Es wäre schön wenn Sie das lesen und den "Politikern" mal ordentlich den Marsch blasen..........

Hier 3 Fax Nummern:

Viele weiter Postadressen finden Sie hier: http://www.maulkorbzwang.de/Briefe/postadressen.htm

Alle derzeitigen Abgeordneten findet Ihr hier: http://www.bundestag.de/mdb15/alphabet/index.html

Wäre schön wenn sich mal einer die Mühe macht die e-Mail Adressen zu speichern damit wir die mal wieder kpl. anschreiben können! Meine alte Liste ist nicht mehr so ganz Aktuell!

PANORAMA Nr. 633 vom 23.10.2003

 Blablabla vom Boulevard

-         Bild-Kampagne diffamiert Politiker und Parlamente

Anmoderation

Anja Reschke:

Es läuft nicht alles rosig in dieser Republik. Die Reformen – zerredet. Für den großen Umbau des Sozialstaates fehlt der Mut. Der Bürger – enttäuscht von seinen Politikern. Mit all diesen Dingen kann und soll sich die Presse auseinandersetzen. Schließlich gilt sie ja als vierte Macht im Staate. Aber wohlgemerkt eben als vierte und nicht als erste. Wenn man allerdings die Berichte der Boulevardpresse in letzter Zeit liest, fragt man sich langsam schon, wer diese Republik wirklich regiert. Da wird nach dem Hau-drauf-Prinzip die ganze Politikerklasse per se verurteilt. Eine Kampagne jagt die nächste. Da wird diffamiert und gelogen. Für die Demokratie ist das nicht gerade förderlich, wenn nicht sogar gefährlich.

Ariane Reimers, Dietmar Schiffermüller und Stephan Stuchlik über das Blablabla vom Boulevard.

Kommentar:

Gestern Abend in Berlin. Der 60. Geburtstag des Bundestagspräsidenten. Eine etwas ärmliche Veranstaltung. Deutscher Landwein, keine Schnittchen. Die Bildzeitung hatte sich vorab nach den Kosten erkundigt. Schon strich man den Empfang auf ein Minimum zusammen. Angst vor einer Neidkampagne.

0-Ton

Wolfgang Thierse:

(Bundestagspräsident)

“Das hab‘ ich nicht verdient, und deshalb wehre ich mich dagegen. Und ich wünsch‘ mir viele Menschen, die sich gegen Verdächtigungen, welcher Zeitung auch immer, heftig, couragiert wehren. Wir sollten nicht wie Lämmer angstvoll vor dieser oder jener mächtigen Zeitung stehen.”

Kommentar:

Die BILD-Zentrale in Hamburg. Hier residiert die auflagenstärkste Zeitung Deutschlands. Eine Medienmacht, die schnell dabei ist, Politiker als Abzocker zu diffamieren - und als Versager. “Hört auf zu reden, macht was” – Politiker als Schwätzer, die nicht mehr zu sagen haben als Blablabla.

0-Ton

Wolfgang Thierse:

“Das Parlament, den Bundestag in die Nähe einer Schwatzbude zu rücken, das ist das Bedienen des ältesten deutschen Vorurteils gegen den Parlamentarismus. Das war schon das Vorurteil gegen das Paulskirchenparlament. Keine Zeitung sollte dieses undifferenzierte Vorurteil gegen Parlament und Parlamentarier pflegen, das ist nämlich gefährlich für die Demokratie.”

Kommentar:

Die Bildzeitung aber geht noch weiter: So einer wie Arnold Schwarzenegger müsse her. “Statt Blabla spricht er Klartext.” “Einer wie er wäre gut für unser Land.” Und dann der Ruf nach dem starken Mann: “Deutschland braucht viele Schwarzeneggers.”

0-Ton

Jörg Quoos:

(Bild-Chefredaktion)

“Wir rufen nicht nach dem starken Mann, es gab der Text nicht her. Also, wenn Sie genau gelesen haben, das gab der Text nicht her. Es war die Debatte in Deutschland unter dem Eindruck dieses riesigen Wahlsiegs. Ist das auch für die deutsche Politik von Vorteil, dass sich jemand, der die Massen hinter sich bringt, außerhalb der Politik in die Politik bewegt und versucht, etwas zu verbessern, innerhalb der demokratischen Spielregeln? Da gibt es überhaupt keine zwei Meinungen dazu.”

0-Ton

Wolfgang Huber:

(ev. Bischof Berlin-Brandenburg)

“Es ist eindeutig, und ich glaube, man tritt niemandem zu nah, wenn man feststellt, die stärkste Kompetenz von Herrn Schwarzenegger ist nicht seine politische Kompetenz. Und es ist widersinnig, wenn man auf der einen Seite denjenigen, die bei uns Politik machen

und an denen man ja gerne und mit guten Gründen das eine oder andere kritisieren mag, denen politische Kompetenz abzusprechen und dann ausgerechnet Arnold Schwarzenegger die politische Kompetenz zuzusprechen. Da tickt es doch dort nicht richtig, wo man so etwas behauptet.”

Kommentar:

Doch die Bildzeitung lädt nach: Unsere Politiker – ratlos. “Wie sollen wir jetzt bloß weitermachen. Wir wissen’s ja auch nicht so genau.” Deutschland - für die Bildzeitung ein “Gaga-Staat”, das Parlament “ein Hühnerstall.”

0-Ton

Prof. Hans Mommsen:

(Historiker)

“Man fühlt sich natürlich an die viel beschimpfte Weimarer Republik erinnert, wo Sie beides haben: einen massiven Antiparlamentarismus in breiten Kreisen der Bevölkerung, bis an den Rand der Sozialdemokratie, und gleichzeitig einen mehr oder minder offensiv vertretenen Führerkult, die Hoffnung, dass ein Diktator alles richten könne, etwa auch ein Wirtschaftsdiktator à la Hugenberg. Und insofern sind bestimmte Tendenzen der Gegenwart ganz ähnlich.”

Kommentar:

Denn wieder wird das Parlament zum Hort der Versager erklärt. Debatten und Reden – zu langweilig und offenbar überflüssig. Politische Auseinandersetzung – zeitraubendes Geschwätz. Für die Abgeordneten hat die jetzige Bild-Kampagne eine ganz neue Qualität.

0-Ton

Hans-Christian Ströbele:

(B‘90/Grüne, Bundestagsabgeordneter)

“Wenn sich die Auffassung bei größeren Teilen der Bevölkerung durchsetzt, da ist Hopfen und Malz verloren bei diesen Politikern. Dann haben die freie Bahn, die dann auf eine starke Hand oder auf einen autoritären Staat setzen.”

0-Ton

Jürgen Gehb:

(CDU, Bundestagsabgeordneter)

“Unser Ruf wird immer schlechter. Ich erinnere mich daran, als ich 93 in die Politik gegangen bin, hat meine Mutter gesagt: Jetzt wechselst du zu einem Beruf, der auf der untersten Stufe der Anerkennung steht. Meine Frau Mama hat Recht gehabt.”

0-Ton

Olav Gutting:

(CDU, Bundestagsabgeordneter)

“Es ist schade, dass die Bildzeitung in diesem Bereich noch die Politikverdrossenheit, die ja in diesem Land herrscht, noch unterstützt und fast noch fördert.”

Kommentar:

Die jüngste Kampagne der Bildzeitung: Politiker wollen sich die Steuern halbieren, angeblich ein unverschämter Plan der EU-Abgeordneten, die neue Diäten-Regelung. Doch den Steuerirrsinn gibt es gar nicht, so die Experten.

0-Ton

Bernhard Friedmann:

(CDU, ehem. Präsident EU-Rechnungshof)

“Ganz konkret gesagt: Die Diätenerhöhung ist im Grunde genommen ein Nullsummenspiel aus deutscher Sicht. Und was darüber hinaus die steuerliche Seite betrifft, ist es zweifelhaft, ob im Ergebnis der Einzelne sich besser stellt als bisher.”

Kommentar:

Trotzdem: “Das ist eine Sauerei”, meint BILD und fragt: “Schämt ihr euch denn gar nicht?”

Alle neunzig deutschen Abgeordneten werden als Abzocker an den Pranger gestellt. Die Realität ist eine andere.

0-Ton

Klaus-Heiner Lehne:

(CDU, Europa-Abgeordneter)

“Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen System macht im Prinzip genau

23 Euro aus.”

0-Ton

Martin Schulz:

(SPD, Europa-Abgeordneter)

“Man muss einfach sehen, dass die BILD verschiedene Kampagnen fährt, parallel, eine davon ist auch, antieuropäische Stimmung zu machen. Da passt es natürlich wunderbar ins Konzept, den Raffzähnen mal zu zeigen, wo der Hammer hängt. Fakt ist, das war ein Artikel, an dem nichts wahr ist, nichts.”

0-Ton

Willi Rothley:

(SPD, Europa-Abgeordneter)

“Diese Kampagne, an der so gut wie kein Satz stimmt, ist im Kern antiparlamentarisch und antieuropäisch.”

Kommentar:

In der Chefetage der Bildzeitung will man sich an die Details dieser peinlichen Kampagne nicht mehr so recht erinnern.

0-Ton

Jörg Quoos:

(BILD-Chefredaktion)

“Diese neunzig Politiker wollen sich für sich selbst Steuern halbieren. Und das war der Fakt. Wir haben nicht drüber geschrieben: ‚Schämt euch‘.”

Interviewer:

“Da steht : ‚Schämt euch‘ drüber.”

Jörg Quoos:

“Diese neunzig Politiker wollen ...... ‚Schämt ihr euch denn gar nicht, ihr deutschen EU-Abgeordneten.‘ Das ist die Unterzeile, weil Sie sagen das ist die Schlagzeile.”

Interviewer:

“Das ist ein direkter Angriff auf die Parlamentarier.”

Jörg Quoos:

“Das ist ein Angriff auf die Parlamentarier.”

Kommentar:

In der Steuerdebatte trommelt BILD populistisch seit fast einem Jahr. Woher das Geld kommen soll, davon ist praktisch keine Rede in der Kampagne. So kämpft BILD für die Steuersenkung.

0-Ton

Jörg Quoos:

“Also, Kampagne will ich da jetzt nicht nennen, das ist eine sehr pointierte Berichterstattung, die im Grunde genommen auf sehr viel Beifall gestoßen ist. Viele Spitzenpolitiker haben sich in BILD dazu geäußert und haben uns unterstützt in dieser Kampagne. Wochen, nachdem wir diese Kampagne gestartet hab en, hat auch der Bundeskanzler öffentlich versprochen: Jawohl, wir ziehen die Steuerreform vor, obwohl es noch Finanzierungsschwierigkeiten gibt.”

Kommentar:

Erfolgsmeldung: “Endlich – auch der Kanzler gibt nach.” Die Botschaft: BILD regiert die Republik und bestimmt die Regeln, erfindet zehn neue Gebote: Verhaltensregeln für Politiker. Eine Zeitung im Rausch der Macht.

0-Ton

Wolfgang Huber:

(ev. Bischof Berlin-Brandenburg)

“Zu den Zehn Geboten gehört übrigens auch das Gebot: Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Und ich rate dazu, sich zunächst einmal an dieses Gebot zu halten. Auch für die Bildzeitung wäre das ein guter Rat.”

Bericht:     Ariane Reimers, Dietmar Schiffermüller, Stephan Stuchlik

Schnitt:     Maria Jonderko, Marguerite Thiele-Dohrmann