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Newsletter von Maulkorbzwang und den Dogangels

 

Die Kehrseite der Freiheit heisst Verantwortung - Das Gutachten zur Auslegung von § 11 b Tierschutzgesetz am Beispiel der Hundezucht

 

Hier auch als .pdf Dokument!

 

Die Kehrseite der Freiheit heisst Verantwortung

- Das Gutachten zur Auslegung von § 11 b Tierschutzgesetz
am Beispiel der Hundezucht

 

 

Warum überhaupt eine bestimmte Rasse?

 

Warum gibt es Hunderassen und -typen, die das Herz des einen oder anderen (und das gilt auch für Tierheimmitarbeiter) höher schlagen lassen?

 

Jede Rasse hat, je nach ihrem Ursprung, Verwendungszweck und Zuchtziel, rassetypische Eigenschaften, die individuell mehr oder weniger zu uns und unserer Lebenssituation passen. Diese rassetypischen Eigenschaften finden sich auch in vielen Tierheimhunden, gerade in den Rassenmischlingen, wieder. Der Jäger fühlt sich dem kernigen Jagdterrier nahe, Sportbegeisterte geniessen Agility mit einem Border Collie, die Ruhe eines ausgeglichenen grossen Hundes ist Balsam für die Seele Streßgeplagter, quirlige kleine Gesellen heitern Traurige auf. Oft sind es auch Lebenserfahrungen, die Menschen an eine Hunderasse binden. Weil wir länger leben als unsere Hundefreunde, wünschen wir uns immer wieder einen Gefährten, der dem ersten möglichst ähnlich sein soll. Das ist die einzige Art der Treue, zu der wir fähig sind.

 

Für mich waren bis zum Jahr 2000 Englische Bullterrier die vermutlich hässlichsten Hunde der Welt, auch wenn ich mich nie durch sie gestört fühlte, denn "dem einen sin Uhl ist dem anderen sin Nachtigall". Bullterrierhalter führen - geradezu fanatisch - ins Feld, dass ihre Hunde über einen einzigartigen Charme verfügen.

In den letzten Jahren hatte ich mehrfach Gelegenheit, diese Behauptung auf Richtigkeit zu überprüfen - und heute strahle ich selber, sobald ich einen Bullterrier sehe. Unvergessen ist mir Mickey, der mich und meinen Mann innerhalb von 20 Minuten Autotransport soweit becircte, dass wir ihn nicht mehr am Tierheim hätten aussteigen lassen, wenn wir in der Lage gewesen wären, ihn zu behalten. Er überwand sofort das Hundenetz und bestand auf einem Platz auf meinem Schoß.

Ich möchte die Rasse Englischer Bullterrier als gesunden Hund in der Welt nicht missen.

 

Die Zucht unterschiedlicher Hunderassen ist durchaus sinnvoll, damit unterschiedliche Menschen individuell für sie richtige Hunde finden.

Vorausgesetzt natürlich, dass jeder Hundehalter so ehrlich zu sich selbst und so verantwortungsvoll gegenüber dem Hund und seinen Mitmenschen ist, dass er sich einen Hund aussucht, dessen Bedürfnisse er erfüllen und den er sozialverträglich halten kann.


Was wünschen wir uns wirklich?

 

Wir alle wünschen uns, dass unser Hundegefährte gesund bleibt, ein freundliches Wesen hat und möglichst lange lebt.

Wir alle wünschen uns vor allem gesunde Hunde.

 

Wer öfter einen Blick auf die Tierheimseiten wirft, weiß, dass auch die Mischlinge oft unter Krankheiten zu leiden haben. Im Tierheim sind die meisten Hunde- und Katzenkrankheiten bekannt - durch Fallbeispiele. Die meisten Mischlinge in Deutschland sind Mischlinge verschiedener Rassen, und weisen im schlimmsten Fall die gesundheitlichen Probleme aller beteiligten Rassen auf. Auch importierte Tierschutzhunde sind in den meisten Fällen Rassenmischlinge, hier kommen noch mangelnde Aufzucht und Mangelernährung in der Vorgeschichte sowie Risiken wie Leishmaniose hinzu. Es gibt m.E. nur noch ganz wenige Hundetypen bzw. "Landschläge" auf der Welt, bei denen durch die harten Umweltbedingungen eine natürliche Auslese auf Gesundheit gegeben ist. Wer wird aber im deutschen Umfeld mit einem kerngesunden Herdenschutzhunde-Landschlag aus dem Ausland glücklich, wenn dieser seine bestimmungsgemässe Aufgabe hier nicht erfüllen kann?

 

Rassehundezucht ist - theoretisch - ein wünschenswerter Weg, über eine künstliche Auslese gesunde und gut sozialisierte Hunde bereit zu stellen.

Im Interesse der Halter und der Hunde selbst.

Damit auch im Interesse des Tierschutzes und der Gesellschaft.

Theoretisch.

 

Inwieweit aber bemüht sich die Rassehundezucht, diesen Anspruch zu erfüllen?

 

Zuchtproblematik

 

Wer auf das Klonen gehofft hat, wurde gründlich enttäuscht.

Copycat, die erste geklonte Katze, sieht ganz anders aus als ihre "Originalvorlage", anscheinend wirken auf ungeborene Katzenkinder doch noch andere Faktoren ein. Das Klonschaf Dolly ist tot, und auch den anderen geklonten Tieren war wenig Glück beschieden. (1)

 

Bleibt also nur der Weg der Zucht, wenn man langfristig gesunde Hunde haben will.

"Kranke Tiere" im weitesten Sinne können auf vier Arten in der Zucht vorkommen:

 

1. nicht genetisch bedingt: Pech, Zufall, Laune von Mutter Natur

Hier ist der Mensch machtlos.

 

2. nicht genetisch bedingt: Haltungsfehler, Ernährungsfehler, mangelnde Zwinger- oder Stallhygiene usw.

Spätestens ab der 8 Lebenswoche fällt dies in die Verantwortung des Hundehalters.

 

3. genetisch bedingt:

falsche Zuchtziele, falsche Standards, falsche Standardauslegungen, Übertypisierungen

Welche Zuchtziele zu welchen Erkrankungen oder Risiken führen, kann der Züchter nur wissen, wenn der Kausalzusammenhang hergestellt wird, anhand von Daten und physiologischer Logik.

Genau das leistet das im folgenden näher zu betrachtende Qualzuchtgutachten.

 

4. genetisch bedingt:
unbekannte Vererbungen

Ein Züchter kann nach bestem Wissen und Gewissen züchten (z.B. mit einem absolut HD-freien Deckrüden), und weiß nicht, dass dieser unbemerkt eine andere Erkrankung vererbt. Das stellt sich erst später heraus, und das auch nur, wenn man die Daten über die Nachzucht erhebt.

Genau das empfiehlt auch das Qualzuchtgutachten.

Es liegt in der Verantwortung der Zuchtvereine und Zuchtleiter, die notwendigen Daten zu erheben, zu dokumentieren und zu bewerten, aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse in der Zucht zu berücksichtigen. Maßgebliche Verantwortung haben darüber hinaus die Zuchtrichter, die über Jahre Aussehen und Gesundheit der jeweiligen Rasse formen, ob zum Guten oder zum Schlechten.

 

Inwieweit aber kommen die Rassehundezuchtvereine dieser Verantwortung nach?

 

Rassehundezucht auf dem Papier

 

Der VDH (Verband für das deutsche Hundewesen e.V.) mit seinen 160 Mitgliedsvereinen propagiert das VDH-Siegel als Garant für kontrollierte Zucht:

 

"Der VDH hat die strengste Zuchtordnung der Welt. Legt man in anderen Ländern möglicherweise mehr Wert auf das Exterieur der Hunde, geht es dem VDH in erster Linie um die Gesundheit der Tiere. ...Deshalb gibt es beim VDH einen wissenschaftlichen Beirat für Zucht und Forschung, dem bedeutende bundesdeutsche Veterinärmediziner und Wissenschaftler angehören. Zusammen mit dem Beirat bekämpft der VDH zum Beispiel Erbdefekte wie die Hüftgelenksdysplasie." (2)

"Ahnentafeln mit dem Qualitätsmerkmal des VDH gewährleisten, daß die darin enthaltenen Angaben korrekt sind und strenge Wurf- und Zuchtkontrollen durchgeführt wurden." (3)

 

Ein Mitgliedsverein des VDH äussert sich in seiner Zuchtordnung wie folgt:

 

"Erbliche Defekte und Krankheiten werden vom ... e.V. erfaßt, bewertet und planmässig züchterisch bekämpft...

Der Zuchtleiter ist...verpflichtet, erbliche Defekte zu erfassen, deren Entwicklung zu dokumentieren, zu bewerten und - wo erforderlich - deren Bekämpfung zu veranlassen...." (4)

 

und verspricht in seiner Satzung:

 

"Beachtung tierschützerischer Belange und tierschutzrechtlicher Vorschriften bei der Zucht, Haltung und Pflege von Hunden" (5)

 

Das Qualzuchtgutachten

- versäumte Chance für die Hunde?

 

Das Verbot von Qualzüchtungen ist seit 1998 gesetzlich verankert, und zwar im im deutschen Tierschutzgesetz:

 

"§ 11b

(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch bio- oder gentechnische Maßnahmen zu verändern, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei der Nachzucht, den bio- oder gentechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten." (6)

 

Seit 2000 liegt dazu das Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen) vor. (7),

 

Es wurde von einer Sachverständigengruppe des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forschung erarbeitet, nachdem der Europarat schon 1995 im Rahmen des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Haustieren eine Diskussion mit internationalen Hunde- und Katzenzuchtverbänden initiierte, um tierschutzrelevante Zuchtstandards zu ändern oder einen Verzicht auf die Zucht bestimmter Rassen zu erreichen.

 

"Durch Appelle konnten die Verbände jedoch nicht in ausreichendem Maße dazu bewegt werden, auf tierschutzwidrige Rassestandards zu verzichten und Übertypisierungen bei der Zuchtauswahl zu vermeiden." (7)

 

Das sog. Qualzuchtgutachten befasst sich ausser mit der Zucht von Hunden und Katzen auch mit Kaninchen und sehr ausführlich mit der Vogelzucht .

 

Grundsätzlich geht es hier nicht um ein Verbot von Hunde- oder Katzenrassen, sondern um ein Verbot von Merkmalen, die zu Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den Tieren führen. Entsprechend werden, wenn diese Merkmale genetisch bedingt sind, Zuchtverbote für die Individuen (nicht Rassen) gefordert, die Defektgenträger sind.

 

Die Forderungen des Qualzuchtgutachtens aus dem Jahre 2000:

 

Problematische Zuchtziele sind solche, die über züchterisch geförderte Defektgene oder deren Auswirkungen erreicht werden, deren Merkmalsausprägungen Schmerzen, Leiden oder Schäden bewirken oder die mit krankhaften Zuständen gekoppelt sind. (7)

 

Die FCI-Standards von Hunderassen werden im Ursprungsland geführt. Problematisch sind aber überwiegend nicht die oft durchaus tierschutzadäquaten Standards selbst - sondern erst die falschen Standardauslegungen, Zuchtziele und Übertypisierungen bringen Qualzuchten hervor (Ausnahmebeispiel: Nackthunde (8)).

 

Wenn es z.B. im FCI Standard Nr. 197 (9) heisst "Haut: Die Halsunterseite besitzt reichlich lockere Haut, die eine doppelte, gut unterteilte, aber nicht gering ausgebildete Wamme formt.", "die Lidöffnung ist nahezu rund", "Gangwerk:..Im Schritt ist der Gang katzengleich wie der Schritt des Löwen, langsam und dem eines Bären ähnelnd.", so muss das nicht dahingehend züchterisch umgesetzt werden, dass der Hund bis zum Mittelfuß durchtritt, in seinen Falten ersäuft und ihm das untere Augenlid aufklafft (Ektropium). 

 

Auch Gewichts- und Größenangaben ohne Obergrenzen oder Standards ganz ohne Gewichts- und Größenangaben (FCI-Standard 264 (10)) müssen nicht von Züchterseite in 100-kg-Hunde umgemünzt werden.

 

Und jedem denkenden Mensch sollte klar sein, dass eine Größenrestriktion wie im FCI-Standard Nr. 116 "Rüden: Widerristhöhe von 60 bis 68 cm, - Hündinnen: Widerristhöhe von 58 bis 66 cm" automatisch aus physiologischen Gründen auch eine obere Gewichtsgrenze nach sich zieht, auch wenn diese im Standard nicht explizit angegeben ist: "Rüden: mindestens 50 kg, - Hündinnen: mindestens 45 kg". (11)

 

Gar keine Entschuldigung gibt es, wenn in einem Standard wie bspw. dem FCI-Standard Nr. 157 vorgesehene Gewichts- und Größenobergrenzen mutwillig überschritten, und diese Überschreitungen von Zuchtleitern und Zuchtrichtern auch noch gefördert werden. (12)

 

Natürlich ergibt sich im internationalen und europäischen Wettbewerb das Problem, dass Ausstellungserfolge ausbleiben können, wenn einzelne Züchter oder Vereine zwar nach dem Standard, aber nicht mehr nach der Mode und dem Richtergusto züchten.

 

Zum Ausstellungswesen empfiehlt das Gutachten:

 

"Das Ausstellungswesen ist zu reformieren. Es muss auch der Beurteilung und Herausstellung der gesündesten Zuchttiere dienen. Dazu gehören veterinärmedizinisch-genetische Atteste über das Freisein von Defekten und Symptomen der Inzuchtdepression oder sonstiger organischer und körperlicher Schwächen und ggf. ein "Vitalitätstest als Voraussetzung für die Zuchtzulassung. Diese Gesichtspunkte müssen auch vom Ausstellungs- bzw. Zuchtrichter berücksichtigt werden." (7)

Was wäre dagegen einzuwenden, wenn über ein ärztliches Gesundheitsattest sicher gestellt würde, dass nur noch gesunde Hunde überhaupt erst in den Ausstellungsring gelangen?

Möglicherweise gibt die Populationsgenetik dafür aber bei manchen Rassen aufgrund der züchterischen Versäumnisse keinen Spielraum mehr her.

Angeblich soll es sich bei allen VDH-Zuchten um reine Liebhaberzuchten handeln, mit denen keine finanziellen Interessen verknüpft sind, sondern nur die Liebe zum Hund.

Züchter, auf die das tatsächlich zutrifft, vor allem aber Welpenkäufer, sollten sich anhand des Gutachtens informieren, was mit solchen problematischen Zuchtzielen verbunden ist, und welchen Einfluss dies auf die zu erwartenden Tierarztkosten und die voraussichtliche Lebenserwartung ihres Hundes hat.

 

So kommt z.B. die Züchterin einer großwüchsigen Rasse aufgrund jahrelanger internationaler Datensammlung und Aufzeichnungen auf eine durchschnittliche Lebenserwartung der betreffenden Hunderasse von 4,88 - 5,44 Jahren, wobei Magendrehungen, Herzerkrankungen und orthopädische Erkrankungen als Haupttodesursachen im jugendlichen Alter auftreten. (13)

 

Folgende Zuchtziele u.a. nennt das Gutachten als problematisch:

 

Wachstum

(unproportioniertes Wachstum, ob Riese oder Zwerg)

 

"Bei fast allen Haustierarten ist die ursprüngliche Größe verändert worden. man züchtet neben mittelgroßen auch übergroße und sehr kleine Rassen (Riesen, Zwerge). Bei Hunden bestehen die größten Rassenunterschiede (Schulterhöhe von 20 cm bis fast 1 m, Gewicht von 1,5 kg bis 100 kg). Es sind mehrere Faktoren, die sich in ihrer Wirkung summieren. Die eine Kombination liefert Riesen, die andere Zwerge. Dabei kommt es zur harmonischen Vergrößerung oder Verkleinerung aller Körperteile und Organe (proportionierter Riesen- bzw. Zwergwuchs) oder zu unproportioniertem Wuchs, der nur bestimmte Körperteile betrifft. Stellen z.B. die Röhrenknochen der Gliedmaßen vorzeitig das Wachstum ein, so bleiben die Extremitäten kurz, während die Körperentwicklung fast normal verläuft. Dieses unproportionierte Wachstum ist mit krankhaften Prozessen gekoppelt, auch wenn zunächst die Funktionalität und das Zusammenwirken der Organe scheinbar nicht beeinträchtigt ist." (7)

 

Riesenwuchs und Übergewicht

(Erkrankungsdisposition besonders grosser Hunderassen)

 

"Beim Riesenwuchs handelt es sich um eine polygen determinierte hyperplastische bzw. partiell hyperplastische Skelettentwicklung mit auffallender Schädelvergrößerung, Vergrößerung der Extremitäten, insbesondere an deren Enden, und generalisierter oder partieller Bindegewebszubildung. Der Störung zugrunde liegt eine Veränderung der eosinophilen Zellen der Hypophyse mit erhöhter Produktion von Wachstumshormonen zugrunde. Beginnt die erhöhte Hormonausscheidung vor dem Schluss der Epiphysenfugen, entsteht der hypophysäre Hochwuchs (Gigantismus). Bei andauernder Ausscheidung, nach Abschluss des physiologischen Wachstums, kommt es zu einer Vergrößerung prominenter Skelettabschnitte. Dies führt zur Erkrankungsdisposition, z.B. der Osteochondrosis dissecans, einer vor allem bei großen Hunderassen vorkommenden Krankheit des Gelenkknorpels." (7)

 

Zwergwuchs

(unproportionierter Zwergwuchs als Zuchtmerkmal)

 

"Beim Zwergwuchs sind verschiedene Formen bekannt, die durch Erbfaktoren verursacht werden. Folgende davon sind für die Heimtierzucht von Bedeutung.

- echter Zwergwuchs

- unechter, unproportionierter Zwergwuchs

Die Ursache des echten Zwergwuchses ist eine genetisch bedingte Wachstumsschwäche mit einer bereits bei der Geburt nachweisbaren, allgemein proportionierten Unterentwicklung des gesamten Körpers, die auch durch das postnatale Wachstum nicht ausgeglichen wird. Bei Hunden, Kaninchen und Geflügel wird diese Form des Zwergwuchses bei verschiedenen Rassen systematisch gezüchtet.

Der unechte, unproportionierte Zwergwuchs mit angeborenen und züchterisch erwünschten, krummen Beinen ist Folge einer genetisch fixierten Wachstumsstörung des Knorpelgewebes mit frühzeitigem Abschluss der perichondralen und enchondralen Ossifikation (Chondrodysplasia fetalis). Die Expression dieser Knorpelwachstumsstörung reicht von gering- bis zu hochgradigen Formen. Die Störung ist vor allem durch verkürzte Extremitätenknochen zu erkennen. Außerdem stehen die verdickten Knochenenden mit ihren Gelenkflächen mehr oder weniger abweichend von der Knochenachse. Diese "Erbkrankheit" ist in der Hundezucht vielfach rassebildend eingesetzt worden: sowohl zur Miniaturisierung als auch um einen bestimmten Rassehabitus zu züchten. Das Merkmal manifestiert sich in Knochen während der Phase des Knorpelwachstums.

Mit der Einführung des Merkmals in die Zucht besteht eine Bereitschaft (Disposition) zu einer Reihe von Erkrankungen, z.B. Bandscheibenvorfall, Hydrocephalus internus (Wasserkopf), persistierende Fontanellen, Atemstörungen, Fehlstellungen von Knochen und Gelenken sowie Schwergeburten." (7)

 

Man vergleiche dazu den in Deutschland geführten FCI-Standard Nr. 148 oder den FCI-Standard Nr. 218 und deren Umsetzung. (15, 16)

 

 

Brachyzephalie

(Kurzköpfigkeit, Kurzschädeligkeit, Mopskopfbildung mit Hydrozephalie)

 

"Es handelt sich um eine breite und runde Ausformung des Kopfes, mit z.T. gleichzeitiger Verkürzung des Gesichtsschädels, mit ausgeprägten Jochbögen und einer deutlichen Wölbung des Hirnschädels (Apfelkopf), bis hin zum fast primatenähnlichen Rundkopf mit frontaler Orientierung der Augen. Die Brachyzephalie ist für bestimmte chondroplastische Rassen typisch. Es kommt zur Disproportion zwischen Hirnschädel und Gesichtsschädel, bedingt durch Wachstumshemmung in den betroffenen Regionen. Dadurch entsteht ein extremer Schädeltyp, bei manchen Rassen mit persistierenden Fontanellen in der Schädeldecke und fast fetalem Habitus (Fetalisation). Die Brachyzephalie ist in der Regel auch mit einer Abknickung der Schädelbasis verbunden.

Weiterhin können gleichzeitig Hypoplasie (Unterentwicklung) der Kaumuskulatur, Gebiss- und Kieferanomalien (Brachygnathie mit fehlerhaftem Gebissschluss, Atemwegsverengung mit Atembeschwerden sowie Schluckbeschwerden) auftreten. Infolge des Kontaktes der Kornea mit den Gesichtshaaren kommt es zur permanenten Korneareizung. Die ausgeprägte Einbuchtung des Gesichstschädels (Glabella) begünstigt eine hyperplastische Hautfaltenbildung und damit die Disposition zu Dermatiden und zum Ektropium. Des Weiteren besteht eine Disposition zu Hydrozephalie und Geschwulstbildung sowie, bedingt durch den großen runden Kopf der Feten, eine erhöhte Neigung zu Schwergeburten (Dystokie). Brachyzephale Hündinnen sind häufig nicht in der Lage, ihre neugeborenen Welpen aus der Eihaut zu befreien und abzunabeln." (7)

 

Diesbezüglich lohnt sich ein Betrachtung der FCI-Standards und züchterischen Umsetzungen Nr. 218, Nr. 149, und Nr. 207, aber auch der FCI-Standards Nr. 197, Nr. 264, Nr. 116 und Nr. 157 (15, 17, 18, 9, 10, 11, 12).

 

Augen

(tief liegende, kleine, offene, große Augen)

 

"Tief liegende oder kleine Augen als Zuchtziel führen bei Säugetieren zur Einwärtsdrehung der freien Lidränder mit sekundärer Reizung und Entzündung von Kornea und Konjunktiva. Das Krankeitsbild ist durch starke Expressivitätsschwankungen gekennzeichnet.

Das "offene Auge" bzw. "das Rote sichtbar" als Merkmal ist gekennzeichnet durch eine Auswärtsdrehung des freien unteren Lidrandes mit Klaffen der Lidpalte, erhöhtem Tränenfluss und Entzündung der Konjunktiva.

Große Augen bei "Kugelköpfen" führen zur Gefahr der Korneaverletzung und zum partiellen Bulbusvorfall." (7)

"Ektropium

Definition: Auswärtsrollen des unteren Augenlidrandes...

Erbgang ist polygen determininiert, Rassen mit faltenreicher Haut sind besonders dispositioniert... Empfehlung: Zuchtverbot für Tiere mit Ektropium. Gleichzeitig muss sich die Zuchtarbeit gegen eine Übertypisierung zu schlaffer und faltiger Haut richten." (7)

 

Warum enthalten die FCI-Standards Nr. 197 und Nr. 225 weder "offene Augen", noch "das Rote sichtbar", und trotzdem begegnet man auf Ausstellungen viel zu häufig Exemplaren dieser Rasse mit deutlichem bis schwerem Ektropium, die dann auch noch von den zuständigen Zuchtrichtern  prämiert werden? (9, 19)

 

 

Folgende Empfehlungen ergingen im Jahr 2000 an die Zuchtvereine:

 

"I: Zuchtverbote werden empfohlen für Tiere, die Träger von Genen bzw. eindeutig erblich bedingten Merkmalen sind, welche für den Züchter direkt erkennbar oder diagnostisch zugänglich sind und die bei der Nachzucht zu mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbundenen Merkmalen führen können. Dabei ist es unerheblich, ob mit solchen Genen oder Merkmalen direkt oder indirekt gezüchtet wird." (7)

 

Im Gutachten diesbezüglich ausdrücklich genannte Erkrankungen:

 

Hunde: Blue-dog-Syndrom, Brachy- und Anurien sowie Verkrüppelung der Schwanzwirbelsäule, Chondrodysplasie, Dermoid, Dermoidzysten, Grey-Collie-Syndrom, Haarlosigkeit, Merlesyndrom, Brachyzephalie, Brachygnathie, Ektropium, Entropium, Hüftgelenksdysplasie, Collie-Augenanomalie, Kiefergelenksdysplasie, Perthes-Krankheit


(Katzen: Schwanzlosigkeit, Hör- und Sehschäden, Kipp/Faltohren, gestörtes Haarwachstum / Haarlosigkeit, Chondrodysplasie, Polydaktylie / Vielfingrigkeit, Brachyzephalie, Entropium, Gesichtsspalten / Hemmungsmissbildungen, Hüftdysplasie, Key-Gaskell-Syndrom, Osteogenesis imperfecta, Patellaluxation)

 

"II: Darüber hinaus werden den Zuchtverbänden folgende Maßnahmen empfohlen:

 

a) Die Festlegung von Grenzen der Merkmalsausprägung zur Vermeidung von Übertypisierungen, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können;" (7)

 

Im Gutachten diesbezüglich ausdrücklich genannte Merkmale / Erkrankungen:

 

Hunde: Chondrodysplasie, Brachyzephalie, Brachygnathie, übermäßige, permanente Hautfaltenbildung, Brachygnathia superior, Cauda-equina-Syndrom, Ellenbogendysplasie, kraniomandibuläre Osteopathie, Patella-Luxation, Spondylosen


(Katzen: Kurzschwänzigkeit, Farbaufhellungen des Felles und der Iris / Taubheit / W-Gen, Brachyzephalie, Brachygnathia inferior und superior )

 

"b) Die Überwachung der Zuchtpopulation und Einleitung notwendiger Untersuchungen bei Auftreten potentiell erblicher Merkmale, die zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen können." (7)

 

ausdrücklich genannt für Hunde: Megaösophagus

 

Darunter subsumieren sich aber auch Magendrehung, Demodikose, Stoffwechselerkrankungen, Herzfehler, Epilepsie - je nach Rasse.

 

Die folgenden Erkrankungen kommen in vielen Rassen sporadisch vor, treten aber in einigen Rassen gehäuft auf. Das Gutachten fordert ein Zuchtverbot für Defektgenträger und die Vermeidung von Inzucht bei den folgenden Erkrankungen:

 

Hunde: Albinismus, Albinismus coli, Augenlidkolobom, Brachygnathia inferior, Gesichtsspalten, Hämophilie A u. B, Keratitis nigrans, Lipodystrophie, idiopathische Myoklonie, juvenile Pankreas-Atrophie


(Katzen: Chediak-Higashi-Syndrom, Gangliosidosis, Hämophilie, Herna cerebri, Zwerchfellhernie, Knickschwanz, Microbrachie, Mukopolysaccharidose, Muskeldystrophie, Zahnfehler)

und zusätzlich, für folgende Erkrankungen bei gehäuftem Auftreten den Nachweis des Freisseins vom Defekt für alle Zuchttiere:

 

Hunde: Hörschäden, Linsenluxation, progressive Retina-Atrophie, Retinadysplasie, Zahnfehler


(Katzen: Cataracta lentis congenita, polyzystische Nierenerkrankung, progressive Retina-Atrophie)

 

Alle Rassehunde- (und Katzen-) Zuchtvereine hatten 5 bzw. 3 Jahre Zeit, die Erkenntnisse des Gutachtens umzusetzen.

Wozu sie im Sinne ihrer Satzungen und Zuchtordnungen sowieso verpflichtet gewesen wären.

 

Rassehundezucht in der Praxis

 

Lesen Sie doch bitte jetzt noch einmal, was VDH und Mitgliedsvereine auf dem Papier versprechen.

Das Qualzuchtgutachten ist wie kein anderes dazu geeignet, diese leeren Versprechungen mit konkretem Leben zu erfüllen.

Sie sollten das Gutachten lesen, bevor Sie sich für einen Rassehund oder eine Rassekatze entscheiden, und den zuständigen Verein daran auf Herz und Nieren prüfen. Haben Sie keine Angst vor Fachchinesisch - im Gutachten sind alle Begriffe ausführlich erklärt, und Sie können es kostenlos bestellen.

 

Wie sieht die Realität drei Jahre nach dem Gutachten aus?

Wo sind sie, die Erhebungen und Dokumentationen, die Bewertungen und züchterischen Massnahmen der Vereine?

Welche Vereine erheben wirklich Daten, führen Zuchtprogramme?

Welche Vereine, die große Hunde züchten, konnten sich wenigstens zu einer Standarduntersuchung auf Ellenbogengelenksdysplasie durchringen?

Welche Vereine können die Frage nach der Ursache der Welpensterblichkeit bei brachyzephalen Rassen beantworten?

Welche Vereine haben ihre Zuchtziele und Standardinterpretationen kritisch überprüft?

Welche Vereine haben sich von Übertypisierungen abgewandt?

Welche Vereine können den Inzuchtkoeffizienten ihrer Zucht beziffern?

 

Realität ist, dass selbst die einzige Erbdefekt-Kontrolle des VDH, nämlich auf Hüftgelenksdysplasie, von Züchtern geschickt umgangen werden kann und umgangen wird, indem sie mit Hunden züchten, die in ausländischem Besitz stehen. Ganz Clevere verkaufen einen Hund, den sie in ihrem deutschen Verein nicht durch die Zuchttauglichkeitsprüfung kriegen, kurzfristig an einen ausländischen Kollegen, und bringen ihn so in ihre Zucht ein.
Zur HD-Problematik führt das Gutachten aus:

"Allerdings reicht es nicht aus, nur gegen das Merkmal HD zu selektieren. Es muss z.B. auch gegen Schnellwüchsigkeit selektiert werden." (7)


Realität ist, dass bei einer Rassehundeausstellung mit 31 Hunden im April des Jahres 62 mal Ektropium zu besichtigen war. (Die operative Korrektur eines beidseitigen Ektropiums schlägt für den Besitzer mit etwa 600,- Euro zu Buche.)

Realität ist, dass der Zuchtleiter eines VDH-Vereines außer "Bedenken" nichts dazu äussern konnte, als in seinem Verein in einer Hunderasse über 50 % Welpensterblichkeit auftraten. (19)

Realität ist, dass Vereinsmitgliedern, die auf einer Hauptversammlung eines Vereins Anträge zur Zuchtverbesserung stellen, von Züchtern gefragt werden, was sie denn überhaupt das Qualzuchtgutachten angeht.

Realität ist, dass Welpenkäufer im Internet mit bunten Bildchen abgespeist werden, Satzung und Zuchtordnung des Vereins werden ihnen im allgemeinen vorenthalten, geschweige denn, dass das Zuchtgeschehen transparent und detailliert - und damit beurteilbar - dargestellt würde.

 

Was hat die Umsetzung der Empfehlungen des Qualzuchtgutachtens verhindert?

Eine übermässige Vormachtsstellung der Züchter in den Vereinen? Eigeninteressen, insbesondere finanzieller Natur? Mafiaähnliche Strukturen? Desinteresse am Wohl der Hunde? Dummheit? Skrupellosigkeit? Verantwortungslosigkeit?

Oder ein undefinierbares Gemenge aus all dem?

 

Der VDH hat für seine Mitgliedsvereine Millionen ausgegeben, um VDH-Hunde als Ergebnisse kontrollierter Zucht darzustellen, gleichzeitig Nicht-VDH-Vereine als "Dissidenz" diskriminiert.

Mittlerweile befasst sich das Bundeskartellamt mit der marktbeherrschenden Stellung des VDH, und möglichem Missbrauch derselben. (20)

Ob nun sogenannte "Dissidenz"-Vereine im Einzelfall besser oder schlechter sind als ihr VDH-Pendant, sei einmal dahin gestellt - Monopole jedenfalls gelten in der Wirtschaftstheorie nicht als geeignet, um zu effizienten Marktergebnissen im Sinne des Gemeinwohls zu gelangen.

 

Handlungsbedarf ?

 

Nach 8 Jahren Untätigkeit ist man in der Tat versucht, die Politik nachdrücklichst zum Handeln aufzufordern.

Zumal der Tierschutz ja jetzt im Grundgesetz steht.

Die Politik aber hatte sich im Jahr 2000 bereits mit dem Qualzuchtgutachten beschäftigt, allerdings nur isoliert mit den Seiten 31 und 32, und die wurden dann auch noch mangelhaft gelesen und falsch verstanden.

 

Aus "2.1.1.2.6 Verhaltensstörung: Hypertrophie des Aggressionsverhaltens" (8) schmiedete die Politik 15 nutzlose Hundeverordnungen und - gesetze, ein noch nutzloseres Hunde-Einfuhr- und Verbringungsgesetz plus Verordnung sowie einen inakzeptablen Passus in der Tierschutz-Hundeverordnung. (21, 22, 23, 24).

 

Für Menschen, die nicht lesen, denken und differenzieren können, und die nicht in der Lage sind, einen Gedanken bis ganz zu Ende zu denken ("Politiker"), hier deshalb vorsichtshalber nochmal der ganze Text:

 

"2.1.1.2.6. Verhaltensstörung: Hypertrophie des Aggressionsverhaltens

 

Definition:

Übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten, das leicht auslösbar und biologisch weder bezüglich Zweck noch Ziel sinnvoll ist.

 

Vorkommen:

Kann grundsätzlich in vielen Rassen oder Zuchtlinien auftreten, zeigt sich jedoch besonders ausgeprägt in bestimmten Zuchtlinien der Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Pit Bull Terrier.

 

Genetik:

Erbgang ist nicht geklärt, jedoch sind Art und Ausmaß aggressiven Verhaltens zu einem erheblichen Teil auch genetisch determiniert, eine Tatsache, die im Rahmen der Selektion auf oder gegen Aggressionsverhalten immer schon mehr oder weniger konkret berücksichtigt wurde (LOCKWOOD, 1995)

 

Symptomatik:

Im Gegensatz zu normalem, kontrolliertem Aggressionsverhalten, das schnell durch geeignete Signale beendet werden kann (FOX, 1971; SCHENKEL, 1967), zeigt sich hypertrophes Aggressionsverhalten augenfällig darin, dass jeder Sozialkontakt mit Aggresion und Beschädigungsbeißen beantwortet wird. Die Beißhemmung gegenüber Sozialpartnern (insbesondere gegen Artgenossen) kann sich nicht entwickeln. Biologisch notwendige Verhaltensweisen wie Welpenpflege oder Sexualverhalten werden durch die Aggression überdeckt und ausgeschaltet. Welpen zeigen bereits im Alter von vier Wochen Kampf- und Beißspiele mit Beschädigungsbeißen (FEDDERSEN-PETERSEN, 1996).

 

Empfehlung:

Da hypertrophes Aggressionsverhalten artgemäßes Sozialverhalten verhindert, worin sich eine Form des Leidens manifestiert, sind züchterische Maßnahmen zwingend (siehe Seite 14, Nr. II a ). Für potentielle Zuchttiere ist ein Wesenstest zu fordern, in dem die Fähigkeiten zu sozialem Verhalten gegenüber Artgenossen nachzuweisen ist. Zuchtverbot für Tiere, die den Wesenstest nicht bestehen." (8)

 

Dazu die im Gutachten zitierte Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen:

 

"In meinem Erstlingsbuch "Hundepsychologie" verwies ich auf die Gefahren eines schmalen Genpools bei Vernachlässigung des Verhaltens als Kriterium der Zuchtauswahl. Dazu zitierte ich die Schleger-Arbeit, die Welpen einer bestimmten Zuchtlinie des Bullterriers analysierte.

Ich habe immer darauf verwiesen, auch in dem Buch damals, daß diese Ergebnisse nicht pauschal auf die Rasse übertragen werden dürfen.

Dieses ist, nachdem wir etliche Bullterrier untersuchten, voll zu bestätigen.

Verhaltensgestört und gefährlich erwiesen sich sog. "Pit Bull" (Kreuzungen unterschiedlicher Rassen), die für den Hundekampf missbraucht wurden. Rassen mit "erhöhtem Gefährdungspotential" habe ich nie beschrieben. Es ging um Individuen, die missbraucht wurden (Kreuzungen)." (25)

 

Hier ist im Gutachten von einzelnen Zuchtlinien, nicht von ganzen Rassen die Rede. Auch nicht von 15 Hundeverordnungen, Grundrechtseinschränkungen und weiterem Firlefanz. Cockerwut, Retriever-Wutsyndrom und triebige, bissstarke Schäferhunde will ich gar nicht erst erwähnen, auch nicht, dass der American Pitbull Terrier in Deutschland gar nicht als Rasse gezüchtet wird.

 

Ebenso ist anzumerken, dass dies die einzige im Gutachten erfasste Verhaltensstörung ist, alle anderen Merkmale sind physischer Natur. Gleichzeitig ist dies das einzige Merkmal, bei dem der angeblich vorhandene Erbgang völlig unbekannt ist. Alle anderen Merkmale können, teilweise sogar bis hin zur Nennung eines bestimmten Gens, in ihrer Vererbung belegt werden.

 

Zielsicher hat die Politik im Jahr 2000 die dünnste Stelle des Brettes gefunden, um dann medienwirksam den großen Bohrer anzusetzen. Entsprechend die Kollateralschäden.

 

Handlungsbedarf !

 

Das Qualzuchtgutachten dient zur Auslegung von § 11 b TierschG und ist damit im Tierschutzgesetz verankert.

 

Im Tierschutzgesetz selbst ist aber nur ein Verstoß gegen § 17 eine Straftat. Alle anderen Verstöße, auch gegen § 11 b, sind lediglich Ordnungswidrigkeiten. Die maximal erreichbare Strafe für einen Verstoß gegen § 11 b ist eine Geldbuße in Höhe von 25.000 Euro.

 

Zum Vergleich:

Wer gegen den Leinenzwang des Landeshundegesetzes NRW verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit mit maximaler Geldbuße von 100.000 Euro. (26)

Die ungenehmigte Haltung eines freundlichen und gesunden American Staffordshire Terriers schlägt nach dem durch das Hunde-Einfuhr- und Verbringungsgesetz geänderten § 143 des Strafgesetzbuches als Straftat mit einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder einer Geldbusse zu Buche. (22, 28)

 

Ein weiteres Problem ist die Problematik der schwierigen Beweisbarkeit von Verstößen gegen § 11 b, denn wer ist beim Deckakt schon als Zeuge anwesend?

 

Und wie üblich bleibt angesichts leerer kommunaler Kassen und überlasteter Veterinärbehörden die Problematik der tatsächlichen Umsetzung von § 11 b.

 

Es stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, dass Zuchtvereine ihre Satzung und Zuchtordnung einer bundesbehördlichen Prüfung und Genehmigung unterziehen lassen müssten, als Vorbedingung für die Eintragung und Führung des Vereinsstatus.

Zugelassen wären dann - unabhängig von einer VDH-Mitgliedschaft - nur noch Zuchtvereine, die nachweislich die Vorgaben des Gutachtens in Satzung und Zuchtordnung fixieren und auch nachweisbar tatsächlich erfüllen: 

 

"I: Zuchtverbote werden empfohlen für Tiere, die Träger von Genen bzw. eindeutig erblich bedingten Merkmalen sind, welche für den Züchter direkt erkennbar oder diagnostisch zugänglich sind und die bei der Nachzucht zu mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbundenen Merkmalen führen können. Dabei ist es unerheblich, ob mit solchen Genen oder Merkmalen direkt oder indirekt gezüchtet wird.

II: Darüber hinaus werden den Zuchtverbänden folgende Maßnahmen empfohlen:

a) Die Festlegung von Grenzen der Merkmalsausprägung zur Vermeidung von Übertypisierungen, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können;

b) Die Überwachung der Zuchtpopulation und Einleitung notwendiger Untersuchungen bei Auftreten potentiell erblicher Merkmale, die zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen können." (7)

 

Wobei natürlich die Anforderungen aktualisiert und jeweils dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand angepasst werden sollten, z.B. im 5-Jahres-Rhythmus.

 

Dann gäbe es in der Tat so etwas wie ein - unabhängiges - Gütesiegel, an dem sich Welpenkäufer orientieren könnten.

Warum kein BIO-KÜNAST-Siegel für Haustiere?

 

Und das Ganze wäre wesentlich weniger arbeits- und kostenintensiv für den Staat als die Umsetzung der Hundeverordnungen und -gesetze.

Ein Heimtierschutz- und Zuchtgesetz würde sich auch erübrigen.

 

Nicht zu vergessen der Fortschritt für die öffentliche Sicherheit:

Leiden und Schmerzen machen aggressiv.

Auch und gerade Hunde.

 

Sicherlich kann aber auch diese einfache Problemlösung entweder durch die Unfähigkeit der Politik oder massive Lobbyarbeit der Zuchtvereine erfolgreich hintertrieben werden.

 

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Quellenangaben / weitere Informationen:

 

  1. Biotechnik:
    Die erstaunlichen Unterschiede zwischen Tieren und ihren Klonen
    DER SPIEGEL 13/2003
    http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,241878,00.html
     
  2. VDH - Selbstdarstellung Tierschutz
    http://www.vdh.de/ueberuns_tierschutz.html
     
  3. VDH - Selbstdarstellung Zucht
    http://www.vdh.de/ueberuns_zucht.html
     
  4. Zuchtordnung des Clubs für Molosser e.V.
    http://www.club-fuer-molosser.net/dokumente/zuchtordnung.pdf
     
  5. Satzung des Clubs für Molosser e.V.
    http://www.club-fuer-molosser.net/dokumente/satzungcfm.pdf
     
  6. Tierschutzgesetz, 1998
    Lesen: http://www.verbraucherministerium.de/tierschutz/tierschutzgesetz/inhalt.htm
    Link zur kostenlosen Bestellung:
    http://www.verbraucherministerium.de/service/bmluserservice.php
     
  7. Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen),
    Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Referat Tierschutz, Januar 2000
    Link zur kostenlosen Bestellung:
    http://www.verbraucherministerium.de/service/bmluserservice.php
     
  8. Mexikanische Nackthunde :
    Der mexikanische Nackthund hat das Pech, dass seine Nacktheit durch einen Gendefekt verursacht wird. Für das Nacktgen homozygote Tiere sind nicht lebensfähig und sterben noch im Mutterleib, für das Nacktgen heterozygote Tiere zeigen regelmässig Gebissanomalien, Immundefizienz und Hautprobleme. (7)
    Weil im FCI-Standard Nr. 234 aber die Defektgenträgerschaft ausdrücklich als Standard fixiert wurde, und alle Nicht-Defektgenträger von der Zucht ausgeschlossen werden müssen, trifft eine Zuchtverbot für Defektgenträger alle (im Mutterleib überlebenden) Mexikanischen Nackthunde, und kommt damit einem Verbot der Rasse selbst gleich.
    FCI - Standard 234:
    http://www.fci.be/uploaded_files/234d99_de.doc
     
  9. FCI-Standard Nr. 197
    http://www.atimana.it/standard/standard.htm
     
  10. FCI-Standard Nr. 264
    http://www.fci.be/uploaded_files/264d1987_de.doc
     
  11. FCI-Standard Nr. 116
    http://www.bordeauxdogge.de/info/allgemein/standard-d.htm
     
  12. FCI-Standard Nr. 157
    http://www.fci.be/uploaded_files/157d1987_de.doc
     
  13. Andrea Semler, Österreich
    http://www.fila-brasileiro.at/lebenserwartung.htm
     
  14. FCI-Standard Nr. 148
    http://www.bogen.net/bdk/FCISTAND.pdf
     
  15. FCI-Standard Nr. 218
    http://www.chihuahuaklub.de/Unsere_Rasse/FCI-Standard/fci-standard.html
     
  16. FCI-Standard Nr. 149
    http://www.bulldog.or.at/standard.htm
     
  17. FCI-Standard Nr. 207
    http://www.club-deutscher-asiaten.de/standardx.htm
     
  18. FCI-Standard Nr. 225
    http://www.rassehunde.de/rasselex/fci/weitere/fci-fila-brasileiro.html
     
  19. Molosser Report, September 2003, Club für Molosser e.V., Sitz Frankfurt
     
  20. Schriftwechsel Bundeskartellamt
    http://www.briard-freunde.de/independence/gleichheitsrecht.htm
     
  21. Hundeverordnungen und -gesetze der Bundesländer
    http://www.tierheim-olpe.de/news/laender.htm
     
  22. Hunde-Einfuhr- und Verbringungsgesetz
    http://www.bmi.bund.de/Annex/de_5336/Gesetz_zur_Bekaempfung_gefaehrlicher_Hunde.pdf
     
  23. Hunde-Einfuhr- und Verbringungs-Verordnung
    http://www.bmi.bund.de/top/dokumente/Pressemitteilung/ix_36668.htm
     
  24. Tierschutz-Hundeverordnung
    http://jurcom5.juris.de/bundesrecht/hundverbreinfvo/inhalt.html
     
  25. Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen
    Ethologische Stellungnahme zur Hamburger Hundeverordnung
    http://www.sos-hamburgdog.de/DFP_VG.pdf
     
  26. Landeshundegesetz NRW
    http://www.munlv.nrw.de/sites/arbeitsbereiche/verbraucherschutz/hundegesetz/gesetz.htm
     
  27. § 143 Strafgesetzbuch
    http://www.bib.uni-mannheim.de/bereiche/jura/gesetze/stgb-bt1.html#ORDNUNG
     
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