Kampfhund. Um Hunde wie Bruno geht es in einem Musterprozess, der morgen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin beginnt. Mehrere Tierhalter aus Niedersachsen wollen die Kampfhunde-Verordnung, deren Regelung Ländersache ist, zu Fall bringen. Dabei verweisen sie auf das Ergebnis einer Studie der Kieler Verhaltensforscherin Dorit Feddersen-Petersen. Demnach war gerade mal einer von 216 untersuchten Tieren verhaltensauffällig.

Für Bruno, einen sechs Jahre alten American Staffordshire Terrier, ist dies die erste Begegnung mit Pferden. Und der Rüde, ohne Leine und Maulkorb unterwegs, verhält sich vorbildlich. Er hört Begleiter Martin Pietralla leise seinen Namen rufen. Dann ertönt ein kurzes Klicken aus einem Spielzeugfrosch. Und Bruno weiß, für ihn gibt es jetzt ein dickes Lob und einen Hundekuchen: „Brav Bruno.“ Martin Pietralla hat ein ungewöhnliches Hobby: Er erzieht schwierige Hunde. Auch Kampfhunde. Das sind Rassen wie Pitbull, Bandog, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Tosa-Inu, deren Züchtung in Deutschland inzwischen verboten ist. Sie zu halten ist ebenfalls generell untersagt. Allerdings lassen einige Bundesländer Ausnahmen zu, wenn auch mit strengen Auflagen.

Nicht, dass Pietralla über Nacht einen Pitbull oder Staffordshire Terrier in ein Schoßhündchen verwandeln würde. Aber immerhin gelingt es dem 59- Jährigen, ihnen ihre unberechenbare, unkontrollierte Aggressivität abzutrainieren. Auch die gemeinhin als „Kampfmaschinen“ verschrienen Vierbeiner lernen bei ihm, sich vernünftig zu verhalten, sagt Pietralla. Etwa, wenn sich ein Rad- oder Moped-Fahrer nähert oder ein Betrunkener scheinbar bedrohlich auf sie zukommt. Etliche von Pietrallas vierbeinigen Schützlingen haben inzwischen den Wesenstest – quasi den Hunde-TÜV – bestanden. Damit dürfen sie in einem Bundesland wie Baden-Württemberg von Privatleuten gehalten werden. Ganz im Gegensatz zu Bayern. Je nach Einzelfall verzichten Behörden im Nachbarland auf Leinenzwang und Maulkorb.

Pietralla dressiert Hunde ohne jegliche Gewalt. Leise und sanft kommen die Kommandos. „Der Hund muss begreifen, dass ich ihn nicht bezwingen will, sondern dass es sich lohnt mit mir zu kooperieren. Strafen bringen nichts, nur Lob.“ Es hätte nicht viel gefehlt, und Bruno wäre eingeschläfert worden. Vor einem Jahr wagte es im Ulmer Tierheim kein Pfleger, sich ihm zu nähern. Denn Bruno, der namenlos ins Tierheim kam, ist ein Fundhund. Passanten wurden auf ihn aufmerksam. Angsteinflößend stand er da, angeleint an einem Laternenpfahl, abgemagert und am Hinterbein verletzt.

Er wurde ein Fall für Pietralla. Der Wissenschaftler, der an der Ulmer Universität Experimentalphysik lehrt, hatte ein Schlüsselerlebnis mit Mirko, einem Doberman-Rüden. Der war bereits neun Jahre alt, als ihn die Familie aus dem Tierheim holte. Aber Mirko erwies sich als ausgesprochen gelehrig. Der Wissenschaftler, der inzwischen ein Buch über seine Erfahrungen im Umgang mit Problemhunden geschrieben hat, bringt seine Methode auf die einfache Formel „Lernen durch Erfolg“.

Die Formel basiert auf Erkenntnissen, die der russische Forscher Iwan Pawlow entdeckte. Der Medizinnobelpreisträger wies vor rund 100 Jahren an Tieren die Zusammenhänge von Signal und Reflex nach. 100 Jahre später lässt Pietralla den Spielzeugfrosch knacken. Noch ist Pietralla mit seiner Art der Hundeerziehung, die viel Mühe und Einfühlungsvermögen verlangt, ein Einzelkämpfer. Und so kann er nicht verhindern, dass die meisten Kampfhunde als Dauergäste in Tierheimen leben. Bundesweit sollen es rund 20000 sein; auch in Bayern sind die Tierheime mittlerweile voll.

 

 

 

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sein; auch in Bayern sind die Tierheime mittlerweile voll.

 

 

 

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